Der Sportunterricht lebt von deren Engagement und ihrem Einsatz. Gemeinsam müssen wir jedoch überlegen, wie wir noch mehr Bewegung in die Schule bringen können.
Wenn wir den Senat heute auffordern, ein Konzept zur Qualitätssteigerung im Schulsport vorzulegen, wollen wir hier genau ansetzen,
denn uns allen ist deutlich geworden, dass wir gerade die Schülerinnen und Schüler aus sozial schwächeren Stadtteilen noch stärker motivieren können. Die Ausgangsbasis für die Qualitätsverbesserung kann eine Messung verschiedener Aspekte der körperlichen Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 1 bis 10 sein. Wir stellen es der Behörde frei, hier unterschiedliche Verfahrensweisen zu prüfen. Ob und wie die Messung erfolgen soll, wollen wir daher heute auch noch nicht festlegen.
Hamburg definiert sich als Sportstadt und das müssen wir selbstverständlich auch in den Schulen weiter stärken. Das ist für uns alle eine Daueraufgabe.
Ich freue mich, meine Damen und Herren von der SPD, dass auch Sie das so sehen und unsere Qualitätsoffensive im Grunde genommen unterstützen und heute bestätigen wollen. Dennoch werden wir heute Ihren Zusatzantrag, meine Damen und Herren von der SPD, ablehnen, weil wir mehrere Annahmen mit Ihnen nicht teilen können,
wie beispielsweise die Aussage, dass es grundsätzlich zu wenig Sportlehrer gibt oder dass ein Rahmenplan Sporttheorie eine Ungleichbehandlung begünstigen würde. Was machen Sie hier? Das ist in meinen Augen eine reine Polemik.
Andererseits sehen wir die wenigen inhaltlichen korrekten Punkte, die Sie einbringen, durch unsere Initiative durchaus mit abgedeckt. Daher halten wir Ihren Zusatzantrag schlichtweg für überflüssig.
Insofern verstehe ich unseren heutigen Antrag auch als einen Auftrag für die Zukunft und ich bitte Sie alle um die Unterstützung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion macht ihrer Rolle mal wieder alle Ehre, und zwar Regierungseigenlob auszusprechen: Toll, wie wir das doch gerichtet haben!
Das ist eine schöne Assoziation und ein schöner Anschluss an die Diskussion über das Kompetenzzentrum Rollsport in Allermöhe, die wir gerade hatten.
Dabei wäre Bescheidenheit eher angesagt: Bescheidenheit angesichts der dürftigen Umsetzungsbilanz der dritten Sportstunde, Bescheidenheit angesichts der großspurigen Aktivitäten Ihres ehemaligen Schulsenators Lange und seiner Realitätsblindheit, die ihm letztlich seinerzeit auch den Stuhl und die Regierungsglaubwürdigkeit in Sachen Sport gekostet hat.
Neu ist indessen, dass sich die CDU im Schulsport eine Qualitätsoffensive ohne ihr Fundament aufruft. Ein gutes und sicheres Fundament sind einfach genügend Sportflächen, Frau Meyer-Kainer, ob drinnen oder draußen und genügend ausgebildete Sportlehrer.
Vier Jahre ist das nun her, dass die damalige neue Schwarz-Gelb-Schill-Regierung ohne Erstellung eines Konzeptes die schlichte Vermehrung des Sportunterrichts anordnete. Wo war denn hier die Forderung der CDU
Fraktion nach einem neuen Konzept oder einer Qualitätsoffensive oder gar nach entsprechender Erhöhung der Sportlehrerzahl? Fehlanzeige, Sie haben alles hingenommen.
Vom Vizeadmiral a. D. wurde sogar der Ersatz von Bewegungsflächen mit Schachsport kommentiert. Das ist ungefähr so, als wenn man ein Sportauto fährt und das schon für Sport hält.
Für die Grundschule sprechen Sie von fehlender Qualifikation der Fachlehrkräfte. Hiermit sind die Sportlehrerinnen und Sportlehrer gemeint. Ob das zu Recht ist, sei dahingestellt. Ich glaube das jedenfalls nicht. Ich halte es für ungerecht, was Sie hier ausdrücken.
Wir wissen, dass die Grundschulpädagogen längst über einen Methodenreichtum verfügen, der Bewegung im normalen Unterricht einschließt, ob in Fremdsprache oder in Deutsch und in vielen anderen Bereichen. Aber hinreichender Sportunterricht ist eine Voraussetzung dafür, dass sich Schüler im sonstigen Unterricht auch konzentrieren können. An Ruhe und Konzentrationsfähigkeit – das wissen wir alle, jedenfalls wenn Sie sich mit Schule befassen – mangelt es bei einigen erheblich. Am besten, aber derzeit auch am utopischsten – das gebe ich zu – wäre natürlich eine Stunde Sport am Tag und das sicherlich nur bei flächendeckender Umsetzung von Ganztagsgrundschulen zu realisieren, eines Tages vielleicht mit uns allen zusammen.
Heute nehmen Sie es hin und fordern sogar, dass fehlende Hallenflächen nicht mehr durch Hallenflächen, sondern durch Gedankensport ersetzt wird. Oder wie anders soll ich die Forderung nach eigenständiger Sporttheorie in einer vierten oder fünften Klasse verstehen? Bei genügend Hallenflächen 33 Prozent mehr Sport, bei zu wenig Hallenflächen eben Pech gehabt. Ab in die Theoriestunde, Jungs! Das ist Chancengleichheit. Nein, Ihre Formulierung ist nicht einmal Chancengerechtigkeit.
Kindgerechte Sporttheorie gehört im Übrigen auch jetzt schon in den Unterricht. Auswertung von Spielabläufen, Fragen über Leistungsgrenzen, woher kommt der Muskelkater, wie ernährt man sich richtig vor großen Anstrengungen, welche Verletzungsrisiken gibt es bei welchen Sportarten? Das ist auch heute schon Usus. Die Entwicklung eines Ergänzungscurriculums, eines Ergänzungsplans Sporttheorie könnte unsere Zustimmung finden, wenn sie nicht in einem Atemzug mit den fehlenden Hallenflächen und allein zu ihrer Kompensation gefordert würde.
Schließlich kommt es von der CDU so wie immer, wenn die Ressourcen nicht bereitgestellt werden: Ideenreichtum und Engagement der Betroffenen sind gefordert, vulgo: Wir können euch nichts anbieten, macht das Beste daraus.
Ideenreichtum und Engagement der Betroffen gibt es übrigens längst, auch reichlich. Aber es bedufte großer Anstrengungen der Lehrer gegen Ihre Fraktion, den Lehrkräften zum Beispiel für sportliche Wettkämpfe über die
Schule hinaus Arbeitszeit im Arbeitszeitverknappungsmodell des Senats bereitzustellen, damit Ideenreichtum und Engagement auch umgesetzt werden kann.
Kommen wir zur geforderten Bestandsaufnahme, also zur Messung der körperlichen Leistungsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler, wie Sie es formulieren. Eines kann ich jetzt schon sagen: Mit langen Beinen läuft man schneller. Assoziativ könnte man auch sagen: Mit hoher Intelligenz lernt man schneller. Die von Ihnen gewollte Bestandsaufnahme muss im Zusammenhang mit der Qualität des Sportunterrichtes und der sonstigen Bewegungsangebote der Schulen gesehen werden und das Volumen des Sportunterrichts einbeziehen, damit es für uns aussagekräftig wird. Eine reine Vermessung – wie es hier den Eindruck hat – bringt da nichts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsunterstützerbänken! Erst kommen hinreichende Sportflächen, um wenigstens drei Stunden Sport auf hohem Niveau zu unterrichten oder wenigstens ein Plan, wie und besonders wann man diesem Ziel nahe kommen möchte. Ich kann Ihnen ein Beispiel zweier Schulen auf einem Gelände geben. Die haben bei Herrn Nockemann, in der BBS, angefragt und haben erfahren, dass sie nur über 62 Prozent ihrer notwendig zustehenden Sporthallenflächen verfügen. Auf die Nachfrage, an welcher Stelle sie im behördlichen Hallenausbauplan stünden, kam die lapidare Antwort: "Sporthallenausbauplan, da machen Sie sich keine Hoffnung auf eine baldige Lösung. Ein Hallenbau ist bei Ihnen in den nächsten Jahren gar nicht in Aussicht. Da gibt es Schulen, die viel schlimmer dran sind." Das ist die Realität vieler Hamburger Schulen. Ich vermute, dass das natürlich auch die Erfahrung bei Ihren Abgeordneten in den Wahlkreisen ist. Man kann parallel gerne eine Untersuchung machen, hoffentlich wissenschaftlich so unabhängig, wie die von uns begonnene LAU-Untersuchung. Die führte im Übrigen dann tatsächlich zu einem zügigen Ausbau von Halbtagsgrundschulen. Mal sehen, was bei Ihrer Untersuchung tatsächlich herauskommt. Dann könnte man über eine Qualitätsoffensive im Schulsport nachdenken, wo es bisher allenfalls um Sicherung gehen könnte.
Sportunterricht ist nun mal nur dort möglich, wo es genügend Hallenflächen und ausgebildete Sportlehrer gibt. Der Kreis schließt sich. Ihrem Antrag können wir so jedenfalls nicht zustimmen. Einer vertiefenden Erörterung im Ausschuss wollen wir uns aber gar nicht widersetzen. Dort können wir vielleicht auch eine gemeinsame Position über die Parteigrenzen hinaus formulieren. Lassen Sie uns die Anträge überweisen. Frau Meyer-Kainer, Sie hatten eben gesagt – verstehen Sie mich nicht falsch –, Sie wollten mit uns diskutieren? Dann überweisen Sie. Oder wollen Sie einfach so beschließen? Dann tun Sie es.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte über Qualitätsverbesserung und Qualitätssicherung im Sportunterricht an Hamburger Schulen ist leider tatsächlich richtig nötig, zum einen aus den Gründen, die Frau Meyer
Kainer genannt und in dem Antrag auch formuliert hat, nämlich aufgrund der besorgniserregenden Zahlen über den körperlichen Zustand der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, und zum anderen auch vor dem Hintergrund der fehlgeschlagenen Umsetzung der dritten Sportstunde, das heißt aus rein hausgemachten Gründen, die der Senat selbst zu verantworten hat.
Vor diesem Hintergrund halte ich es schon für ziemlich gewagt zu sagen, dass der Vorgängersenat in diesem Bereich völlig untätig war und Sie jetzt nur noch alles wieder korrigieren. Das ist nicht so. Sie haben große Ansprüche, aber gleichzeitig sind Sie nicht in der Lage gewesen, diesen Anspruch der dritten Sportstunde umzusetzen, aus den Gründen, die Herr Lein gesagt hat. Es fehlt an den Hallen- und Sportplatzkapazitäten und an dem entsprechenden Personal. Der Senat ist auch schon wieder zurückgerudert und hat von dieser dritten Sportstunde Abstand genommen. Im Grunde ist Ihr Antrag, wenn man ihn sich genau anguckt, eine richtige Ohrfeige für diesen Senat, weil er konstatiert, dass genau dieses Defizit da ist. Sie liefern gleichzeitig noch das Konzept mit, um dieses Dilemma zu beheben, indem Sie sagen, gut, die bewegen sich alle nicht genug, die dritte Sportstunde fehlt und deshalb sollen sie jetzt mal Theorie lernen. Sie ersetzen sozusagen Bewegung durch theoretische Arbeit. Absurder kann man das doch eigentlich nicht machen, oder?
(Beifall bei Dr. Till Steffen GAL und bei der SPD – Dr. Willfried Maier GAL: Dann richtige Theorie!)
Das ist aus meiner Sicht der zentrale Widerspruch dieses Antrags. Im Grunde braucht man gar nicht weiter darüber zu reden. Er ist einfach nicht zu unterstützen, weil alles andere ein bisschen Flickschusterei ist. Ich bin durchaus auch eine Freundin dieses Konzepts "Bewegte Schule", aber auch das haben Sie meiner Ansicht nach zerlegt, zerstückelt, reduziert auf die reine Wahrnehmung von Bewegung im Unterricht, die teilweise schon gemacht wird. Meiner Ansicht nach gehört zu diesem Konzept einiges mehr. Es ist nämlich ein relativ anspruchsvolles Konzept, das Schulen zu einem gesundheits- und sozialverträglichen Raum in einem lebendigen Stadtteil machen möchte, das heißt, sich auch nach außen öffnen, denn Bewegung ist nicht nur in der Schule, nicht nur im Unterricht, sie geht auch nach außen in den Stadtteil. Das kommt nicht vor. Ich frage mich, warum.