Wir haben uns die Stellungnahme des Hessischen Städteund Gemeindebundes genau angeschaut. Wir müssen feststellen, dass die vom Hessischen Städte- und Gemeindebund und von zahlreichen Städten und Gemeinden vorgetragenen Kritikpunkte sehr berechtigt sind. Die kommunale Familie kritisiert handwerkliche Fehler. An vielen Stellen bleibt unklar, ob der Landesentwicklungsplan Themen zusätzlich regeln will oder ob er nur rechtliche Vorgaben der Europäischen Union und des Bundes wiederholt.
Wenn das so ist, dann wären die Vorschriften allerdings überflüssig. Sinn und Zweck des Landesentwicklungsplans ist es ja gerade, die rechtlichen Vorgaben aus Europa und vom Bund, auf Hessen bezogen, zu konkretisieren. Das passiert aber oftmals nicht.
Wichtiger als die inhaltliche Kritik ist – Sie haben es gesagt –, dass die Frage des Zentrale-Orte-Systems auch noch abhängig ist von dem Kommunalen Finanzausgleich. Was Sie aber damit – ich sage es einmal so – vor die Klammer hätten ziehen können, wenn Sie das Thema ländlicher Raum wirklich ernst nehmen, ist: Welche Funktionen wollen Sie zukünftig Unterzentren, Oberzentren und Mittelzentren zuweisen?
Dazu brauchen Sie den Kommunalen Finanzausgleich erst einmal nicht. Wir haben ja, wenn wir das System so beibehalten, heute eine Situation, dass wir die Verkehrsinfrastruktur ausbauen; Sie selbst haben den Zeitraum genannt. Dann haben wir z. B. Gemeinden an der A 66 zwischen Fulda und Frankfurt oder im Bereich des Neubaus der A 49 Schwalmstadt – wir reden hier wirklich von Gemeinden, die im klassischen ländlichen Raum sind –, die eine neue Infrastruktur bekommen. Trotzdem verweigern Sie diesen Gemeinden Zukunftsperspektiven. Wir haben diese Infrastruktur doch nicht aus Daffke ausgebaut; die Gemeinden müssen dann doch auch die Chance haben, Gewerbegebiete auszuweisen, um diese Infrastruktur zu nutzen. Sie können doch diesen Gemeinden im ländlichen Raum nicht die Zukunftsperspektive verbauen.
Meine Damen und Herren, das ist mit Sicherheit keine einfache Diskussion. Natürlich darf es nicht gleichzeitig zu einem Wildwuchs kommen, dass wir sozusagen in jeder Gemeinde alles zulassen. Das will ja auch keiner. Aber diese Diskussion führen Sie nicht. Deswegen bin ich gespannt, wenn wir in einer Anhörung zu diesem Thema einmal die Gemeinden hören werden. Vielleicht wird dann nach 18 Jahren der Diskussion über die Frage ländlicher Raum versus Ballungsraum auch einmal klar: Wenn es richtig ist, dass wir die Probleme, die der Ballungsraum hat, was das Verkehrsaufkommen und die Wohnungsnot anbelangt, nur mit dem ländlichen Raum gemeinsam lösen können, dann hätten Sie jetzt im Landesentwicklungsplan eine echte Chance dazu – ein bisschen haben Sie diese vertan. Meine Damen und Herren, es ist ja noch nicht aller Tage Abend.
Warum wir aber überhaupt diskutieren, ist die Frage: Wie sieht der Landesentwicklungsplan aus? – Da muss man eines feststellen: Was in Ihrer Rede gefehlt hat, ist das The
Es ist eine Initiative des damaligen Wirtschaftsministers Dieter Posch gewesen, zu sagen: Wir bringen den Landesentwicklungsplan hier zur Diskussion. – Wir als Plenum können hier keinen direkten Einfluss nehmen, weil es um ein Exekutivrecht der Landesregierung geht. Aber wenn Sie das zentrale Thema Flughafen hier aussparen und gleichzeitig einen Lärmdeckel in den Landesentwicklungsplan hineingeschrieben haben, dann müssen wir doch darüber einmal diskutieren dürfen.
Was ist denn mit den Siedlungsbeschränkungsgebieten am Frankfurter Flughafen? – Wenn Ihre Vorgaben jetzt dazu führen, dass die Siedlungsbeschränkungsgebiete kleiner werden, weil Sie von anderen Voraussetzungen ausgehen und sagen, die Lärmbelastungen seien nicht mehr so hoch, dann kann das dazu führen, dass Sie die anliegenden Gemeinden dazu ermuntern, ihre Wohnungsbaugebiete näher an den Flughafen heran zu legen.
Meine Damen und Herren, dann kann das dazu führen, dass Sie bei dem Thema der Siedlungsbeschränkungsgebiete die Gemeinden dazu ermuntern, näher an den Flughafen heranzurücken.
Das gibt einen Zielkonflikt für die Zukunft, was ich dann wirklich als Problem ansehen werde. Wir werden uns in der Anhörung mit Sicherheit ausgiebig damit beschäftigen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Kollege Kaufmann. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Irgendwie habe ich ein bisschen Probleme mit meinen beiden Vorrednern; denn beide haben nicht über das geredet, was der Inhalt der Vorlage ist, sondern über das, was sie daraus ableiten zu können glaubten.
Wir reden über den Landesentwicklungsplan. Der Landesentwicklungsplan ist im Rahmen der planungsrechtlichen Vorgaben, ausgehend vom Raumordnungsgesetz des Bundes, eine der Planungsstufen. Es ist diejenige Planungsstu
fe, die das Land zusammenfasst. Die wichtigen Planungsstufen, die danach kommen, sind insbesondere die Regionalplanung und dann die kommunale Planung, bestehend aus den zwei Stufen Flächennutzungsplanung bis hin zur Bebauungsplanung, die vor Ort stattfindet.
Wenn wir jetzt an verschiedenen Stellen, sowohl vom Kollegen Eckert als auch vom Kollegen Lenders, zu unserer Überraschung hören, dass das Land zu wenig gestalterischen Impetus in diese Planung hineingelegt hat, dann wundert mich das, weil es in diametralem Gegensatz zu dem steht, was Sie hier sonst immer fordern, nämlich die Wahrung der kommunalen Planungshoheit. Deswegen kann ein Landesentwicklungsplan auch nur Rahmenvorgaben machen und an bestimmten Punkten die Entwicklungsrichtung, die das Land nehmen will, beschreiben. Genau das tut dieser Landesentwicklungsplan sehr gut – ich finde, auch an wichtigen Punkten, die der Minister genannt hat.
Der Landesentwicklungsplan erleichtert die Schaffung von Wohnraum, ohne weiterhin eine Zersiedlung der Landschaft zu betreiben. Er begrenzt damit zugleich den Flächenverbrauch. Sie werden sich erinnern – es wurde genannt –: Er sichert die Abstände zu Stromleitungen, was hier immer wieder gefordert wurde. Er sorgt nicht nur für die Begrenzung des Fluglärms, sondern – was noch wichtiger ist – er führt erstmals über die Lärmobergrenzen, die wir hier schon diskutiert haben, zu einer Verbindung zwischen dem Interesse der Luftverkehrswirtschaft, den Flugverkehr zu vermehren, und dem Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner,
das nur zuzulassen, wenn es dadurch nicht lauter wird. Das heißt, es gibt erstmals eine Kombination aus der Erweiterung der Entwicklung und der Lärmdrosselung. Genau das ist ein ganz wesentlicher Fortschritt.
Deshalb verstehe ich nicht ganz, worauf Sie hinauswollen. Am allerwenigsten habe ich den Kollegen Eckert verstanden, der hier eine Litanei vorgebetet hat, was angeblich alles versäumt worden sei. Da kann ich nur sagen: Sie wollen mit einem Wahlslogan auftreten, der lautet: „Zukunft jetzt machen“. Zugleich polemisieren Sie aber gegen den Landesentwicklungsplan, der exakt das angibt, was die Regierungskoalition jetzt macht und welche Grundlagen sie dafür schaffen will. Daraufhin habe ich gedacht: Na ja, wenn er das so kritisiert, dann wird die SPD wahrscheinlich eigene Vorstellung haben.
Dann schauen wir doch einmal in den Beschluss, mit dem der berühmt-berüchtigte neue große rote Hessenplan angekündigt worden ist. Da steht schon einmal nichts. – Dann habe ich gedacht: Na, ja, sie arbeiten ja weiter. Es gibt auch einen Entwurf für das Landtagswahlprogramm der SPD, den man nachlesen kann.
Meine Damen und Herren, nehmen Sie zur Kenntnis, dass alles das, was Kollege Eckert uns hier als unbedingt notwendig erzählt hat – Stichwort: Zentrale-Orte-Prinzip usw. –, mit keiner Silbe in dem Wahlprogrammentwurf genannt wird.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)
Da kann man sich nur die Frage stellen: Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie Zukunft jetzt machen, oder wollen Sie ausschließlich zurückschauen und sagen: „Wie schön war es doch damals“? Wir haben eher den Eindruck, dass Letzteres der Fall ist. Zumindest ist das Ihr Umgang mit der Vorlage des Landesentwicklungsplans, wie wir sie hier haben.
Wir haben jetzt einen Bundesminister mit Heimatmuseum, wie wir wissen. Wir haben auch an anderen Stellen das Thema Heimat. Lachen Sie nicht zu früh: Das, was der Landesentwicklungsplan an Rahmenbedingungen vorgibt, ist genau die Perspektive, wie wir auch aus grüner Sicht, aus Sicht der Koalition unsere Heimat, nämlich unser Land, weiterentwickelt sehen wollen. Dazu gehören in der Tat die Punkte, die Herr Kollege Lenders durchaus kritisch angemerkt hat: Ja, wir wollen nicht, dass der Fluglärm beliebig wächst. Ja, wir wollen nicht, dass Stromleitungen überall durch Siedlungsgebiete gehen, usw. Die Punkte sind genannt worden. Genau das ist nämlich die richtige Art und Weise, sich um die Heimat zu kümmern, indem man die Perspektiven in einen Plan hineinschreibt, diesen zur Diskussion stellt und dann genau danach handelt und nicht erklärt: „Zukunft jetzt machen“, aber nicht weiß, was man tut. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Für die CDUFraktion spricht nun Kollege Kasseckert. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will überhaupt nicht der Versuchung erliegen, in fünf Minuten den gesamten Landesentwicklungsplan zu kommentieren.
Wir haben noch Gelegenheit – ja, das wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk –, an vielen Stellen intensiv darüber zu diskutieren. Wir werden eine Anhörung durchführen und wahrscheinlich hier am Schluss eine heftige und muntere Debatte führen.
Was ich vorwegschicken will, ist, dass dieser Landesentwicklungsplan – ich glaube, Herr Kaufmann hat es gerade angesprochen – sozusagen in einem dreistufigen System auf der Ebene des Landes Leitplanken setzt. Das ist ein guter Begriff dafür. Er setzt den nachfolgenden Ebenen, nämlich im Wesentlichen der Regionalversammlung, Leitplanken für die regionale und kommunale Entwicklung.
Wir haben die Besonderheit – auch das haben wir heute Morgen besprochen – im Ballungsraum Frankfurt/RheinMain mit dem Regionalen Flächennutzungsplan. Aber das ist eine Besonderheit, die vielleicht zunächst zu vernachlässigen ist.
Entscheidend ist – das muss man wissen, auch in der Diskussion –, dass den Regionalversammlungen in dem gesamten dreistufigen System die größte Verantwortung und auch die größte Möglichkeit der Gestaltung für die kommunale Ebene zufällt. Das war so, und es bleibt auch in dem neuen Plan so. Deshalb ist es für mich nicht nachvollziehbar, wenn Sie sagen – ich glaube, Herr Lenders hat es angesprochen –, dass wir ländliche Räume von der Entwicklung abhängen, dass die Sorge bestehen muss, dass in den ländlichen Räumen weniger Wohnen oder weniger Gewerbe entstehen soll. Es ist nirgends in diesem Plan dargelegt – –
(Jürgen Lenders (FDP): Sie haben doch auch die Zuschriften bekommen! Haben Sie sie bekommen, oder nicht?)
Herr Lenders, lassen Sie mich doch ausreden. Ja, ich habe das auch gelesen. Aber das, was ich gelesen habe, ist nicht aus dem Plan herauszuarbeiten, ganz im Gegenteil. In dem Plan wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass wir in allen Landesteilen gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen wollen. Wenn Sie in die Zielsetzung des erstens Kapitels schauen, dann werden Sie an den Grundsätzen sehen, dass wir Wohnen und Gewerbe nicht nur im Ballungsraum, sondern auch in den ländlichen Räumen zulassen wollen.
Wir haben im vergangenen Plenum über die Stärkung des ländlichen Raums diskutiert, und wir haben auch darüber diskutiert, dass wir versuchen wollen, staatliche Institutionen in die Fläche zu bringen, um den Wohnungsdruck sowie den Verkehrs- und Mobilitätsdruck im Ballungsraum zu entzerren. Logischerweise müssen dann auch im ländlichen Raum Wohnen und Arbeiten zulässig sein. Das schaffen wir mit Infrastrukturmaßnahmen wie der Breitbandversorgung. Deshalb ist es richtig, dies in den Landesentwicklungsplan aufzunehmen. Aber das schaffen wir auch, indem wir den Regionalversammlungen, die es besser wissen als der Landesentwicklungsplan, weil sie näher dran sind, das Instrument an die Hand geben, dort Wohnen und Gewerbeflächen auszuweisen.
Wir haben festgelegt, dass mit den 2,5 ha pro Tag, die noch aus einer Zeit stammen, in der CDU und FDP Verantwortung getragen haben, eine Nachhaltigkeitsschwelle in diesen Landesentwicklungsplan aufgenommen wird. Ich glaube, wir müssen nicht befürchten, dass das limitierend wirkt. Auch wenn wir momentan einen starken Siedlungsdruck haben – momentan werden 2,7 ha pro Tag entwickelt –, ist nicht zu befürchten, dass es ein Stocken, ein Zurückrudern der kommunalen Entwicklung gibt. Ganz im Gegenteil, in den nächsten zehn Jahren hat der Landesentwicklungsplan ausreichend Gelegenheit zum Atmen.
Ich will einen letzten Punkt ansprechen: Wir werden intensiv auf der Ebene der Regionalversammlungen über den Agrarischen Vorzugsraum reden müssen, über die Klimazonen, die neu in diesem Plan sind, aber auch über den Biotopschutz. Aber auch hier will ich gleich der Diskussion vorgreifen: Wir schreiben das nicht fest, sondern wir übernehmen als Landesgesetzgeber bisherige Regelungen, die für die Regionalversammlungen als Vorgabe gelten, um in den Regionalplänen berücksichtigt zu werden. Die Regionalversammlungen sind wiederum diejenigen, die vor Ort festlegen, was ein Vorrang- und was ein Vorbehaltsgebiet ist. Erst daraus ergibt sich für die kommunale Entwicklung eine mehr oder weniger limitierende Bedeutung.
Ich glaube, an dem Beispiel Frankfurt wird das sehr gut deutlich. Dort diskutieren wir über 500 ha Fläche. Frankfurt hat sich in seiner Stellungnahme massiv aufgeregt. Aber wenn man einen Blick in den geltenden Regionalplan wirft, sieht man, dass dort schon heute ein Vorranggebiet ist. Auch dieses Vorranggebiet ist am Ende nicht das K.-o.-Kriterium für diese Fläche. Ganz im Gegenteil, Frankfurt muss im Kontext mit der Region, in der Kommunikation mit der Region am Ende Mehrheiten dafür finden, dass wir eine Ausnahme von diesem Vorranggebiet entscheiden. Das macht nicht der Landesentwicklungsplan, das macht nicht die Landesregierung, sondern das macht die Regionalversammlung.
Deshalb ist mit der Vorlage des Landesentwicklungsplans eine gute Grundlage geschaffen worden, dass weiterhin Wachstum in allen Landesteilen möglich ist und wir aber auch deutlich machen wollen, dass den Regionalversammlungen und dem Regionalverband an der Stelle die größte Verantwortung, aber auch die größte Chance zur Gestaltung der Zukunft zufällt. – Vielen Dank.