Davon kann man sich vor Ort leicht überzeugen. Herr Kollege Klein kennt das ebenfalls und nickt zustimmend. Er ist sicherlich mit mir der Auffassung, dass es ein Fehler ist, solche funktionierenden Systeme einfach plattzumachen, einfach zu schließen, so wie das Schwarz-Grün in Frankfurt mit Unterstützung von Schwarz-Grün in Hessen tut.
Meine Damen und Herren, dass sich nach der Grundschule wenige Kinder für den Hauptschulbildungsgang entscheiden und sich dort anmelden, ist kein Geheimnis. Die Antwort der Landesregierung bestätigt das noch einmal. Im Schuljahr 2013/2014 waren es gerade noch 1.200 Schülerinnen und Schüler, die sich dort angemeldet haben.
Ich will an der Stelle betonen: Es ist natürlich kein schlechtes Zeichen, wenn Eltern für ihre Kinder einen höheren Abschluss anstreben. Es ist aber offensichtlich eine Frage nicht ausreichender Beratung, wenn keine ausreichenden Informationen, z. B. über das duale Ausbildungssystem, gegeben werden können.
Aus dem Bericht der Landesregierung kann man auch sehen, dass keineswegs alle Schülerinnen und Schüler, die in einem anderen Bildungsgang angemeldet werden, erfolgreich sind. Wir wissen, dass große Zahlen von Schülerin
nen und Schülern aus dem Realschulzweig in den Hauptschulzweig wechseln und dort dann hoffentlich noch zum Abschluss geführt werden können.
Es ist so, der Hauptschulbildungsgang ist von Anfang an nicht so beliebt, aber er ist notwendig, um Schülerinnen und Schüler zum Erfolg zu führen.
Wir haben in der letzten Wahlperiode dafür mit unserer Mittelstufenschule die Grundlage gelegt, die, ich will es so vereinfacht sagen, eine Schule mit einem Eingang und zwei Ausgängen ist, bei der man sich daran orientiert, welche Fähigkeiten und welche Talente die Kinder haben, die bekanntlich unterschiedlich sind. Deshalb muss man sie auch unterschiedlich fördern und ihnen in die richtige Richtung helfen.
Das ist die Quintessenz des Berichts. Wir können letztlich auf die Hauptschule und den Hauptschulbildungsgang nicht einfach verzichten. Gerade die Kinder und Jugendlichen, die sich mit theoretischer Bildung etwas schwertun, die große Schwierigkeiten in Deutsch und Mathematik haben und denen leider auch nicht selten die Motivation zum Lernen fehlt, verschwinden nicht einfach, wenn man ihre Schule schließt, sondern denen muss man entsprechende Angebote machen. Deswegen ist es fahrlässig, funktionierende Systeme zu schließen, ohne dass das notwendige Alternativangebot etwa durch den Ausbau der Mittelstufenschulen zur Verfügung steht.
Ich will noch eines erwähnen. 45 % der Hauptschüler haben einen Migrationshintergrund. Dass diese Quote an den verbliebenen reinen Hauptschulen mit 75 % noch deutlich höher liegt, ist keine Überraschung, wenn man sich die Standorte anschaut und wenn man weiß, dass der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Frankfurt eben deutlich höher als im Durchschnitt Hessens ist.
Dass der Bildungserfolg der Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund häufig, wenn auch keineswegs aus allen Zuwanderungsgruppen – das muss man sich vor Augen führen –, hinter dem der Kinder ohne Migrationshintergrund zurückbleibt, ist ebenfalls nichts Neues. Das ist kein Tatbestand, mit dem wir uns abfinden dürfen. Aber wir müssen ihn zur Kenntnis nehmen. Daran müssen wir arbeiten.
Insofern ist es nicht überraschend, dass derzeit Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund überproportional den Hauptschulbildungsgang besuchen. Das heißt nicht, dass wir uns damit zufriedengeben. Das wiederhole ich. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.
Wir haben deshalb in der letzten Wahlperiode die Lehrerzuweisung nach Sozialindex eingeführt. Das ist eine wichtige Maßnahme, um die Chancengleichheit in Hessen zu erhöhen. Schon Doris Henzler hat als Kultusministerin die Vorarbeiten dazu geleistet. Nicola Beer hat es dann, ähnlich wie andere Dinge, umgesetzt.
Wir hatten Initiativen wie EIBE. Wir hatten SchuB. Das Nachfolgeprogramm heißt PuSch. Ich bin sehr dankbar, dass diese Programme und diese Arbeit, die darauf abzielen, Jugendliche, die Schwierigkeiten im Hauptschulbildungsgang haben, letztendlich an die duale Ausbildung heranzuführen und in die duale Ausbildung zu führen, sie also dafür zu qualifizieren, vom Minister jetzt fortgesetzt
werden. Er konnte diese Arbeit in der letzten Wahlperiode als Staatssekretär von Nicola Beer beginnen.
Meine Damen und Herren, das ist mein abschließender Appell an Sie, die Mitglieder der Koalition, und auch an den Kultusminister: Lassen Sie es nicht zu, dass wie in Frankfurt mit der Sophienschule ein funktionierendes System einfach plattgemacht wird. Stärken Sie die Systeme, die wir haben, damit sie ihre qualifizierte Arbeit fortsetzen können. Stellen Sie neue zusätzliche Angebote daneben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abg. Schwarz hat vorhin ein wunderschönes Zitat von Ernst Haeckel genannt. Ich will das noch einmal wiederholen. Denn das Geheimnis des pädagogischen Erfolgs ist die Wiederholung. Das wurde heute schon einmal in diesem Hause bemerkt.
Dementsprechend fördern wir bei unseren Jugendlichen ihre fachlichen und überfachlichen Kompetenzen. Dabei ist klar, dass der Erwerb dieser Kompetenzen die Etablierung einer soliden Wissensgrundlage voraussetzt.
Gerade im Bildungsgang der Hauptschule geht es also darum – deswegen setze ich das hier an den Anfang –, den Schülerinnen und Schülern ein Höchstmaß an lebendigem Wissen einerseits und anwendbaren Fähigkeiten andererseits für einen erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf mitzugeben. Dafür ist unter anderem die intensive Zusammenarbeit der Schule mit außerschulischen Partnern sowie den Eltern besonders wichtig.
Unter diesem Vorzeichen steht beispielsweise OloV, unsere hessenweite Strategie zur Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit beim Übergang von der Schule in den Beruf. Das wurde hier schon dankenswerterweise lobend erwähnt. Sie gibt es in Hessen seit 2008. Sie wird laufend weiterentwickelt. Sie gilt bundesweit bei der Berufs- und Studienorientierung als führend.
Als letzte Entwicklung in diesem Bereich will ich noch einmal auf unseren im Juni 2015 herausgegebenen Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung verweisen. Dieser macht für alle allgemeinbildenden Schulen eine systematische Berufsorientierung verbindlich und schreibt unter anderem Kompetenzorientierung, erhöhten Praxisbezug und Kooperation mit außerschulischen Partnern fest.
Das alles ist jetzt nicht hauptschulspezifisch. Es spielt aber natürlich im Bildungsgang Hauptschule eine besondere Rolle. Auch das ist schon gesagt worden: Es muss daher weiter verstärkt werden.
Ich habe bereits in meiner ersten Regierungserklärung in diesem Haus zu Beginn der Legislaturperiode betont, dass
ich die Qualität der Schule, die Qualität des dort erteilten Unterrichts und auch die außerunterrichtliche Arbeit für entscheidend halte. Fragen der Schulstruktur sind für mich in erster Linie unter dem Aspekt relevant, was Veränderungen dort zum Erreichen dieser Ziele beitragen können.
Es geht um die individuelle Förderung jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers. Es geht darum, die jungen Menschen mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten und zu dem individuell bestmöglichen Bildungserfolg zu führen. Unser vorrangiges Ziel bleibt es, motivierte und durch die Schule gut vorbereitete junge Menschen möglichst unmittelbar und ohne irgendwelche Warte- oder Überbrückungsschleifen zu einem erfolgreichen Schulabschluss zu führen und ihnen damit eine erste sichere Grundlage für eine solide und zukunftsfähige Lebensund Berufsplanung mit auf den Weg zu geben.
Aber wir sehen auch sehr wohl, dass die Fakten darauf hindeuten, dass in struktureller Hinsicht etwas getan werden muss. Das ist ein bisschen der Hintergrund der Zahlenabfrage dieser großen Anfrage. Wir sehen, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die schon ab Klasse 5 die Hauptschule besuchen, mit 2 % sehr niedrig ist. Trotz entsprechender Empfehlung der Grundschulen gibt es nur wenige Anmeldungen für diesen Bildungsgang. In den oberen Jahrgangsstufen ist dann allerdings eine stetig steigende Zahl an Schülern zu verzeichnen, die am Ende auch den Hauptschulabschluss erwerben.
Da müssen wir ansetzen, um die Perspektiven und damit die Attraktivität dieses Bildungsgangs von Anfang an zu verbessern, indem wir einerseits einen nahtlosen Anschluss an möglichst viele Ausbildungsgänge ermöglichen und andererseits die Durchlässigkeit des Systems dahin gehend sicherstellen, dass qualifizierten Hauptschulabsolventen alle Wege zu höheren Schulabschlüssen offenstehen. Dafür brauchen wir zweierlei.
Erstens brauchen wir eine enge Verzahnung des Hauptschulbildungsgangs insbesondere mit dem Bildungsgang der Realschule. Denn der natürliche Weg zu einem möglichen weiteren Schulabschluss führt qualifizierte Hauptschulabsolventen in den mittleren Bildungsgang. Ich will nur nebenbei bemerken, dass dieser mittlere Bildungsabschluss natürlich sehr gut im beruflichen Bildungssystem erworben werden kann. Die Verzahnung muss hier nicht nur im allgemeinbildenden Bereich stattfinden, sondern es geht auch um die Verzahnung zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulsystemen.
Das Zweite, das wir brauchen, ist die Grundlegung des Hauptschulunterrichts in Handlungs- und Praxisorientierung, und zwar in einer Weise, die auch mit Blick auf die große Heterogenität der Lerngruppen ein hohes Maß an Differenzierung und individuell abgestimmten Maßnahmen ermöglicht.
Das Schöne daran ist, dass es dafür dankenswerterweise schon eine Menge Beispiele gibt. Die können, müssen und werden wir im Hauptschulbildungsgang zum Allgemeingut machen.
Ich nenne die betrieblichen Lerntage, bei denen Schülerinnen und Schüler an einem festen Wochentag einen Praktikumsbetrieb als Lernort haben. Ich nenne spezielle Berufsorientierungsprogramme, und zwar auch über die allgemei
nen Vorgaben unseres letzten Erlasses hinaus. Beispielsweise gibt es auch Bundesprogramme, die man sich da zunutze machen kann.
Ich nenne die standardisierten Kompetenzfeststellungsverfahren in Jahrgangsstufe 7. Ich nenne die flächendeckende Einführung des Berufswahlpasses. Ich nenne die praxisbezogenen Unterrichtsprojekte in Kooperation mit Partnerunternehmen. Ich nenne die Schülerfirmen, die neben der ökonomischen Bildung auch die überfachlichen Kompetenzen in hohem Maße fördern.Und ich nenne natürlich unser gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds betriebenes Projekt PuSch, das zu diesem Schuljahr die Programme SchuB und EIBE abgelöst hat.
Ich stelle erfreut fest, dass diese Programme ein großer Erfolg sind. PuSch ist gerade erst angelaufen. Speziell das SchuB-Programm war jetzt schon ein großer Erfolg. Über 80 % der teilnehmenden Jugendlichen haben trotz der erheblichen Lern- und Leistungsrückstände, die sie überhaupt erst in das Programm gebracht haben, den Hauptschulabschluss erworben. Der Erfolg dieser Programme wird in diesem Haus ganz offensichtlich nicht in Zweifel gezogen.
Meine Damen und Herren, diese Programme bringen durch gezielte Fördermaßnahmen und verstärkte Praxiserfahrung Jugendliche zum Erwerb sowohl fachlicher als auch sozialer Schlüsselkompetenzen, zur Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit und damit zur Berufswahlreife.
Ich habe jetzt noch eine Zahl für Sie. Sie ist wirklich ganz frisch. Dankenswerterweise kommt man auch ohne ein internes WLAN in diesem Saal in den Besitz der einen oder anderen elektronischen Nachricht.
Gerade eben lief über den dpa-Ticker die neueste Statistik des Hessischen Statistischen Landesamts. Darin sehen Sie, dass die Zahl derjenigen, die die Schule ohne Hauptschulabschluss oder ohne berufsorientierten Abschluss verlassen, im letzten Schuljahr zum ersten Mal unter 2 % gelegen hat.
Ich stimme natürlich mit dem Abg. Schwarz überein: Solange es noch irgendjemanden gibt, der die Schule ohne Abschluss verlässt, ist unsere Arbeit nicht getan, also wird sie uns wahrscheinlich auch nie ausgehen. Aber wenn Sie vergleichen, von welcher Position wir kommen und wie sich die Zahlen in den letzten Jahren entwickelt haben, dann sehen Sie, dass gerade in diesem Segment in den letzten Jahren eine unglaublich gute Arbeit geleistet wurde, dass unsere Schulen in dieser Hinsicht schon sehr gut aufgestellt sind und dass wir auf jeden Fall auf dem richtigen Weg unterwegs sind.
Meine Damen und Herren, darauf wollen wir weiterhin aufbauen. Wir haben eine gute Ausgangsbasis, nicht zuletzt dank der herausragenden Lehrerversorgung. Die 105 %, die zusätzliche sozial indizierte Lehrerzuweisung, die wir weiter ausbauen, auch der kontinuierliche Ausbau der Ganztagsangebote – das alles versetzt uns erst in die Lage, den Hauptschulbildungsgang jetzt so auszugestalten, dass eine Anschlussfähigkeit sowohl an den Ausbildungs
Meine Damen und Herren, daran werden wir weiter arbeiten. Die dafür notwendigen strukturellen Reformvorschläge werden wir Ihnen im Rahmen der anstehenden Schulgesetznovelle unterbreiten. Auf deren Debatte in diesem Haus freue ich mich auch schon sehr. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.