Wir sehen grundsätzlich ein, dass der Ansatz gut ist und dass man sich auch über das Verbleiben des CO2 Gedanken machen muss. Es wird uns voraussichtlich und zumindest auf globaler Ebene nicht gelingen, in der erforderlichen Zeit bis Mitte dieses Jahrhunderts die CO2Produktion tatsächlich so stark zu reduzieren. Daher stimmen wir Grüne - und hier gibt es innerhalb der Umweltszene durchaus Leute, die das anders sehen -, den Wissenschaftlern zu, die erklären, dass wir uns auch über die Sequestrierung von CO2 Gedanken machen müssen.
Aus diesem Grunde sind wir gegenüber diesem Ansatz, den Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, überhaupt nicht abgeneigt, auch wenn hierbei die Gefahr besteht, dass diese Technologie, nämlich die Kohle-Sequestrierung und was man damit macht, denn das ist dann die große Frage, ob man in die Biotechnologie geht oder ob man in die Verpressung in geologische Formationen verfährt, nur ein Feigenblatt darstellt, um zu rechtfertigen, dass man weiterhin Kohlekraftwerke bauen kann, obwohl man heute - und so ehrlich müssen auch Sie sein - noch nicht weiß, ob diese Technologien auch wirklich das halten, was sie versprechen.
Nimmt man jetzt einmal Ihre Technologie - Frau Dr. Schaal hat das schon ansatzweise vorgerechnet -, nämlich das CO2, was in Moorburg ausgestoßen wird, mit der Algenproduktion wiederzuverwerten, dann bräuchten Sie eine Fläche von 125 Quadratkilometern, die man dann als Glashaus, Gewächshaus oder wie auch immer herrichten müsste. Das sind die Zahlen, die aufgrund eines ähnlichen Projektes in Bremen bekannt sind, und man würde Investitionskosten von etwa 1,7 Milliarden Euro benötigen. Das ist natürlich der Stand von heute. Mir ist vollkommen klar, dass es bei der technologischen Wei
terentwicklung noch weitere Verbesserungen geben kann. Aber dennoch wirft das auch wichtige Fragen auf, dass diese Technologie allenfalls ein Baustein sein kann, um mit Kohlendioxyd umzugehen und es nicht einfach in die Atmosphäre zu entlassen.
Wenn ich dann aber lese, dass die größte Mikroalgenzucht Europas, die sich auch mit diesem Bereich beschäftigt hat, auf Fragen von Journalisten, wie sie hinsichtlich der Technologie dazu stehen, mit Mikroalgen CO2 wieder zu nutzen, und der Marktführer in diesem Bereich daraufhin antwortet, dass das wirtschaftlich nicht darstellbar ist, dann müsste Ihnen das doch zu denken geben und Sie müssten erst recht noch einmal transparent im Ausschuss nachfragen, ob diese Bedenken wirklich auszuräumen sind, bevor man eine halbe Million Euro in ein solches Pilotprojekt steckt.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich nicht verstehe, warum Sie diese Diskussion im Ausschuss scheuen und warum Sie diese halbe Million Euro investieren wollen, ohne diese Fragen noch einmal transparent im Ausschuss für uns alle zu beantworten. Wir haben weiß Gott nicht zuviel Geld im Hamburger Haushalt, was Sie als Haushaltssprecher besser wissen sollten als ich.
Daher, Herr Kruse, werden wir uns bei der Abstimmung auch enthalten. Wie bereits ausgeführt, finden wir es vernünftig, dass Sie sich in dieser Richtung Gedanken machen,
aber wir können nicht die Hand für etwas heben, wenn noch so viele offene Fragen im Wirtschafts- und Haushaltsbereich vorliegen. Wir sind der Meinung, dass es parlamentarisch kein kollegiales Verhalten von Ihnen ist, diesen Antrag einfach durchwinken zu wollen.
Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6289 an den Umweltausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte dem CDU-Antrag aus der Drs. 18/6289 seine Zustimmung geben? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig bei einer Vielzahl von Enthaltungen angenommen worden.
Ich rufe auf die Punkte 27 und 28 der Tagesordnung. Das sind die Drs. 18/6174 und 18/6178, Berichte des Wissenschaftausschusses: Situation der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in Hamburg verbessern – tenure track ermöglichen und Situation junger Wissenschaftler/-innen in Hamburg.
[Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drs. 18/5719: Situation der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in Hamburg verbessern -
[Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drs. 18/4861: Situation junger Wissenschaftler/-innen in Hamburg (Große Anfrage der CDU-Fraktion) - Drs. 18/6178 -]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und wissenschaftler sind für unsere Hochschulen von zentraler Bedeutung. Werbung für den Hochschulstandort Hamburg ist umso leichter, wenn das Bemühen um Exzellenz mit dem Bemühen um Nachwuchs einhergeht.
Über Exzellenz ist in den letzten Tagen viel gesagt und vielleicht noch mehr in den Zeitungen geschrieben worden. Wenn eine neue Universitätspräsidentin aus dem Lande Schavan ihre zweifellos vorhandene politische Nähe zum derzeitigen Senat nicht davon abhält, gegen diesen Senat eine heftige Attacke in Sachen Unterfinanzierung zu reiten, spricht das für sich und soll hier gar nicht vertieft oder weiter erörtert werden. Die prompten öffentlichen, aber nicht überzeugenden Rechenkunststücke des Senators Dräger haben die Berechtigung und die Notwendigkeit dieses Vorstoßes der Universitätspräsidentin noch unterstrichen. Dass der Senator in einer solch wichtigen Debatte nicht anwesend ist,
könnte man noch verstehen, denn Familienpflichten muss man bei allen gesellschaftlichen Positionen hochhalten, lieber Herr Beuß. Vielleicht haben Sie zu schnell dazwischen gerufen. Wir werden einmal schauen, ob er sich hier "senatörlich" vertreten lässt. Dabei geht es heute keineswegs um große politische Kontroversen, sondern offensichtlich um gemeinsame Ziele und um die Erwartungen an die Hochschulen sowie an den verantwortlichen Senat.
Bei dieser Debatte wird es nicht um Kampfabstimmungen, sondern um etliche Drucksachen gehen, die sich mit der Rolle des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hamburger Hochschulen befassen. Die von der rotgrünen Regierung in Berlin vor einigen Jahren geschaffenen Juniorprofessuren sind von den Hamburger Hochschulen bislang nur recht zögerlich angenommen worden; besonders resistent erwiesen sich die Medizin und die Juristerei. Im Wissenschaftsausschuss wurde deutlich, dass es auch an gezielter Einflussnahme seitens der Wissenschaftsbehörde, beispielsweise durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen, mangelt.
110 Juniorprofessuren sind in der Struktur- und Entwicklungsplanung vorgesehen, aber gerade einmal 35 existieren. Das ergibt kein positives Bild bei den Bemühungen um moderne Nachwuchsförderung. Der Senator nimmt das wenig interessiert oder achselzuckend zur Kenntnis.
Wie sieht es denn bei den Bemühungen aus, junge Wissenschaftler an den Hochschulen zu halten und ihnen eine feste Berufsperspektive zu geben? Hierzu lag dem Haus im Januar ein Antrag der CDU-Fraktion mit dem
hochtrabenden Titel "tenure track ermöglichen" vor. Ich bin mir gar nicht sicher, ob sich alle Kollegen die Mühe gemacht und im englischen Lexikon nachgeforscht haben, was tenure track heißt. Dort steht, ich zitiere:
Man kann natürlich viel einfacher sagen: Der Weg in eine Festeinstellung. Das hätte ich auch vernünftiger gefunden, aber so liest es sich nun einmal.
Dieser Weg in eine Festeinstellung ist für viele dieser Nachwuchswissenschaftler nicht vorhanden. Nach Auslaufen der sechsjährigen Juniorprofessur gibt es zu wenige Professorenstellen, auf die sie einrücken könnten. Hier erwarten alle Fraktionen im Wissenschaftsausschuss und sicherlich auch im Plenum vom Senat mehr Bemühungen, um solche universitären Wege zu ebnen, die in eine klare Perspektive nach der Juniorprofessur münden. Das heißt, Professorenstellen bereitstellen! Vielleicht sollte man an dieser Stelle doch noch einmal an die Mahnrufe der Universitätspräsidentin erinnern.
Ein weiterer Punkt ist folgender: Wenn sich im wissenschaftlichen Mittelbau der Hochschulen nur etwa 38 Prozent Frauen befinden, obwohl genauso viele Frauen wie Männer die Hochschulen erfolgreich abschließen, dann kann etwas nicht stimmen, jedenfalls heutzutage nicht mehr.
Die Aussagen der Frauenbeauftragten sämtlicher Hamburger Hochschulen im Wissenschaftsausschuss Anfang Mai haben uns nachdenklich gemacht. Es darf nicht sein, dass Hochschulen Frauen durch mutige Berufungen fördern, diese dann aber mit denen verrechnet werden, die das genau nicht tun.
Und noch ein Punkt. Zwar ist eine gute Kinderbetreuung nicht der einzig ausschlaggebende Faktor für Frauenförderung an der Hochschule, aber ohne gute Kinderbetreuung ist Frauenförderung kurzfristig und kurzsichtig gedacht.
Gute Kinderbetreuung fehlt an den Hochschulen. Exzellenz in Forschung und Lehre sowie Nachwuchsförderung ist nur dort möglich, wo auch das notwendige berufliche Umfeld von Exzellenz geprägt ist und hier sehen wir Sozialdemokraten viele Schwachstellen. Packen Sie es an! Die Verantwortung haben Sie seit fast sechs Jahren. Vergessen Sie über die in der Öffentlichkeit wirksamen und wiederkehrenden Events bei Ihren kleinen Hochschulen nicht die Probleme der großen, das Renommee unseres Stadtstaates bestimmenden Universität. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lein, dass Sie hier die Äußerungen der Universitätspräsidentin nicht ungenutzt lassen würden, habe ich mir natürlich gedacht. Das ist schon richtig.
Wir reden heute über die Situation der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und ich kann Ihnen hierzu nur eines sagen. Mir ist ein Satz eines Arti
kels aus der Hans-Böckler-Stiftung, die nun wahrhaftig nicht uns, sondern den Gewerkschaften nahesteht, im Gedächtnis geblieben. Ich weiß allerdings nicht, wann er erschienen ist, ich zitiere:
"Das größte Problem unseres Hochschulsystems ist nicht die Unterfinanzierung, sondern die Folgenlosigkeit des sorglosen Umgangs mit Ressourcen, Zeit und Geld."
Wir können auch feststellen, dass die Kürzungen, die die Universität hat erfahren müssen, nicht ohne Folgen geblieben sind.
Es ist aber nicht nur eine Frage der Finanzen, sondern es ist auch eine Frage der Einstellung. Wir wissen - und Sie haben das bereits dargestellt -, dass uns die große Sorge um die Qualität unserer Universitätsausbildung eint. Es ist ein Vorteil des Wissenschaftsausschusses, dass wir uns dort trotz aller politischen Kontroversen in einer großen Einigkeit befinden.
Schauen wir uns doch einmal an, wo unsere Hamburger Hochschulen im internationalen Ranking stehen. In einer Wochenzeitschrift sind gerade wieder einmal die Fächer Mathematik, Informatik und Physik verglichen worden. Dort stehen wir im hinteren Mittel beziehungsweise am Anfang des unteren Feldes. Das darf nicht sein, zumal wir mit einem großen Aufwand uns darum gekümmert haben, dass durch Hochschulreformen die Attraktivität an unsere Hochschule zurückkommt. Wir haben den Wissenschaftsetat erhöht. Ein Viertel der Investitionssondermittel sind in die Wissenschaft gegangen. Das UKE ist im Grunde genommen vom Problemfall zum Aushängeschild geworden.
Wenn Sie das bezweifeln und meinen, dass bei der BWF ein paar Tricksereien mit den Zahlen der Unterstützung pro Student vorgenommen worden sind, kann ich nur erwidern, dass das Zahlen sind, die aus dem Statistischen Bundesamt kommen und nicht aus der BWF.
Unser größtes Problem ist natürlich, dass wir unseren jungen Wissenschaftlern, die wir hier haben, auch eine Perspektive geben müssen. Sie haben hinsichtlich der Juniorprofessuren bereits erwähnt, dass diese Professuren im internationalen Vergleich sehr viel stärker vertreten sind als bei uns. Ich glaube aber nicht, dass das eine Aufgabe des Senats ist, hier nachzufassen, sondern ich bin der Meinung, dass das eher ein Mentalitätswechsel innerhalb der Universität sein muss.
Wenn gerade Medizin und Jura sich dagegen wehren, die Modernität bei ihnen einziehen zu lassen, weil sie befürchten, dass das natürlich Auswirkungen auf die Qualität ihrer Professorenstellen hat, dann denke ich, dass hier noch eine ganze Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden muss.
Wissen Sie, Herr Lein, wer dort in den Entscheidungsgremien sitzt, sind unsere Jahrgänge. Wir haben in einer Zeit studiert, in der Leistung Repression war und berufsorientiertes Lernen war eine ganz schlimme Angelegenheit. Bildung war ein Wert an sich.