Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Nun zum GAL-Antrag aus der Drucksache 18/3711. Wer möchte diesem zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Punkt 49 auf, Drucksache 18/3682, Antrag der CDU-Fraktion: Afrika und Hamburg.

[Antrag der Fraktion der CDU: Afrika und Hamburg – Drucksache 18/3682 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Jensen, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Leistungsbilanz des von der CDU geführten Senats ist auch hinsichtlich der außenpolitischen Aktivitäten positiv zu bewerten. Diese Bilanz kann sich sehen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Wir können auf eine gute Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten, zum Beispiel mit der Ostseeregion, mit China und Ostasien zurückblicken. Die Kooperation mit der arabischen Welt wird weiter ausgebaut und entwickelt. Trotzdem, meine Damen und Herren, müssen wir natürlich fragen, wo noch

(Dr. Willfried Maier GAL: Weiße Flecken!)

Defizite vorhanden sind und wo wir etwas verbessern können. Aus diesen Überlegungen heraus haben wir die Idee entwickelt, neue Kontakte in Richtung Afrika zu knüpfen. Die Überlegungen gehen dahin, zu prüfen und zu bewerten, ob wir die Beziehungen mit afrikanischen Großstädten – und wir denken da insbesondere an Daressalam in Tansania – noch vertiefen. Es gibt schon Kontakte.

Warum gerade Tansania? Dafür gibt es gute Gründe.

Meine Damen und Herren! Nach Informationen des Auswärtige Amtes sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Tansania problemfrei und freundschaftlich. Deutschland erfreut sich in Tansania beachtlicher Sympathie.

Ich will zusätzlich noch etwas Wesentliches sagen. Tansania ist leider – wenn man das Bruttosozialprodukt und das Bruttoinlandsprodukt betrachtet – eines der ärmsten Länder der Welt. Da wir unseren Blick schon auf Gebiete in China und Ostasien richten, wo die Wirtschaft blüht und wächst, ist es sicher richtig, dass wir jetzt auch auf ein Gebiet schauen, das wirtschaftlich noch nicht so gut entwickelt ist. Ebenfalls vor diesem Hintergrund ist dieser Antrag als Prüfauftrag zu verstehen.

(Dirk Kienscherf SPD: Nur nicht zu verbindlich!)

Eines muss man auch sagen: Tansania ist ein Schwerpunktpartnerland der deutschen Entwicklungshilfe.

Eines darf bei diesen Überlegungen aber auch nicht unerwähnt bleiben, meine Damen und Herren, und das ist die kurze und teilweise sehr schmerzhafte Kolonialgeschichte, die Deutschland und Tansania verbindet. Wir müssen uns bewusst sein, dass es in früheren Jahren auch Seiten gegeben hat, die wir nicht akzeptieren können und das muss in unserem Bewusstsein bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch das sollte für Hamburg, meine Damen und Herren, zukunftsbezogen ein Ansporn sein, neuen Partnern in Afrika, insbesondere Tansania, die Hände zu reichen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat Herr Frank das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jensen, es geht nicht um eine gute außenpolitische Bilanz, sondern wir reden jetzt über Afrika und nicht über die Breite dieser großen Politik in Hamburg. Aber allmählich hat die CDU es zur Gewohnheit gemacht, allen hier im Hause die Kontinente dieser Erde ein Stückchen näher zu bringen.

(Wolfhard Ploog CDU: Das ist doch schön!)

Insofern begreifen Sie die Politik auch als Bildungsauftrag.

(Harald Krüger CDU: Ja, schön!)

Ja, wir bedanken uns dafür. Ende 2004 überraschten Sie mit einem Antrag zur Gründung der Asienbrücke und nun lenken Sie unsere Aufmerksamkeit auf Afrika. Das ist auch in Ordnung. Aber zu dem, was Sie hier gesagt haben, Herr Jensen – ich weiß gar nicht, wo er sitzt, aber das ist auch egal,

(Zurufe von der CDU: Hier! – Wolfhard Ploog CDU: Das müssen Sie aber wissen!)

man soll die Menschen ja immer anschauen, wenn man sie anspricht –, wir werden dem Antrag zustimmen, weil er im Vergleich zu dem, was der Senat in diesem Bereich, in dem es um Entwicklungszusammenarbeit geht, in den letzten Jahren abgeliefert hat, besser als gar nichts ist. Das ist aber auch das Einzige, was ich an positiven Dingen sagen kann. Ansonsten sieht Ihr Antrag wie bestellt aus. Das ist auch ein bestellter Antrag. Er hat auch eine Alibifunktion. Ich benenne sie gleich, und er kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um eine Mogelpackung handelt.

(Beifall bei Dirk Kienscherf SPD – Jürgen Schmidt SPD: Richtig!)

Ich will das auch begründen und versuche, das so kurz wie möglich zu machen.

Erstes Beispiel. Das finanzielle Engagement – und es geht hier um Entwicklungszusammenarbeit, ich bleibe bei diesem Bereich, denn darum geht es ja – des Senats ist deutlich zurückgegangen. Die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, Herr Jensen, sind in den letzten Jahren um 40 Prozent gekürzt worden. Wenn Sie so wollen, fast halbiert worden. Das ist so.

(Lars Dietrich CDU: Was haben Sie mit den Mitteln gemacht? Keine Entwicklungshilfe!)

Da müssen Sie mal in den Haushalt und die sonstigen Vorlagen gucken. Hamburg sollte sich das aber als Mittlerin zwischen allen Kontinenten und Völkern einfach nicht leisten. Sagen Sie das mal dem Senat.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein weiteres Beispiel. Die Auszahlungen – auch ein Indikator – für Afrikaprojekte betrugen 2003 noch 100 000 Euro, 2005 nur noch 62 000 Euro.

Ein weiteres Beispiel. Die Zahl der Projekte in Hamburg, die für das Thema Entwicklungszusammenarbeit sensibilisieren sollen, sind von 37 auf 26 zurückgegangen. Nicht zuletzt haben Sie den entwicklungspolitischen Beirat in dieser Stadt einfach abgeschafft. Der hat im Übrigen auch einmal festgehalten, dass der Senat bei den Ärmsten der Armen spart. Das war wohl zuviel. Der Beirat war Ihnen auch unbequem. Die Abschaffung, Herr Jensen, war keine Glanzleistung Ihrer Politik in Fragen der Entwicklungszusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Der Senat hat also unter dem Strich alles getan, um die Hilfe für arme Kontinente zu vernachlässigen. Das wäre unsere Bilanz. Das wirft im Übrigen ein sehr schlechtes Licht auf unsere Stadt. Tun Sie also mit Ihrem Antrag bitte nicht so, als sei die Welt in Ordnung. So ist es einfach nicht.

In Ihrem Antrag findet sich kein Wort – Sie haben das selbst eben kurz angesprochen – zu dem Tansaniapark

und zum Umgang Hamburgs mit seiner kolonialen Vergangenheit. Das Thema, auch wenn es unangenehm ist, gehört einfach in einen solchen Antrag. Das hätten Sie machen müssen. Ich verstehe nicht, warum Sie das nicht gemacht haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Wolfhard Ploog CDU: Das war wieder der typische Oberlehrer!)

Es geht also um Probleme von Armut, Hunger und Krankheit. Mir würden sehr viele denkbare Projekte für ganz Afrika einfallen. Es erschließt sich nämlich nicht so ohne weiteres, welche anderen Großstädte es außer Daressalam sein könnten oder sollten. Es erschließt sich überhaupt nicht, warum das Engagement nur in Großstädten erfolgen soll. Das müssen Sie einmal begründen.

Afrika braucht unsere Hilfe. Das ist keine Frage, aber der Senat hat hier gar keine klare, an den Millenniumszielen orientierte Konzeptionen. Der Antrag – das ist wohl der eigentliche Sinn dieser Geschichte – soll dem Senat die Möglichkeit geben, seine Projekte für Tansania zu feiern, aber die Fakten sprechen leider eine andere Sprache. Insofern hat dieser Antrag auch eine Alibifunktion und ist eine Mogelpackung. Sie sehen, Herr Jensen, dass ich kein gutes Haar an Ihrem Antrag habe lassen können. Ihr Antrag ist einfach nicht wahrhaftig und auch nicht gut genug, aber besser als gar nichts. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Sarrazin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst begrüßen wir grundsätzlich auch von uns aus die Initiative der CDU. Ich sage jetzt nicht CDU-Fraktion, sondern der CDU. Was das Petitum des Antrags angeht, werden wir dem zustimmen und finden das auch gut.

Dennoch muss man ein paar Sätze dazu verlieren. Vor einigen Wochen, vor genau 20 Tagen

(Wolfhard Ploog CDU: Das sind ja keine drei Wochen!)

da sehen Sie mal, welch gutes Gedächtnis ich habe –, gab es den Neujahrsempfang des "Eine-Welt-Netzwerks", bei dem ich die Ehre hatte, neben Staatsrat Stuth eine Begrüßung halten zu dürfen.

(Zuruf von der CDU: Das ist wirklich eine Ehre!)

In seiner Begrüßung hat Herr Staatsrat Stuth angekündigt, der Senat würde die Beziehungen zu Tansania, insbesondere zu Daressalam verstärken, man hätte konkrete Projekte in Planung und man würde diese Projekte unter anderem nicht aus dem Entwicklungshaushalt finanzieren wollen. Das sind zwei interessante Punkte. Herr Staatsrat Stuth sagt vor 20 Tagen, der Senat hat das eigentlich schon alles in der Schublade und ein paar Tage später hat man dann ein Ersuchen, der Senat solle sich mal an die Arbeit machen. Ich habe das Gefühl, dass die Schublade nur aufgemacht werden muss, aber wenn Sie das so machen wollen und sich dadurch dann auch als Fraktion beteiligt fühlen, dann ist das vielleicht zumindest für Sie ganz gut.