Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Wir wollen eine energieeffiziente Modernisierung sowie den umweltgerechten Neubau noch stärker fördern und vor allen Dingen auch stärker einfordern, als das heute der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Daher halten wir die Ansätze, die die CDU in ihrem Antrag benennt und die - wie von Ihnen auch zugegeben, Herr Roock -, recht allgemein formuliert sind, für nicht weitreichend genug. Wir wollen bereits heute Details vorgeben, weil wir nicht darauf warten wollen, dass uns die Behörde eine Vorlage erstellt, über die wir dann debattieren können, wobei dann die Hälfte fehlt oder möglicherweise eine ganz andere Richtung angestrebt wird, als die, die uns richtig erscheint.

(Olaf Ohlsen CDU: Sind doch alles Worthülsen!)

Daher haben wir heute weitere Punkte formuliert, auf die Sie lieber verzichten wollen, um zu sehen, was der Senat für gut befindet. Das ist nicht unsere Politik, Herr Roock. Wir warten nicht, wir handeln.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt nicht, dass alles falsch wäre, was Sie im Antrag schreiben, so allgemein er auch formuliert ist. Wir wollen aber konkreter werden und erklären auch, dass wir an Instrumenten wie die Objektförderung festhalten wollen. Jedes Jahr fallen 6.000 bis 10.000 Wohnungen in Hamburg aus der Sozialbindung und dem Senat gelingt gerade einmal, über seine Programme 300 bis 500 neue sozialgebundene Wohnungen in Hamburg zu fördern.

Nur jedem dritten Inhaber eines Dringlichkeitsscheines ist heute eine öffentlich geförderte Wohnung vermittelbar. Das zeigt, dass hier ein erheblicher Handlungsbedarf besteht. Es reicht nicht aus, nur über den Tausch oder über das Instrument der Belegungsbindung zu reden. Was den öffentlich geförderten Wohnungsbau betrifft, müssen wir insgesamt flexibler werden.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Aber wir dürfen uns nicht davon abkehren, Wohnungen ganz konkret zu fördern, auch wenn wir - das ist klar - anders damit umgehen müssen, um solche Wohnungen nicht an bestimmten Standorten zu massieren.

Die derzeitige Wohnungsbausituation ist nicht nur für die Bezieher geringer Einkommen problematisch, sondern auch für diejenigen, die mittlere Einkommen haben, weil die Mieten immer stärker ansteigen und es immer schwerer wird, auch für diesen Personenkreis Wohnungen zu erhalten. Daher sprechen wir in unserem Antrag auch ganz klar diesen Personenkreis an.

Wir müssen bei der Wohnungsbauförderung noch stärker quartierbezogene ökologische und familienfreundliche Zielsetzungen verfolgen. Das heißt konkret, dass wir Wohnungsbaukonzepte fördern müssen, die die Entwicklung eines Quartiers nachhaltig steigern.

Wir haben morgen eine Debatte über das Thema der sozialen Stadtentwicklung. Auch dort hat die Wohnungsbauförderung ein erhebliches Potenzial, um den Quartieren besser zu helfen und steuernd zu wirken. Das müssen wir nutzen, wenn wir neue Instrumente im Bereich der Wohnungsbauförderung etablieren wollen.

Wir müssen den Passivhaus-Standard zur Voraussetzung für staatliche Förderung erheben und wir müssen bezahlbaren Wohnraum für Familien in einem familienfreundlichen Wohnumfeld anbieten, um die Stadtflucht zu stoppen.

(Beifall bei der SPD)

Entscheidend wird es daher sein, dass wir uns von den Fehlentwicklungen der städtischen Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre endgültig abwenden und wieder das Gespräch mit Investoren von Wohnungsunternehmen und Genossenschafen suchen, um gemeinsam Grundsätze zu entwickeln, die den Wohnungsbau ankurbeln.

Herr Roock, Sie waren am Montag bei der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Hamburger Wohnungsunternehmen leider verhindert. Dort ist ganz deutlich geworden, dass sich zu wenig ausgetauscht und zu wenig das Wissen der Hamburger Wohnungswirtschaft genutzt wird, um vernünftige Förderinstrumente zu etablieren, die dann auch tatsächlich dazu führen, dass in Hamburg zugunsten seiner Bewohner mehr gebaut wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Aussetzung des Höchstgebotsverfahrens, welches ursprünglich dazu geführt hatte, dass Genossenschaften seit 2003 kaum noch auf städtischem Grund gebaut haben, darf daher keine Eintagsfliege bleiben, sondern muss der Einstieg in eine neue Wohnungsbauförderungspolitik sein, die sich dann auch gern an den Erfolgen sozialdemokratischer Senate messen darf.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Lieven.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass dies eine Debatte ist, die in erster Linie für die Fachpolitikerinnen interessant ist, freue ich mich, dass immer noch relativ Viele hier im Plenarsaal geblieben sind. Ich hoffe, das bleibt auch in den nächsten Minuten so.

(Zurufe von Wolfhard Ploog CDU)

In der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wird bereits mit Hochdruck an dem Entwurf für ein hamburgisches Wohnungsbauförderungsgesetz gearbeitet und die CDU-Fraktion darf nun auch eine Vorlage einbringen, in der das ersucht wird, was die Behörde zu liefern gedenkt.

(Wolfhard Ploog CDU: Das finde ich ziemlich un- gezogen, wenn er sagt, wir "dürfen einbringen"!)

Soviel zum methodischen Hintergrund dieser parlamentarischen Initiative. - Herr Ploog, wenn Ihnen das zu kompliziert ist, würde ich vorschlagen, Sie gehen hinaus und lassen mich hier in Ruhe weiter vortragen. Das wäre wirklich sehr entgegenkommend von Ihnen.

Vom Grundsatz her sind auch wir der Meinung, dass die Einführung eines hamburgischen Wohnungsbaugesetzes richtig ist und dass die Stadt Hamburg diese landesgesetzlichen Regelungsmöglichkeiten nutzen soll, zumal der Bund sich nach dem Rückzug aus der Regelungskompetenz nicht mehr aktiv daran beteiligen wird, diese aktuell zu halten.

Das Wohnungswesen in Hamburg als Stadtstaat ist in einer besonderen Situation, die sich von den meisten Flächenländern oder auch der Berlins unterscheidet, was rechtfertigt, eine Landesgesetzgebung auf den Weg zu bringen, insbesondere vor dem Hintergrund des großen Anteils der Genossenschaften und öffentlichen Wohnungsunternehmen am Hamburger Wohnungsbestand.

Es kommen zwei neue Aufgaben in einer neuen Art und Weise auf das Wohnungswesen und die Wohnungswirtschaft hinzu, die auch eine neue gesetzliche Form und Regelung brauchen. Das eine ist die Herausforderung der energetischen Sanierung der Altbestände. Immerhin sind 85 Prozent aller Wohnungen vor 1978 errichtet worden, also vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung. Daher ist die energetische Sanierung eine der Hauptaufgaben in der Baupolitik überhaupt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Die zweite Aufgabe liegt in der Anpassung dieser Bestände an den veränderten Nutzungsansprüchen, die durch den demografischen Wandel der Gesellschaft verursacht werden. Das Stichwort heißt hier Barrierefreiheit. Wir müssen erreichen, dass die Menschen wirklich so lange wie möglich in ihren eigenen Wohnungen bleiben können. Das sind sehr große bauliche Investitionen, die das auslöst.

(Wolfhard Ploog CDU: Das haben wir in Altona schon in den Siebzigerjahren gemacht!)

Daher muss das Wohnungsbauförderungsgesetz diesen Hauptschwerpunkt der Investitionstätigkeit auch richtig abbilden. Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen selbst, der der wichtigste bestandsverwaltende Verband in Norddeutschland und in Hamburg ist, bezeichnet das als Hauptschwerpunkt der Investitionstätigkeit.

Wir begrüßen, dass jetzt auch bei der CDU die Erkenntnis angekommen ist, dass die Vergabe städtischer Grundstücke unter Marktpreis ein geeigneter Weg ist, um den Wohnungsbau zu beleben. Die Wohnungsbauoffensive 2006 setzt praktisch einen Haushaltsantrag der GAL von 2005 um. Wir meinen, dass es richtig ist, auf diesem Weg weiterzugehen und den Verkauf von städtischen Grundstücken mit Preisabschlägen mit einer Mietpreisbindung sowie beispielsweise dem Nachweis der Vermietung an bestimmte Zielgruppen zu koppeln, was schlanke Bindungen und einfache Regelungen bedeutet, um so eine Stimulation des Wohnungsneubaus zu erreichen.

Das Wohnungsbauförderungsgesetz für Hamburg sollte auch ermöglichen, die Potenziale von Genossenschaften und Baugemeinschaften besser zu fördern, als dies bisher der Fall ist. Aus diesem Grund haben wir das in unserem Zusatzantrag nachgetragen, weil leider hiervon in dem CDU-Ersuchen nicht die Rede ist. Das ist aus unserer Sicht wirklich ein Defizit.

Was die Überlegungen der CDU hinsichtlich einer Lockerung der Bindungen für die vorhandenen Sozialwohnun

gen angeht - Stichwort: Kostenmietprinzip und Nachwirkungsfristen -, muss ich erklären, dass wir dem skeptisch gegenüber stehen. Für die Vermieter mag das attraktiv sein, allerdings erscheint uns die Gefahr recht groß, dass dort dann ungerechtfertigte Mitnahmeeffekte auftreten oder es zu Mietpreissprüngen und Härten für Bewohnerinnen kommt. Daher gilt hier, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten und nur das Gesetz zu ändern, sondern die Folgen eines solchen Schrittes vorher sorgfältig zu analysieren. Diesen Teil Ihres Ersuchens können wir daher nicht mit unterstützen.

Ich möchte nun noch zu einem Punkt kommen, der uns besonders am Herzen liegt. Das betrifft die Einführung eines ökologischen Mietenspiegels. Alle wollen Energie sparen. Alle wollen das Klima schützen und die Einsparung von Heizwärme - das ist, denke ich, Konsens - eignet sich hierfür besonders gut.

Jeder Eigenheimbesitzer kann sich selbst ausrechnen, was ihm die Investition in eine neue Heizanlage oder Wärmedämmung an eingesparten Brennstoffkosten bringt und viele entscheiden sich dafür, weil sich das rechnet.

Nun ist es allerdings im Mietwohnungsbereich so, dass zunächst der Eigentümer diese Investitionen tätigen muss und der Mieter von den niedrigeren Heizkosten profitiert. Das nennt man das sogenannte Eigentümer/Nutzer– Dilemma. Dieses Dilemma ist ein wichtiger Grund dafür, warum in einer von Mietwohnungen und Mehrfamilienhäusern geprägten Stadt wie Hamburg nicht viel mehr in die Energieeffizienz investiert wird. Die Einführung eines ökologischen Mietenspiegels könnte einen wesentlichen Schritt dazu beitragen, dieses Dilemma aufzulösen.

Das Prinzip funktioniert kurz gesagt so, dass für besonders energiesparende Häuser ein Aufschlag auf die Miete genommen werden kann und für besonders energieverschwendende Häuser ein Abschlag von der Miete vorgenommen werden muss. Insgesamt ist die Summe der Erhöhungen und Senkungen null. Das System ist auf dem Mietmarkt aufkommensneutral.

Die Mieter haben in den energiesparenden Gebäuden den Vorteil niedrigerer Energiekosten und die energiehungrigen Gebäude haben eine geringere Miete, weil die Mieter dort auch höhere Heizkosten zu tragen haben. Insgesamt bewirkt das einerseits eine Entlastung derjenigen Mieterinnen, die bereits heute wegen eines schlechten Gebäudezustandes besonders viel für Energie aufwenden müssen und gleichzeitig wird der Anreiz für den Vermieter gestärkt, in die Energieeffizienz zu investieren, weil der "Return of Investment" durch höhere Mieten leichter möglich ist. Also sorgt so ein marktwirtschaftliches Instrument für Klimaschutz und Mietgerechtigkeit.

Ein solches Modell gibt es bereits in Darmstadt

(Olaf Ohlsen CDU: In Wolfsburg haben die das auch!)

und auch der bereits angesprochene Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen unterstützt ein solches Modell für Hamburg.

Wir fordern die BSU auf, im Zuge der anstehenden Gesetzesnovellierungen beziehungsweise Einführungen auch die Einführung eines solchen ökologischen Mietenspiegels in Hamburg zu prüfen. Wir wissen, dass das nicht mehr 2007 der Fall sein kann, sondern das wird

wahrscheinlich eher ein Projekt für 2009 sein. Mit diesen Instrumenten kann insgesamt eine sinnvolle Anpassung der neuen Gesetzgebungskompetenzen im Wohnungswesen auf Hamburg gelingen.

Ich möchte hier schon einmal sagen, dass wir, wenn der Senat eine Gesetzesvorlage in das parlamentarische Verfahren einbringen wird, bei dieser Materie eine Expertenanhörung im Stadtentwicklungsausschuss für richtig halten, da es einige weitreichende Regelungen gibt, die rund 80 Prozent der Hamburger Bevölkerung betreffen.

Zum Petitum der CDU muss ich sagen, dass wir uns bei dem Ersuchen enthalten werden, da es einige Punkte gibt, die wir unterstützen, andere weniger. Es wäre nicht sinnvoll, die zehn Einzelpunkte kleinteilig abzustimmen, und deswegen enthalten wir uns in der Sache. Wir hoffen, dass wir im Ausschuss an diesem Gesetzgebungsverfahren konstruktiv und produktiv arbeiten können. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.