Protokoll der Sitzung vom 04.02.2016

Deshalb werbe ich auch für die Stiftung „Miteinander in Hessen“, auf die Sie sich dann im nächsten Schritt eingeschossen haben. Angesichts der Zahlen will ich gar nicht dementieren, dass es dort Verbesserungsbedarf gibt. Darüber müssen wir auch nicht reden. Dass wir das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag, zwischen dem Aufwand und dem, was wir ausschütten wollen, umkehren wollen, auch darüber brauchen wir nicht zu reden. Aber wie bei „Natura 2000“ bitte ich darum, dass wir dem Erfolg auch hier etwas Zeit lassen. Ich bin sicher, dass wir am Ende eines längeren Zeitraums zu dem Ergebnis kommen

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wie bei KasselCalden!)

nicht wie Kassel-Calden, das ist ein ganz anderes Thema –, dass es sich gelohnt hat.

Gestern oder heute Morgen haben wir über das Thema Flüchtlinge geredet. Dieses Thema fordert unsere Gesellschaft momentan in einer ganz besonderen Art und Weise wie kaum jemals zuvor. Da ist es gut, wenn wir einen Moment dazu verwenden, zu fragen: Wo können wir das Engagement der Menschen, das es Gott sei Dank in unserer Gesellschaft gibt, noch stärker zusammenführen? Dazu gibt es – mit diesem neuen Fachwort, zumindest für mich und wohl alle meine Kolleginnen und Kollegen – eine App für das Handy, mit dessen Hilfe die Stiftung jetzt die Mög

lichkeit schafft, dass Bürger auf diesem Wege ihre Bereitschaft mitteilen können, wo sie sich beim Thema Flüchtlinge engagieren wollen. Gerade dieses Themenfeld gibt uns genügend Möglichkeiten, in den nächsten Jahren zu prüfen, ob sich diese Stiftung bewährt hat. Ich bin davon überzeugt, sie wird sich bewähren. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir – insbesondere nach dieser Diskussion, aber auch schon vorher – großen Wert darauf legen werden, dass sich das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag verbessern wird. Daran habe ich keinen Zweifel.

Daher will ich meine Redezeit nicht ganz ausschöpfen. Ich will nur noch sagen: Stiftungen sind ein wichtiger Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bitte geben Sie dieser jungen Stiftung etwas mehr Zeit. Wir nehmen für uns in Anspruch, dass man mit diesen Informationen des Rechnungshofs auch kritisch nach innen schauen und die Dinge verbessern muss. Aber anders, als Sie es hier vorgetragen haben, haben wir an der generellen Frage, dass Stiftungen politisch arbeiten, keinen Zweifel. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar dafür, dass keine meine Vorrednerinnen und keiner meiner Vorredner versucht hat, diesen Bericht des Rechnungshofs parteipolitisch oder sonst wie zu instrumentalisieren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es alle zur Kenntnis genommen haben: Es ist die Aufgabe des Rechnungshofs, uns, das Parlament, und natürlich auch die Regierung zu beraten, wenn man im Zuge einer Prüfung zu dem fachlichen Ergebnis gelangt ist, dass die eine oder andere Frage im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit oder auch mit anderen Dingen nochmals auf die Tagesordnung gesetzt werden soll.

Auch im Namen meines Kollegen Florian Rentsch sage ich sehr deutlich: Wir wissen, dass in diesem Bericht des Rechnungshofs aus dessen Sicht auch Versäumnisse angesprochen worden sind, die uns mit betreffen.

(Beifall bei der FDP)

Ich selbst war mit verantwortlich dafür, dass z. B. bei der Von-Behring-Röntgen-Stiftung diese Lösung gewählt wurde, und wir als Liberale nehmen jetzt zur Kenntnis, dass der Rechnungshof dazu mehrere Anmerkungen für die Zukunft gemacht hat.

Zweite Vorbemerkung. Kollege Kasseckert hat vollkommen recht: Stiftungen sind etwas Besonderes. Dass ein Land Stiftungen einrichtet, kann nur schlicht damit begründet werden, dass man einerseits die Hoffnung hat, dass es private Zustiftungen geben wird, und zwar in erträglichem Umfang, dass sich darüber hinaus eine ganz schlanke Verwaltung mit dieser Thematik auseinandersetzt und dass drittens diese sehr schlanke Verwaltung etwas damit zu tun hat, dass man äußerst zielorientiert – wie diejenigen hier im Raume, die Mengenlehre lernen durften, sagen würden – eine Teilmenge mit einem klugen Zugang zu dem Thema verarbeiten kann: Sachverstand und deshalb wenig Overhead.

Herr Kollege Kasseckert, alles das wird derzeit erschwert, weil wir eine Zinssituation haben, die für Stiftungen bedenklich ist. Da ich auch von anderer Seite her etwas mit Stiftungen zu tun habe, will ich mich sogar zu der Aussage versteifen: Wenn der Draghi das noch lange so weitermacht, werden wir auch in unserem Bundesland ein Stiftungssterben erleben.

(Beifall bei der FDP)

Ich halte das für falsch. Ich halte das für einen Kollateralschaden der kontraproduktiven Zinspolitik, die die EZB macht. Aber das ist nun einmal derzeit die Lage, also müssen wir uns damit auseinandersetzen.

Nach diesen beiden Vorbemerkungen möchte ich kurz zu drei Stiftungen kommen, die alle schon diskutiert worden sind.

Das eine ist die Von-Behring-Röntgen-Stiftung. Ich bin dem Rechnungshof dafür dankbar, dass er deutlichst gemacht hat, dass er das Ziel dieser Stiftung hervorragend findet. Der hohe Stellenwert, den die Fördertätigkeit dieser Stiftung für die medizinischen Fachbereiche der Universitäten Gießen und Marburg hat, wurde ausdrücklich anerkannt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist aber nur ein durchschnittliches jährliches Fördervolumen von 1,3 Millionen € – und nicht das von uns allen damals angestrebte, erhoffte und eigentlich auch prognostizierte von 4 Millionen €. Wir liegen von dieser Schätzung also nicht nur knapp, sondern weit entfernt.

(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus hat es bisher, wenn ich das richtig weiß, keine einzige Zustiftung zur Von-Behring-Röntgen-Stiftung gegeben – wenn, dann nur im minimalen Bereich. Das Ziel, das ich vorhin, auch mit Bezug auf Herrn Kasseckert, genannt habe, war: Stiftungen richtet man auch dazu ein, um Zustiftungen zu erhalten.

Deshalb ist es klug, dass der Rechnungshof uns, dem Parlament, sagt: Überlegt doch einmal, ob ihr nicht in das hessische Stiftungsrecht aufnehmt, dass die Realwerterhaltung Grundlage ist. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sicherlich auch eine Folge der Zinspolitik, von der ich gerade gesprochen habe, aber das hat auch etwas damit zu tun, dass es uns der Rechnungshof, zum Zweiten, ebenfalls ins Stammbuch geschrieben hat: Bevor ihr eine Stiftung errichtet, macht eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.

Bei diesem Marburger Beispiel ist das, auch unter meiner Mitverantwortung, ganz offensichtlich so nicht geschehen. Dieser Hinweis des Rechnungshofs ist korrekt. Künftig müssen wir als Land Hessen das anders machen.

(Beifall bei der FDP)

Damit uns keiner falsch versteht: Wir finden das Ziel richtig. Wir stehen weiterhin zu der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen-Marburg. Wir sind auch froh darüber, dass diese 100 Millionen € als Erlös für weitere Arbeit genutzt werden können, aber künftig nach den Kriterien, die der Rechnungshof aufgeschrieben hat.

Zur Stiftung „Natura 2000“ ist alles schon gesagt; deshalb nicht noch einmal von mir. Der Satz bedeutet: Es ergibt keinen Sinn, dass man mehr Zinsen bezahlt, als man Leistungen ausschüttet. Das ist, flapsig gesagt, blöd. Das sollte man, da wir hier nicht flapsig sind, sondern ernsthaft mit Steuergeldern umgehen, so nicht machen.

Die letzte Stiftung, die ich ansprechen möchte, ist „Miteinander in Hessen“.

(Peter Stephan (CDU): Eine tolle Stiftung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin Mitglied des Kuratoriums, war auch zwei oder drei Jahre lang der stellvertretende Vorsitzende desselben. Ich werde nicht dem Wunsch verfallen, hier zu erklären, was dort intern gerade alles diskutiert wird. Ich möchte nur, lieber Herr Vorstandsvorsitzender – ich muss mit den Titeln immer etwas überlegen, aber ich habe den richtigen getroffen –, dass Sie den Umlaufbeschluss des Kuratoriums zurücknehmen und dass wir relativ kurzfristig eine Kuratoriumssitzung durchführen.

Zum einen ist das zu erörtern, was hier alles schon von den Kolleginnen und Kollegen besprochen worden ist. Zum Zweiten muss ich gestehen, dass man bei einer derartigen Umstellung der Struktur der Stiftung – sie kann ja klug sein – die Diskussion nochmals anhand der Zahlen face to face und nicht in Papierform führen möchte.

(Beifall bei der FDP)

Ich halte – damit auch das für die FDP-Fraktion klar ist – diese Stiftung ebenfalls für einen sehr klugen Ansatz, und ich merke als Beiratsmitglied einer Bürgerstiftung in meiner Heimatstadt Bad Vilbel, dass die Zusammenarbeit, also auch der Know-how-Transfer, der von dieser Stiftung „Miteinander in Hessen“ geleistet wird, vor Ort anerkannt wird. Ich weiß aus Bad Nauheim, aus unserm Wahlkreis, dass man die Stiftung „Miteinander“ dort sehr schätzt, auch wenn man dort kürzlich anlässlich einer Bitte nicht mit einem zusätzlichen Obolus bedacht werden konnte.

Also bitte nicht falsch verstehen. Die Stiftung an sich ist eine gute Idee. Dabei kann man auch das bürgerschaftliche Engagement ein bisschen bemerken, wobei ich schon traurig bin, dass die Mitarbeit derjenigen, die bürgerliches Engagement in Stiftungen bundesweit bearbeitet haben, nun leider nicht mehr zur Verfügung steht. Deshalb möchte ich hier sagen: Das ist zunächst eine Aufgabe der Gremien der Stiftung. Ich bitte deshalb herzlich darum, dass wir das nicht in Papierform, sondern face to face machen.

Für den Landtag sage ich als FDP-Abgeordneter einen herzlichen Dank an den Rechnungshof. Er hat uns wieder einmal in der ihm eigenen Art der inhaltlichen Brillanz und des diplomatischen Feingefühls deutlich gemacht, dass wir nicht immer alles zu 100 % richtig machen. Aber dafür ist der Rechnungshof ja auch da. – Vielen herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Kaufmann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um gleich an das anzuknüpfen, was mein Vorredner, der Kollege Dr. Hahn, gerade gesagt hat: Ja, der Rechnungshof hat uns darauf hingewiesen, dass wir nicht alles richtig machen. Aber ich darf Gelegenheit nehmen, aus meiner Sicht auch gegenüber dem Rechnungshof zu sagen: Er macht auch nicht immer alles richtig, bzw. er hat auch einen speziellen Blick auf die Dinge, und bisweilen muss man noch

in eine andere Richtung schauen, um eine insgesamt sachgerechte Bewertung zu erzielen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es hängt davon ab, ob man Regierung oder Opposition ist, Herr Kaufmann!)

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, zumindest aus unserer Sicht geht es bei Stiftungen und bei dem Thema insgesamt bei Weitem nicht nur um Geld. Das heißt, die Fragestellung, was die wirtschaftlichste Variante ist, wie man ein Kapital am besten verzinst und wie man es am besten nutzt, ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Betrachtung, aber keineswegs die einzige. Für uns – das hat auch noch eng mit dem Geld zu tun – ist auch der zweite Aspekt wichtig: Ganz anders, als es gerade von der linken Seite des Hauses gefordert wurde, nämlich die Förderungen als Staatsaufgabe durchzuführen, kommt es bei einer Stiftung immer darauf an, die Substanz zu erhalten, d. h. ein Kapital zu bewahren. Das ist – das wird Sie nicht wundern – aus Sicht der GRÜNEN sehr sympathisch. Dies ist nämlich ein Aspekt nachhaltiger Finanzwirtschaft, und das ist eines unserer Themen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Stiftungen sind auf nachhaltiges Wirtschaften angelegt und insoweit uns auch sehr sympathisch.

Aber Stiftungen sind darüber hinaus natürlich auch angelegt als Instrument insbesondere der Bürgergesellschaft. Dass das den Sozialisten jedweder Prägung vielleicht weniger nahe steht, können wir durchaus verstehen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): „Sozialisten jedweder Prägung“!)

Aber die Bürgergesellschaft ist durchaus aufgerufen, daran mitzuwirken. Das geschieht – das ist doch klar – sehr viel leichter und sehr viel besser über Stiftungskonstruktionen, als man es über Staatshandeln alleine erreichen würde.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die personelle Besetzung, Herr Kaufmann!)

Die Einheitsverwaltung ist nicht in allen Fällen der beste Förderer von Aktivitäten der Zivilgesellschaft.

Dass Stiftungen eine wichtige Funktion haben, wissen Sie doch auch.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hat denn jemand widersprochen?)

Alle Parteien haben Stiftungen, um sozusagen genau in die Gesellschaft hinein zu wirken.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hat denn jemand widersprochen?)

Man könnte ja auch das anders organisieren. Aber genau das tun wir nicht, weil wir wissen, welchen Wert Stiftungen haben können.