Protocol of the Session on February 6, 2003

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie ganz herzlich.

Wir kommen gleich zum Tagesordnungspunkt 2:

Fragestunde

Der erste Fragesteller ist Herr Lüdemann.

Frau Präsidentin! Die Kriminalität ist in Hamburg auch im Jahr 2002 gesunken. Laut Medienberichten ist Hamburg damit das einzige Bundesland, in dem die Verbrechenszahlen rückläufig sind.

Ich frage den Senat erstens: Wie hoch ist der Kriminalitätsrückgang insgesamt und in einzelnen Kriminalitätsbereichen gegenüber dem Jahr 2000?

Zweitens: Mit Hilfe welcher Maßnahmen wurde es geschafft, dass Hamburg nicht länger als Hauptstadt des Verbrechens angesehen werden kann?

Für den Senat antwortet der Zweite Bürgermeister Herr Schill.

Darf ich fragen, ob es sich bei der Frage insofern um ein Missverständnis handelt, als die Kriminalitätsentwicklung seit 2001 oder richtigerweise seit 2000 erfragt werden sollte?

Carsten Lüdemann: Seit 2000.

(Lachen bei der SPD und der GAL)

Herr Bürgermeister, die eingereichte Frage, die auch nicht korrigiert wurde, fragt nach dem Rückgang seit 2000. Sie ist auch nicht zu korrigieren, Herr Abgeordneter.

(Uwe Grund SPD: Stellen Sie sich die Frage doch selbst!)

Ich kann mitteilen, dass Hamburg nicht länger die Verbrechenshauptstadt ist, sondern die Hauptstadt der Verbrechensbekämpfung. Wir haben im Jahr 2002 einen Kriminalitätsrückgang, der seit 1950 – also seit sage und schreibe 52 Jahren – noch nie so stark war.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Besonders positiv ist, dass dieser Kriminalitätsrückgang auch auf die absoluten Zahlen durchschlägt, insbesondere was zum Beispiel das Kriminalitätsfeld des Einbruchdiebstahls anbelangt, das die Bürger besonders in Angst und Schrecken versetzt. Wir haben hier seit 1980 den niedrigsten Stand erreicht.

Dieses vorausgeschickt, liegen die absoluten Zahlen, was den Rückgang der Kriminalität im Jahr 2002 anbelangt, bei 15,5 Prozent. Sie fragten, wie sich die Kriminalität in den Jahren zwischen 2000 und 2002 entwickelt hat. Der Rückgang beträgt in den Bereichen Raub/Räuberische Erpressung 23,2 Prozent, bei sonstigen Raubüberfällen auf Straßen 25,2 Prozent, beim Diebstahl insgesamt 2,2 Prozent, bei Wohnungseinbrüchen – ohne Lauben – 29,6 Prozent, beim Diebstahl auf Kraftwagen 10,9 Prozent, beim Ladendiebstahl 13 Prozent, Diebstahl aus Kraftfahrzeugen 3,1

Prozent, bei Erschleichungen von Leistungen 14 Prozent, bei Betrug 38,6 Prozent, bei Leistungsbetrug 70,9 Prozent, beim Kreditvermittlungsbetrug 99,3 Prozent, bei Sachbeschädigung 4,7 Prozent und beim Verstoß gegen das Ausländer- und Asylverfahrensgesetz 10,6 Prozent.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Gibt es weitere Fragen aus dem Plenum?

Die zweite Frage ist noch zu beantworten!

Herr Bürgermeister, möchten Sie weiter antworten?

Bitte präzisieren Sie Ihre Frage noch einmal, weil zuvor Irritationen wegen des Berechnungszeitraumes aufgetaucht sind.

Herr Lüdemann, Sie dürfen die Frage gern noch einmal vorlesen.

(Uwe Grund SPD: Geben Sie doch einfach Ihren Zettel weiter! – Ingo Egloff SPD: Der Senat fragt, die Abgeordneten antworten!)

Frau Präsidentin, ich lese die zweite Frage gern noch einmal zur Verdeutlichung vor:

Mit Hilfe welcher Maßnahmen wurde es geschafft, dass Hamburg nicht länger als Hauptstadt des Verbrechens angesehen werden kann?

Es waren eine Vielzahl von Maßnahmen und Konzepte, die im Jahr 2002 auf den Weg gebracht worden sind. Entscheidend dafür ist, dass nicht etwa mehr Polizeibeamte auf der Straße eingesetzt wurden, um dieses vorzügliche Ergebnis zu erreichen, denn die eingestellten Polizeibeamten müssen natürlich erst ausgebildet werden. Deswegen versprechen wir uns für die nächste Kriminalstatistik für das Jahr 2003 noch signifikantere Rückgänge, weil dann die Kollegen aus Berlin diese Tendenz noch verstärken werden.

Maßgeblich war, dass es uns gelungen ist, die Polizeibeamten aus ihrer Demoralisierung herauszuführen, in die sie SPD und GAL zuvor etwa durch erfundene Polizeiskandale oder durch die Einrichtung der so genannten Polizeikommission systematisch hineingeführt haben,

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL: Was soll denn das jetzt eigentlich? die nichts weiter als eine Missbrauchs- beziehungsweise Antipolizeikommission war. (Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Dies hat – wie beabsichtigt – bei den Ordnungskräften zu einer tiefgreifenden Demoralisierung geführt, die viele Polizeibeamte Dienst nach Vorschrift machen und Kriminalität verwalten ließen, anstatt sie zu bekämpfen, wofür sie ja Polizeibeamte geworden sind. Es war ihnen nicht zu verdenken, lag es doch daran, dass die Politik nicht hinter der Polizei stand. Es war unsere Anstrengung, die Polizei wieder in eine Situation zu führen, in der sie sich mit ihrem Beruf identifizieren kann und sie wieder für etwas steht.

A C

B D

Das Ergebnis ist, dass der Polizeiberuf in Hamburg innerhalb eines Jahres wieder attraktiv geworden ist und die Polizeibeamten hoch motiviert bei der Arbeit sind.

Ich weiß aus der Bekämpfung der Drogenkriminalität von Polizeibeamten, die beispielsweise im Revier 11 am Steindamm tätig sind, dass die Drogenbekämpfer, die teilweise schon seit Jahrzehnten im Geschäft sind, selbst erstaunt und überrascht waren. Sie sagten, dass sie es nicht für möglich gehalten hätten, auf diesem Gebiet derart durchschlagende Erfolge zu erzielen. Vorher hieß es nämlich immer: Zu einer liberalen Drogenverwaltung oder Drogenbekämpfung gibt es keine Alternative.

Auf diese Art und Weise ist es uns gelungen, die Drogenszene – dies gehört zu unseren beiden prioritären Bereichen –, die zur größten in Deutschland und in Europa herangezüchtet worden war, innerhalb eines Jahres zu zerschlagen. Gleichzeitig konnten wir die Beschaffungskriminalität wesentlich reduzieren.

Wenn wir davon ausgehen, dass sich ein großer Teil der geschätzten 10 000 Junkies das benötigte Geld für Drogen nicht auf legale Weise zu verschaffen vermochte, sondern es durch Beschaffungskriminalität tat – Einbruchdiebstähle, Raubüberfälle und dergleichen –, dann können Sie ermessen, dass eine Bekämpfung der Drogenszene, die Zerschlagung der offenen Drogenszene und insbesondere die Bekämpfung der Dealer dazu geführt hat, dass diese Beschaffungskriminalität sehr stark zurückgegangen ist.

Wir sehen es als eine der Hauptursachen dafür an, dass die Einbruchdiebstahlskriminalität in Wohnungen den niedrigsten Stand seit 1980 erreicht hat und auch die Jugendkriminalität um über 19 Prozent zurückgegangen ist. Das waren Anstrengungen, die sich gelohnt haben und die wir auch weiter verstärken werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Wer nun die Auffassung vertritt, wir hätten letztendlich nur die offene Drogenszene zerschlagen, was dazu geführt hat, dass die Drogen jetzt etwa in Wohnungen gehandelt würden, der verkennt dabei, dass gerade dieser Umstand unserer tüchtigen Polizei ermöglicht, in die zweite Hierarchieebene, nämlich in die Wohnungen, einzudringen, wo sich das logistische Zentrum der Verteilung befindet und auch im Crackbereich die Drogen gekocht werden.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem es der Polizei nicht gelingt, Drogenküchen von erheblichem Ausmaß auszuheben. Es hat den Vorteil, dass sehr viel größere Mengen Drogen beschlagnahmt werden können, als wenn sie beispielsweise in Erddepots lagern würden.

Das alles führte dazu – insbesondere auch die Inhaftierung von weit mehr als 500 Dealern im letzten Jahr und die Ausweisung von Drogendealern, die eine ausländische Staatsangehörigkeit besaßen –, dass im Ergebnis der Drogensumpf in dieser Stadt zwar noch nicht völlig ausgetrocknet werden konnte, aber das Drogenproblem mit allen Auswirkungen für die Beschaffungskriminalität einen gewichtigen Schritt zurückgedrängt werden konnte.

Der zweite Bereich, der uns besonders am Herzen lag, war die Bekämpfung der Jugendkriminalität. Diese ist aufgrund unserer neuen Konzepte – welcher denn sonst – um gut 19 Prozent zurückgegangen. Das geschah jedenfalls nicht aufgrund der Konzepte, die vier Jahre alt sind und von Ihnen irgendwann erfolgloserweise auf den Weg gebracht wurden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Es ist schon ein merkwürdiges Konzept, wenn es erst nach vier Jahren greift.

Auf dem Gebiet der Bekämpfung der Jugendgewaltkriminalität setzen wir, was jedenfalls Gewalttäter und Intensivtäter anbelangt, nicht länger auf Prävention und auf erlebnispädagogische Reisen, wie Sie es gern getan haben, sondern wir setzen konsequent auf Repression, weil dem kleinen Kreis dieser gewalttätigen Jugendlichen nicht anders beizukommen ist. Hier sind wir ausgesprochen erfolgreich.

Zusätzlich haben wir das Wohnortprinzip eingeführt. Das heißt, jetzt ist immer derselbe Polizeibeamte zuständig, in dessen Bezirk der Jugendliche wohnt. Wenn er also marodierend durch mehrere Stadtteile zieht, sind nicht mehr verschiedene Polizeibeamte für ihn zuständig, sodass teilweise der eine von dem anderen nichts weiß, sondern es betreut jeweils ein Polizeibeamter den Jugendlichen, der seine Kriminalität viel nachhaltiger bekämpfen kann.

Eine weitere wichtige Maßnahme aus dem Strauß der Maßnahmen unseres Jugendgewaltbekämpfungskonzeptes ist, dass wir vermehrt die DNA einsetzen wollen und stärker – wie gesagt – auf den repressiven Bereich setzen. Wir wollen aber auch gleichzeitig die Prävention nicht zu kurz kommen lassen, wie zum Beispiel die Einführung unseres so genannten Cop4U-Programmes. Das heißt, wir haben durchgesetzt – das haben wir vorher auch versprochen –, dass jeder Schule ein Polizeibeamter als Vertrauensmann zugeordnet wird, damit insbesondere den potenziellen Opfern an diesen Schulen – davon gab es viele – ein Ansprechpartner zur Verfügung steht, an den sie sich in einer Notlage wenden können, wenn sie von Jugendbanden erpresst werden. Auch dieses Konzept trägt bereits erhebliche Früchte und ist ursächlich dafür, dass wir auch in diesem Bereich große Erfolge zu verzeichnen haben.

Gleichzeitig setzen wir mehr – das konnten Sie schon aus den Medien erfahren – auf DNA, während Sie von der Opposition es zu verantworten hatten, dass wir bei der DNA-Erfassung von Verbrechern die rote Laterne innerhalb Deutschlands getragen haben. Jetzt haben wir einen vernünftigen Mittelplatz und arbeiten weiter intensiv daran, dass DNA als Mittel zur Ermittlung von Tätern in diesem Sinne konsequent vorangetrieben wird.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)