Protokoll der Sitzung vom 28.05.2015

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Entschuldigung des Hessischen Ministerpräsidenten bei den Beschäftigten des Universitätsklinikums Gießen und Marburg unverzichtbar – Drucks. 19/2022 –

und Tagesordnungspunkt 85:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Universitätsklinika auskömmlich finanzieren – Drucks. 19/2024 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht der Ministerpräsident. Sie haben das Wort.

(Günter Rudolph (SPD): Kann man noch nicht einmal einen Setzpunkt zulassen? Leute, Leute, Leute! – Janine Wissler (DIE LINKE): Ich freue mich, dass er da ist! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Das stimmt allerdings!)

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Rudolph, Sie haben einen Dringlichen Antrag eingebracht. Damit Sie die Debatte angemessen führen können, sollten Sie meine Position dazu kennen.

(Günter Rudolph (SPD): Den Brief habe ich gelesen!)

Eben. Wenn Sie ihn gelesen haben, verstehe ich Ihren Antrag nicht.

Meine Damen und Herren, das Klinikum Gießen-Marburg ist eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist eines der größten Klinika in Deutschland. Wir haben eine hervorragende medizinische Betreuung der Bevölkerung. Wir haben einen hervorragenden Ruf in Forschung und Lehre, und wir haben dort so viele Beschäftigte, wie es sie noch nie gab. Das sind die Fakten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle dazu fest: Keine dieser drei Feststellungen ist ernsthaft von irgendjemandem in Zweifel gezogen worden. – Wenn dem so ist, finde ich, wir sollten gemeinsam eine der großen Einrichtungen dieses Landes nicht schlechtreden, sondern die Leistungen anerkennen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich freue mich, dass Kollege Dr. Spies anwesend ist. Ich habe eine gewisse Vermutung, warum wir das heute diskutieren.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist ein Setzpunkt der LINKEN! – Janine Wissler (DIE LINKE): Das haben wir beantragt!)

Lieber Herr Kollege Rudolph, ich kann nichts dafür, dass die SPD zu langsam war und die LINKEN vor euch. Das ist nicht mein Problem.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme noch auf die SPD zu sprechen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist ein Niveau!)

Mir liegt sehr daran, deutlich zu machen, dass dieser Erfolg des Klinikums der Erfolg aller Beschäftigten in diesem Klinikum mit den beiden Standorten Gießen und Marburg ist. Das ist ein Erfolg, auf den alle, die dort tätig sind, stolz sein können und für den ich ausdrücklich im Namen des Landes danke. Das ist eine große Leistung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mich hier umschaue, sehe ich niemanden, der von Anfang an so intensiv sämtliche Details des Klinikums Marburg und des Klinikums Gießen kennt wie ich

(Janine Wissler (DIE LINKE): Nur können Sie es nicht in eigene Worte fassen!)

warum ist das so? – als Gießener Abgeordneter und als derjenige, der die gesamte Diskussion verfolgt hat. Die schlichte Wahrheit war:

(Zuruf von der SPD: Sie haben es verkauft! – Heiter- keit bei der SPD und der LINKEN)

Die beiden Standorte waren so, wie sie waren, nicht zukunftsfähig. Ernsthaft hat es niemanden gegeben, der die Auffassung vertreten hatte, dass es so, wie es war, weitergehen könnte. Es war Handlungsbedarf, und dieser Handlungsbedarf ist von der damaligen Regierung aufgenommen worden.

Es gab eine Expertenkommission. Diese Expertenkommission hat vorgeschlagen, das Klinikum Gießen als Klinikum zu beenden und das Klinikum Marburg als Universitätsklinikum fortzuführen, weil auf der kleinen Strecke von 25 km – historisch begründet – zwei Klinika, zwei Fachbereiche und zwei große Universitäten nicht zukunftsfähig sind. Das war das Ergebnis. – Wenn wir über diese Dinge reden, wollen wir uns an die Fakten halten und nicht an Behauptungen.

Ich habe es nicht für richtig gehalten und mit mir andere auch. Es wurde danach gesucht, wie es gelingen kann, den Standort zu sichern, für beide Universitäten die wichtige Medizin aufrechtzuerhalten und das Ganze zukunftsfähig zu gestalten. So entstand – damals waren wir in bestimmten Bereichen noch einig – zunächst einmal die Ausgliederung der Klinika aus den Universitätsverbünden. Sie wurden selbstständig.

Im Zweiten wurden die Klinika verbunden, weil alle – ich kenne niemanden, der das ernsthaft bestreitet – zu dem Ergebnis gekommen waren: Es ist richtig, beides zusammenzuführen für einen starken Standort, damit man die not

wendige medizinische Expertise, die Zukunftsfähigkeit, aber auch die Finanzierbarkeit des Ganzen aufrechterhält. Das ist der Weg, und das war das Richtige.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb war diese Entscheidung absolut richtig. Hinzu tritt die Frage, in welcher Rechtsform man dies betreiben soll. Darüber wurde engagiert diskutiert, und diese Debatte geht bis heute fort. Es gibt die Auffassung, dass die Privatisierung ein Fehler war. Die Sozialdemokraten schreiben in ihrem Antrag: war falsch, ist falsch, und was weiß ich.

(Zuruf von der SPD: Bleibt falsch!)

Die Position kann man haben.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Sie ist auch richtig!)

Ich halte sie nicht für überzeugend, weil die Probleme der deutschen Klinika völlig unabhängig von der Trägerschaft sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich bin sehr enttäuscht

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

lassen Sie mich doch den Satz ausführen –, dass Sie einen solchen Antrag unterschreiben. Wissen Sie, warum? Sie wissen doch alles, nicht nur weil Sie vor Kurzem von mir einen Brief bekommen haben; geschenkt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Zu dem Brief kriegen Sie eine Antwort, keine Sorge!)

Sie sind doch ständig im Gespräch mit allen. Deshalb ist es nicht redlich,

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

wenn Sie hier so tun, als sei das alles falsch oder, noch toller – ich komme noch darauf –, wenn Sie, auf den Letter of Intent eingehend, schreiben, keine der seinerzeitigen Versprechungen gegenüber den Beschäftigten sei eingehalten worden.

Das ist doch schlicht falsch, und Sie wissen, dass es falsch ist. Ich werde es Ihnen gleich belegen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Da sind wir sehr gespannt!)

Deshalb sage ich Ihnen, Herr Kollege, gerade weil wir beiden am dichtesten dran sind: Man kann unterschiedliche Positionen haben, aber ich kann nicht akzeptieren, wenn hier wider besseres Wissen vorgetragen wird. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben ein Strukturproblem an den Universitätsklinika in Deutschland. Dort ist auch die Frage von Arbeitsverdichtung anzusiedeln. Dort ist auch die Frage anzusiedeln, wie wir ein Klinikum so finanzieren können, dass es nicht permanent immer mehr Miese produziert. Das haben wir in unserem Land, und das haben wir in jedem anderen Land der Bundesrepublik.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)