Ich will nicht bestreiten, dass es bei diesem Thema an vielen Stellen auch Schwierigkeiten gab. Ich breche einmal eine Lanze für den Ministerpräsidenten: Ich habe in der Regierungszeit mit Kollegen der FDP an Gesprächen teilgenommen, in denen wir gemeinsam – der Ministerpräsident
und die Koalitionsfraktionen – mit der Rhön AG über diese Frage diskutiert haben. Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Hessische Ministerpräsident in dieser Frage besonders defensiv war; das will ich hier einmal feststellen.
Er war eher offensiv bei dem, wie er das Thema gesehen hat und es angegangen ist. Insofern die Botschaft zu senden, man habe da nur zugeschaut und das nicht ernst genommen – das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück. Die Frage der medizinischen Versorgung in Mittelhessen war für meine Fraktion – aber ich kann es auch für den Teil der Union beurteilen, also auch für die Kollegen der Union – ein wichtiges Thema, dessen wir uns angenommen und bei dem wir Aktivitäten entfaltet haben.
Man kann immer darüber streiten, ob das der richtige Weg war. Fakt aber ist, dass viele der Debatten, die jetzt geführt werden, zufälligerweise nur von einem Standort geführt werden und der andere Standort relativ ruhig ist. Das mag eben auch daran liegen, dass diese Entwicklung der beiden Standorte ein Stück auseinandergeht und dass wir – dies fällt irgendwie auf – im Rahmen des Oberbürgermeisterwahlkampfes in Marburg dieses Thema wieder auf den Tisch bekommen haben.
Frau Wissler, ich will nicht verhehlen, dass ich letzte Woche in Marburg war. An diesem Abend hat Frau Wagenknecht auf dem zentralen Platz in Marburg – ich weiß nicht, wie er heißt – gesprochen.
Ich bin daran vorbeigegangen zu meiner eigenen Veranstaltung. Ich musste aber da durch, das Leben ist kein Wunschkonzert.
Ich bin auch nicht stehen geblieben, sondern habe nur im Vorbeilaufen gehört, was Frau Wagenknecht dort für abstruse Positionen von sich gegeben hat.
Ja, aber es gibt keinen persönlichen Kontakt zwischen mir und Frau Wagenknecht, das kann ich Ihnen bestätigen, da liegt nichts vor.
Fakt aber ist, dass Frau Wagenknecht das Thema mit aller Massivität aufgenommen hat. Sie hat auch im Wahlkampf dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht nach dem Motto, die Privatisierung von Klinika führe zu mehr Todesfällen. – Meine Damen und Herren, wer solche Formeln von sich gibt, handelt nicht nur völlig unverantwortlich, er schürt auch eine Stimmung, die man teilweise kaum noch
Wir haben uns in der Debatte immer für Ergebnisqualität statt Prozessqualität eingesetzt. Die Frage von Personalmindeststandards ist mit Sicherheit nicht hilfreich, wenn es darum geht, wie man ein Klinikum richtig ausstattet. Was wir brauchen – es ist im Antrag von CDU und GRÜNEN erwähnt, und deswegen werden wir dem auch zustimmen –, ist eine nicht aus dem GKV-Topf bezahlte Unterstützung von Uniklinika; denn darum geht es zum Schluss. Was wir brauchen, ist, dass diese besondere Aufgabe, die ein Uniklinikum hat – nämlich die Versorgung auf der medizinischen Ebene auf der einen Seite, aber auch die Ausbildung von Medizinern und Pflegepersonal auf der anderen Seite sicherzustellen –, diese Doppelleistung, im System abgebildet wird. Bei aller Liebe ist das mehr eine Frage der Wissenschaft als eine Frage der Gesundheitsversorgung. Deshalb ist es richtig, wenn wir darüber debattieren, dass wir in diesem Bereich auch eine extra budgetierte Finanzierung aus dem Wissenschaftssektor brauchen.
Wenn der Bund dort zu Gesprächen bereit ist, weiß ich nicht, warum wir in Hessen sagen sollen, wir wollen das nicht. Ich bin auch der Auffassung, dass nicht nur diese Landesregierung, sondern auch andere sich diesem Modell anschließen. Insofern, glaube ich, sind wir hier auf einem guten Weg. Er ist überfällig, keine Frage. Aber das Geld aus der Gesundheitsversorgung herauszunehmen, das kann mit Sicherheit nicht der richtige Weg sein, um eine Lösung herbeizuführen.
Ein nächster Punkt, und der ist mir wichtig. Herr Dr. Spies, wir haben diese Debatte 20- oder 30-mal geführt. Wir sind hier unterschiedlicher Auffassung. Sie haben immer aus Ihrer Sicht gute Argumente vorgetragen. Das will ich nicht bestreiten. Wir sehen es anders. Aber ich möchte feststellen, dass wir nicht nur in Gießen-Marburg eine Debatte über die Frage der Versorgung und der Struktur haben, sondern ich sehe auch die Briefe, die wir bekommen haben und die die Kolleginnen und Kollegen im Wissenschaftsbereich immer noch bekommen, die zeigen, dass beim Uniklinikum Frankfurt eine ähnliche Entwicklung stattfindet. Wer zurzeit im Internet bei Google die Stichwörter „Uniklinika“ und „finanzielle Sorgen“ eingibt, wird auf viele Seiten kommen, in denen sich abbildet, dass die Systemfrage das Problem ist und nicht eine Privatisierung oder ein öffentliches Modell.
Frau Kollegin Wissler, zum Thema Charité und Vivantes sollten Sie noch einmal nachlesen, wem das gehört. Nur weil etwas eine private Rechtsform hat, ist es noch nicht privat. Ich weiß, das widerstrebt Ihnen, das ist mir klar. Aber eine GmbH heißt nicht, dass das ein Privatunternehmen ist.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich nicht behauptet! – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Sie kann auch in öffentlicher Hand sein. Das ist ein leichter Unterschied, aber ich weiß, es ist für die Linkspartei immer eine rote Fahne.
Frau Kollegin Wissler, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, ich sage Ihnen ganz offen, dass ich froh bin, dass wir in diesem Land damals die Kraft hatten, diesen Weg zu gehen, weil er für beide Standorte bedeutet hat, dass wir dort weiterhin medizinische Universitätsversorgung haben. Ich glaube, dass dieser Schritt mutig war. Ich glaube auch, dass es ein mutiger Schritt für den privaten Betreiber war, der seitdem erhebliche öffentliche Debatten ausfechten musste. Das ist auch nicht ganz einfach gewesen.
Ich glaube, dass sich hier niemand scheut, öffentliche Debatten zu führen. Ich war mehrfach in Marburg und habe dort diskutiert. Ich glaube, das geht den Kollegen auch so. Das Thema wird uns mit Sicherheit nicht verlassen. Fakt ist aber, dass man dringend darauf achten sollte, wie man sich mit dieser Frage auseinandersetzt.
Man kann gerne über Misssituationen diskutieren, wenn es sie gibt. Aber man sollte nicht die Standorte schlechtreden, weil die Menschen hohes Vertrauen in die medizinische Versorgung haben sollten. Wenn dieses nicht mehr besteht, gibt es ein viel größeres Problem als das, das wir gerade im Landtag diskutiert haben. Dafür tragen wir alle gemeinsam Verantwortung. – Vielen Dank.
Dann kommen wir zur Entscheidung. Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 52 soll vereinbarungsgemäß dem Wissenschaftsausschuss überwiesen werden.
Okay. – Die Punkte 83 und 85 werden ebenso überwiesen und kehren irgendwann zurück. Das ist so beschlossen.
Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Ersatzschulen in Hessen – Drucks. 19/1632 zu Drucks. 19/1126 –
Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Beiträge für Schulen in freier Trägerschaft – Drucks. 19/1958 –
Die Redezeit ist auf 7:30 Minuten verkürzt worden. – Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Degen für die Fraktion der SPD das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst beim Kultusministerium für die
doch sehr detailreiche Ausarbeitung bedanken, genauso aber auch bei den Schulen, die angefragt wurden. Denn viele Daten lagen offenbar im Haus nicht vor, und man hat mir mitgeteilt, an den Schulen hat es zu mancher hektischen Aufforderung mit sehr kurzen Fristen geführt. Deswegen dafür mein herzlicher Dank.
Meine Damen und Herren, zur Vorbemerkung der Antwort. In der Tat haben wir große Überschneidungen. Ich stimme absolut zu, dass die Ersatzschulen ein Experimentierfeld sind und genauso Schrittmacher neuer Bildungsideen. Viele Schulen sind eine wichtige Ergänzung zum öffentlichen Schulwesen.
Genauso stimme ich zu, dass die Länder natürlich die grundgesetzliche Verpflichtung haben, Schulen in freier Trägerschaft, die staatlich anerkannten Ersatzschulen, finanziell zu unterstützen. Diese Förderpflicht erfüllt das Land Hessen durch die Zahlung von Finanzhilfen nach dem Ersatzschulfinanzierungsgesetz.
Kommen wir zu den konkreten Zahlen und der Perspektive. Wir haben – für die, die sich nicht so gut auskennen und keine Zeit hatten, das zu lesen – 199 Ersatzschulen. In den vergangenen zehn Jahren wurden 72 neu gegründet. 22 bestehende Schulen wurden erweitert. Der Trend sieht so aus, dass wir im Jahr 2013 noch 51.445 Schüler hatten, die diese Schulen besucht haben. Das Kultusministerium geht davon aus, dass es sich bis 2018 auf 56.220 und bis 2020 auf über 57.000, fast 58.000 erhöht, also 7,5 % der Schülerschaft. Das ist ein erheblicher Anstieg, und das alles bei insgesamt sinkenden Schülerzahlen. Das ist bedenklich und lässt darüber nachdenken, ob die Attraktivität des öffentlichen Schulwesens nachlässt.