Deswegen haben wir ihn seit 2009 ohne Unterbrechung völlig unverändert beibehalten. Daher muss ich sagen: Es ist zumindest merkwürdig, dass ausgerechnet die Partei, deren Ministerin den Erlass herausgebracht hat und die bis heute – meiner Meinung nach zu Recht – stolz darauf ist, jetzt seine Beibehaltung kritisiert.
Das machen wir ja. Ich kann nur auf das verweisen, was Herr Wagner schon gesagt hat: Wenn Sie Fälle kennen, in denen dieser Erlass nicht beachtet wird, sagen Sie es uns, und wir gehen dem nach.
Falls es irgendjemand da draußen noch nicht verstanden haben sollte, müssen wir vielleicht präzisieren, dass das wirklich ein Anrecht ist. Wir haben bisher nicht über einzelne Fälle geredet. Wir sprechen über die generelle Situation und über die allgemeinen Regeln.
Deswegen besteht der Faktencheck auch noch aus einem zweiten Teil. Da müssen wir jetzt einmal ein paar Zahlen richtigstellen. Herr Abg. Greilich, ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, woher Sie Ihre Zahlen haben. Ich erlaube mir daher – er hat eine Grafik gezeigt –, ein Balkendiagramm zu zeigen.
Deswegen trage ich die Zahlen gleich im Detail vor. Aber vielleicht erkennt man wenigstens den Briefkopf. Ich habe mir nämlich von der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit die Zahlen der letzten vier Jahre erbeten. Sie beziehen sich jeweils auf Lehrerinnen und Lehrer, die im August arbeitslos gemeldet waren.
Daraus ergibt sich Folgendes: Erstens. Im August 2013 waren keineswegs, wie es im Antrag steht, nur 759, sondern 883 Lehrerinnen und Lehrer arbeitslos. Das heißt, schon die Basiszahl ist deutlich höher.
Zweitens. Im August 2016 waren keineswegs 1.102, sondern 1.046 Lehrerinnen und Lehrer ohne Beschäftigung. Das ist deswegen wichtig, weil die Zahlen der Antragsteller suggerieren, es habe in diesen drei Jahren einen Anstieg der Sommerferienarbeitslosigkeit um 45 % gegeben. In Wahrheit sind es gerade einmal 18 %. Meine Damen und Herren, das liegt sehr wohl noch innerhalb der normalen Schwankungsbreite für solche Zahlen.
Dass es hierbei wirklich um die normale Schwankungsbreite geht, erkennt man auch an der dritten falschen Behauptung des Antrags. 2016 ist nämlich keineswegs ein vorläufiger Höchststand erreicht worden. Deswegen habe ich das Balkendiagramm zeigen wollen, da sieht man das auch optisch. Vielmehr sind die Zahlen von 2013 auf 2014 und von 2014 auf 2015 tatsächlich zweimal angestiegen. Von 2015 auf 2016 sind sie aber wieder gefallen. Nach den Trendmeldungen der Bundesagentur für Arbeit vom Mai 2017 darf man begründet hoffen, dass wir 2017 wieder einen Rückgang sehen werden. Dann wären wir auf jeden Fall schon wieder sehr nahe an der Ausgangszahl von 2013 dran. Das allein zeigt schon, dass hier völlig normale Veränderungen der Tatsachenlage künstlich zu einem angeblich neuen Problem aufgebauscht werden.
Trotzdem haben wir uns natürlich darüber Gedanken gemacht, welche Sondereinflüsse hier zum Tragen gekommen sein könnten. Wir haben tatsächlich drei gefunden.
Ich will zu Punkt 5 des Antrags vorab nur klarstellen: Für Lehrkräfte mit Mangelfächern gilt das alles sowieso nicht, denn diese erhalten grundsätzlich unbefristete Einstellungsangebote. Deswegen gibt es insofern auch keinen Wettbewerbsnachteil. Es besteht definitiv kein Zusammenhang zwischen dieser Thematik und der Sommerferienarbeitslosigkeit.
Aber nun zu den drei Erklärungen. Zwei sind hier schon angesprochen worden; die dritte darf ich hinzufügen:
Erste Erklärung – Herr Schwarz hat es bereits genannt –: die Kettenvertragsproblematik. Wir sind gerade dabei, diese aufzulösen bzw. haben sie aufgelöst, übrigens im Rahmen einer Einigung mit den Gewerkschaften, damit wir keine vielfachen Befristungen von Arbeitsverträgen mit Lehrerinnen und Lehrern mehr haben. Dadurch sind mittlerweile schon viele langfristig befristet beschäftigte Lehrkräfte zu einer unbefristeten Einstellung gekommen. Aber natürlich mussten wir uns auch von Personen trennen, die die Qualifikation für solch eine unbefristete Einstellung einfach nicht hatten.
Zweite Erklärung – diese hat Herr Wagner schon angesprochen –: Gerade in den letzten beiden Jahren sind im Bereich der Deutschförderung für die zahlreichen zugewanderten Kinder und Jugendlichen mehr befristete Verträge abgeschlossen worden als üblich. Wenn mehr befristete Verträge abgeschlossen werden als üblich, dann erhöht das natürlich tendenziell auch das Problem der Beschäftigung über die Sommerferien. Der Grund, warum mehr befristete Verträge abgeschlossen worden sind, obwohl wir unbefristete Planstellen zur Verfügung stellen, ist ganz einfach der, dass man für die kurzfristige Deutschförderung oder für Intensivklassen und Intensivkurse teilweise andere Lehrkräfte braucht und beschäftigt als diejenigen, die diese Kinder und Jugendlichen sowie diejenigen, die ihnen nachfolgen, dann im Regelschuldienst in den nächsten 30 Jahren beschulen werden.
Die dritte Erklärung ist eigentlich die einfachste, aber man muss sie einmal klar aussprechen: Wenn Sie insgesamt mehr Lehrerstellen im System haben, dann steigt natürlich auch der Vertretungsbedarf, und das schließt die Sommerferien nicht notwendigerweise ein. Das heißt: Gerade die Tatsache, dass in dieser und in der letzten Legislaturperiode – da nehmen sich Schwarz-Gelb und Schwarz-Grün gar nicht viel – insgesamt 5.000 unbefristete Planstellen geschaffen worden sind, 2.500 Planstellen in der letzten und 2.500 in dieser Legislaturperiode, führt wie bei kommunizierenden Röhren zwangsläufig zu einem Anstieg der befristeten Verträge.
Das erklärt im Übrigen auch, warum die Sommerferienarbeitslosigkeit von 2009 bis 2013 von knapp 500 arbeitslosen Lehrkräften, die sie nach dem Erlass erst einmal erreicht hatte, bis zum Jahr 2013 schon wieder auf über 800 arbeitslose Lehrkräfte angestiegen war. Dazu muss man also feststellen: Das Gute, das wir hier getan haben, die 105 %, die vielen zusätzlichen Stellen, die ins System gekommen sind, schlagen sich in einem Nebeneffekt scheinbar negativ nieder. Meine Damen und Herren, aber Sie wollen uns doch nicht ernsthaft nahelegen, wir hätten die
Stellen besser nicht schaffen sollen, weil dann die Sommerferienarbeitslosigkeit niedriger gewesen wäre. Das wäre ja wohl absurd.
Daher kann auch ich zum Abschluss nur noch einmal festhalten: Wer das ändern will, muss über die Regeln reden. Das kann man tun. Wir können gern über die Regeln reden. Wir können z. B. gern darüber reden, dass bei den 39 Wochen die Sommerferien immer mitgezählt werden. Man muss also nicht 39 Wochen lang beschäftigt sein und bekommt dann die Sommerferien vielleicht noch obendrauf, sondern man muss nur 33 Wochen außerhalb der Sommerferien beschäftigt sein, und dann kriegt man schon die Sommerferien obendrauf. Das muss man vielleicht dazu sagen, damit der Erlass richtig zu verstehen ist. Natürlich kann man finden, dass man schon mit 38 Wochen in den Genuss dieser Bezahlung kommen sollte. Nur, irgendwo muss – das hat Herr Wagner schon gesagt – eine Grenze sein, und dann wüssten wir gern, wo man diese Grenze ziehen will. Aber darauf hat es in dieser ganzen Debatte keine Antwort gegeben.
Meine Damen und Herren, deswegen geht eines nicht: Sich selbst für eine Regelung zu feiern, die Landesregierung anschließend für ihre Beibehaltung zu kritisieren und selbst keine Ideen für ihre Änderung zu liefern,
Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegt eine weitere Wortmeldung vor, von Herrn Greilich von der FDP. Bitte schön, Sie haben das Wort. Sie haben fünf Minuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Herr Minister, mit dem Vorwurf, irgendetwas sei seriös oder unseriös, sollte man etwas vorsichtig umgehen, wenn man selbst nicht in der Lage ist, auf Anfragen die richtigen Zahlen mitzuteilen, sondern sagt: Es liegen uns keine Werte vor. Wir müssen das an anderer Stelle abfragen. – Wir haben uns das von der Bundesagentur für Arbeit geholt. Ich bin froh, dass Sie sich mittlerweile auch mit der Bundesagentur für Arbeit beschäftigen und auf diese Grafik verweisen, die ich Ihnen vorhin schon einmal gezeigt habe.
Das ist die Grafik der Bundesagentur für Arbeit; diese haben nicht wir gemacht. Hieran sieht man nun einmal ganz deutlich den Peak, der entsprechend hochgegangen ist. Ich
kann Ihnen das mit den Zahlen auch ganz genau erklären: Sie betrachten die absoluten Zahlen, die dort genannt worden sind. Worum es uns aber geht, ist das Thema der Sommerferienarbeitslosigkeit – sprich: Es geht uns um den Peak, um das, was in den Sommerferien passiert, seitdem Sie das Ministerium führen, seitdem diese Koalition in Hessen regiert. Seitdem ist es nun einmal so, dass der Zuwachs in den Sommerferien, in den Monaten Juli und August, entsprechend hoch ist. Meine Zahlen stimmen ganz exakt. Ich kann Ihnen das gern zu Verfügung stellen; denn genau diese Differenz zwischen Zu- und Abgang macht den Anstieg aus, und dieser ist entsprechend groß. Ich werde Ihnen nachher den entsprechenden Ausdruck aus dem Internet geben. Diesen kann man sich sonst gern auch selbst ziehen, aber ich gebe es Ihnen gern, das Papier für den Neudruck haben wir noch.
Das Entscheidende ist in der Tat die Sommerferienarbeitslosigkeit. Herr Kollege Schwarz, deswegen dürfen Sie nicht das ganze Jahr betrachten, oder was Sie sonst noch alles vorgetragen haben.
Fest steht – das macht die Grafik mehr als deutlich; und daran können Sie mit Balkendiagrammen nichts ändern –: Seit Schwarz-Grün in Hessen regiert, ist diese Spitze, diese zusätzliche Arbeitslosigkeit von Lehrern in den Sommerferien, um 50 % gestiegen. Das ist die Differenz zwischen 759 und 1.102 zusätzlichen arbeitslosen Lehrern in den Monaten Juli und August.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Bundesagentur ist insofern auch sehr eindeutig: Überall ist das Phänomen der Sommerferienarbeitslosigkeit rückläufig. Nur dort, wo die GRÜNEN zusammen mit der CDU regieren, ist es umgekehrt – in Baden-Württemberg und in Hessen.
Herr Kollege Schwarz, ich musste ein bisschen schmunzeln; allein deshalb hätte ich mich nicht zu Wort gemeldet, aber wenn ich schon hier bin, dann will ich Ihnen das noch einmal sagen: Sie haben das Problem der Kettenarbeitsverträge angesprochen, die vor über zehn Jahren in Hessen abgeschlossen worden sind.
(Armin Schwarz (CDU): Die über zehn Jahre gelaufen sind! Sie müssen schon genau zuhören, Herr Kollege!)
Es hat über zehn Jahre lang gedauert. – Herr Kollege Schwarz, ich darf genau darauf hinweisen: Diese Situation hat die Kollegin Henzler vorgefunden. Im Februar 2009 hat sie ihr Amt angetreten. Erinnern Sie sich daran, über welchen Erlass wir hier reden, der zwar bis heute in Kraft ist, aber offenkundig nicht umgesetzt wird? Dieser stammt vom 5. März 2009. Das heißt, es war eine der ersten Amtshandlungen von Doris Henzler. Davor gab es andere Kultusminister. Das mögen Sie dann in Ihrer Fraktion besprechen, ob Sie dem Kollegen Banzer wirklich einen Vorwurf machen wollen oder der Kollegin Wolff, wenn Sie zehn Jahre oder mehr zurückgehen.
Ich mache diesen Vorwurf nicht, weil die Frage der Kettenarbeitsverträge damals in der Tat juristisch noch nicht so geklärt war. Aber, und das sollten wir festhalten und uns heute noch einmal ausdrücklich bei Doris Henzler bedan
ken: Sie hat das als eine ihrer ersten Amtshandlungen geändert. Ich sage deshalb vielen Dank an Doris Henzler,
und fordere Sie auf, dies auch umzusetzen und dafür zu sorgen, dass wir diese Sondersituation in Hessen nicht mehr haben.
Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.