Protokoll der Sitzung vom 03.02.2016

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Das hat uns auch der Landesrechnungshof so zur Pauschale ins Stammbuch geschrieben, die hier verabschiedet wird. Aber sie ist nicht immer dort angekommen, wo sie hingehört, nämlich vor Ort in die Kommunen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Hahn. – Das Wort hat der Sozialminister, Staatsminister Stefan Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne zuerst einmal mit einem Dankeschön der Landesregierung an die Fraktionen, die den Gesetzentwurf einbringen und angekündigt haben, ihn zu unterstützen. Es liegt im Interesse der Kommunen, dass wir versuchen, das Gesetz sehr schnell in das „Gesetz- und Verordnungsblatt“ zu bekommen, weil wir nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung auszahlen können – nicht so, wie wir es im vergangenen Jahr auf dem Verordnungsweg gemacht haben.

Insofern will ich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass wir uns im Rahmen des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses sicherlich noch einmal damit auseinandersetzen werden, dass aber die Kommunalen Spitzenverbände in der Vereinbarung zur Erhöhung der Pauschalen ausdrücklich auf eine Anhörung verzichtet haben, weil sie sehr schnell eine entsprechende gesetzliche Regelung haben wollen; denn sie ist dann die Grundlage für die Auszahlung der in der Zwischenzeit erhöhten Pauschalen. Ich bitte, das bei den weiteren Beratungen an dieser Stelle mit zu bedenken.

Ich will den Dank auch an Herrn Kollegen Dr. Schäfer richten, der gemeinsam mit mir die Verhandlungen mit den Kommunalen Spitzenverbänden geführt hat: Zu einem Zeitpunkt, als die Steuermehreinnahmen noch nicht Gegenstand von Diskussionen oder von Gestaltungsvorstellungen gewesen sind, haben wir schon den Weg beschritten, einen deutlichen Zuschlag zu den Pauschalen zu vereinbaren, der letztendlich auch zu der Zustimmung der Kommunalen Spitzenverbände geführt hat.

Ich will mich, wenn ich schon beim Dank bin, auch für die konstruktive Begleitung des Landesrechnungshofes in diesem Prozess bedanken; denn wir alle haben manchmal ein bisschen die Stirn gerunzelt, als wir gehört haben, dass der Landesrechnungshof ausgerechnet in der Phase in eine Prüfung eingetreten ist, in der wir verhandelt haben und in der es eine große Zahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden gegeben hat, die zu uns gekommen sind; wir wissen ja, dass solche Prüfungen häufig auch mit entsprechenden Aufwendungen für die Geprüften verbunden sind.

Er hat nicht nur darauf Rücksicht genommen, sondern er hat uns auch für die Verhandlungen selbst wesentliche Gesichtspunkte mit auf den Weg gegeben, deren Ausfluss sich in dem vorliegenden Ergebnis wiederfindet, beispielsweise den Erkenntnisfortschritt bei manchem Vertreter der

Kommunalen Spitzenverbände, dass es ein Unterschied ist, ob Asylsuchende und Flüchtlinge bereits Leistungen nach dem SGB II bekommen plus Pauschale oder nur eine Pauschale, sodass wir hier zu einer entsprechenden Differenzierung gekommen sind.

Ich denke, Sie sind einverstanden, wenn ich jetzt die Einzelheiten der Pauschalregelung nicht noch einmal darlegen kann. Ich will allerdings versuchen, noch auf drei Dinge einzugehen, die eben in der Diskussion eine Rolle gespielt haben, insbesondere auch auf das, was Herr Kollege Hahn gesagt hat.

Ich fange aber mit der Verordnung zur Aufnahme und der Zuweisungsverordnung an. An der Stelle will ich noch einmal betonen, dass diese Zuweisungsverordnung einvernehmlich entstanden ist, mit Zustimmung aller kommunalen Spitzen, also aller Landkreise und kreisfreien Städte, sodass die Quotierung, wer welche Flüchtlinge zugewiesen bekommt, zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften nicht streitbefangen ist.

Herr Kollege Hahn, im Hinblick auf die Fragestellung, ob es in der Systematik bleibt, dass wir drei Klassen der Pauschalen haben, haben wir auch in diesen Verhandlungen mit den Kommunalen Spitzenverbänden intensiv darauf hingewirkt und angeboten, weitere Klassen einzuführen.

Allerdings ist das nicht auf die Gegenliebe der Kommunalen Spitzenverbände gestoßen. Ich will Folgendes an der Stelle sagen: Das ist keine Frage gewesen, der wir uns verschlossen oder verweigert haben. Vielmehr haben wir das Ergebnis der Kommunalen Spitzenverbände in dieser Fragestellung und die Diskussionen, die dazu geführt haben, zur Kenntnis genommen und sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht in eine Veränderung der Klassen eingetreten.

Ich will allerdings nicht ausschließen, dass wir in weiteren Diskussionen darüber reden müssen. Wir müssen auch reden, ohne dass ich das Thema Vorgaben forciere. Ich weiß ob der unterschiedlichen Handhabung von Landkreisen. Es gibt ja auch immer eine entsprechende Diskussion darüber, wie die weitere Versorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden vorgenommen wird, die den Landkreisen zugewiesen werden. Wir haben zum Teil Landkreise, die die kreisangehörigen Städte und Gemeinden überhaupt nicht belasten, die das alles selbst machen, indem sie selbst Wohnungen anmieten, selbst unterbringen, selbst betreuen.

Wir wissen auch, dass wir Landkreise haben, die das auch nach einer internen Quotierung auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden verteilen. Dann haben wir, wenn verteilt wird, wiederum den Fall, dass sehr unterschiedliche Zahlungen der Landkreise an die einzelnen kreisangehörigen Städte und Gemeinden vorgenommen werden. Wir werden diese Diskussion mit den Kommunalen Spitzenverbänden weiterhin führen.

Ich denke momentan nicht, dass wir das irgendwann über eine irgendwie geartete gesetzliche Regelung lösen können; wir müssen an der Stelle zumindest bei dem Thema Standards des Lastenausgleichs und der Verteilung – damit sind wir dann weniger bei dem Punkt Standards bei Unterbringung und Betreuung – in einem ausgleichenden Verfahren kreisintern in ein Gespräch kommen.

Allerdings sage ich schon jetzt, eines werden wir als Land sehr zurückhaltend behandeln und eher nicht machen: dass wir in einen Abrechnungsmodus mit den einzelnen kreisangehörigen Städten und Gemeinden eintreten. Mit 426

Kommunen in ein bilaterales Abrechnungsverhältnis hineinzukommen, könnte leicht unübersichtlich werden.

Insofern versuchen wir das mit den Landkreisen und kreisfreien Städten auf den Weg zu bekommen, wobei das Problem dann eher bei den Landkreisen liegt, nicht bei den kreisfreien Städten. Davon abgesehen, inwiefern man auch zu einem internen Lastenausgleich und einer Verteilung der zugewiesenen Mittel kommen kann, bin ich insgesamt sehr dankbar, dass wir bei einem Thema, über das wir seit zwei oder drei Jahren intensiv diskutieren, zu einem guten Ergebnis gekommen sind und der Hessische Landtag das mitträgt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Das war die erste Lesung.

Wir überweisen das zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Fachausschuss? – Das machen wir so.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucks. 19/3051 zu Drucks. 19/2081 –

Hier steht „der Hessischen Schulgesetzes“. Es muss „des Hessischen Schulgesetzes“ heißen.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Langsam, langsam. – Berichterstatter ist der Kollege May.

(Günter Rudolph (SPD): Deswegen: Gute Bildung ist wichtig!)

Herr Präsident! Ich darf Ihnen aus dem Kulturpolitischen Ausschuss berichten: Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN gegen die Stimme der FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

Vielen Dank, Kollege May. – Dann kommen wir zur Aussprache. Zunächst hat sich Kollege Greilich, FDP-Fraktion, gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute das zweite Mal – in der zweiten Lesung – über unseren Gesetzentwurf zur Sicherung der Schulwahlfreiheit, insbesondere auch in dem Bereich des gymnasialen Bildungsganges.

Wir wollen, dass der Anspruch auf die Wahl des gymnasialen Bildungsgangs weiterhin von der Grundschulempfehlung unabhängig bleibt. Nur für den Fall, dass ein Gymnasium mehr Anmeldungen als Plätze zu verteilen hat und deshalb konkret über die Aufnahme einzelner Schüler an

die Schule entscheiden muss, soll neben den bereits im Hessischen Schulgesetz verankerten Kriterien auch berücksichtigt werden können, ob eine Gymnasialempfehlung im konkreten Einzelfall vorliegt oder nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage das in aller Deutlichkeit: Es kann einfach nicht sein, dass bei einem reinen Gymnasium Schüler vorgezogen werden müssen, die nach der Einschätzung ihrer Grundschullehrer weniger geeignet sind als solche mit einer klaren Gymnasialempfehlung. Das ist schlicht ungerecht. Davon völlig unberührt bleibt der Anspruch aller Schüler und Eltern, den gymnasialen Bildungsgang notfalls noch einmal an einer anderen Schule zu wählen. Wer anderes behauptet, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat entweder den Gesetzentwurf nicht gelesen oder informiert bewusst fehl.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen will ich noch einmal für alle erklären, die es wissen und nicht wahrnehmen wollen, aber vor allem für diejenigen, die es nicht wissen, wie denn derzeit die Lage ist. Wir haben den § 70 Abs. 3 des Hessischen Schulgesetzes. Nach diesem ist zu entscheiden, wie Schulleitungen ihre Auswahlentscheidung zu treffen haben, wenn sie eine treffen müssen, weil es mehr Bewerber als Plätze gibt. Es zählen der Wohnort, die Verkehrsverhältnisse, besondere soziale Umstände; es zählt eine bestimmte Sprachenfolge. Das sind alles wichtige Kriterien; diese sollen unberührt bleiben.

Aber, meine Damen und Herren, diese Aufzählung bedeutet, dass ein Kriterium von der Schulleitung nicht berücksichtigt werden kann, nämlich gerade die Fragen: Ist der Bewerber besonders geeignet? Hat er eine Gymnasialempfehlung, oder nicht? Das ist ein Stück aus dem Tollhaus. Deswegen wollen wir dieses zusätzliche Kriterium aufnehmen.

(Beifall bei der FDP)

Mit Verlaub gesagt, ich will einmal einen unverdächtigen und sicherlich allgemein als kompetent anerkannten Zeugen zitieren. Matthias Trautsch schrieb in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wörtlich:

Es ist absurd. 300 Frankfurter Schüler sind zu diesem Schuljahr aufs Gymnasium gewechselt, obwohl ihre Grundschullehrer ausdrücklich davon abgeraten hatten. Zugleich haben 500 andere Kinder keinen Platz mehr am gewünschten Gymnasium bekommen, obwohl die meisten von ihnen als geeignet eingestuft worden waren.

Meine Damen und Herren, das ist genau das, was ich sage: Es ist ein Stück aus dem Tollhaus.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben im Kulturpolitischen Ausschuss eine Anhörung durchgeführt, eine relativ umfangreiche Anhörung; und das Ergebnis war wie erwartet. Wer hat abgelehnt? Wer hat sich gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen und warum? Es waren durchgängig Organisationen, die die gesonderte gymnasiale Bildung im gegliederten Schulsystem generell ablehnen und zu einem Einheitsschulsystem, welcher Art auch immer, kommen wollen. Diese haben vorgeschoben, die Wahlfreiheit würde eingeschränkt, obwohl sie selbst die Wahlfreiheit komplett abschaffen wollen, weil es ihr Interesse ist, die Einheitsschule zu schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Es waren also, um es konkret zu sagen – Frau Kollegin Wiesmann hat dies auch sehr genau verfolgt –, die Gegner des Gymnasiums, die sich gegen unseren Gesetzentwurf ausgesprochen haben, wohingegen diejenigen, die die gymnasiale Bildung stützen, sehr deutlich dafür gesprochen haben. Herr Hartmann, der Vorsitzende des Philologenverbandes, hat in der mündlichen Anhörung noch einmal ausgeführt:

Wir sehen in dem Gesetzentwurf die Möglichkeit, vor Ort einen Ausgleich der Interessen zu schaffen, und befürworten diesen Entwurf.

Er hat betont, gerade anhand der Kriterienvielfalt sei das zu begrüßen. Der Deutsche Lehrerverband Hessen mit Frau Krippner-Grimme hat das genauso unterstrichen. Die Vertreter der Wirtschaft, die VhU, haben dies unterstrichen. Von den Kirchen kam Zustimmung. Dagegen waren natürlich die GEW und der eine oder andere Verband, der, wie ich schon gesagt habe, ohnehin gegen die gymnasiale Bildung ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss schon festhalten: Das, worum es hier geht und was der Anlass ist, dass wir uns mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen müssen, war die Situation in Frankfurt. Herr Trautsch hat sie zutreffend beschrieben.

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)