Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

eine Absichtserklärung mit zum Teil durchaus sympathischen Zielen einiger Subnationen zum Zwecke der Senkung von Treibhausgasemissionen auf 2 t pro Kopf, gezeichnet mit der Hoffnung, den Anstieg der Durchschnittstemperatur auf 2° C zu begrenzen.

Doch leider scheinen Sie die Erklärung vorher nicht genau gelesen zu haben. Im Abschnitt II.C steht unmissverständlich:

Zur Realisierung der Emissionsminderungsziele streben die Parteien eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz und eine umfassende Entwicklung der erneuerbaren Energien an. Die Parteien legen ihre bis 2030 zu erreichenden Ziele und Teilziele in diesen und anderen wichtigen Bereichen in Anlage A fest.

Heute, mehr als 18 Monate später, liegt noch immer keine Anlage A vor, in welcher Sie Ihre Maßnahmen für die Erreichung der Emissionssenkung niedergeschrieben hätten, kein Text, den die Bevölkerung oder wir als Opposition beurteilen könnten.

Es ist nicht so schwer, das auszufüllen. Es gibt sogar deutliche Hinweise, sozusagen ein Blatt, an dem man sich abarbeiten kann. Sie könnten es geschafft haben. – Im direkten Vergleich: Ihre thüringische Kollegin Anja Siegesmund benötigte gerade einmal 24 Stunden dafür.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Kann sich die Regierungskoalition intern nicht auf eine gemeinsame Klimapolitik einigen? Oder worauf genau gründet sich diese unverhältnismäßige Verspätung bei einer Thematik derartig großer Bedeutung?

Dieser Tatsache ungeachtet loben Sie sich hier für Ihre angeblich so nachhaltige Politik. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur ein Ausdruck der Arroganz der Regierung, sondern eine aktive Täuschung der Bürgerinnen und Bürger. Eine wirklich nachhaltige klimaorientierte Politik kommt nicht ohne Verbindlichkeit aus. Vor allem kommt sie nicht ohne Taten aus.

Umweltpolitisch war das Jahr 2016 kein gutes Jahr für Sie, liebe Kollegen von der schwarz-grünen Regierung. Schon gar nicht war es ein gutes Jahr für das Klima. 2016 ist der Ausstoß von Treibhausgasen nicht gesunken, wie es nötig gewesen wäre, sondern sogar noch gestiegen. Ursache dafür ist eine vollkommen fehlgeleitete Verkehrspolitik, eine Verkehrspolitik, die bis dato anhält.

Auf dem Papier stimmen Sie im Übrigen folgenden Punkten zu:

Die Parteien vereinbaren, Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen aus Personen- und Lastkraftwagen mit dem Ziel einer breit angelegten Einführung von emissionsfreien Fahrzeugen und der Entwicklung der dafür notwendigen Infrastruktur zu ergreifen. Ferner vereinbaren die Parteien, eine Form der Flächennutzungsplanung und -entwicklung zu fördern, die alternative Verkehrsmodi unterstützt, insbesondere den öffentlichen Personen(nah)verkehr, das Fahrradfahren und die Fortbewegung zu Fuß.

Während Sie zu diesen zu fördernden Punkten öffentlich Ihre Affirmation ausdrücken, geht Ihre politische Praxis in völlig entgegengesetzte Richtung. Am Frankfurter Flughafen ist knapp die Hälfte aller Passagierflüge kürzer als 800 km. Bei 13 % aller Passagierflüge wären die Ziele in unter vier Stunden über den Bahnverkehr zu erreichen. Wenn man den Anspruch an nachhaltige Politik hat, wie Sie es stets von sich behaupten, muss man diese 60.000 Flugbewegungen einsparen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Ergebnis wären viele Tausend Tonnen CO2 weniger, weniger Fluglärm und weniger Luftschadstoffe. Statt alternative Verkehrsmodelle wie den Ausbau des deutlich erstrebenswerteren Schienenverkehrs zu unterstützen, subventionieren Sie den aus nachhaltiger Sicht katastrophalen Luftverkehr mit jährlich 28 Milliarden €. Das zeigt die ganze Widersprüchlichkeit Ihrer ausschweifenden Reden lobhudlerischer Natur und der darauf folgenden destruktiven Politik auf.

Wir haben, wenn wir den meisten Experten Glauben schenken, fünf Jahre Zeit, die Politik klimafreundlich umzuwandeln, fünf Jahre, um die eklatanten Fehler und Versäumnisse der letzten 20 und mehr Jahre zu korrigieren, fünf Jahre, um die Stellschrauben zu justieren, um unseren Kindern und Enkelkindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, die nicht verstrahlt, verseucht, regenwaldlos und sauerstoffarm ist.

So komme ich zu dem Schluss, dass, wie der Philosoph und Soziologe Herbert Marcuse schon so früh ausführte, die Utopie an ihrem Ende ist, weil alle Techniken entwickelt sind, „um den Menschen und die Natur zu zerstören. Aber es sind auch alle Mittel“ entwickelt – ich erlaube mir ein paar Variationen –, „um die Welt zu einer menschenwürdigen zu machen“, mit einer Ökologie, die den Menschen nicht zerstört und nicht krank werden lässt.

Doch das Zugrunderichten des Menschen und der Natur bleiben profitabler als ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre soziale Gleichheit. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Schott. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Gremmels zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Abschmelzen der Polkappen und mit Sturmfluten lassen sich keine Great Deals machen. Das müsste Donald Trump ins Stammbuch geschrieben werden. Das sind Tatsachen, die nicht zu leugnen sind. Hier isoliert sich der amerikanische Präsident nicht nur selbst. Er isoliert die gesamten USA. Das ist für Amerika ein Rückschritt, das wirft uns aber insgesamt nicht zurück.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lassen uns von Donald Trump und seiner ideologischen Politik nicht aufhalten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass es in Amerika auch sehr vernünftige Stimmen aus der Wirtschaft, aus den Kommunen und aus einzelnen Bundesstaaten gibt, die sehr wohl verstanden haben, dass im Klimaschutz und in den erneuerbaren Energien ein großer wirtschaftspolitischer Faktor steckt. Wer jetzt diese Dinge hinbekommt, wird am Ende des Tages die Nase vorn haben. Es ist eine Riesenchance für eine Volkswirtschaft, sich in erneuerbare Energien und im Klimaschutz zu engagieren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen werden die vier Jahre von Donald Trump verlorene Jahre sein. Aber am Ende des Tages werden die USA, glaube ich, zur Vernunft kommen. Es ist so, dass die Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens erst zum Jahr 2019 wirksam werden kann. Dann gibt es noch ein Jahr Übergangszeit. Ich hoffe, dass bei der nächsten Wahl eines amerikanischen Präsidenten in vier Jahren die Vernunft siegt und wir wieder einen amerikanischen Präsidenten haben, der weiß, was internationale Verträge bedeuten, und der weiß, was es heißt, an internationalen Verträgen auch über einen Amtswechsel hinaus festzuhalten. Das war bisher geübte und gute Praxis, um die Herr Trump sich einen Dreck schert. Ich sage es einmal so unparlamentarisch.

(Beifall bei der SPD)

Ja, den GRÜNEN nehme ich das mit dem Klimaschutz ab, aber nicht unbedingt ihrem Koalitionspartner, der hessischen CDU. Es ist doch kein Zufall, dass es der Berliner Kreis der CDU war, der im Nachgang zu Trumps Vorschlägen noch eine Schippe draufgelegt hat. Ich erinnere an den Text, den der Berliner Kreis verabschiedet hat, wo von dem Ende der moralischen Erpressung durch die Klimaforschung und dem Abschied von deutschen Sonderzielen gesprochen wurde, der sagt, es gebe einen einseitigen negativen Blick auf die Folgen der Erderwärmung.

(Norbert Schmitt (SPD): Aha!)

Dieser Berliner Kreis der CDU sagt weiter, dass mit dem Abschmelzen des polaren Meereises große Chancen verbunden sind: eine eisfreie Nordpassage, neue Fischfangmöglichkeiten, Rohstoffabbau. Die Chancen seien womöglich sogar größer als mögliche negative ökologische Effekte. Das sagt der Berliner Kreis der CDU.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wer gehört dem Berliner Kreis an? Einer, der noch 2013 für die CDU hier eine maßgebliche Rolle hatte, Herr Christean Wagner, gehört diesem Kreis an.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ja, es ist so. Das gehört zur Wahrheit hinzu. Dieser Christean Wagner hat, soviel ich weiß, noch den schwarz-grünen Koalitionsvertrag in Hessen mit verhandelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, er bezeichnet jetzt den Weltklimarat, den anerkannten IPCC, als „Weltrettungszirkus“. Auch das ist ein Zitat aus dem Berliner Kreis.

Deswegen müssen wir uns nicht wundern, dass die CDU in Hessen beim Klimaschutz so etwas von auf der Bremse steht. Das ist der wahre Grund, warum die Schwarz-Grünen sich nicht auf ein Klimaschutzgesetz haben verständen können, wie es die GRÜNEN auf Bundesebene selbst gefordert haben. Hier stehen die Bremser auch in der hessischen CDU: hier im Landtag mit dem Koalitionspartner das eine verabschieden, auf Parteitagen, in Parteipapieren genau etwas anderes fordern – das ist ein großer Unterschied.

(Beifall bei der SPD)

Ich spreche ja Gott sei Dank vor der CDU-Rednerin. Vielleicht wäre das ja eine gute Gelegenheit, uns hier einmal aufzuklären, wie Sie zu den Positionen von Herrn Wagner stehen und ob das die Position der hessischen CDU ist.

(Clemens Reif (CDU): Nein!)

Sind Sie der Auffassung – –

(Clemens Reif (CDU): Nein!)

Aber natürlich kann man diese Frage stellen, Herr Reif. Entschuldigen Sie einmal. Das war ja nicht irgendein Hinterbänkler, der diese Formulierung geäußert hat, es war der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende.

(Clemens Reif (CDU): Ich sage doch gerade: Nein! – Weitere Zurufe von der CDU)

Haben Sie den Mut – – Aber er gehört doch noch der hessischen CDU an, Herr Bellino, oder habe ich – –

(Clemens Reif (CDU): Hören Sie doch zu! – Holger Bellino (CDU): Reden Sie doch mal zur Sache!)

Herr Bellino, ich scheine ja einen wunden Punkt getroffen zu haben.

(Holger Bellino (CDU): Das nervt nur!)

Ich nerve Sie? Es tut mir leid, wenn ich Herrn Bellino nerve.

(Holger Bellino (CDU): Weil Sie an der Sache vorbeireden! – Clemens Reif (CDU): Es ist nicht unsere Position! – Unruhe)

Gut, ich scheine auf dem richtigen Kurs zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben ja gleich die Chance, sich von Ihrem Parteifreund zu distanzieren.