Protokoll der Sitzung vom 18.04.2007

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weil es uns besonders wichtig ist, möchte ich darauf eingehen, welches der hauptsächliche Ansatzpunkt ist und das ist, meine Damen und Herren, wen darf es wundern: Wir haben in Hamburg entschieden zu wenig günstigen und bezahlbaren Wohnraum für solche Fälle.

(Beifall bei der SPD und bei Martina Gregersen und Christiane Blömeke, beide GAL)

Um das Segment des günstigen und bezahlbaren Wohnraums gibt es einen regelrechten Wettbewerb auf hohen Touren in der ganzen Stadt. Viele tausend Menschen in der Stadt werden, weil sie zur Gruppe der Niedrigverdiener oder zur Gruppe der Studenten, die inzwischen ihre Studiengebühren bezahlen müssen, oder der Arbeitslosen gehören, vor allem natürlich sehr viele Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die über Hartz-IV-Regelungen in solche Unterkünfte und billigen Wohnraum hineingedrängt werden. Es entsteht ein richtiger Wettbewerb und das Ergebnis ist verheerend. Es ist auch deshalb verheerend, weil entsprechender Wohnraum kaum geschaffen wird, jedenfalls nicht ausreichend.

Ein Schlüssel der Problematik liegt also darin - so sehen wir das nach dieser Großen Anfrage -, dass es uns gelingen muss, erstens Zwangsräumungen dadurch zu vermeiden, dass man rechtzeitig an die Betroffenen herantritt, nicht aufgibt, wenn man nicht sofort Kontakt bekommt oder Kontakte auch abgebrochen werden, weil das am Ende die Stadt und die Betroffenen viel günstiger kommt, wenn man da Lösungen sucht. Zweitens, dass endlich wieder bezahlbarer Wohnraum, gerade auch für sozial benachteiligte Menschen in dieser Stadt gefunden wird. Das sind die wichtigsten Punkte und Ergebnisse für diese Untersuchung. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, dass wir in der Lage sind, das fachlich vertieft im Sozialausschuss debattieren zu können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Martina Gregersen GAL)

Das Wort bekommt Herr von Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die eigenen vier Wände, die eigene Wohnung ist für die Menschen und die Familien sehr wichtig. Das ist uns allen, glaube ich, klar. Freunde und Bekannte, vertraute Umgebung, es ist die Heimat, es ist der Lebensmittelpunkt und insofern kommt dem eine große Bedeutung zu. Da besteht zwischen uns allen in der Einschätzung auch keine Differenz. Sie haben selber gesagt, dass Sie seinerzeit vonseiten der Opposition das Fachstellenkonzept aus guten Gründen mitgetragen haben.

Ich will noch einmal, weil Sie es eben erwähnt hatten, auf das Gutachten des Ethnologischen Institutes zu dem Thema eingehen. Ich habe mir das auch noch einmal angesehen und das Fazit daraus gezogen, dass das Fachstellenkonzept an sich positiv bewertet wird. Es stehen sicherlich auch sehr interessante Anregungen darin. Wir können uns noch einmal darüber unterhalten. Allerdings muss man die Basis des Gutachtens berücksichtigen, die mit 25 Befragungen etwas dünn ist. Das steht auch in dem Gutachten. Wissenschaftlich ist das in Ordnung. Aber man muss es von der Gewichtung her so

sehen. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass von dort ein positives Echo kam.

Das neue Fachstellenkonzept trägt dieser Sache insofern Rechnung, dass es im Juli 2005 mit dem Ziel eingeführt wurde, obdachlosen und wohnungslosen Menschen Wohnraum zu vermitteln und den Verlust der eigenen Wohnung durch präventive Maßnahmen frühzeitig zu verhindern, sodass die Probleme rechtzeitig bekämpft werden und man nicht wartet, bis es schon zu spät ist. Das ist in dem Zusammenhang als wichtig zu sehen, nämlich Hilfe aus einer Hand in den zuständigen Bezirken. Dann gibt es für Menschen, die keinen zuständigen Bezirk haben, noch eine weitere Fachdienststelle.

Insofern ist das Konzept als solches eine gute Sache. Wir sind - mittlerweile sind zwei Jahre ins Land gegangen - an den Punkt gekommen, wo man eine Zwischenbilanz ziehen sollte. Ich persönlich kann nicht bestätigen, dass wir im Ausschuss nie darüber gesprochen haben und kann mich an mehrere Ausschusssitzungen erinnern. Das Konzept ist dort vorgestellt worden und wir haben auch darüber gesprochen. Ich möchte das Fazit ziehen, dass das schon mal ein großer Erfolg ist, der dort erreicht worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Insbesondere im Bereich der Wohnungssicherung ist die Zahl der Räumungsanträge durch frühzeitig einsetzende Präventionsarbeit von über 1.000 als Beispiel im vierten Quartal 2004 auf 749 im vierten Quartal 2006 gesunken. Auch die Räumungen sind nach den vorliegenden Zahlen um ein Drittel zurückgegangen. Das sind Erfolge für Menschen, denen in der Not konkret geholfen worden ist. Das muss man erst einmal festhalten.

(Beifall bei der CDU)

Die Zahlen der Anträge auf Räumungsklage und auch der Räumungen sind insgesamt rückläufig. Das zeigen die Zahlen eindeutig.

(Petra Brinkmann, Uwe Grund und Doris Mandel, alle SPD: Das stimmt so nicht!)

Wir brauchen uns jetzt auch nicht aufzuregen. Wir werden uns die Zahlen in Ruhe noch einmal im Ausschuss anschauen, aber das sind auf jeden Fall die Fakten, denen Sie sich nicht verschließen können.

Uns von der CDU-Fraktion liegt besonders die Situation der Kinder am Herzen. Daher sind wir froh, dass vielen Familien in konkreter Not durch das Konzept geholfen werden konnte. Ansonsten muss man auch sehen, dass sich die Verwaltung dort in einem schwierigen Umfeld bewegt. Man wird nicht jede Räumung verhindern können. Darüber sind wir uns alle klar. Aber ein großer Erfolg ist, dass die Zahlen deutlich gesunken sind.

Ein weiterer Punkt, den ich interessant finde, ist, dass die Arbeitsweise in den sieben Bezirken und der einen zusätzlichen Stelle ganz unterschiedlich ist. So werden bei unterschiedlichen Situationen auch verschiedene Lösungen zur Geltung kommen. Das ist immer eine gute Sache, wenn man voneinander lernen kann und dort zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt.

Was das Thema Wohnungslosigkeit angeht, sind wir in Hamburg breit aufgestellt. Es gibt ein umfangreiches Angebot. Ich will nur einige nennen. Jedes für sich ist

wieder wichtig, darüber zu sprechen. Wir haben Tagestreffpunkte für Obdachlose, wir haben ein breites Angebot ärztlicher Versorgung. Dort wird Vorbildliches bereitgestellt. Es gibt Essensausgabestellen, Kleiderkammern, umfangreiche Straßensozialarbeit in den Bezirken, Übernachtungsstätten, Wohnungsprojekte, Winternotprogramm, die eben schon erwähnten Fachstellen und sehr umfangreiche Beratungsangebote. Wir sind, was das Thema angeht, in Hamburg sehr gut für eine Großstadt aufgestellt. Das muss ich noch einmal betonen.

Auch was das Thema günstiger Wohnraum angeht, hat der Senat nicht, wie das eben anklang, verschlafen oder nicht gesehen, sondern es ist so, dass es eine Kooperation mit der Wohnungswirtschaft gibt.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie viele Wohnungen ha- ben Sie denn da?)

Das finde ich ganz vernünftig, dass dort die Zusammenarbeit gesucht wird.

Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, dass die Entwicklung positiv ist. Nach zwei Jahren ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. Ich bin der Auffassung, dass man fast alles optimieren kann. Wir werden auch daran arbeiten. Insofern werden wir dort auch konstruktiv zusammenarbeiten. Ich kann mich entsinnen, Herr Grund und auch Frau Gregersen waren dabei, dass wir vor nicht allzu langer Zeit zu dem Thema ein Gespräch bei der Diakonie hatten, das ich recht konstruktiv fand. Ich denke, wenn wir in dem Sinne anknüpfen, dann werden wir auch zu einer vernünftigen Ausschussberatung kommen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Gregersen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr von Frankenberg, Sie verweisen hier auf Hilfen wie Suppenküchen und Kleiderkammern. Das ist das, was das Ehrenamt versucht, auszugleichen, was wir von staatlicher Seite nicht hinbekommen oder Sie nicht hinbekommen. Es ist traurig, dass wir immer darauf verweisen müssen und dass so etwas überhaupt notwendig ist.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Kommen wir zum Fachstellenkonzept. Es läuft fast zwei Jahre und sollte die Leute vor Wohnungslosigkeit bewahren und sollte den Leuten die Wohnung sichern, die eine haben. Auch wenn Sie uns jetzt erzählen wollten, dass das alles so toll läuft und dass die Zahlen optimistisch stimmen, muss man ehrlich sagen, dass es nicht läuft.

Es ist Zeit, langsam aus den Kinderkrankheiten herauszukommen. Als das Fachstellenkonzept ein Jahr gelaufen ist, hatte ich eine Große Anfrage dazu gestellt und bin sehr enttäuscht gewesen, als ich jetzt die Große Anfrage von der SPD gelesen habe. Es gibt weitere Schwachpunkte und es ist nichts verbessert worden.

Bei der Umsetzung, Frau Schnieber-Jastram, müssen einige Sachen noch einmal angepackt werden. Ich möchte kurz eine Auflistung geben, wo die Probleme liegen. Sie versuchen uns weiszumachen, dass es läuft, aber die Realität sieht anders aus. Die Bezirke arbeiten total unterschiedlich. Es gibt keine Vernetzung der ver

schiedenen Hilfesysteme. Es gibt keine Abstimmungen untereinander. Es gibt viel zu wenig aufsuchende Arbeit. Ihre Dokumentation des Ganzen, was Sie uns hier vorlegen, ist skandalös. Ich will nachher darauf eingehen.

Auch die Wohnungsvermittlung läuft äußerst schleppend und einige Menschen passen in überhaupt kein Hilfesystem. Ich weiß gar nicht, was daran so lustig ist. Es gibt Leute, die fallen durch den Rost.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Hier lacht doch gar keiner!)

- Der Kollege dort hinten fand es gerade sehr lustig.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Der hat über etwas ganz anderes gelacht!)

Der Bürgermeister war einmal der Meinung, dass niemand in Hamburg durch ein Rost fallen soll. Viele Menschen sind eingestuft worden und sie hoffen und erwarten Hilfe und sind bitter enttäuscht. Es gab lediglich 45 Vermittlungen für Leute in einem Jahr aus der Hilfestufe 3. Andere werden überhaupt nicht erreicht. In dem Konzept stand, dass für jeden Einzelnen Hilfepläne erarbeitet werden sollen. Ich weiß nichts von Hilfeplänen und die Leute, die daran arbeiten, auch nicht.

Frau Schnieber-Jastram, wann fangen sie endlich an, diese Missstände aufzuarbeiten? Wann machen Sie Hilfepläne? Wann arbeiten Sie zusammen mit allen Hilfesystemteilnehmern

(Dirk Kienscherf SPD: Das können die gar nicht!)

und versuchen wirklich, das Konzept umzusetzen, denn an sich ist es ja nicht schlecht und in anderen Städten läuft es bereits seit Jahren erfolgreich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Was ich sehr schade finde, ist, dass ich gehört habe, wenn diese ganzen Missstände und Probleme in der Lenkungsgruppe bei Ihnen vorgetragen werden, der Senat diese Probleme gar nicht hören möchte. Aber wenn Sie diese Erkenntnisse vom Tisch wischen und sagen, Sie wollen sie nicht hören, dann befassen Sie sich auch nicht damit.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Woher wissen Sie das denn?)

- Weil ich Hinweise von Leuten bekommen habe, die in Lenkungsgruppen saßen und frustriert sind, dass man noch nicht einmal eine Schwachstellenanalyse betreiben möchte. Warum sind Sie eigentlich so stur, Frau Schnieber-Jastram, wenn Sie doch immer sagen, in Hamburg braucht keiner zu frieren und Hilfe dem, der Hilfe braucht. Nehmen Sie Ihre Worte bitte ernst. Setzen Sie sie in die Tat um.

Warum sind die Bezirke so unterschiedlich? Herr Frankenberg fand das gar nicht so schlecht. Es kann doch gar nicht sein, dass die Bezirke so unterschiedlich arbeiten. Zwei Bezirke schaffen gerade mal die Vermittlung von knapp 120 Wohnungen. Wandsbek bringt es auf 280. Ich frage mich, warum da der Unterschied ist.

Noch unterschiedlicher ist es bei den aufsuchenden Hilfen. Drei Bezirke kommen überhaupt nicht aus dem Amt heraus. Herr Grund hat es eben ausgeführt: Drei Besuche oder gar keinen im Monat von einer ganzen Fachstelle. Das ist doch Arbeitsverweigerung. So etwas kann doch nicht sein. Auch als der Streik vorbei war - ich habe

gesehen, dass das angemerkt war -, es waren in einigen Bezirken weit weniger, die sich am Streik beteiligten. Herr Schira, auch als der Streik vorbei war, sind die Leute in zwei Ämtern nicht in die Puschen gekommen.