Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Das muss nach fachlichen Kriterien erfolgen. Insofern bin ich Ihnen dankbar, dass wir das Thema heute hier aufrufen. An alle in Hessen, die meinen, das Thema sei durch, und SuedLink würde auf jeden Fall durch Thüringen laufen, will ich nur sagen: Obacht, es werden Alternativen geprüft.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Sie werden gleichrangig geplant. Deswegen kann ich allen in den Städten und Gemeinden und auch in den Kreisen nur sagen, dass sie ihre Interessen in das Verfahren weiterhin einbringen und weiterhin ihre Argumente vorbringen können, aber dass das am Ende des Tages nach sachlichen, fachlichen und rechtlichen Kriterien geprüft wird.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings, Herr Al-Wazir, kritisiere ich auch das, was in Thüringen geschieht.

(René Rock (FDP): Ah!)

Das folgt sozusagen dem Prinzip: Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass. – Jetzt soll alles nach Hessen geschoben werden, und die sollen das jetzt ausbaden. Das haben wir als Hessen übrigens nie so gemacht. Wir haben uns hier auch lange und heftig über SuedLink gestritten.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir hatten Anhörungen dazu. Aber wir haben hier kein Schwarzer-Peter-Spiel gemacht. Denn ich finde das unredlich. Ehrlich gesagt, finde ich das auch zwischen den Bundesländern unsolidarisch.

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. René Rock (FDP) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Was ich mir aber von der Hessischen Landesregierung wünschen würde, wäre, dass sie stärker noch einmal darauf hinweist, was hier in Hessen sozusagen droht, was hier möglich ist, und dass sie auch hier als Landesregierung die kommunalen Partner auffordert, ihre Interessen im weiteren Verfahren deutlich zu machen und im weiteren Verfahren heranzuziehen.

Allerdings – da musste ich auch schmunzeln –, wenn Herr Ramelow ausgerechnet jetzt, 25 Jahre nach der deutschen Einheit, auf einmal erkennt, dass die innerdeutsche Grenze ein Naturschutzgebiet werden soll, um die Trasse zu verhindern, dann finde ich das, ehrlich gesagt, sehr interessant und abenteuerlich und auch nicht ganz redlich.

(René Rock (FDP): Das macht er doch nur, um die Trasse zu verhindern! – Zuruf von der SPD)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle noch einmal ziemlich deutlich: Wir als SPD in Hessen arbeiten für eine möglichst dezentrale Energieerzeugung. Denn je mehr Windkrafträder wir hier vor Ort bauen, desto weniger groß muss der Trassenausbau sein. Das ist so. Deswegen kämpfen wir hier für erneuerbare Energien, die vor Ort produziert und konsumiert werden und nicht über lange Strecken transportiert werden müssen. Aber auch da haben wir die FDP nicht an unserer Seite.

(René Rock (FDP): Nee!)

Sie kämpft sozusagen überall gegen die Energiewende, ohne den Menschen zu sagen, woher der Strom kommen soll. Ich stelle fest: Auch diese Frage lassen Sie heute wieder einmal unbeantwortet.

(René Rock (FDP): Das habe ich Ihnen schon hundertmal erklärt!)

Ich glaube, dass Sie das den Menschen schuldig sind. Aber abgerechnet wird am Schluss. Wir glauben, dass wir in der Tat die bessere energiepolitische Position haben, und gehen damit erfolgreich nicht nur in den Bundestagswahlkampf, sondern auch 2018 in den Landtagswahlkampf. – In diesem Sinne: Glück auf.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein bisschen finde ich diese Debatte vergiftet. Denn die FDP tritt hier in einer Art und Weise an, in der sie sagt, dass die Landesregierung das Land Hessen vor dieser scheußlichen Trasse schützen muss, weil die Menschen sie nicht wollen.

(René Rock (FDP): Sie ist überflüssig!)

Tatsächlich meint sie aber: Wir wollen die Energiewende nicht. – Sie versucht, das hier so zu ummanteln, als ob es um ein Bürgerinteresse ginge, das sich ganz stark in Bewegungen manifestiert hat, insbesondere in Nordhessen, mit Bürgerinitiativen quer durch das ganze Land und durch die ganze Republik, weil die betroffenen Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, mehrheitlich zu dem Ergebnis gekommen sind: Wir wollen diese Leitung nicht, und wir wollen sie erstens und vor allen Dingen nicht oberirdisch, aber wir wollen sie eigentlich und konsequent auch nicht unterirdisch. – Denn wenn man anfängt, sich mit dem Thema zu beschäftigen, kommt man zu dem Ergebnis, dass man bei einer vernünftigen Energiewendepolitik vor Ort diese Leitung nicht braucht –

(Beifall bei der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Eben!)

nicht in der Form, wie sie jetzt ist, weil zwischendurch weder Energie aus dieser Leitung entnommen werden kann noch Energie, die vor Ort erzeugt und nicht verbraucht wird, in diese Leistung eingespeist wird. Das heißt, wir haben nichts anderes als eine Energieschnellstraße quer durch die Republik zugunsten derer, die irgendwo in großem Stil produzieren, und derer, die am Ende in großem Stil abnehmen.

Wir haben für die Energiewende vor Ort, für alle die, die die Energiewende aktiv betreiben, egal in welcher Form – Windparks, Gasanlagen etc. –, keine Chance, mit dieser Leitung irgendetwas anzufangen. Das ist ein Grund mehr, weshalb die Menschen vor Ort sagen: Wir wollen diese Leitung nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

All die Menschen, die da Transparente aufhängen, schreiben immer auf ihre Transparente – Sie können das seitenweise im Netz verfolgen –: Energiewende ja – SuedLink nein.

Das heißt, es sind nicht die Gegner der Energiewende, an deren Fersen sich die FDP hier im Wahlkampf zu heften versucht. Das muss man doch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Da sind Sie auf dem falschen Trip.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und René Rock (FDP))

Wenn man sich jetzt überlegt, was eine Regierung tut, um die Interessen ihrer Bürger zu vertreten, dann ist es auch legitim, wenn eine Regierung sagt: Wir wollen das in unserer Region nicht. – Dann muss man sich aber – das wurde vorhin schon einmal gesagt – auch einigen, ob man die Regierung nun auffordert, das haben zu wollen, oder sie auffordert, das nicht haben zu wollen.

Wenn Thüringen jetzt an dieser Stelle das Band der Grenze zu Hessen zu einem Naturschutzgebiet machen will, dann ist das doch keine ganz neue Erfindung. Seit 25 Jahren sagen Umweltschützer, Artenvielfaltspfleger, Beobachter, Menschen, die sich in der Natur beschäftigen und auskennen: Dieser Streifen Land, der über viele Jahre nahezu unberührt von Menschen war,

(Zuruf von der CDU: Der lebensgefährlich war!)

ist ein ganz besonderes Biotop, das es zu schützen gilt. – Wenn das jetzt endlich von einer Landesregierung zur Kenntnis genommen wird und das, was davon noch übrig

ist, unter besonderen Schutz gestellt wird, dann sollten wir uns eigentlich im Interesse unserer Umwelt darüber freuen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sollte der Hintergedanke dabei, wie hier unterstellt wird, tatsächlich sein, dass man damit auch noch einer unbeliebten Stromtrasse im eigenen Land

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

das Leben deutlich schwerer macht, dann finde ich das aus Sicht einer Landesregierung, die ein kritisches Verhältnis zu diesem SuedLink hat und schon immer an dieser Stelle hatte, auch durchaus legitim und nicht eines Vorwurfs wert. Von daher verstehe ich überhaupt nicht, warum wir uns hier nicht um unsere Angelegenheiten kümmern, wozu wir dann aber tatsächlich gar nicht so furchtbar viel tun können, weil da tatsächlich der Antrag reicht, in dem steht, dass die Netzagentur das plant.

Wir müssen aber auch noch einmal einen Moment schauen, was dieses Kabel denn für den Endverbraucher und den Preis für den Endverbraucher bedeutet. Wem nutzt es, und wer zahlt? – Da kann ich wieder nur sagen: Sozial ist dieses Kabel auf keinen Fall. Sozial gerecht ist es erst recht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn es macht für den Endverbraucher als einzelnen Menschen, der den Strom braucht, den Strom teurer. Für die, die relativ viel abnehmen, ist das nicht unbedingt so, weil sie von den horrenden Gebühren ausgenommen sind.

Dieses Kabel wäre unserer Meinung nach nicht notwendig, wenn wir eine vernünftige, sinnvolle, schnell arbeitende und tatsächlich funktionierende und von allen gewollte Energiewende hätten.

Liebe FDP, an dieser Stelle wäre es endlich einmal gescheit, nicht den Trump zu geben und zu sagen, das alles sei falsch. Wir sind in einer Situation, in der wir sie dringend brauchen. Wir brauchen sie schneller, als wir sie gerade hinkriegen. Wir brauchen sie mit mehr Energie, als wir sie gerade umsetzen können. Wir brauchen jeden, der sie mitträgt, und wir brauchen jeden, der sagt: Das ist der Weg der Zukunft, den wir gehen müssen.

Frau Schott, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Blockierer sind an dieser Stelle ewig gestrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollegin Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch mit einem Zitat beginnen, und zwar aus dem Jahr 2011 im April, also nach Fukushima:

Es wird momentan der Eindruck erweckt, dass man, wenn die Atomkraftwerke und die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, einen Schalter umlegen könnte, und sofort könnte regenerative Energie diese Verluste im Netz ersetzen. … Jeder, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, weiß Bescheid. Worüber wir diskutieren bzw. was wir zur Grundlage unserer Aktuellen Stunde gemacht haben, ist eigentlich nur ein erster Schritt zur ausreichenden Integration von regenerativer Energie ins Stromnetz. Neue Energie braucht neue Netze.