Zweitens – jetzt kommen wir zu den Feinheiten – fordern Sie die Abschaffung jeglicher Differenzierung zwischen den Pauschalen. Nur noch eine einzige Differenzierung soll bleiben – die haben Sie jetzt wieder gebracht –, nämlich die zwischen Halbtags- und Ganztagsbetreuung. Um es grob zu sagen: Alles, was wirklich nach Qualität und Bedarf steuert – Sie haben eben gesagt, wir sollten endlich steuern –, schaffen Sie in Ihrem Vorschlag ab. Das gibt es im KiföG nämlich schon heute.
Seit der Evaluation wissen wir nämlich Folgendes – wir werden das noch ausführlich besprechen, aber zwei Dinge wissen wir schon –: Wir wissen zum einen, dass die Pauschale für den Bildungs- und Erziehungsplan hervorragend angenommen wird. Zum anderen wissen wir, dass auch die Schwerpunktpauschale grundsätzlich begrüßt und überwiegend in Anspruch genommen wird. Die kann bestimmt noch verbessert werden. Aber wir wissen, dass es ankommt. Sie hingegen wollen das eine plump vorschreiben, das andere abschaffen und insgesamt alle in jeder Beziehung über einen Leisten scheren. Begründen Sie das doch einmal.
Für uns ist das vollkommen unbegreiflich; es kann uns nicht überzeugen, weder unsere Fraktion noch, wie ich weiß, die Partner von den GRÜNEN. Wir stehen nämlich gemeinsam für die kontinuierliche Qualitätsentwicklung der Kinderbetreuung in Hessen, zu der das neue KiföG – es mag nicht perfekt sein, wir werden es weiterentwickeln – durch die deutlich erhöhten Pauschalen, durch den guten
Mindeststandard, durch die qualitätsbezogene Fortbildung und auch durch die Qualitätsorientierung bei den Pauschalen sehr viel beiträgt. Während Ihnen all dies im Endeffekt offensichtlich egal ist, werden wir uns auch zukünftig ins Zeug legen, um bei der Betreuungsqualität weitere Verbesserungen zu erreichen.
Drittens. Sie negieren die aus unserer Sicht sehr wichtigen – vielleicht die wichtigsten – Charakteristika der hessischen öffentlichen Kinderbetreuung: Trägerautonomie, Trägervielfalt sowie die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Einrichtungen. Eines finde ich interessant: Wir haben in der ersten Lesung ausführlich darüber debattiert. Auch der Herr Minister hat dazu wichtige Dinge gesagt. Sie haben diese Kritik aber nicht mit einem Wort erwähnt.
Sie streichen diese Punkte in Ihrem Gesetzentwurf. Es ist überhaupt nicht mehr die Rede davon, dass ein Träger aufgefordert ist, an diesem gemeinsamen Auftrag mitzuwirken und die Eltern dabei mitzunehmen: dass er das in seiner Verantwortung macht. Wir finden das wichtig. Sie haben nichts unternommen, um die grundsätzlichen Zweifel zu zerstreuen oder wenigstens abzumildern, die wir in der Ausschussberatung geäußert haben.
Das bringt mich zu dem wichtigsten Punkt: Sie wollen nämlich genau das. Sie wollen ein ausschließlich staatlich finanziertes Einheitssystem der Kinderbetreuung, dem sich aufgrund der Verbindung von legitimen Elternbedürfnissen nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – die ich nicht bestreite – und der Gratisverlockung keiner mehr entziehen mag oder kann. Das ist Ihr Kalkül. Sie räumen die Eltern aus dem Weg; Sie streben die Lufthoheit über den Kinderbetten an.
Bei der Mitsprache über die Erziehung und über das, was in den Einrichtungen geschieht – bei dieser Partnerschaft –, räumen Sie sie aus dem Weg.
Sie hätten es ja ändern können; Sie müssten es nicht so formulieren. – Deshalb konstatiere ich aus Sicht der CDUFraktion einen überflüssigen Gesetzentwurf, dessen einziger Vorzug ist, ganz unverblümt offenzulegen, was Sie in diesem Punkt im Sinn haben:
einen omnipräsenten Staat und eine in ihre Einzelteile zersprengte Familie. Beides wollen wir nicht. Wir wollen vielmehr die Fortsetzung unserer stets verfolgten Politik zugunsten einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung für alle die, die diesen Rechtsanspruch wahrnehmen wollen, für eine bessere Kinderbetreuung und für mehr Familiensinn in diesem Land. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab und versichern Sie unserer geduldigen Wachsamkeit bei allen zukünftigen Versuchen. – Vielen Dank.
Ich bin ein bisschen irritiert. Ehrlich gesagt, ich habe an diesem Pult schon mehrfach versucht, zu erklären, dass das, was die Familien in unserem Land leisten und beitragen, den Staat nicht arm, sondern reich macht, und dass es nur darum geht, wie die Mittel verteilt werden. Auch weil viel mehr Frauen arbeiten, verbleiben nur 13 % der Mittel bei den Kommunen; Land und Bund halten nämlich die Hand auf und kassieren einen Großteil der Mittel ein, die für die Herstellung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf fällig werden, während die Kommunen die Hauptlast der Kinderbetreuung tragen.
Deshalb ist es nicht so, dass sich die Familien bei der Union für das entschuldigen müssen, was sie jeden Tag leisten, sondern sie haben einen Anspruch darauf, dass die Qualität der Kindertageseinrichtungen gut ist und dass man sich, zumindest mittelund langfristig, Gedanken darüber macht, warum die Eltern auch noch Gebühren dafür zahlen müssen.
Ich nenne Ihnen ein gutes Argument dafür, warum man genau das nicht machen soll. Denn aus unserer Sicht sind das Bildungseinrichtungen. Wir sind uns doch darüber einig, dass für Bildungseinrichtungen gilt, dass der Zugang unabhängig von den ökonomischen Möglichkeiten für jeden gleichberechtigt möglich sein sollte. Aber diesen ersten Schritt sollten Sie auf jeden Fall einmal gehen und anerkennen, dass Kindertagesstätten in Hessen Bildungseinrichtungen sein sollen und dass wir das gemeinsam erreichen wollen. Denn dann wären wir gemeinsam einen Schritt weiter, und dann könnten wir uns auch darauf einigen, dass wir dafür keine Beiträge mehr erheben sollten.
Was ist dafür in unserem Land notwendig? – Dafür ist in unserem Land notwendig, dass diese Kindertagesstätten Beziehungspflege durchführen können, dass frühkindliche Bildung im Zentrum steht und dass natürlich die individuelle Förderung der Kinder im Zentrum der frühkindlichen Bildung steht – natürlich kein Frontalunterricht oder Lehrpläne, sondern dass man eben den frühkindlichen Entwicklungsphasen entsprechend versucht, den Kindern die bestmöglichen Chancen zu geben. Das muss im Zentrum all unserer Überlegungen stehen – keine Verteilungsgerechtigkeit oder sonst etwas, sondern die Chancen der jungen Menschen in unserem Land.
Dazu gehört natürlich auch, dass alle gleichberechtigt an diesen Chancen teilhaben können. Dazu gehört aber auch der erste Schritt. Das heißt auch, dass in unsere Kindertagesstätten, in denen sicherlich sehr engagiert gearbeitet wird, mehr Ressourcen des Landes hineinkommen, sodass dort mehr Bildungsarbeit stattfinden kann. Denn hier geht es wirklich um Chancengerechtigkeit und um die Chancen von jungen Menschen. Das müssen wir fördern. Da dachte ich, Frau Kollegin Wiesmann, dass wir uns darüber hier im
Ich möchte auch noch einmal – der Minister redet ja nach mir – die Frage stellen, was das Land einbringt. Ich denke, rund 500 Millionen € sind, wenn man die Erstattung des halben dritten Kindergartenjahres mitrechnet, der Betrag, den das Land in diesen Bereich hineingibt. Das ist viel. Das ist nicht wenig. Aber wenn ich mir andere Bereiche ansehe und wenn ich mir die Wichtigkeit des Bildungsbereiches ansehe, dann glaube ich, dass es trotzdem angemessen ist, hier mehr zu investieren.
Ich möchte das auch einmal an einem Beispiel deutlich machen. Verstehen Sie mich nicht falsch, wenn ich die Zahlen jetzt nenne. Inklusive Sozialversicherungsleistungen gibt die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 900 Milliarden € für Soziales aus. Über alles gerechnet, sind es im Bereich Bildung vielleicht 120 Milliarden €. Wenn wir uns in Sonntagsreden immer wieder versprechen, dass das, was in den Köpfen unserer Menschen in unserem Land ist, sozusagen das Gold ist, das wir heben wollen, und – das sage ich jetzt einmal humanistisch – dass das auch ein Stück Lebensglück der Menschen ist, wenn sie aus ihrem Potenzial das ihnen Mögliche machen können, dann sollte das im Fokus stehen.
Ich spreche nicht davon, dass wir jetzt Soziales gegen Bildung aufrechnen sollten. Aber ich glaube, es ist wichtig, auch einmal zu sagen, dass der Schwerpunkt stärker in den Bereich der Bildung verschoben werden muss. Das ist eine Aufgabe, die wir hier gemeinsam – so hoffe ich doch – als Politik als Aufgabe erkennen und gemeinsam bewältigen wollen, auch wenn uns klar ist, dass im täglichen Verteilungskampf zwischen Sicherheit, Flüchtlingsbewältigung und Transferleistungen die Bildung trotzdem einen so großen Stellenwert hat wie auch die Umwelt, sodass wir an dieser Stelle mehr machen sollten.
Wir haben in zwei Wochen unseren Kitagipfel in der Staatskanzlei. Wir haben den Evaluationsbericht für das KiföG. Ich glaube, das Thema können wir hier immer noch als Grundlage nehmen, um auch weiter diesen Bereich hier im Hessischen Landtag zu diskutieren, sodass man vielleicht doch von diesem Versäumnis dieser Landesregierung Kenntnis nimmt, dass sich zum Bereich frühkindliche Bildung im Koalitionsvertrag eben nichts findet. Im Koalitionsvertrag finden sich dazu eben keine Initiativen, keine Weiterentwicklungen und keine Qualitätssteigerungen. Ich glaube, dass man da im aktuellen Geschäft nachsteuern kann. Dazu fordere ich Sie auf.
Wie wir uns gegenüber dem Gesetzentwurf der LINKEN verhalten, habe ich schon in der ersten Lesung gesagt. Das ist ja sozusagen ein Wiedergängergesetzentwurf. Ich glaube, das ist jedem hier klar. Das ist auch durch den Berichterstatter deutlich geworden: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab. Dennoch ist es wichtig, dass wir in den Bereich investieren und dass wir dort weiterkommen. Ich glaube, in zwei Wochen können wir das auch noch einmal mit den Fachleuten besprechen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist hier vom Sonntagsgesicht der Politik geredet worden. Ich habe jetzt einmal mein dienstägliches Gesicht aufgesetzt. Und ich möchte auch dienstäglich reden.
Frau Kollegin Wiesmann, das bringen wirklich nur Sie fertig, die Abschaffung der Gebühren für den Besuch von Kindertagesstätten als einen Schritt hin zur Verstaatlichung der Kindheit und die Abschaffung der Eltern zu interpretieren. Das bringen wirklich nur Sie fertig.
Das würdigt mir fast schon wieder Bewunderung ab. Frau Kollegin, die Frage, wer das bezahlt, hat mit der Frage des Elternrechts auf Erziehung gar nichts zu tun.
Das war der Regelungsgehalt. Wenn in dem Gesetzentwurf der LINKEN überhaupt etwas geregelt wird – schlecht geregelt wird, und zwar so schlecht, dass wir ihn ablehnen werden –, dann ist es die Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten. Jetzt widme ich mich einmal den vielen Widersprüchen, mit denen Frau Kollegin Schott versucht hat, diesem Begräbnis dritter Klasse für ihren Gesetzentwurf irgendwie noch ein paar Weihrauchdüfte zu verleihen.
Ja. Weihrauchdürfte. Na ja, sie hat versucht, irgendwie Weihrauch drum herum zu verstreuen, um zu verdecken, dass dieser Gesetzentwurf so was von versenkt ist, wie ich selten einen Gesetzentwurf habe versenkt werden gesehen.
Ja, er ist versenkt. Er ist schlicht versenkt, auch in der vierten Lesung, die das heute ja ist. Denn dieser Gesetzentwurf regelt nichts von dem – Frau Kollegin, das habe ich Ihnen in der dritten Lesung im Dezember schon gesagt, und es ist seither kein einziger neuer Aspekt hinzugekommen –, was die drei Ziele sind, die Sie erreichen wollen, nämlich die Gebührenbefreiung für die Eltern, die Vereinfachung des Systems der Verwaltung von Kindertagesstätten und die stärkere Beteiligung des Landes an den Kosten. Alle diese drei Ziele teilen wir.
Aber keines dieser Ziele wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht, weil Sie ein Mittel gewählt haben, nämlich die Abschaffung aller differenzierten Fördertatbestände. Sie haben sich nur auf die finanzielle Seite konzentriert. Das, was eigentlich die bürokratischen Beschwerden macht, ist das System der Personalbemessung. Das, was eigentlich in den Kindertagesstätten zu Unruhe in den Einrichtungen selbst und bei den Einrichtungsleitungen führt, ist genau dieses System der Personalbemessung, das im
mer Höhen und Tiefen aufweist. Das haben wir in der ersten Debatte und in den Debatten zum KiföG immer wieder gesagt, und das bestätigt im Grunde auch nach meiner Lesart der Evaluationsbericht, dass das eines der großen Beschwernisse ist. Aber das räumen Sie nicht aus dem Weg, sondern Sie versuchen das nur dadurch aus dem Weg zu räumen – auf eine vollkommen intransparente Art und Weise, auch das habe ich in der Lesung im Dezember gesagt –,
dass Sie die Finanzierung auf eine neue Grundlage stellen, deren Berechnung Sie uns aber nach wie vor schuldig geblieben sind. Sie haben nach wie vor nicht dargelegt, in welcher Art und Weise die von Ihnen festgelegten Pauschalen mit den tatsächlichen Kosten oder den Einnahmeausfällen korrespondieren, die durch den Verzicht auf Elternbeiträge entstehen, und wie sie mit der beabsichtigten Trägerentlastung korrespondieren. Dazu haben Sie bisher jede Aussage vermissen lassen.