Große Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Zukunft der Forstwirtschaft in Hessen – Drucks. 19/5137 zu Drucks. 19/4781 –
Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Knell von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben das Wort. Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Zunächst möchte ich mich für die Beantwortung der Großen Anfrage bedanken. Auch wenn wir in vielen Teilen der politischen Bewertung unterschiedlicher Auffassung sind, möchte ich festhalten, dass es uns allen am Ende darum geht, dass wir unsere Forstwirtschaft, die in der Tradition der Nachhaltigkeit steht, in eine gute Zukunft führen.
Gerade weil unser Wald für uns alle eine so emotionale Sache ist, streiten wir hier besonders intensiv um den richtigen Weg, zumal die Herausforderungen, denen HessenForst, Kommunalwaldbesitzer und Privatwaldbesitzer gegenüberstehen, erheblich sind.
Als Stichwort nenne ich hier das Kartellverfahren gegen Baden-Württemberg und die Frage, wie wir zukünftig unser Holz vermarkten können bzw. ob nicht auch die weiteren Dienstleistungen von Hessen-Forst gegen das Kartellrecht verstoßen.
Zur Erläuterung für diejenigen, die sich bislang vielleicht weniger intensiv mit dem Thema beschäftigt haben: Das Bundeskartellamt hat dem Land Baden-Württemberg untersagt, mit seinen Forstdienstleistungen private Anbieter zu diskriminieren. Das Land muss nun kostendeckende Preise verlangen. Die Kartellbehörde hat dem Land jedoch in erster Linie untersagt, Holz aus kommunalen und privaten Forstbetrieben über 100 ha gebündelt mit dem Holz aus
dem Staatswald zu vermarkten. Verboten wurden dem Land auch die dem Holzverkauf zugeordneten Forstdienstleistungen von der Wirtschaftsplanung bis zum Auszeichnen der zu fällenden Bäume und dem Sortieren des geernteten Holzes sowie dem Erstellen von Verkaufslisten. Dieses Kartellverbot ist sehr weitreichend.
Hessen-Forst arbeitet sehr ähnlich wie die baden-württembergische Staatsforstverwaltung. Auch die Dienstleistungsangebote für private und kommunale Waldbesitzer sind vergleichbar. Bislang hat die Landesregierung nur die Holzvermarktung durch den kleinstmöglichen Eingriff zu ändern versucht. Nach einer endgültigen Entscheidung durch das oberste Gericht droht aber hier das endgültige Aus für das Einheitsforstamt. Statt nun in diesem Bereich eine Reform anzugehen, will man sich offenbar lieber treiben lassen. Davor warnen wir; denn das kann am Ende ein harter Knall werden, der auf uns zukommt.
Vorsorglich, aber angeblich wegen der Schuldenbremse, hebt man die Gebühren für die Beförsterung des Kommunalwaldes massiv an. Die Beförsterungskosten für die von Hessen-Forst betreuten Wald besitzenden Kommunen werden bis 2025 um 30 bis 50 % steigen und liegen dann etwa zwischen 48 und 72 € netto pro Hektar. Damit sinken die Einnahmen der Kommunen erheblich.
In der Antwort auf die Große Anfrage nennt die Landesregierung diese Anhebung „moderat“. Wir finden, eine Steigerung von 30 bis 50 % bis 2025 ist sicherlich nicht moderat und vor allem nicht am Markt zu erwirtschaften. Kommunen müssen nach dem Waldgesetz mit ihrem Beförsterungsbeitrag Teile der Kosten für den forsttechnischen Dienst der Revierleiter tragen. Hier fordert das Land in Zukunft die vollen Kosten. Die Kosten des Forstamtes trägt weiterhin das Land. Also ist es immer noch eine subventionierte Dienstleistung. Es ist schwierig, zu beurteilen, ob die geforderten Beiträge angemessen sind. Die Frage ist eher, ob die Kosten wirklich nur durch die Serviceleistungen im Kommunalwald entstehen. Jedenfalls gibt es zu diesen Preisen sehr qualifizierte Dienstleistungsangebote auf dem Markt.
Die Folge ist bereits erkennbar, dass immer mehr Kommunen aus dem Einheitsforstamt aussteigen. Sie werden auch alle in der Beantwortung aufgezählt. Gleichwohl ist es noch keine nennenswerte Größe, sodass in einem möglichen Kartellverfahren der Anteil der Kommunen außerhalb des Einheitsforstamtes keinen Schutz bieten dürfte.
Es entsteht also ein fader Beigeschmack, wenn die anstehenden Herausforderungen so groß sind, aber diese Landesregierung sich lieber um ihr Lieblingsprojekt, die FSCZertifizierung, kümmert. Das haben wir bereits im letzten Plenum sehr deutlich gemacht: Die vollständige FSC-Zertifizierung des hessischen Staatsforstes ist nichts anderes als ein Geschenk der CDU an die GRÜNEN.
FSC ist ein grünes Symbolthema, und die CDU macht es mit. Herr Dr. Arnold ist heute nicht da. Er hat immer wieder gesagt, dass eine vollständige FSC-Zertifizierung des Staatsforsts keinen Sinn macht. Auch der Bundestagsabgeordnete der Union, Herr Brand, hat noch im Dezember auf einer Waldbesitzertagung im Kreis Fulda vor diesem übertriebenen Zertifizierungswahn gewarnt.
Egal, es bleibt dabei. Die grüne Seele muss gestreichelt werden, und dazu wird schon einmal ein x-beliebiger privatrechtlicher Verein zum Herrn unserer Staatswaldfläche gemacht, ohne dass es dafür einen ökologischen oder ökonomischen Nutzen gibt. 10 Millionen € hin oder her spielen keine Rolle. An Geld mangelt es der Landesregierung anscheinend nicht, und die Kommunalwald- und Privatwaldbesitzer werden mit bis zu 50 % höheren Gebühren geschröpft.
Ich möchte das Thema FSC nicht zu sehr breittreten. Wir haben im letzten Plenum klargemacht, dass diese Gutachtenaufschiebetaktik – neues Gutachten –, die Verluste für Hessen-Forst von 8 bis 10 Millionen € und die jährlichen Kosten nur für die Zertifizierung von 1,2 Millionen € gegen FSC sprechen.
Festhalten muss man dann noch, dass Sie aus Gründen der Koalition einen wirtschaftlichen Schaden für den hessischen Staatswald in Kauf nehmen. Das bestätigen Sie auch in der Antwort auf unsere Frage 50; denn dort heißt es:
Diese Auswirkungen bleiben nicht auf Hessen-Forst beschränkt. Auch die Städte und Gemeinden, die bisher ihre Wälder von Hessen-Forst bewirtschaften ließen, sind betroffen – aber gut.
Ich möchte noch einen weiteren Aspekt beleuchten, das ist der Aspekt der Flächenstilllegungen. Sie haben als Ziel genannt: 5 % der Gesamtwaldfläche, 8 % im Staatswald. Das geht aber zulasten von Hessen-Forst, und das ist auch naturschutzfachlich fragwürdig. Es sprechen viele Dinge gegen die Flächenstilllegungen.
Durch Flächenstilllegungen gibt es nicht nur eine geringere Holzproduktion in Hessen, die wir dann durch Holzimporte aus Polen oder Russland ausgleichen müssen, was ökologisch totaler Quatsch ist, wenn wir das Holz hierher karren. Flächenstilllegungen sind nicht nur ökologisch Quatsch. Sie sind auch volkswirtschaftlich Quatsch; denn durch nachhaltige Forstwirtschaft entstehen Wirtschaftskraft und Arbeit, und das gerade im ländlichen Raum.
Flächenstilllegungen gefährden also Arbeitsplätze – bis zu 450 Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Wie das zu Ihrer Offensive für den ländlichen Raum von heute Morgen passt, mit der Sie angeblich Stellen im ländlichen Raum schaffen wollen, das erklären Sie dann bitte den Forstarbeitern.
Hinzu kommt, dass die eigenen Untersuchungen des Landes auf der Naturwaldparzelle am Weiherskopf im Forstamt Steinau ergeben haben, dass die Artenvielfalt auf bewirtschafteten Flächen viel höher ist als auf den stillgelegten Flächen. Das wird in der Beantwortung der Frage 38 auch zugegeben. Sie verzichten also auf einen natürlichen und CO2 sparenden Rohstoff, verursachen immense Kosten, und am Ende verhalten sich die Tiere im Wald dann doch nicht so, wie die GRÜNEN es sich vorstellen. Das ist schon allerhand.
Das alles wird gesteuert von einem privaten Verein, auf den wir ausweislich der hier vorliegenden Großen Anfrage noch nicht einmal Einfluss haben, weil weder Hessen-Forst noch die Landesregierung Mitglied dieses Vereins ist. Nur die Frau Staatssekretärin ist dort Mitglied, und vielleicht versteht man dann auch, warum man trotz ökologischer und ökonomischer Mängel so unbelehrbar an der FSC-Zertifizierung festhält.
Meine Damen und Herren, die FDP ist sich der Bedeutung des Waldes für Deutschland und für Hessen sehr bewusst. Wir finden, Schutz und verantwortlicher Nutzen des Lebensraums Wald sind gemeinsam möglich. Für uns ist der Wald eine wichtige Säule der ländlichen Räume, die nicht nur Natur und Erholung, sondern auch seit Generationen Beschäftigung bietet. Die Forstwirtschaft liefert mit Holz einen wichtigen CO2-neutralen Rohstoff, den wir in Zukunft noch stärker auch in der Bauwirtschaft zum Errichten von Gebäuden einsetzen wollen.
Wald und Holz aus Hessen haben Zukunft, aber nicht mit der romantischen Vorstellung à la Freilichtmuseum durch Stilllegung, sondern durch eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Wir wollen die regionale Wertschöpfung stärken und Investitionen in den Forst fördern. Die Landesregierung verfolgt mit FSC den gegenteiligen Weg, den wir so nicht mittragen wollen. – Vielen Dank.
Frau Kollegin Knell, danke. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Landau für die CDU-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich zunächst einmal für die Große Anfrage, aber auch für die Beantwortung derselben bedanken. Schließlich zeigen die dargelegten Ergebnisse: Der Wald wird in Hessen gut und nachhaltig bewirtschaftet.
Das ist wichtig, weil der Wald bei uns viele Funktionen erfüllt. Er ist Natur, Erholungsraum für die Menschen, aber auch für die Tiere. Außerdem ist er Wirtschaftsraum. Ich bin von Herrn Kollegen Utter gebeten worden, auch noch die Grimms anzuführen. Ja, der Wald ist bei uns natürlich auch die Kulisse für viele Märchen der Brüder Grimm.
Mehr als 42 % der hessischen Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Das ist bundesweit Rekord. Wir haben einen überwiegend gesunden und artenreichen Wald. Den wollen wir auch erhalten.
Wir sind uns bewusst, dass eine Nutzungskonkurrenz besteht. Wir streben immer wieder einvernehmliche Lösungen an. Wir setzen da immer wieder auf einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessengruppen. Wir setzen auf Vertragsnaturschutz im Wald und auf ausgewogene Betretungs- und Nutzungsregeln.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Sigrid Erfurth und Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Unserem Wald geht es gut, weil es hervorragend ausgebildete Mitarbeiter im Landesbetrieb gibt und weil man mit den privaten Besitzern auf guten rechtlichen Grundlagen arbeitet, wie dem Waldgesetz oder der Naturschutzleitlinie. Daneben können sie mit einem guten Förderangebot arbeiten. Das sind einige der Grundlagen, weshalb unser Wald so gut dasteht.
Eine ganz wesentliche Grundlage dafür, dass der Wald in Hessen flächendeckend gut gepflegt und nachhaltig bewirtschaftet wird, ist das Einheitsforstamt. Mir ist diese Feststellung wichtig. Es ist Garant einer stabilen landesweiten Forststruktur. Deshalb wollen wir an diesem Prinzip festhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Sigrid Erfurth und Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Selbstverständlich steht es jedem Waldeigentümer frei, ob er von Hessen-Forst oder von einem Dritten betreut werden möchte. Oder er kann sich selbst um die Betreuung kümmern.
Bisher haben es viele durch Hessen-Forst machen lassen, weil der Landesbetrieb ein qualitativ hochwertiges und finanziell attraktives Angebot machen konnte. Aktuell greifen 97 % der hessischen Kommunen für ihre Wälder auf die Kompetenz von Hessen-Forst zurück. Von dort aus werden 86 % der Flächen des Körperschaftswaldes betreut. Ich denke, das sind Zahlen, die für sich sprechen.
Die Entscheidung des Gerichts zum Verfahren des Bundeskartellamtes gegen das Land Baden-Württemberg wurde schon angesprochen. Aber auch die kartellrechtliche Anfrage bei uns in Hessen legt die Axt an das Prinzip des Einheitsforstamtes. Auch wenn Teile der Entscheidung noch nicht rechtskräftig sind, werden wir uns darauf einstellen müssen, dass zumindest die Vermarktung der Holzerzeugnisse künftig anders geregelt werden muss, als es bisher gängige Praxis war.
Wir bedauern, dass die von Hessen angestoßene Änderung des Bundeswaldgesetzes hier nicht durchschlägt und die bewährten Strukturen nicht schützt. Wir hoffen, dass die Gerichte zumindest entscheiden, dass die vorgelagerten Leistungen, die ganz überwiegend dem Allgemeinwohl und dem Erhalt des Waldes dienen, weiterhin in bewährter Form aus einer Hand erbracht werden können.
Aber da gibt es neue Herausforderungen. Diese Herausforderungen haben die Anhebung der Beiträge zu den Beförsterungskosten erfordert. Dabei ist uns bewusst, dass höhere Kosten bei den privaten Waldbesitzern und den Kommunen nicht zu Begeisterung führen werden. Aber wir haben versucht, dieser Grundanforderung des Kartellamtes so schonend wie möglich gerecht zu werden. Es geht um die Herausforderung, mit der Schaffung neuer Strukturen die Holzerzeugung und -verarbeitung wieder neu zusammenzubringen. Da wird ein großer Markt grundlegend umstrukturiert.