Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute in zweiter Lesung den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes sowie weiterer Vorschriften des Berufsrechts. Das ist vom Titel her ein komplexes und mitunter trockenes Themenfeld ohne wirklich große politische Gegensätze. Schlussendlich handelt es sich um die Umsetzung des Rechtes der Europäischen Union und des Bundes.
Sieht man sich jedoch die Regelungsinhalte genauer an, so erkennt man, dass dieser Gesetzentwurf von besonderer Bedeutung ist. In Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, gut qualifizierte Menschen mit ausländischen Bildungsabschlüssen nicht entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in den deutschen Arbeitsmarkt einzubeziehen.
Bereits während der ersten Lesung im Jahr 2015 bestand relativ große Einigkeit darüber, dass sich das im Jahr 2012 auf der Grundlage eines Bundesgesetzes verabschiedete hessische Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen als eine gute Regelung bewährt hat. Es hat die Integration der Fachkräfte aus dem Ausland in den Arbeitsmarkt deutlich erleichtert. Die nun erforderliche Überarbeitung zur Umsetzung der Richtlinien der Europäischen Union über die Anerkennung der Berufsqualifikationen und über die Zusammenarbeit in den Verwaltungen mithilfe des Binnenmarktinformationssystems wird zu weiteren Verbesserungen führen.
Meine Damen und Herren, neue Instrumente werden für eine Modernisierung bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Arbeitnehmerfreizügigkeit sorgen. Ich will kurz auf die Punkte eingehen.
Das ist zum einen der Europäische Berufsausweis. Er soll Arbeitnehmern den Zugang zu ihrem Beruf in einem anderen EU-Mitgliedstaat erleichtern und verbessert damit die Mobilität in Europa. Hinzu kommt die elektronische Antragsabgabe. Sie beschleunigt das Verfahren insgesamt. Zudem will man damit den partiellen Berufszugang einführen, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zumindest teilweise die Möglichkeit zu bieten, ihrer erlernten beruflichen Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten nachzugehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die EU-Richtlinie führt jedoch nicht nur zu mehr Mobilität, sondern auch zur
Absicherung. So ist ein Vorwarnmechanismus vorgesehen, mit dem sich die Mitgliedstaaten über bestimmte Berufsangehörige im Gesundheitswesen sowie von erzieherischen Berufen austauschen, denen die Ausübung des Berufs ganz oder teilweise untersagt oder beschränkt worden ist.
Für die CDU-Fraktion kann ich sagen: Die Regelungen sind aus unserer Sicht sinnvoll und finden daher unsere uneingeschränkte Unterstützung.
Erlauben Sie mir noch einige Worte zum Gesetzgebungsverfahren selbst. Bereits in der ersten Lesung am 26. November 2015 wurde von Staatsminister Boris Rhein geschildert, dass der Bund leider viel Zeit zwischen der Verabschiedung bzw. dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie im Januar 2014 und dem Umsetzungsstichtag 18. Januar 2016 hat verstreichen lassen. Hessen – an dieser Stelle das Wissenschaftsministerium – konnte erst im Sommer 2015 mit der Umsetzung starten. Zwei Kabinettdurchläufe, eine Regierungsanhörung sowie der Dialog mit den anderen Bundesländern, um möglichst einheitliche Regelungen zu erreichen, mussten in kurzer Zeit durchgeführt werden.
Im November waren die Obleute der hessischen Landtagsfraktionen übereingekommen, ein gestrafftes Verfahren zu ermöglichen und auf eine mündliche Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst zu verzichten. Hierfür wurden vom federführenden Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Unterlagen der Regierungsanhörung zur Verfügung gestellt.
Nach Sichtung der Rückmeldungen kann man feststellen, dass die Anregungen und Vorschläge im Gesetzentwurf der Landesregierung alle berücksichtigt wurden. Ich danke an dieser Stelle dem Wissenschaftsministerium mit Staatsminister Rhein an der Spitze für die unkomplizierte Zusammenarbeit.
Bereits in der ersten Lesung im November letzten Jahres wurde deutlich, dass in Summe keine großen Gegensätze bestehen und das Verfahren in zeitlicher Nähe zu der von der EU gesetzten Frist umgesetzt werden sollte. Einen Anlass für ein EU-Vertragsverletzungsverfahren müssen wir nicht unbedingt bieten.
Staatsminister Rhein hat in seiner Einbringungsrede aber auch betont, dass es sein kann, dass wir nach Inkrafttreten und Erkenntnissen über die Wirkung des Gesetzes nacharbeiten müssen. Dies sollte aber nicht unmittelbar zu weiteren Verzögerungen führen. Lassen Sie uns heute in zweiter Lesung das Hessische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz beschließen und die Umsetzung aufmerksam beobachten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Herrn Kollegen Hofmeister recht dankbar, dass er das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs knapp zusammengefasst hat. Das ermöglicht es mir, mich auf einen anderen Punkt zu konzentrieren; denn ich glaube, es ist fraktionsübergreifend in diesem Hause so, dass wir selbstverständlich gerne wollen, dass im Ausland erworbene Qualifikationen hier möglichst bürokratiefrei anerkannt werden, sofern sie gleichwertig sind, und insofern auch die Mobilität im Arbeitsmarkt entsprechend erleichtert und dadurch erhöht wird.
Herr Kollege Hofmeister, allerdings kann ich Ihre Einschätzung nach Durchsicht der Unterlagen aus der Regierungsanhörung – hier noch einmal Dank an den Minister und sein Ministerium, dass uns diese zur Verfügung gestellt wurden – nicht teilen, dass sämtlichen Anliegen, die in dieser Anhörung seitens der Angehörten, insbesondere der Kammern, geäußert wurden, Rechnung getragen worden ist.
Es ist richtig, es sind einige Änderungen aufgegriffen worden. Das waren aber insbesondere formalrechtliche Veränderungen, die sich im Bereich der Fristenregelung und anderem bewegt haben. Aber ich habe bereits in der Beratung im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es erheblichen Widerstand seitens der verschiedenen Kammern im Bereich der Heilberufe im Hinblick auf die ganz konkret in diesem Gesetzentwurf vorgenommenen Regelungen gibt.
Auch wenn wir als Freie Demokraten durchaus daran interessiert sind, dieses Gesetzgebungsverfahren zügig durchzuführen, muss ich Ihnen sagen, dass ich mich von meiner Seite aus gerade in diesem sehr sensiblen Bereich der Gesundheit – meines Erachtens muss das für die Bürgerinnen und Bürger ein verlässlicher Bereich sein, wo man sich als Bürger und erst recht in der Situation als Patient darauf verlassen können muss, dass die Qualität der entsprechenden Heilberufe nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft auch bei einer mobileren Arbeitsmarktgestaltung abgesichert ist – ausgesprochen unwohl dabei fühle, wie Sie jetzt in einem Schnelldurchgang die Bedenken abwiegeln, die hier aufgeworfen worden sind, wobei durchgängig zumindest Widerspruch erhoben wird, dass Sie mit den vorgenommenen Regelungen die Qualität der Heilberufe auch weiterhin werden halten können.
Das zieht sich durch den gesamten Gesundheitsbereich. Herr Kollege Hofmeister, das fängt an mit der Apothekerkammer, die sich wie andere Kammern auch z. B. gegen die sonstigen nachgewiesenen einschlägigen Qualifikationen wendet. Sie sagt eindeutig, dass es ihrer Ansicht nach im Umgang mit Arzneimitteln und deren Wechsel- und Nebenwirkungen unerlässlich sei, dass die Kriterien zur Anerkennung nicht aufgeweicht würden und somit ein hoher Sicherheitsstandard erhalten bleibe.
Das sind die Landeszahnärztekammer, die genau diesen Bereich als äußerst kritisch beschreibt, oder auch die Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die ebenfalls erhebliche Bedenken an dem Gesetzentwurf im Hinblick auf die Frage der sonstigen nachgewiesenen einschlägigen Qualifikationen anmeldet.
Aber es geht weiter. Wenn es z. B. um partielle Anerkennung von Weiterbildungen geht, sind die Psychotherapeuten ebenfalls der Ansicht, dass es hier keinen Raum für eine partielle Anerkennung gebe und dass diese auch europarechtlich nicht gefordert sei. Auch im Hinblick auf die Fragen der Berufsbezeichnung wird in den Anhörungsunterlagen deutlich der Vorwurf gemacht, dass damit eine Verunsicherung oder sogar eine Irreführung der Patientinnen und Patienten gefördert werde.
Man kann also in einer Zusammenschau der Argumentation sagen, dass alle Kammern der Heilberufe die Aufweichung von Qualitätsstandards durch diesen Gesetzentwurf befürchten und dass ganz unterschiedliche Ausnahmen und damit Veränderungen an Ihrem Gesetzentwurf gewünscht werden.
Nun sage ich ausdrücklich für meine Fraktion dazu: Man muss die Bedenken der Kammern nicht unbedingt und auch nicht komplett teilen. Ich glaube aber, dass ein seriöses Gesetzgebungsverfahren, zumindest wenn wir uns hier weiter als Landesgesetzgeber und nicht nur als Ausführungsorgan einer Landesregierung verstehen, bedingt, dass wir solche Fragen wenigstens in den dafür vorgesehenen parlamentarischen Verfahren klären.
Genau das war der Grund, dass wir uns als Freie Demokraten entschieden haben, im Ausschuss den Antrag zu stellen, diese Fragen in einer direkten mündlichen Anhörung der Betroffenen in der nächsten Sitzung zu klären. Ich finde es ausgesprochen bemerkenswert, um nicht zu sagen: bedenklich, dass Sie als schwarz-grüne Koalition dieses Anliegen abgelehnt haben.
Ich glaube, es ist umso befremdlicher, Herr Kollege Hofmeister, da die Kammern, die hier ihre Bedenken angemeldet haben, bei der Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen, die Sie mit diesem Gesetz regeln, eine entscheidende, zentrale Rolle spielen. Ich muss sagen, meine Bedenken sind noch größer geworden, als der Minister in dieser Ausschusssitzung – Sie waren anwesend – noch einmal sehr bildhaft dargestellt hat, unter welch immensem Zeitdruck dieser Gesetzentwurf erstellt worden ist.
Herr Minister, wenn ich mich richtig erinnere, sprachen Sie von einem „Galopp, wie man ihn sich sonst kaum vorstellen kann“, in dem dieses Gesetz gefertigt worden ist. Sie sind sogar so weit gegangen, zu behaupten, dass der zum Teil geäußerte Widerspruch durchaus begründet sein könne, dass man jetzt aber die Fristen einhalten müsse und das vorgehe.
Herr Kollege Hofmeister, ich persönlich halte die Gesundheit und die dazu gehörenden Berufe für einen sehr sensiblen Bereich. Daher glaube ich nicht, dass es angemessen ist, hier im Galopp, nur um des Einhaltens von Fristen willen, zu agieren, insbesondere dann, wenn diese Fristen schon überschritten sind. Seien wir doch einmal ehrlich: Dieses Argument trägt schon deswegen nicht, weil wir über eine Verschiebung von vier bis fünf Wochen sprechen.
Herr Kollege Hofmeister, wenn ich einmal den Blick europarechtlich und -politisch auf Brüssel richte: Glauben Sie ernsthaft – bei dem, was da gerade los ist –, dass in den nächsten vier oder fünf Wochen eine Sitzung der Europäischen Kommission zu einem Vertragsverletzungsverfahren
gegen das Bundesland Hessen durchgeführt wird, und zwar wegen der Umsetzung einer Richtlinie, deren Durchführungsverordnung von der EU zu spät gekommen ist? Das hat der Minister im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst wunderbar dargestellt.
Frau Kollegin Wolff, mit Blick auf die Sitzung des Europäischen Rats am 18. und 19. Februar, in der der Rat über die Flüchtlingsverteilung und die Wünsche der britischen Kollegen, Stichwort: Brexit, diskutieren wird, glaube ich, dass die Europäische Kommission anderes zu tun hat. Ich weiß noch nicht einmal, ob man in Brüssel überhaupt schon bemerkt hat, dass wir hier mit dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz eine Woche über der Zeit sind.
Summa summarum: Ich glaube, dass es ein ordnungsgemäßes, ordentliches und vor allem die Bedenken der Patienten, der Heilberufe und die Qualitätssicherung in der Gesundheit berücksichtigendes, angemessenes Verfahren gewesen wäre, in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst die speziellen Fragen mit den Experten aus dem Bereich Gesundheit zu klären. Dann hätten wir auch unsere Schlussfolgerungen ziehen können, ob an diesem Gesetz die eine oder andere Änderung vorzunehmen ist.
Ganz ehrlich: Sie sagen selbst, man könne später noch Veränderungen vornehmen. Wie können Sie denn eine einmal erteilte Anerkennung für eine Berufsqualifikation wieder zurücknehmen, nur weil Sie später im Verfahren schlauer geworden sind? Diese Anerkennung ist erteilt und kann nicht mehr entzogen werden. Ich glaube, das ist der Gesundheit und der Sicherheit von Patientinnen und Patienten, die sich auf diese Anerkennung verlassen können müssen, nicht angemessen.
Deswegen können wir als Freie Demokraten diesem Gesetzentwurf leider nicht zustimmen, auch wenn uns das Anliegen ansonsten eint. Ich glaube, das hier ist kein parlamentarisches Verfahren, und eine solche Anhörung abzulehnen ist höchst schädlich. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich schon bei der Ausschussberatung gewundert, dass ein Gesetzentwurf, der in der ersten Lesung so harmonisch besprochen wurde, später zu so großen Verwerfungen führen kann.
Vielleicht führen wir uns einmal vor Augen, was wir in der ersten Lesung gemeinsam festgestellt haben: Wir finden es gut, dass die EU Recht setzt, das zu einer Harmonisierung des Zugangs zum Arbeitsmarkt führen soll. Das wurde allenthalben so begrüßt – auch von Ihnen, Frau Kollegin Beer.
Die Umsetzung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Baustein …, es ist ein wichtiger Baustein bezüglich der Freizügigkeit in Europa, und zwar der Freizügigkeit nicht nur zu Urlaubszwecken, sondern auch zur beruflichen Tätigkeit.
Wenn wir uns jetzt vor Augen führen, dass wir hier über Gemeinschaftsrecht sprechen, also Recht, das in der gesamten EU gleichermaßen gelten soll, dann stellt sich schon einmal ein Teil der Fragen, über die hier gerade debattiert wurde, überhaupt nicht mehr, z. B. ob man nicht Sonderwege gehen soll.
Auch die Kritik der Kammern, die hier vorgetragen wurde, haben wir schon in der Ausschusssitzung erörtert. Ich verstehe das wirklich nicht.
Gehen wir einmal der Sache nach vor: Ist es so, dass in dem Gesetz die Möglichkeit eröffnet wird, niedrigere Qualitätsstandards anerkennen zu müssen? Nein, das ist nicht vorgesehen. Es geht darum, dass gleichwertige Qualifikationen festgestellt werden können. Es ist nirgendwo die Rede davon, dass die Qualifikationsstandards nach unten nivelliert werden müssen. Ehrlich gesagt: Ich verstehe nicht, wieso die Kammern den Gesetzestext so auslegen,