leicht ist das sogar eine völlig theoretische Debatte, weil ein solcher Fall gar nicht eintritt. Aber die Möglichkeit nicht zu eröffnen und nicht zu sagen: „Das würden wir auch refinanzieren“, finde ich sehr kleinlich und sehr eng. Das haben Sie eigentlich nicht nötig. Das könnten Sie an der Stelle besser. – In diesem Sinne.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Schwangerschaftskonfliktberatung – darüber haben wir uns im Plenum schon einmal ausgetauscht – ist eine unglaublich wichtige und verantwortungsvolle Tätigkeit, die in unserem Land Hessen von qualifizierten Menschen ausgeübt wird. Ich glaube, wir alle wertschätzen diese Arbeit; denn es geht um verwundbares Leben. Daher ist das eine sehr wichtige Tätigkeit.
Wir haben in Hessen – auch das hat in der Debatte eine Rolle gespielt – im Vergleich zu anderen Bundesländern eine sehr auskömmliche Finanzierung dieser Tätigkeit. Es ist schön, wenn man sagen kann, dass man über dem Durchschnitt liegt. Aber es hilft vielleicht nicht im Einzelfall, d. h. bei einer bestimmten Einrichtung. Das muss man abwägen. Dazu kann ich aber nur auf die Hinweise in der Anhörung verweisen.
Aber ich möchte eines deutlich sagen: Es ist nicht so, dass es in Hessen eine gesetzeswidrige Regelung gibt. Das ist ausgeklagt, und es ist richterlich festgestellt, dass das Modell, das wir in Hessen haben, rechtskonform ist. Ich glaube, darauf müssen wir uns verständigen können. Ich persönlich finde eine Finanzierung über Pauschalen immer sinnvoll, da sie bürokratiearm ist. Auch im Hinblick auf den Landeshaushalt ist es immer eine kluge Überlegung, wenn man mit Pauschalen arbeitet. Dennoch müssen sie sachlich gerechtfertigt und angemessen sein. Ist das der Fall, ist das eine gute Verhandlungsbasis für beide Seiten.
Ich habe für mich – auch für meine Fraktion – schon gesagt: Ich bin, was die Finanzierung angeht, besonders sensibel; denn in der schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der wir uns vor einigen Jahren noch befanden, haben wir uns, da wir eine sehr auskömmliche Finanzierung hatten, entschieden, an dieser Stelle zu sparen. Ich glaube, es ist keinem von denen, die dafür die Verantwortung übernehmen mussten, sehr leichtgefallen.
Darum muss man sagen – die Kollegin von den GRÜNEN hat es eingeräumt –: Es gibt an der Stelle schon eine Schlechterstellung bei der Finanzierung. Das reicht für mich, um diesen Gesetzentwurf nicht mitzutragen. Wir hatten nämlich schon einen Spardurchgang, und es wäre jetzt angemessen, zumindest keine weiteren Verschlechterungen zu veranlassen. Darum werden wir hier nicht zustimmen können. Über alles andere ist über die Parteigrenzen hinweg schon ausführlich diskutiert worden.
Es kommt nicht oft vor, dass FDP und LINKE in der Sozialpolitik einer Meinung sind. Aber bei dem Thema anonyme Geburt ist das der Fall. Das ist ein sehr schwieriges Thema. Wir wissen, dass in den schlimmen Situationen, in denen sich Frauen so überlastet fühlen, dass es zu dramati
schen Reaktionen kommt – bis zur Tötung des Kindes –, die Möglichkeit der anonymen Geburt keine hundertprozentige Lösung ist. Das ist eine Krücke, die vielleicht in einem Einzelfall helfen kann.
Ich bin der Ansicht, dass man die anonyme Geburt dann auch finanzieren sollte; denn es geht hier um ein Leben, dem man damit vielleicht eine Chance geben kann. Ich will das auch nicht überdramatisieren. Ich glaube, an der Stelle ist es ein Stück weit eine Frage des Respekts, das vernünftig zu finanzieren; denn im Einzelfall ist das vielleicht eine lebensrettende Maßnahme. Daher muss man sich noch einmal überlegen, wie man die Abrechnung gestaltet. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist richtig, an dem Gesetzentwurf wurde einiges zum Positiven verändert. Aber aus unserer Sicht haben Sie nicht die wesentlichen Änderungen vorgenommen, die, auch von den Anzuhörenden in der Anhörung, empfohlen wurden.
Sie haben von dem pluralen Angebot der Beratungsstellen gesprochen und davon, dass dieses durch unseren Vorschlag, den Anteil der Beratung durch Ärztinnen und Ärzte von 20 % auf 10 % zu senken, möglicherweise gefährdet sei. Wir können klar und deutlich sagen, das plurale Angebot ist dadurch nicht gefährdet, aber wir verbessern dadurch die Situation, in der sich die Beratungsstellen im Moment befinden.
Wir erkennen mit unserem Änderungsvorschlag ausdrücklich an, dass es auch Frauen gibt, bei denen eine rein medizinische Beratung ausreicht. Aber wir gehen mit unserem Änderungsvorschlag insbesondere auf die Probleme ein, die uns von den Trägern der Beratungsstellen in der Anhörung berichtet wurden.
Erstens sind das Wartelisten für Frauen, die in einer Konfliktsituation sind. Diese halten wir für unzumutbar.
Gerade dann, wenn eine Frau ungewollt schwanger wurde und die Schwangerschaft erst spät festgestellt wird, muss schnell gehandelt und beraten werden. Wartezeiten sind für diese Frauen quälend.
Zweitens. Uns wurde berichtet, dass Frauen, die in der Beratung von Ärztinnen und Ärzten waren, anschließend oft zusätzlich in eine Beratungsstelle gehen, weil die Lebenssituationen, in der sich viele Frauen befinden, sehr komplex sind und ihnen daher eine rein medizinische Beratung nicht ausreicht. Oftmals ist auch eine psychosoziale Beratung notwendig.
Ihre Gegenargumente zu unserem Vorschlag waren: Erstens. Es sei nicht finanzierbar; das hat Frau Erfurth gesagt. Zweitens. Das plurale Angebot sei möglicherweise gefährdet – das hat Herr Grüttner angebracht –, und wir sollten doch froh sein, dass die Ärztinnen und Ärzte bei einer solch geringen Pauschale von 59,90 € bereit seien, zu bera
ten. Hier widersprechen sich CDU und GRÜNE also gegenseitig. Auf der einen Seite wird vom CDU-Minister gesagt, die Pauschale für Ärztinnen und Ärzte sei derart gering, dass wir froh sein könnten, dass sie dies überhaupt machten. Die GRÜNEN sprechen davon, dass unser Vorschlag nicht finanzierbar sei, was ich angesichts der Haushaltslage, mit Verlaub, nicht ganz für glaubwürdig erachte.
Noch schlimmer ist, dass weder CDU noch GRÜNE auf die inhaltlichen Argumente eingehen, warum also die Änderungen, die wir vorschlagen, notwendig sind. Es gibt kein Wort zum Thema Wartelisten; es gibt kein Wort zu den besonderen Konfliktsituationen, in welchen Wartezeiten für Frauen eben unzumutbar sind.
Ich finde, wir sollten uns das, was uns die Praktikerinnen sagen, die in der Schwangerschaftskonfliktberatung tätig sind, die den gesetzlich vorgeschriebenen Auftrag sicherstellen und die wir alle am Dienstag in der zweiten Lesung für ihre engagierte Arbeit gelobt haben, auch ernst nehmen.
Stattdessen wiegeln Sie ab und sagen: Es ist doch klar, dass die Träger eine bessere Ausstattung und mehr Geld wollen. – Aber auf die Argumente, warum sie unterfinanziert sind, gehen Sie erst gar nicht ein.
Das sah bei den GRÜNEN im Jahr 2011 noch ganz anders aus. Damals haben die GRÜNEN zusammen mit uns einen Änderungsantrag in den Landtag eingebracht und, wie wir dies heute tun, eine Erhöhung der Förderung der Beratungsstellen von 80 auf 90 % gefordert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit verlassen die GRÜNEN ein weiteres Mal bei einem gesellschaftspolitisch wichtigen Thema eine Position, die sie noch vor der Landtagswahl vertreten haben.
(Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Da waren die GRÜNEN auch noch grün! Das ist schon ein Weilchen her!)
Die Träger der Beratungsstellen haben deutlich gemacht, dass die derzeitige Förderhöhe durch das Land zu einer Unterdeckung bei den Personalkosten führt, obwohl das Land gesetzlich verpflichtet ist, die Schwangerschaftskonfliktberatung sicherzustellen. Sie vertrauen also darauf, dass die Träger diese finanzielle Lücke mit eigenen Mitteln schließen. Das haben die GRÜNEN noch im Jahr 2011 ebenfalls kritisiert.
Heute soll das alles nicht mehr notwendig und falsch sein. So schnell ändern sich hier die Positionen. Ich bin gespannt, wie Sie den freien Trägern und Hilfe suchenden Frauen am Ende erklären werden, warum das, was Sie noch vor fünf Jahren als notwendig erachtet haben, heute unnötig sein soll. Wir wollen mit unseren beiden Änderungen den Beratungsengpässen entgegenwirken. Das haben CDU und GRÜNE im Ausschuss aber abgelehnt. SchwarzGrün hat damit die Chance vertan, bei einem so wichtigen Thema notwendige Änderungen vorzunehmen, um in Hessen die Beratungsinfrastruktur für schwangere Frauen in Konfliktsituationen weiter zu verbessern.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem heutigen Beschluss für das Ausführungsgesetz zur Schwangerschaftskonfliktberatung sichern wir die weitere Finanzierung der Beratung von Frauen und Männern rund um Familienplanung und Schwangerschaft. Wir erhalten damit das pluralistische und flächendeckende Beratungsnetz für Schwangerschaftskonfliktberatung, so wie sie im Bundesgesetz geregelt ist. Wir sichern die Finanzierung der Beratungsstellen im Vergleich zu anderen Bundesländern weiterhin auf einem Spitzenniveau.
Frau Gnadl, die Anzahl der Ärzte ist bereits reduziert worden – das hat Frau Kollegin Erfurth vorhin in ihrer Rede erwähnt –; wir sind unter den 20 %. Wenn Sie die Rechnung in dieser Rede vielleicht nicht gleich nachvollziehen konnten, dann können Sie das im Protokoll sicherlich in Ruhe nachlesen. Ihr Versuch, Grün und Schwarz auseinanderzubringen, ist für uns leicht durchschaubar.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ernst-Ewald Roth (SPD): Das machen Sie schon selbst!)
Mit diesem Gesetzentwurf verbessern wir die Planungssicherheit der Beratungsstellen. Diese erhalten jetzt eine Zusage für drei Jahre statt für nur ein Jahr. Gleiches gilt – das ist mir besonders wichtig – für die Planungssicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beratungsstellen. Gleichzeitig erhalten wir die Flexibilität für Tarifanpassungen, und wir verringern die Bürokratie. In diesem Zusammenhang freue ich mich sehr, dass unser Änderungsantrag im Ausschuss ein einstimmiges Votum bekommen hat. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich, auch im Namen der Kollegin Erfurth. Denn nunmehr sind die Förderzeiträume mit dem Auswahlverfahren der Beratungsstellen synchronisiert; das erleichtert den Beratungsstellen die Arbeit.
Nicht zuletzt begrüßen wir, dass die Landesregierung die Beratungsleistung für die vertrauliche Geburt aufgenommen hat. Was mich aber tief getroffen hat
Frau Schott und Herr Rock, vielleicht können Sie kurz zuhören –, ist: Es ist ein großer Unterschied, ob man von einer anonymen oder einer vertraulichen Geburt spricht. Oder wie wollen Sie dem Kind später einmal erklären, dass es bei einer anonymen Geburt keine Auskunft über seine Herkunft bekommt? Bei einer vertraulichen Geburt ist das aber fest geregelt. Das Gesetz enthält viele qualitative Verbesserungen. Es sichert im Schwangerschaftskonfliktfall ab dem kommenden Jahr die Fortsetzung der Beratung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung ist es ausgesprochen wichtig, in einer sehr schwierigen Situation, in der sich Frauen befinden, ein plurales und gut funktionierendes Angebot an Schwangerschaftskonfliktberatungen anzubieten. Ein gutes Angebot bedeutet, dass es auch ein plurales Angebot ist. Deshalb ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte genauso wie die Beratungsstellen denjenigen Angebote und Hilfestellungen anbieten, die Beratung suchen.
Ich will an dieser Stelle deutlich sagen – ich habe dies schon in der zweiten Lesung gesagt –: Ärztinnen und Ärzte, die sich bereit erklären, Schwangerschaftskonfliktberatungen zu machen, müssen besondere Schulungen, besondere Fortbildungen und besondere Eigenschaften haben. Es geht an dieser Stelle nicht um Medizin, sondern darum, wie man Frauen aus Konfliktsituationen heraushilft. Dafür sind psychosoziale und psychotherapeutische Ansätze sowie eine empathische Einstellung von ausgesprochener Wichtigkeit. Die Beratungen führen Ärzte genauso gut durch wie Beratungsstellen. An dieser Stelle will ich sehr deutlich sagen: Wer sich hierhin stellt und Ärztinnen und Ärzten, die sich dieser schwierigen Aufgabe stellen, die Kompetenz abspricht, versteht nicht, was Ärztinnen und Ärzte leisten.
Dann bleiben noch ein paar weitere Punkte übrig. Bei der Finanzierung brauchen wir nicht noch einmal zu verdeutlichen, dass wir in Hessen nach wie vor mit den Zuschüssen, die wir Beratungsstellen geben, im oberen Drittel der Zuschüsse der Länder in Deutschland liegen, eindeutig im oberen Drittel.
Es ist nach wie vor nicht nachweisbar, dass der gleiche Träger, der in Hessen eine Beratungsstelle anbietet, erklärt, dass er mit den Mitteln nicht zurechtkommt, während er in Rheinland-Pfalz mit deutlich geringeren Mitteln diese Klage nicht führt. Das ist für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Es handelt sich um den Caritasverband für die Diözese Mainz, der zu zwei Dritteln in Hessen und zu einem Drittel in Rheinland-Pfalz tätig ist. Er betreibt in beiden Ländern Beratungsstellen. In Hessen kommt er mit den Zuschüssen nicht aus, während in Rheinland-Pfalz keine Klage geübt wird, obwohl die Mittel deutlich niedriger sind. Solange mir dies nicht erklärt wird, kann ich nur sagen: Ich verstehe es schlicht und einfach nicht.