völlig in Ordnung –, in dieser Stadt einen katholischen Religionsunterricht anzubieten. Diesem Anspruch müssen wir Rechnung tragen. Nur wir müssen überlegen, wie wir das in der Realität umsetzen.
Dann ist es auch probat, dass der Bürgermeister sich über einen Islamunterricht Gedanken macht, denn es gibt einen großen Anteil Bürger muslimischen Glaubens in unserer Stadt.
Letztlich haben wir durch diese Beschlussfassung über den Kirchenstaatsvertrag eine neue Chance zu mehr Flexibilität und können zu einem breiteren Angebot des Religionsunterrichts in unseren Schulen kommen.
"Religionsunterricht für alle" – wir sind in der Fraktion am Diskutieren und wir haben auch schon gesagt, wir wollen deswegen eine Expertenanhörung im Ausschuss haben – ist für mich nach wie vor der Standardreligionsunterricht für Hamburg und den sollten wir auch da, wo es möglich ist, weiterentwickeln beziehungsweise bewahren.
Zu dem katholischen Religionsunterricht habe ich eben entsprechende Ausführungen gemacht. Es ist selbstverständlich, dass wir uns überlegen müssen, wie wir ihn dort, wo er von Kindern und Eltern nachgefragt wird, etablieren, weil es einen verfassungsmäßigen Rechtsanspruch gibt. Da ergibt sich auch die Frage, die ich eben schon aufgeworfen habe, was wir an den Schulen machen, an denen Islamunterricht nachgefragt werden wird.
Ich habe weit über zehn Jahre in St. Georg unterrichtet in Klassen, in denen 50, 60 Prozent Muslime gewesen sind. Ich habe dort nie die Frage gehört, ob wir muslimischen Religionsunterricht machen. Es ist die Frage, ob es in Hamburg überhaupt einen Bedarf dafür gibt, aber das muss man sehen.
Ich halte es allerdings für außerordentlich wichtig, dass wir in Hamburg am Unterschied zwischen informierendem und missionierendem Religionsunterricht festhalten.
Für den missionierenden Religionsunterricht haben wir beispielsweise die Kirchen und die Moscheen. Einen solchen Unterricht möchte ich nicht in der Schule haben. Deswegen müssen wir, bevor wir über einen Islamunterricht weiterdenken, bestimmte Eckpunkte ins Auge fassen. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir ausgebildete Religionslehrer – auch im muslimischen Bereich – mit dem Ersten und Zweiten Staatsexamen oder mit dem, was man später eine Master-Ausbildung nennen wird, an die Schulen bekommen, die qualifiziert sind, um nicht nur in diesem Fach, sondern auch in anderen Fächern unterrichten zu können.
Wir müssen von den Muslimen einfordern, dass sie uns sagen, was Gegenstand eines solchen Unterrichts in Schulen sein wird, sein muss und sein kann, auf den sich die drei großen Strömungen – die Aleviten, die Sunniten und die Schiiten – wirklich einigen. Bevor wir das nicht haben, werden wir große Schwierigkeiten haben. Wir müssen sehen – das wird eine Expertenanhörung zei-
gen –, inwieweit wir dort einen Kanon entwickeln können, der dann die Grundlage für entsprechende Bildungspläne sein wird. Aber davon abgeleitet – das ist auch sehr wichtig – muss dann die universitäre Ausbildung in einem Fach Islam-Religionswissenschaften Standard werden.
Ich möchte dieses Religionsfach nicht eines Tages am Fachbereich Theologie sehen, sondern ich wünsche mir, dass er bei den Erziehungswissenschaften angesiedelt wird, denn ich glaube, dass es eine kluge Botschaft ist zu sagen, das wird nicht unter dem Deckmantel der evangelischen Theologie gemacht.
Wir brauchen erst einmal Informationen. Ihr Antrag war für uns die Vorlage dazu zu sagen, wir wollen dazu im Ausschuss in einen intensiven Dialog treten. Dies ist keine Frage von Parteien, sondern hat sehr viel mit Gewissen und Verantwortung zu tun, die wir für einen zukünftig zu verändernden Religionsunterricht in dieser Stadt einsetzen müssen.
Im Übrigen muss man sich dann da, wo nachfrageorientiert katholischer oder islamischer Religionsunterricht angeboten werden muss, darüber Gedanken machen, wie das überhaupt organisiert wird.
In der Grundschule wird es nur möglich sein, dieses jahrgangsübergreifend zu unterrichten. Es wird für viele Pädagogen eine schöne neue Herausforderung sein, sich dann mit noch heterogenen Lerngruppen auseinander zu setzen.
Wir überweisen Ihren Antrag mit Bauchschmerzen – insbesondere wegen der Punkte zwei und drei – an den Ausschuss. Wir werden versuchen, eine gute Mischung an Experten zu finden, damit wir uns ein Bild darüber machen können, wie diese Problematik, diese Thematik gesehen wird. Dann, Frau Goetsch, werden wir über weitere Maßnahmen beraten und befinden. Ich hätte mir auch den "Religionsunterricht für alle" weiter flächendeckend in Hamburg gewünscht. Wir haben mit der Verantwortung gegenüber den Kirchenstaatsverträgen eine neue Situation. Der müssen wir Rechnung tragen und dieser Verantwortung stellen wir uns.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt, dass der "Religionsunterricht für alle" – wie es dann genau heißt – unter evangelischer Verantwortung zentrales Fach der Wertevermittlung für alle Schüler an Hamburger Grundschulen und den Klassen 5 und 6 ist, bevor sie sich religionsmündig in den Klassen 9 und 10 und in der Oberstufe entscheiden können, ob sie eher Philosophie, Ethik oder Religion wählen.
Es gibt kein Bundesland, in dem Religionsunterricht, der entsprechend Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften zu erteilen ist, derart offen, toleranz- und integrationsfördernd und glaubensübergreifend unterrichtet wird wie in Ham
burg. Dafür möchte ich namens der SPD-Fraktion der Evangelisch-Lutherischen Kirche, aber auch der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen mit den vielen kleinen und größeren christlichen Gemeinschaften ausdrücklich Dank sagen.
Dank übrigens auch für die Bereitschaft, das eigene evangelische Bekenntnis zur Grundlage dafür zu machen, einen interreligiösen Religionsunterricht anzubieten und damit genau dieses Signal auszusenden: Es geht nicht um Missionsunterricht, wie wir ihn selber vielleicht noch in den Sechzigerjahren kennen gelernt haben.
Andere religiöse Überzeugungen dieser Stadt haben das Recht, im Religionsunterricht zur Sprache zu kommen, anerkannt zu werden, auch als gleichberechtigt gesehen zu werden.
Besondere Bedeutung hat dieses – das wurde bereits erwähnt – für die sehr vielen Familien, die aufgrund der eigenen säkularen Traditionen oder agnostischer Tendenzen nicht einmal ihren Kindern die Informationen vermitteln können, die notwendig sind, um sich kulturell in einer Gesellschaft, die auch von Religionen geprägt ist, zu orientieren.
Großer Dank geht auch an die Religionsgemeinschaften der Stadt, die verschiedenen Denominationen der Muslime, die sich alle für den interreligiösen Religionsunterricht ausgesprochen haben, den Hindu, den vielen anderen rechtsfähigen Religionsgemeinschaften, die nach ihren Ansprüchen und unseren Ansprüchen ebenfalls ein Recht auf einen eigenen Religionsunterricht haben könnten. Sie reklamieren das Recht nicht, sondern sie wissen, dass sie in dem "Religionsunterricht für alle", wie er in Hamburg stattfindet, gut, vielleicht eines Tages noch besser, aufgehoben sind.
Eine kleine Ausnahme ist natürlich die Katholische Kirche, die jetzt aus ihren katholischen Privatschulen hinaus in die staatlichen Schulen hinein das Recht hat, Religionsunterricht anzubieten. Aber auch da haben wir in Gesprächen mitbekommen, dass man sehr vorsichtig sein wird, dieses Recht als ein Flächenrecht umzusetzen, sondern man hofft, dass natürlich auch die katholischen Akzente in einem "Religionsunterricht für alle" – übrigens wie auch in der Vergangenheit – eine Rolle spielen.
Dass die Ausbildung von Religionslehrern verbessert werden kann und muss, wer will das besser wissen, als die Religionslehrer selbst – ich gehöre ja auch zu ihnen –, die schon vor Jahren immer wieder gefordert haben, dass wir auch wissenschaftliche Angebote an den Hochschulen dafür brauchen und die sich an den Dialogprozessen im PTI beteiligt haben.
Die SPD-Fraktion hat, Sie wissen das, in einer Großen Anfrage über den Religionsunterricht Basisdaten bekommen, übrigens Basisdaten, die sehr wohl im Ausschuss noch zu hinterfragen sein werden, und das ist dann die angemessene Grundlage für eine Diskussion. Der Bürgermeister kommt nun mit seinem spontanen Vorschlag – übrigens nicht mit der Frage, ob es vielleicht gut wäre, sondern mit seiner Forderung, so habe ich es jedenfalls in den Zeitungen gelesen – für einen islamischen Unterricht in der Stadt, so spontan, dass sein Pressesprecher Mohaupt im "Hamburg Journal" nur mühsam eine Begründung im Dialog mit meiner Kollegin Özoguz dafür
(Wolfhard Ploog CDU: Das haben Sie aber falsch aufgenommen! – Michael Neumann SPD: Water- loo ist dagegen gar nichts!)
Dass Herr Mohaupt übrigens in seinem vorigen Beruf zu den innerkirchlichen Gegnern dieses Angebots des Religionsunterrichts für alle gehörte, sollte man zumindest wissen; wir Religionslehrer wissen das.
Es ist gut, wenn die Bürgerschaft den Religionsunterricht für alle vor Aushöhlung schützen will und es wäre schädlich, wenn man dem Bürgermeistervorstoß so viel Rückenwind gegeben hätte, wie es ursprünglich mal nach Signalen aus der CDU-Fraktion meine Sorge war, dass man diesen Antrag ablehnen wolle. So war der Stand am Freitag, jetzt wird er zumindest erfreulicherweise überwiesen.
Noch eine letzte Bemerkung zum Antrag. Ich glaube, wir täten dem Religionsunterricht für alle auch nicht recht, wenn wir es so formulieren würden, wie die GAL es in ihrem Antrag tut. Es ist eben nicht Sache des Senats, so wird formuliert, den bestehenden interreligiösen Religionsunterricht beizubehalten. Das ist nach Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes Sache der Kirche. Ich glaube, dass der Senat hier Rahmenbedingungen bereitstellen darf und auch sollte und fördern und unterstützen sollte, aber das hat der Bürgermeister mit seiner Attacke auf den Hamburger Religionsunterricht ausdrücklich nicht getan. Wir als SPD-Fraktion hatten seinerzeit nach diesem Vorstoß des Bürgermeisters von Beust eine Sondersitzung des Schulausschusses gefordert; Herr Heinemann hat das seinerzeit nicht für richtig gehalten. Wir werden uns über diesen Vorstoß sicherlich im Schulausschuss noch einmal ordentlich Gedanken machen müssen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Debatte im Parlament nach dem Ausschussbericht. Das wird eine Sache, für die sich das ganze Haus interessieren muss.
Mir ist schon wichtig, Herr Beuß, hier noch einmal deutlich zu machen, dass Sie zurzeit – so entnehme ich das Ihrer Rede – ein bisschen die Leistungen der SCHURA in Hamburg unterschätzen, nämlich dahingehend, dass natürlich von vielerlei Seiten der Bedarf angemeldet werden könnte, und zwar so, dass wir das nicht gutheißen würden, nämlich nach zehn verschiedenen islamischen Unterrichten. Es wäre kein Problem, das von heute auf morgen in der Stadt zu provozieren und das ist genau das, was wir nicht wollen. Wir haben eine Organisation, die es immerhin schafft, die Leute so beieinander zu halten, dass sie sagen, wir haben jetzt ein Modell, an dem wir pädagogisch mitarbeiten, das ist schon mal gut,