– Die zweite Frage. – Welche Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes hat der Senat seit 1. Januar 2002 in Hamburg beobachten können?
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Der von Ihnen angesprochene Bericht der Bundesregierung basiert auf mehreren wissenschaftlichen Gutachten. Im Rahmen der Erstellung eines dieser Gutachten wurden die Landesministerien durch eine Umfrage im Sommer 2004 eingebunden. Die Erkenntnisse in Hamburg sind daher in diesen Bericht eingeflossen und stimmen grundsätzlich mit denen auf Bundesebene überein; sie haben auch heute noch Gültigkeit.
Die Auswirkung des Prostitutionsgesetzes besteht vor allem darin, dass gemäß Paragrafen 1 und 2 dieses Gesetzes die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsetzung des Entgeltanspruchs der Prostituierten geschaffen wurden. Praktisch hat sich dies bisher jedoch nicht ausgewirkt. Grund hierfür ist die auch weiterhin übliche Praxis der Vorkasse.
Durch Paragraf 3 des Prostitutionsgesetzes wurde die Möglichkeit geschaffen, Arbeitsverträge als Prostituierte abzuschließen. Tatsächlich wird diese Möglichkeit jedoch nicht beziehungsweise höchstens in sehr geringem Umfang genutzt. Dies liegt vor allem daran, dass ein Arbeitsvertrag für die Prostituierten auch mit Pflichten, insbesondere mittelbar mit finanziellen, und der Offenlegung der Tätigkeit verbunden ist. Zudem verfügen einige Prostituierte über andere Arbeitsverträge, zum Beispiel als Kellnerin.
Im Zusammenhang mit Paragraf 3 ist noch darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auch im Zugang zur Sozialversicherung bestehen, der geschaffen oder zumindest wesentlich erleichtert worden ist. Eine genaue Beurteilung, wie viele Prostituierte nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zusätzlich Zugang zur Sozialversicherung gefunden haben, ist statistisch nicht möglich. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass dies ebenfalls nur in sehr geringem Umfang der Fall ist. Dabei spielt es eine Rolle, dass der Zugang zur Sozialversicherung eng mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrags zusammenhängt, zu dem ich eben einiges ausgeführt habe, und einige Prostituierte über andere Zugangsmöglichkeiten zur Sozialversicherung verfügen.
Abschließend darf ich darauf hinweisen, dass sich auch in Hamburg durch das neue Gesetz ein erhöhter Informationsbedarf der Betroffenen ergeben hat, der von den bestehenden Beratungsstellen abgedeckt wird. Die Fachbehörde hat im November 2003 ein Informationsblatt und eine entsprechende Broschüre über das neue Gesetz herausgegeben.
Welche Position hat Hamburg im Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht vom Juni 2002 hinsichtlich einer Umsetzung des Prostitutionsgesetzes in diesem Bereich, also auch im gewerberechtlichen Bereich, vertreten?
Frau Abgeordnete, nach dem Bericht der Bundesregierung haben die Mehrheit der Länder einschließlich Hamburg und der Bund die Auffassung vertreten, dass ein Bordell gewerberechtlich als Gewerbe anzusehen ist.
Welche Pläne hat denn der Senat, die von diesem Ausschuss vorgelegten Beschlüsse auch im Gewerberecht umzusetzen?
Frau Abgeordnete, ich kann dezidiert zu dieser Frage, die auch nur mittelbar mit der Ausgangsfrage in Zusammenhang steht, keine exakte Antwort geben. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des Prostitutionsgesetzes inhaltlich dergestalt sind, dass sie unmittelbar gelten; das ist die Ausgangsbasis.
Zweitens ist das Gewerberecht Bundesrecht. Der ganze Bericht ist sozusagen ein Evaluationsbericht der Bundesregierung über ein Bundesgesetz. In der Diskussion ist hinsichtlich des Gewerberechts auch die Frage, ob eine Erlaubnispflicht einzuführen ist oder nicht. Das ist aber nur in der Diskussion und eine abschließende Meinung hat sich der Senat nach meiner Kenntnis noch nicht gebildet.
Herr Staatsrat, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass es sich bei der Prostitution um ein Dienstleistungsgewerbe handelt und jeder Dienstleistungsbetrieb auch die Möglichkeit hat, für sich zu werben. Wird der Senat bei den Beratungen im Bundesrat Stellung beziehen, ob dieses Dienstleistungsgewerbe auch für seine Dienste werben kann?
Sehr geehrte Frau Kollegin Mandel! Das kann ich im Moment beim besten Willen noch nicht sagen. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich habe die Frage der Kollegin Dr. Lappe hinsichtlich des Status als Gewerbe beantwortet. Was ein Dienstleistungsgewerbe juristisch ist, lasse ich einmal außen vor.
Herr Staatsrat, ist dem Senat bekannt, dass die Prostituierten, obwohl das Prostitutionsgesetz in Kraft getreten ist, aufgrund der Tatsache, dass sie nicht für sich werben können, nach wie vor in die Illegalität gedrängt werden?
Ich gehe davon aus, dass dieses in sehr weiter Auslegung der zweiten Grundfrage noch zu beantworten ist.
Herr Präsident, dann will ich den Versuch der Beantwortung machen. Frau Kollegin Mandel, eine alleinige Kausalität, keine Werbung gleich Illegalität, entspricht nicht den Tatsachen, sondern das ist ein weites Feld. Es gibt den Bericht der Bundesregierung, der sehr ausführlich über die Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes, wie ich sie eben dargestellt habe, berichtet hat.
Zur Frage des Werbeverbots kann ich nur das sagen, was ich in meiner vorigen Antwort schon gesagt habe.
Herr Staatsrat, welche speziellen Regelungen seitens der Finanzbehörde gibt es für den Umgang mit Sexdienstleistenden?
Im Rahmen des Prostitutionsgesetzes sind Sexdienstleistungen erstmals überhaupt anerkannt worden. Im Gegensatz zu dem, was der Staatsrat gesagt hat, muss es zum Beispiel vor Ort für Finanzämter Umsetzungsrichtlinien oder irgendetwas gegeben haben, wie mit den neuen Berufen umzugehen ist. Mich würde einfach interessieren, was die Finanzbehörde in Hamburg in dem Zusammenhang gemacht hat.
Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Zunächst möchte ich einmal sagen, dass es mir unverständlich ist, wie Sie einen Gegensatz zu dem von mir eben Gesagten konstruieren können.
Im Übrigen kann ich Ihnen zur Finanzbehörde aus meinen Erkenntnissen Folgendes sagen: Soweit es möglich war, hat die Finanzbehörde immer Steuern von Prostituierten genommen. Meiner Kenntnis nach wurden diese unter dem Titel "Sonstige Einnahmen" und seitdem das Prostitutionsgesetz besteht unter dem Titel "Allgemeiner Gewerbebetrieb" oder Ähnliches verbucht, also eine Umbuchung innerhalb der Posten, was aber nichts an der grundsätzlichen Zahlungspflicht ändert, die auch in keinem Zusammenhang mit dem Prostitutionsgesetz steht.
Also Fälle, wie es sie aus anderen Kommunen gegeben hat, dass die Finanzbehörde, wenn Prostituierte ihre Sexdienstleistungen als Gewerbe angemeldet haben, diese aufgefordert hat, für die letzten Jahre rückwirkend Steuern zu zahlen auf einen wie immer gearteten fiktiven Satz, sind Ihnen nicht bekannt?
Auch meine Frage hat mit den Auswirkungen auf die einzelnen Fachbehörden zu tun, die zum Evaluationsbericht etwas geliefert haben, das haben Sie ja eben ausgeführt. Welche Auskünfte beziehungsweise Daten haben denn die zuständigen Fachkommissariate der Hamburger Polizei zur Evaluation des Gesetzes geliefert?
Frau Abgeordnete, welche Punkte im Einzelnen von den Kommissariaten zu diesem wissenschaftlichen Bericht insgesamt geliefert worden sind, kann ich im Moment dezidiert nicht sagen.
Können Sie mir denn etwas zu den Konsequenzen sagen, die sich durch das Gesetz für die Arbeit der Polizei in der Umsetzung des Gesetzes ergeben haben?
Das Prostitutionsgesetz an sich hat auf die Arbeit der Polizei insofern keinen Einfluss, als es in diesen drei Paragrafen zivilrechtliche Sachverhalte normiert. Die Polizei geht insofern auch davon aus, dass wesentliche Änderungen in der Arbeit im Milieu durch das Gesetz als solches nicht erfolgt sind.
Herr Staatsrat, die Bundesregierung legt in ihrem Bericht sehr großen Wert auf eine Ausstiegsorientierung des Gesetzes. Welche ausstiegsorientierten Angebote wie beispielsweise die ehemalige Textilwerkstatt in St. Pauli wurden seit 2002 in Hamburg geschlossen, gefördert beziehungsweise neu eröffnet?