Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

Ich will da dem Kollegen Dr. Hahn recht geben. Man kann sich schon ein bisschen die Augen reiben, wenn man sich den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion anschaut. Dort steht, insbesondere die Einführung der wiederkehrenden Beiträge wäre in den Kommunen mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Es wurde hier schon darüber gesprochen: Es waren die Sozialdemokraten, die sich gerühmt haben, als erste Fraktion die wiederkehrenden Beiträge ins Plenum eingeführt zu haben. Es war das Abrechnungssystem aus dem SPD-geführten Rheinland-Pfalz, das hier als das prächtigste dargestellt wurde. Die SGK, das ist die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik, hat sich über das Land hinweg in Veranstaltungen über diese wiederkehrenden Beiträge ausgelassen und erklärt, was für eine herausragende politische Leistung das sei. Heute legt die SPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf vor.

Herr Kollege Hahn, Sie haben gesagt, Sie wollten mit der SPD-Fraktion rücksichtsvoll umgehen. Ich finde, das muss man nicht tun. Die Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion sind da inkonsequent. Sie sind unglaubwürdig. Das ist populistisch. Am Ende dient es nur dazu, hier einen Gesetzentwurf einzubringen, von dem sie wissen, dass er abgelehnt werden wird. Hinterher kann man das auf Flugblätter oder sonst irgendwo aufdrucken. Das ist nicht seriös. Das ist unseriöse Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte zu der Sache noch zwei oder drei Bemerkungen machen. Uns fällt auf, dass das, was die Fraktionen der CDU, der GRÜNEN und der FDP hier als Gesetzentwurf zu den Straßenausbaubeiträgen vorgelegt haben, kommunalfreundlich ist. Das, was die Sozialdemokraten vorschlagen, ist ein Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung. Sie wollen im Hessischen Landtag für die Kommunen entscheiden. Diejenigen, die die kommunale Selbstverwaltung immer als Monstranz vor sich hertragen, sind diejenigen, die die kommunale Selbstverwaltung abschneiden wollen. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was ist denn eigentlich, wenn Ihre Pauschale nicht reicht, wenn in den einzelnen Städten und Gemeinden die Straßensanierung teurer ist? Liebe Kollegen der SPD, man muss noch dazu sagen: Es wäre ganz gut gewesen, wenn man zur Pauschale eine Zweckbindung gemacht hätte. Man würde dann sagen: Das, was wir den Kommunen da zur Verfügung stellen, soll für den Straßenbau genutzt werden. – Dazu waren Sie ganz offensichtlich nicht in der Lage.

Was ist denn, wenn es nicht reicht? – Dann wird es dazu kommen, dass die Städte und Gemeinden das in einer anderen Form finanzieren müssen. Herr Kollege Rudolph, denn eines geht nicht, nämlich dass die Kommunen das auf die nächsten Generationen buchen. Das haben wir mit unserer Hessischen Gemeindeordnung klargestellt. Es werden zukünftig keine Defizite mehr gemacht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es würde zu einer interessanten Umverteilungswirkung kommen. Es käme dazu, dass die, die Wohneigentum haben, die in unserer Gesellschaft eigentlich eher diejenigen sind, die besser betucht sind, entlastet würden. Am Ende würden Sie über die Grundsteuer – das ist das Finanzierungsinstrument, das den Kommunen noch bleibt; denn das andere würden Sie mit Ihrem Gesetz den Kommunen aus den Händen schlagen – all diejenigen mitbelasten, die sich kein Grundeigentum leisten können oder leisten wollen. Ehrlich gesagt, ich finde das, was Sie hier vorschlagen, nicht sonderlich sozial.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Von der anderen Umverteilungswirkung, die Frau Kollegin Goldbach gerade eben dargestellt hat, nur zu schweigen. Sie wollen Mittel in die Hand nehmen, um sie am Ende Eschborn, Frankfurt und Wiesbaden in die Hand zu drücken. Man würde es den Kollegen in Eschborn, Frankfurt und Wiesbaden gönnen. Aber das wäre nicht sachgerecht. Deswegen kommen wir in der Landesregierung zu dem Ergebnis, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister Beuth, vielen Dank. – Von der Fraktion der SPD hat sich noch einmal Herr Kollege Rudolph zu Wort gemeldet. Herr Kollege Rudolph, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenminister hat von Glaubwürdigkeit gesprochen. Herr Innenminister, das war der profundeste Beitrag. Sie haben mit Ihrem Herbsterlass die Kommunen doch erst gezwungen, Straßenbeiträge zu erheben. Sie waren es doch.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Herr Kollege, nicht ablenken!)

Herr Boddenberg, in der Kommunalpolitik bin ich besser unterwegs als Sie. Sie haben andere Qualitäten. Davon verstehe ich tatsächlich mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Was macht das Land? – Wenn die Kommunen nicht einen bestimmten Hebesatz bei der Grundsteuer nehmen, gibt es weniger Förderung durch das Land. Wer war das? – Das war der Kommunalminister. Von wegen kommunale Selbstverwaltung, die Aussage des alten Freiherrn vom und zum Stein gilt bei Ihnen nur in Sonntagsreden.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Den Kommunen ging es noch nie so gut!)

Jetzt haben wir einen Gesetzentwurf. Wie ist das normale Gesetzgebungsverfahren? – Wenn wir uns alle wechselseitig ernst nehmen, dann muss man natürlich auch bereit sein, Dinge aufzunehmen.

Erstens. Stichtag. Das ist bei Stichtagsregelungen immer so. Irgendwo müssen Sie einen Schnitt machen. Das gilt auch für Ihre Regelung. Was ist denn bis zum 31. Dezember 2017 und die Jahre zuvor passiert? – Sie müssen die Stichtagsregelungen immer irgendwie berücksichtigen. Das ist ein ganz normaler Tatbestand.

Zweitens. Das ist ein Vorschlag zur Finanzierung und dazu, wie wir die Mittel verteilen. Darüber kann man doch reden. Wir würden es übrigens gerne nach Kilometern machen. Aber dazu müsste es eine Statistik des Landes geben, wie viele Kilometer Gemeindestraßen es gibt. Die gibt es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein ganz normales Gesetzgebungsverfahren, über das man reden muss.

Sie sagen, das reiche bis zum Jahr 2012 zurück. Natürlich nimmt die Diskussion dann an Schärfe zu. Wir haben steigende Preise der Firmen bei den Ausschreibungen. Die Preise sind exorbitant gestiegen, nämlich um 40 bis 50 %. Man hat höhere Kosten nach den Ausschreibungen. Das macht sich natürlich auch bei den Kosten bemerkbar, die die Kommunen haben. Deswegen verschärft sich die Diskussion.

Ich habe Ihnen die Kommunen aufgezählt. Bei der Aufzählung vorhin habe ich Sontra-Wichmannshausen vergessen. Da besteht Handlungsbedarf.

Ich komme auf die Finanzierung zu sprechen. Ja, wir wollen die gleichen Steuermittel wie Sie nehmen. Was ist an diesem Vorschlag unredlich? Wir wollen die gleichen Steuermittel wie Sie nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie sagen, unser Vorschlag sei unseriös. Sie werden die Bürgerinnen und Bürger mit null Euro entlasten. Wir wollen sie tatsächlich um Euros entlasten. Denn das ist kein Problem einiger weniger. Die Thematik wird über die Bürgerinitiativen hinaus bedeutender werden.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, dass Sie das nicht interessiert und dass Sie dafür kein Gefühl haben, habe ich schon länger zur Kenntnis genommen. Das interessiert mich aber nicht. Denn wir sehen Handlungsbedarf. Auf die kommunale Ebene werden in den nächsten Jahren weitere Belastungen zukommen.

Ich sage es noch einmal: Beim Finanzierungssaldo wird es von 2007 bis 2017 auf der kommunalen Ebene 4 Milliarden € weniger geben. Das sind die Zahlen, die der hessi

sche Finanzminister unlängst in einer Pressemitteilung festgestellt hat. Es gab 4 Milliarden € Defizit bei 423 Kommunen und 21 Landkreisen.

Wenn Sie sagen, das sei in Hessen für viele Bürgerinnen und Bürger kein Thema, dann leben Sie augenscheinlich in einer anderen Welt. Deshalb ist der Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren. Wir wollen ein normales parlamentarisches Verfahren. Da wird man sich austauschen.

Dass die Mehrheit das ablehnen wird, wissen wir. Wir machen Ihnen aber nicht die Freude, unsere parlamentarische Arbeit einzustellen.

Sie müssen sich einmal entscheiden: Sie sagen, wir hätten keine Vorschläge. Wenn wir welche haben, sind sie entweder unseriös oder unbezahlbar. Wenn wir den gleichen Finanzierungsvorschlag wie Sie machen, sagen Sie, das wäre etwas anderes.

Herr Wagner, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Sie müssen sich schon einmal entscheiden, was Sie da wollen. Immer nur zu sagen, alles, was Sie machen würden, sei richtig, ist der falsche Ansatz.

Natürlich haben wir im Laufe der Diskussion gemerkt, dass Veränderungen nötig sind. Herr Kollege Dr. Hahn, ich finde, es ist legitim, dass man sagt, gegenüber dem Jahr 2012 haben wir heute eine veränderte Situation.

Sie hätten Ihren Mitarbeiter gar nicht ins Archiv jagen müssen. Was meinen Sie, was ich Ihnen alles vorwerfen könnte, was Sie in diesem Landtag irgendwann einmal gesagt haben? Herr Kollege Dr. h.c. Hahn, Sie würden rot werden.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein, das glaube ich nicht!)

Da haben Sie recht. Noch nicht einmal das machen Sie.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann würden Sie rot werden!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier besteht Handlungsbedarf. Wir wollen ein ganz normales parlamentarisches Verfahren. Dann wird man am Schluss sehen, was dabei herumkommt. Jedenfalls ist der Gesetzentwurf eine Alternative zu Ihrem angeblichen Maßnahmenpaket. Der entscheidende Unterschied ist: Wir wollen die Bürger wirklich entlasten, Sie nicht. – Das ist die Alternative, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Bevor ich Herrn Kollegen Wagner das Wort gebe, möchte ich jemanden auf der Besuchertribüne begrüßen.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich die neue Generalkonsulin von Japan, Frau Setsuko Kawahara, die heute zu ihrem Antrittsbesuch im Hessischen Landtag ist. Die Generalkonsulin wird begleitet vom stellvertretenden Generalkonsul, Herrn Yoshitaka Tsunoda, und Herrn Vizekonsul Ryo Kogure.

(Die Generalkonsulin und einer ihrer Kollegen erhe- ben sich von ihren Plätzen auf der Tribüne und grü- ßen in das Auditorium.)

Ihnen allen ein herzliches Willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Herrn Kollegen Wagner vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf. Bitte schön Herr Kollege, Sie haben das Wort.