Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Infolgedessen haben Sie auch keinen großen Enthusiasmus, diese Errungenschaft ernsthaft zu verteidigen und weiter auszubauen. Man kann sich in der Bildungspolitik nie ausruhen, man muss immer versuchen, sich weiterzuentwickeln. Natürlich wissen wir, dass wir begrenzte Ressourcen haben. Natürlich muss man aber immer wieder einen Schritt weitergehen. Natürlich hat die alte Regierung gesagt, wir müssen Leitungsfunktionen in Grundschulen besser bezahlen, weil wir kaum noch jemanden finden, der die vielen Zusatzaufgaben schultern will. Natürlich kennen wir die Problematik dieser ungleichen Bezahlung, obwohl die Grundlagen in der Grundschule gelegt werden.

Wir kennen die Themen. Man muss auch Symbole und Zeichen setzen, dass wir die Aufgaben und Herausforderungen, die die Lehrer jeden Tag zu stemmen haben, ernst nimmt. Wir wissen natürlich auch, dass der Schulalltag an sich an vielen Grundschulen sowieso schon eine große

Herausforderung ist. Das ist doch jedem klar, der schon einmal vor Ort war und sich mit den Lehrkräften unterhalten hat.

Wenn jetzt zusätzliche Aufgaben auf die Lehrer zukommen und Unsicherheit herrscht, wie mit den Herausforderungen umgegangen werden muss, macht es das nicht leichter. Das Thema Inklusion haben wir schon länger an den Schulen. Das Thema Integration von Flüchtlingen kommt erst jetzt richtig an den Schulen an. Wenn man dann weiß, dass es in Städten wie Frankfurt sowieso schon ganz andere Belastungen gibt, die es in anderen Städten nicht gibt, ist das doch mehr als ein Warnsignal.

Von daher hoffe ich, dass der Kultusminister nicht seine Standardoppositionsabwatschrede hält, sondern wirklich erkennen lässt, dass das Problem erkannt ist und welche konkreten Maßnahmen er zur Abhilfe treffen will.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der SPD)

Herr Kultusminister Lorz, natürlich ist mir klar, dass die Landesregierung sich keine Lehrer backen kann. Natürlich ist uns auch klar, dass es Ausbildungszyklen gibt, die man nicht verkürzen kann. Trotzdem bitte ich Sie, zu sagen, was noch geleistet werden kann, um die Probleme vor Ort zu entschärfen. Darum geht es uns. Das muss die Botschaft an die Schulen sein. Das ist das Thema, von dem ich weiß, dass es für uns besonders wichtig ist.

Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wer bei den Grundschulen anfängt zu tricksen, braucht sich nicht zu wundern, dass es knirscht. Wir haben das beim Pakt für den Nachmittag erlebt. Da wollten Sie 300 Stellen reduzieren und haben versucht, das zu verschleiern. Alle wissen, dass dadurch weniger Stunden an den Grundschulen sind, gleichzeitig kommen mehr Verwaltungstätigkeiten auf die Grundschulen zu.

Das ist eben auch eine Umkehr der Politik unter dieser neuen Regierung. Bildung hat nicht mehr den Schwerpunkt, den sie einmal hatte – ökonomisch, aber auch bei der Aufmerksamkeit und der Frage, wie wir besser werden können. Sie sind nicht einmal mehr in der Lage, den hohen Standard, den wir hatten, zu verteidigen, sondern dort, wo es schwierig ist, wie z. B. in Frankfurt und anderen Städten, geben Sie nach. Dort wird die Situation schwieriger und schlechter.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir nicht über ein Schulgebäude reden. Wir reden auch nicht einmal zwingend nur über Lehrkräfte und Beamte, die dort tätig sind, sondern wir reden über Zukunftschancen von Kindern, oft auch Zukunftschancen von Migrantenkindern, die unter besonderen Belastungen stehen und wo es besondere Herausforderungen gibt. Da kann man hier – und darum bitte ich, Herr Kultusminister – keine klassische „Die Opposition hat sowieso nicht recht“-Rede halten, sondern da muss man diese Probleme ernsthaft zur Kenntnis nehmen und sagen, was Sie konkret an diesen Stellen besser machen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Ich sehe, für die Landesregierung spricht der Kultusminister. Bitte sehr, Herr Prof. Lorz, Sie haben das Wort.

Ich glaube, alles andere hätte Sie auch überrascht, oder?

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Themenstellung der LINKEN für diese Aktuelle Stunde verknüpft zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, nämlich das Thema Lehrerversorgung im Grundschulbereich einerseits und das Thema Besoldung unserer Lehrerinnen und Lehrer andererseits. Es ist durchaus eine Herausforderung, das jetzt in fünf Minuten wieder sauber auseinanderzuziehen. Aber es ist wichtig.

Fangen wir also mit der Lehrerversorgung an. Hessens Grundschulen – und das ist jetzt keine Oppositionsabwatschrede, Herr Abg. Rock, sondern das sind einfach die Tatsachen – können heute bezüglich der Lehrerzuweisung über mehr Stunden verfügen als jemals zuvor. Das liegt vor allem an drei Faktoren: Erstens liegt das an der 104oder 105-prozentigen Grundunterrichtsversorgung. Darüber waren wir uns, so glaube ich, immer einig, und deswegen erhalten wir sie auch seit 2013 aufrecht.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Es liegt zweitens an der durchgängigen Aufstockung der sozial indizierten Lehrerzuweisung, und es liegt drittens an dem beispiellosen Investitionsvolumen dieser Landesregierung für den Ausbau der Ganztagsangebote.

Dazu kommen jetzt noch die Zuweisungen für im Moment – Stand 01.12. – 343 Intensivklassen für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger an den hessischen Grundschulen. Das ist eine großartige Leistung, die die Grundschullehrkräfte an dieser Stelle erbringen. Aber es gibt auch die vollen Zuweisungen dafür. Das muss man immer dazusagen. Wenn wir von der Arbeitsbelastung reden, dann bin ich auch dankbar, dass der Abg. May auch auf die bevorstehende Arbeitszeitverkürzung in diesem Bereich hingewiesen hat. Das zieht natürlich auch wieder Stellenbedarfe nach sich.

Das muss ausdrücklich herausgestellt werden. Denn die Herausforderung, vor der wir in der Tat stehen, nämlich für all diese Stellen qualifizierte Grundschullehrkräfte zu finden, besteht überhaupt nur deswegen, weil wir alle diese Stellen in den letzten Jahren zusätzlich geschaffen haben und weiter dabei sind, welche zu schaffen. Das heißt, der Bedarf ist eine Folge unserer massiven Investitionen der letzten drei Jahre im Bildungsbereich. Wir investieren so viel, dass wir jetzt Lehrer für Stellen suchen und nicht mehr, wie es sonst eigentlich immer der Fall war, Stellen für Lehrer.

Das Grundschullehramt ist keineswegs unattraktiv geworden. Wir hatten auch 2015 1.500 Bewerberinnen und Bewerber. Das ist eine gute Zahl. Nur, der Bedarf, der bundesweit zurzeit Spitzenwerte erreicht, war so vor einigen Jahren noch gar nicht vorherzusehen. Weil vollkommen zu Recht darauf hingewiesen worden ist, dass man sich Lehrerinnen und Lehrer nicht backen kann, ist es jetzt eine Herausforderung, darauf zu reagieren. Wir arbeiten daran. Wir arbeiten auch an einem entsprechenden Maßnahmenkata

log. Den werde ich auch vorstellen, sehr zeitnah. Aber das alles hat mit der Besoldung nichts zu tun.

Es ist doch nicht so, dass die Besoldung nach A 12 – Abg. Schwarz hat ja die Zahlen genannt – eine Schreckensvision wäre, die Interessierte scharenweise vom Studium des Grundschullehramts abschrecken würde. Das gilt übrigens auch für alle Bundesländer. Auch darauf ist hingewiesen worden. Denn alle Bundesländer bezahlen nach A 12. Wir liegen innerhalb des Konzerts der Bundesländer mit unserer Bezahlung nach A 12 sehr gut.

Ich möchte auch auf die Aufstiegsmöglichkeiten hinweisen, nämlich darauf, dass wir im Jahr 2014 die Besoldung der Grundschulrektoren und -rektorinnen genau aus eben diesem Grund angehoben haben. Das bewegt sich jetzt je nach Größe der Schule zwischen A 13 und A 15 und liegt damit auch oberhalb des Niveaus anderer Bundesländer. Für all das gibt es gute Gründe und nicht zuletzt natürlich auch den Grundsatz des Beamtenrechts, dass sich die Eingruppierung der Ämter nach der jeweiligen Ausbildung und Verwendung richten muss.

Niemand zweifelt an der Wichtigkeit der Arbeit, die unsere Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen leisten und mit der sie das Fundament für jede schulische Laufbahn legen. Deshalb würde, so glaube ich, ihnen auch niemand in diesem Hause eine höhere Bezahlung missgönnen. Die Ehrlichkeit gebietet es, zu sagen, dass das auch noch für ein paar andere Berufe gelten würde, aber für Grundschullehrerinnen und -lehrer ganz bestimmt.

Aber allein die Hochstufung aller Grundschullehrkräfte von A 12 nach A 13 – das habe ich Ihnen bei der Diskussion über den Setzpunkt im Mai auch schon gesagt – würde 70 Millionen € im Jahr zusätzlich kosten. Und da ist die dann auch fällige Höhergruppierung der Schulleitungsstellen noch nicht drin, und da ist die Frage noch nicht beantwortet, ob die anderen Lehrkräfte der anderen Lehrämter mit dieser Gleichbehandlung einverstanden wären oder nicht ihrerseits eine Höhergruppierung verlangen würden. Der Betrag von 70 Millionen € jährlich ist wirklich die absolute Untergrenze und das Minimum dessen, was Ihre Forderung hier kosten würde.

Da sehen wir wieder das klassische Vorgehen der LINKEN. Im Mai habe ich das als „Freibier für alle“ bezeichnet.

(Zuruf von der LINKEN)

Das war übrigens damals ein Zitat des Abg. Greilich. Ehrlich gesagt, lieber Herr Rock, wenn ich Ihre Rede hier eben gehört habe, bin ich mir nicht so sicher, ob die FDP an dieser Position noch festhält oder ob Sie das jetzt plötzlich anders sehen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Dazu hätte ich gern ein klares Wort von Ihnen gehört. Aber ich würde jetzt auf jeden Fall passend zur Jahreszeit sagen: Wir wünschen uns einmal, was nächste Woche unter dem Baum liegen soll.

(Zurufe von der FDP)

Jetzt glaubt die LINKE nicht an das Christkind, und an den Weihnachtsmann schon gar nicht. Denn Weihnachtsmann sind bei Ihnen irgendwelche anonymen Reichen, die man einfach nur hinreichend schröpfen muss, und dann kann man sich schon alles unter den Baum legen, was man haben möchte.

(Zurufe der Abg. Hermann Schaus und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Herr Minister, so oder so habe ich Sie an die vereinbarte Redezeit zu erinnern.

Das funktioniert auf jeden Fall nicht einmal für einen Menschen, der fest im Glauben steht, bei Ihnen schon gar nicht, aber das ist eben auch der Unterschied zwischen oppositionellen Wünsch-dir-was-Listen und denjenigen, die die Regierungs- und Haushaltsverantwortung tragen müssen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit ist auch diese Aktuelle Stunde abgehalten und der Tagesordnungspunkt erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 35:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Eigentümerverband und Mieterschutzverein kritisieren Mietpreisbremse – kein einziges der verfolg- ten Ziele wird erreicht, Regierung Bouffier muss sich für Abschaffung einsetzen) – Drucks. 19/4303 –

Antragsteller ist die Fraktion der Freien Demokraten. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Lenders. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU: Nicht Herr Rock?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Eigentümerverbände Haus & Grund und andere haben in der letzten Woche die Mietpreisbremse kritisiert. Das war jetzt nicht sehr überraschend, aber diesem Konzert schließen sich nun die Mieterschutzvereine auch an und kritisieren ebenfalls die Mietpreisbremse. Ich darf vorwegschicken: Die Mietpreisbremse ist keine FDP-Idee gewesen, und sie ist auch tatsächlich nicht von der SPD gemacht worden. Aber die Mietpreisbremse wirkt nicht nur nicht,

(Beifall bei der FDP)

sondern mittlerweile sehen wir auch landauf, landab, dass es zu Streitigkeiten und Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern kommt. Das hat es alles in dieser Form vor der Einführung der Mietpreisbremse nicht gegeben.

Aber das ist nicht der Kern meiner Rede, sondern vielmehr das, worauf auch Herr Boddenberg diese Woche schon abgezielt hat. Herr Boddenberg, Sie haben bei der Forderung nach günstigem Wohnraum gesagt: Es liegt nicht am Geld. – Ich finde es gut, dass diese Erkenntnis nun auch bei der CDU Platz greift. Das haben wir ja bei vielen Haushaltsberatungen und Anträgen, was Sie alles an monetären Mitteln zur Verfügung stellen, sehr oft diskutiert. Ich habe das oft gesagt. Nein, meine Damen und Herren, es liegt nicht am Geld.

Herr Boddenberg hat dann gesagt: Es liegt an den fehlenden Grundstücken. – Dann hat er ein bisschen die SPDBürgermeister beschimpft, die keine Baugebiete ausweisen.

(Michael Boddenberg (CDU): Das habe ich nicht gemacht!)

Doch, doch, das haben Sie schon gemacht. – Aber die Mietpreisbremse ist eines der Dinge, die vor allem auch die CDU zu verantworten hat, die es am Ende privaten Investoren schwermachen, in den Wohnungsbau zu investieren.

Herr Kollege Boddenberg, dazu gehören eben nicht nur die fehlenden Grundstücke, dazu gehört auch die Fehlbelegungsabgabe, die Sie wieder mit eingeführt haben.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehören zweimal Steuererhöhungen, was die Grunderwerbsteuer anbelangt, die vor allem Sie vorangetrieben haben, und dazu gehört, dass die von Ihnen geführte Landesregierung eine ÖPNV-Abgabe favorisiert und einführen will. Meine Damen und Herren, das sind Beweggründe, warum nicht mehr gebaut wird.