Dieser Mythos ist in sich zusammengebrochen; denn Bildung ist in Deutschland eine Gemeinschaftsaufgabe. Genau so muss sie behandelt werden.
Wir werden jetzt – jenseits der Frage des Hochschulpaktes – Schritt für Schritt Grundgesetzänderungen vornehmen; da gibt es noch ein paar Notwendigkeiten der Nacharbeit für nächste Legislaturperioden. Im Kern ist es aber Unsinn, zu glauben, dass es in einem Land wie der Bundesrepublik, in der es unterschiedliche Lebensräume gibt, eine kluge Idee ist, die einen Länder ihre Hochschulen aus knappen Mitteln und andere Länder ihre Hochschulen aus einer gewissen Fülle heraus finanzieren zu lassen. Wenn wir gleichwertige Lebensbedingungen haben wollen, ist es vernünftig, dass über den Bund dafür gesorgt wird, dass es einen Ausgleich gibt. Warum soll ein Studierender in Hessen für die deutsche Bevölkerung mehr „wert“ sein als ein Studierender in Mecklenburg-Vorpommern – oder in welchem Bundesland auch immer? Deswegen können wir diesem Antrag nur zustimmen. Er ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, und er bietet eine Lösung für ein Problem.
In der Sache müssen wir irgendwann darüber reden, wie es weitergehen soll. Wir führen nämlich im Hochschulbereich eine Debatte darüber, dass eines der Elemente der Studienreform mittlerweile zu einer großen Restriktion geworden ist. Sie wissen: Für jeden Masterstudiengang gibt es relativ klare Notenanforderungen, was die Aufnahme des jeweiligen Studiengangs betrifft. Die spannende Frage ist – das muss jeder für sich beantworten –, ob wir tatsächlich wollen, dass es in Deutschland weniger Masterstudienabschlüsse gibt. Ich vertrete die Position – das sage ich sehr deutlich –, dass jeder, der einen Bachelorstudiengang abgeschlossen hat, die Chance haben muss, einen Master zu machen. Das heißt, dass die Restriktionen, die wir an der Stelle haben, ein Stück weit aufgeweicht werden müssen.
Wir wissen, dass wir auch an der Stelle über Geld reden. Ich glaube, dass wir in allen Bundesländern sehr bewusst über Geld reden müssen, weil wir eher einen höheren als einen niedrigeren Bedarf an Hochqualifizierten haben. Wir müssen als Landespolitiker dafür sorgen, dass dieser Bedarf gedeckt wird. Auch das ist ein Punkt, an dem ich denke, dass wir einen Schritt weitergehen müssen.
Ich sage sehr offen: Ich fände es gut, wenn wir das gemeinsam hinkriegen würden – jenseits aller Spitzen, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Nein. Der Punkt ist: Die einen sehen das als parlamentarisches Spiel, bei dem man hier nette Redeschlachten führt; die anderen sehen das als ein ernsthaftes Projekt an. – Es ist deshalb ein ernsthaftes Projekt, weil wir in Deutschland noch immer in der Situation sind, dass noch kein Bildungspolitiker in der Lage war, so viel Geld zu mobilisieren, wie die Bildung braucht. Das ist doch ein Punkt, über den wir
uns jenseits der Parteigrenzen einig sein müssten. Dieses Land lebt davon, gut ausgebildete Menschen zu haben und auch künftig junge Menschen gut auszubilden.
Wenn wir das nicht gemeinsam auf die Reihe kriegen, dann können wir uns eine ganze Reihe von Detaildebatten sparen; denn dann geht es um die Substanz. In der Substanz sind wir gerade dabei, die Zugänge „nach oben“, in die Hochschulen, zu verengen. Rein volkswirtschaftlichmathematisch dargestellt: Wenn man in einem Abschlusssystem dafür sorgt, dass die Absolventen des zweiten, des höheren Abschlusses, die bisher tendenziell in der Mehrheit waren, deutlich weniger werden, dann senkt man das Qualifikationsniveau der Beschäftigten in Deutschland insgesamt. Daran kann keine Industrienation, die auf einer wissensbasierten Gesellschaft aufbaut, ein Interesse haben. Deshalb sollten wir ein gemeinsames Interesse haben.
Letzter Punkt. Wir alle wollen, dass die Anwendungsorientierung ein ganz wichtiger Punkt beim Ausbau der Hochschullandschaft ist. Ich spreche die Hochschulen für angewandte Wissenschaften an. Da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Kollege May. Wenn wir den Anschluss an den Hochschulpakt 2020 nicht schnell auf die Reihe kriegen, dann werden wir die Bedeutung eines Teils der Hochschulen für angewandte Wissenschaften faktisch verringern. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften müssen aber eine größere Bedeutung bekommen. Insofern lohnt sich eine gemeinsame Anstrengung. Ich fände es gut, wenn alle Fraktionen diesem Antrag zustimmen würden – wie wir.
Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Als Nächster spricht nun Kollege Hahn von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es vorab zu sagen: Auch die FDP-Fraktion in diesem Haus wird diesem Antrag zustimmen, zum Teil auch mit großer Freude.
Ich will nur noch zu zwei Punkten Stellung nehmen. Der erste Punkt ist, dass wir nicht ganz verstehen, was Sie unter Punkt 5 Ihres Antrags im Zusammenhang mit der „Verstetigung“ meinen und damit, Sie wollten, dass auf alle Fälle alles klargemacht wird. Dem Hessischen Landtag wurde in der kursorischen Lesung zum Einzelplan 15 im Rahmen der Haushaltsberatungen 2017 vorgetragen, bis 2023 würden die Bundes- und die Landesmittel in der Summe identisch sein. Der Bund zahlt nachläufig, sodass sich Schwankungen ergeben. Daher werden die Landesraten so angepasst, dass für die Hochschulen eine gleichmäßige Mittelzufuhr gegeben ist.
Ich verstehe Ihre Nervosität nicht. Bis 2023 ist – das ist jedenfalls die Auskunft des Wissenschaftsministers – alles in trockenen Tüchern, mit den Schwankungen, von denen er gesprochen hat und die jeder von uns versteht, der das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern schon einmal
Sie können gern noch einmal nach vorne kommen –, nämlich dass jetzt Klarheit bestehen müsse: Die Auskunft des zuständigen Ministers gegenüber den Abgeordneten des Hauses war eine andere.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ein bisschen überrascht, dass sich der Kollege Grumbach mit erhobenem Zeigefinger hierhin gestellt hat und offensichtlich nicht verstehen will, was wir meinen. Wenn ein Mitglied eines Landtags glaubt, es sei besser, dass der Bundestag das regelt, ist das schlicht kleinmütig.
Herr Kollege, auch Sie sind offensichtlich kleinmütig. Sie begründen Ihren Kleinmut sogar damit, dass Sie sagen, es sollten sich da nicht so sehr diejenigen, die knappe Mittel haben, engagieren, sondern diejenigen, die aus der Fülle schöpften. So haben Sie das eben zitiert. Wäre es nicht vielleicht klug, wie es der Ansatz von Roland Koch und übrigens auch von mir war
ich weiß nicht, warum Sie jetzt so arrogant grinsen; Sie kapieren es wohl nicht –, zu sagen, dass sich die Finanzströme ändern müssen?
Wenn der Bund nicht dafür zuständig ist, darf er auch nicht die Kohle in seine Kasse bekommen. Das war der tiefere Sinn der Föderalismuskommission. Man hat bei der Aufgabe gesagt: „to whom it may concern“. In unserem föderalen System ist das bei der Bildung nun einmal zuallererst die Landesebene. Dann muss man aber bitte auch bei der Kohle „to whom it may concern“ sagen. Darüber hat es bereits vor zwölf oder 13 Jahren, in der ersten Föderalismuskommission, einen heftigen Streit gegeben, den Hans Eichel und ich ausgefochten haben. Er antwortete mir – mit demselben arroganten Grinsen, Herr Kollege –, das sei das Geld des Bundes. Nein, das ist das Geld der Steuerzahler, und das wird in unserer Republik leider nicht ordentlich verteilt.
Ich weiß, dass immer wieder darüber diskutiert wird. Es wird auch in meiner Partei von Neuem darüber diskutiert. Aber warum haben wir als Landespolitiker nicht, die Kleinmütigkeit weglegend, bei all dem, was mit Bildung zu tun hat, endlich den Mut, zu sagen: „Die Gelder kommen zu dem, der für die Bildung zuständig ist, und das sind die Länder, das ist nicht der Bund“? Damit hätten wir viele Probleme gelöst. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Als nächste Rednerin spricht nun Kollegin Wolff von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Annette Schavan hat damals, als der Hochschulpakt beschlossen war, gesagt:
Der Hochschulpakt 2020 ist neben der Exzellenzinitiative ein zentrales Element der gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern, um die Hochschulen für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten.
Das wurde in einer Situation gesagt, als wir eine solch hohe Zahl von Studienanfängern hatten, dass sie nur sehr schwer zu bewältigen war.
Es war eine riesengroße Herausforderung für uns, Hunderttausenden von jungen Menschen Zugang zu den Hochschulen zu gewähren: nicht nur in formaler Hinsicht, sondern auch durch die Bereitstellung von Gebäuden, in denen sie lernen können; durch die Bereitstellung von Medien, um nach modernen Kriterien zu studieren; und durch die Aufstockung des Personals um mehr als 20 %, damit die Qualität der Ausbildung dieser Studierenden gewährleistet ist und das Land nicht einen noch größeren Fachkräftemangel als ohnehin beklagen muss, sondern den Bedarf decken kann. Man glaubte, es würde sich lediglich um eine zeitlich befristete Notmaßnahme wie diejenigen handeln, die man in den Siebziger-, in den Achtziger- und in den Neunzigerjahren, sozusagen in Wellen, ergriffen hat, wobei das, womit man gerechnet hat, leider oder zum Glück – wie auch immer – nicht eingetreten ist.
Es war aber keine rein quantitative Geschichte, sondern es waren damit die Anstrengungen und die Absicht der Länder verbunden – ich sage bewusst „der Länder“; Herr Kollege Hahn hat recht –, die erklärt haben: Wir wollen den Anteil der Studienanfänger insgesamt steigern, insbesondere aber den Anteil der Studienanfänger an Fachhochschulen, wie sie damals noch hießen, und den Anteil der Studierenden von MINT-Fächern. Wir wollen die Qualität hochhalten und bei der Besetzung von Professuren den Anteil der Frauen steigern.
Das waren wesentliche Ansätze des Hochschulpakts, und daran haben die Landesregierungen, unsere zuvörderst, mitgewirkt. Daran haben vor allem auch die Hochschulen mitgewirkt, die diese zentrale, große Aufgabe in einer sehr beachtlichen Weise gestemmt haben. Wir haben seitens des Landes auf die 170 Millionen €, die wir vom Bund bekommen haben, 180 Millionen € jährlich draufgelegt, um das zu stemmen.
Auch bei der Ausstattung ist eine ganze Menge geschehen. Ich will das durchaus in diesen Rahmen stellen: Das Land Hessen hat die Gelder des Bundes 1 : 1 an die Hochschulen gegeben und durch eigene Ausgaben getoppt. Das haben wir bei den BAföG-Millionen genauso gemacht, und das unterscheidet uns – gerade in diesem Punkt – von anderen Ländern, die diese Gelder haben versickern lassen. Sie sind an andere Bereiche gegangen, aber eben nicht in die Bildung und schon gar nicht an die Hochschulen. Wir haben das von Anfang an getan. Deswegen ist das Land Hessen unter denjenigen, die ihre Hausaufgaben in diesem Feld erfüllt haben, auf einem vorderen Platz.
Ich will auch darauf hinweisen – da hat der Kollege Hahn recht –, dass wir die Fortsetzung und Verstetigung der HSP-2020-Mittel nicht wünschen, um die Eingriffsrechte
zu vergrößern. Herr Kollege Hahn, im Übrigen glaube ich, dass die Sache wirklich dringlich ist, denn der Hochschulpakt läuft schon 2020 aus, und es kommt nur noch eine Auslauffinanzierung nach. Bis dahin wollen wir das aber geklärt haben; denn wir brauchen eine Zuverlässigkeit für die Hochschulen, auch damit sie Einstellungsverträge abschließen können. Deswegen ist es ein wenig dringlicher, das bis 2020 zu klären.
Aber wir wollen natürlich auch seitens des Landes darüber bestimmen, wohin diese Mittel gehen und wo die Qualitätskriterien gesetzt werden. Wir wollen gemeinsam mit den Hochschulen bestimmen, wo und mit welchen Akzenten eingestellt wird und welches die Kriterien unseres internen Hochschulpakts sind, die mit dem anderen unterstützt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube schon, unsere Hochschulen können nur sehr schwer damit leben, dass wir Zyklen haben – die sich natürlich überschneiden – und dass wir erst nach der Bundestagswahl zu einer Klärung kommen werden. Aber wir brauchen spätestens nach der Bundestagswahl eine Klärung, wie es mit der Hochschulfinanzierung weitergehen kann. Wir sollten uns bis dahin auch ein bisschen überlegen, ob wir gegebenenfalls neue Akzente setzen werden.
Ich glaube durchaus, dass es beim dualen Studium und vielleicht sogar im Berufsschulwesen Akzente zu setzen gäbe, um die Qualität der Bildung in Deutschland zu steigern. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wolff. – Als nächster Redner spricht Kollege Schalauske, Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.