Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

(Rolf Harlinghausen CDU: Polemisches Wortge- klingel!)

Sie haben Möglichkeiten, auf der Landesebene entsprechend zu agieren. Da geht es insbesondere um das Thema U-Untersuchung und um die Verbindlichkeit von Gesundheitsuntersuchungen für Kinder. Und wohinter versteckt sich Frau Sozialsenatorin? - Immer und immer wieder sagt sie, wir hätten hier eine Bundesratsinitiative gestartet und warten jetzt einmal, bis die umgesetzt wird, und wir seien auf gutem Wege. Ihre saarländischen Kollegen machen es da ganz anders. Die sagen, sie hätten auch eine Bundesratsinitiative gestartet, aber bis die irgendwann in einigen Jahren einmal durchkommt, erlassen sie ein Landesgesetz und schützen damit wirksam die Kinder in ihrem Land. Genau dieses Landesgesetz brauchen wir in Hamburg auch. Hier verweigern Sie sich.

(Beifall bei der SPD)

Und Sie verweigern sich auch, wenn es darum geht, die Personalsituation beim ASD richtig zu bewerten. Natürlich sagen Sie, dass Sie alle vakanten Stellen besetzt haben.

(Zurufe von der CDU: Ja, ja!)

- Wobei das auch nicht stimmt. Das ist auch falsch. Aber dazu komme ich gleich.

(Zurufe von der CDU)

Aber das behaupten Sie jedenfalls erst einmal. Das war auch im Sonderausschuss nicht das Thema. Herr Hesse, das haben Sie auch mit beschlossen. Unser Thema war zum einen, dass es um vakante Stellen ging, dass wir aber gleichzeitig den Bedarf, den wir insgesamt in dieser Stadt haben, ermitteln wollten. Diese Bedarfsermittlung, die mit einbezieht, dass wir immer mehr Kinder in dieser Stadt haben, die in Armut leben müssen - diesen Bedarf haben Sie bis heute nicht berechnet und den wollen Sie auch weiterhin nicht berechnen. Von daher ist das, was Sie bisher getan haben, alles nur halbherzig.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL)

Wir brauchen nicht nur eine Diskussion hinsichtlich dieser 270 Stellen, sondern wir brauchen auch eine Diskussion hinsichtlich des Bedarfes. Was wir auf keinen Fall brauchen - was sich jetzt andeutet -, ist, dass das Debakel um den LBK nun auch direkte Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des ASD hat.

Meine Kollegin Hilgers hat vor einigen Wochen eine Anfrage dahingehend gestellt und den Senat gefragt, ob es solche Auswirkungen gibt und ob es dazu kommen kann, dass bestimmte Stellen beim ASD nicht nachbesetzt werden. Der Senat hat dies verneint. Dann ist es doch sehr merkwürdig, meine Damen und Herren von der CDU, dass das Personalamt am 4. Juni 2007 den Bezirksämtern mitgeteilt hat, dass vakante Stellen vor dem Hintergrund der rückkehrwilligen Kräfte aus dem LBK bei dem ASD aufgrund einer Staatsrätebesprechung nicht mehr besetzt werden dürfen.

(Michael Neumann SPD: Das ist ja unglaublich!)

Es ist nicht nur ein unglaublicher Vorgang, dass Sie die Anfrage falsch beantwortet haben, sondern dass Sie hier wissentlich den ASD und damit den Schutz von Kindern in dieser Stadt gefährden. Wir werden das nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD)

Sie selber sagen, dass Sie durch die Organisationsreform beim ASD erhebliche Einsparungen haben realisieren können. Doch auch das ist nur die halbe Wahrheit. In einem internen Vermerk der BSG aus dem November 2005 steht ganz klar, dass solche Veränderungen zu keinen großen Einsparungen und Verbesserungen führen werden, außer man würde ein neues EDV-System einführen. Dieses neue EDV-System werden Sie aber nicht einführen, wie Sie in Ihrer Drucksache ausführen. Also auch hier werden die Kinder und die Hilfe suchenden Menschen in dieser Stadt weiterhin vertröstet.

Wir, das Parlament, und die Stadt insgesamt brauchen eine Diskussion darüber, wie wir es schaffen können, den Kindern in unserer Stadt wirksamen Schutz zu geben. Und wir müssen diese Diskussion immer führen, wenn es die Gelegenheit gibt, das heißt wenn der Senat Mitteilungen an das Parlament gibt. Und wir müssen sie insbesondere führen, wenn es Anhaltspunkte dahingehend gibt, dass noch nicht alles so toll ist, wie es zu sein scheint und wie Sie uns glauben machen wollen. Was wir in den letzten Wochen erlebt haben, ist, dass Sie jeglicher Diskussion ausgewichen sind und dass wir eine Sozialsenatorin haben, die eine Legendenbildung betreibt. Das alles braucht die Stadt nicht. Wir brauchen konkrete Taten, wir wollen unsere Kinder schützen und wir brauchen eine entsprechende parlamentarische Begleitung. Und wir brauchen eine Sozialsenatorin, die sich endlich ihrer Verantwortung stellt. Das macht sie nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr von Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auf den letzten Beitrag möchte ich eigentlich gar nicht näher eingehen. Ich fand ihn eigentlich der Sache unangemessen und viel zu polemisch.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin grundsätzlich nicht der Meinung, dass das ein Thema ist, um ordentlich auf den Putz zu hauen. Sondern wir sollten eigentlich nachdenklich überlegen,

(Michael Neumann SPD: Ja, einmal was machen!)

wie wir die Situation der Kinder bei uns in Hamburg verbessern können.

(Beifall bei der CDU)

Wir waren, was die gemeinsame Zusammenarbeit anging, kann ich mich erinnern, schon wesentlich weiter.

(Michael Neumann SPD: Aber es wird doch nichts gemacht!)

Wenn man da so auf den Putz haut, bringt das relativ wenig. - Von Ihnen aus der ersten Reihe kommt auch nur Störfeuer. Am Thema sind Sie auch wenig interessiert. Da wird doch auch nur herumgeblubbert.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme jetzt einmal ganz kurz - das ist aber auch alles, was ich zu Ihrem Beitrag sagen möchte - zum Thema Legendenbildung. Sie tun so, als wäre unsere Bürgermeisterin heute nicht da, weil sie Angst vor Ihrem gigantischen Beitrag hätte oder weil sie sich drücken will oder sonst irgendetwas.

(Lachen bei der CDU)

Sie ist heute auf einer Gesundheitsministerkonferenz. Das war Ihnen vorher bekannt. Und Sie erwecken hier den Anschein, als wenn Sie sich drücken wolle. - Das ist Legendenbildung, mehr nicht.

(Beifall bei der CDU - Petra Brinkmann SPD: Und der Staatsrat?)

Der vorliegenden Senatsmitteilung kann ich auf jeden Fall eines entnehmen: Beim Thema Kinderschutz wird in Hamburg nicht mit der sozialpolitischen Gießkanne herumgekleckert, sondern wir haben hier einen ganz wichtigen Handlungsschwerpunkt. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Personalausstattung der Allgemeinen Sozialen Dienste. Ich kann mich aus früheren Jahren erinnern, dass das einmal ein Steinbruch war, bei dem eingespart wurde, und in der Personalausstattung ungefähr 90 Prozent der Planstellen besetzt waren. Das war auch bis 2006 nach wie vor der Fall. Dann hat sich das aufgrund der anderen Einstellungssituation, die wir gemeinsam beschlossen haben, deutlich geändert. Wir haben schon im April 98,6 Prozent erreicht. Dann ging die Zahl im Herbst auf 96,74 Prozent ein bisschen zurück. Aber das ist an sich schon für sich genommen ein sehr hoher Wert. Am 1. Januar hatten wir 99,6 Prozent und jetzt im April haben wir mittlerweile über 100 Prozent. Das nenne ich Schwerpunktbildung.

(Beifall bei der CDU)

Es wird dann auch nicht irgendwie nur so herumgeredet, sondern das ist Hilfe, die ankommt. Es ist das eine, ob man über eine Sache spricht, und es ist das andere, ob man sachgerecht handelt.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann eins betonen: Beim Thema Kinderschutz ist in den letzten Jahren und Monaten entschieden worden und sachgerecht gehandelt worden. So konnten auch viele Kinder erreicht werden und es konnte vielen Kindern geholfen werden. Grundlage ist die eigene Erkenntnis - dass wir, nachdem wir die Regierung übernommen haben, gemerkt haben, dass dort gehandelt werden musste. Aber wir haben auch die Drucksache "Hamburg schützt seine Kinder" aus dem Herbst 2005 und die gemeinsame Arbeit, die wir hier im Haus und im Sonderausschuss "Vernachlässigte Kinder" mit einem langen Katalog im Januar 2006 einstimmig beschlossen haben.

Wir haben uns nach dem Fall Jessica gemeinsam gesagt, dass so etwas in Hamburg nicht wieder geschehen darf. Ich glaube, wir sind uns durchaus einig. Der Senat hat eine lange Liste von Punkten bekommen, bei denen wir gesagt haben, dass wir etwas ändern oder verbessern müssen. Das stand alles auf dem Prüfstand. Es ist viel geprüft worden, es hat sich viel verändert, es ist auch sehr zeitnah gehandelt worden. Es ist zügig gehandelt worden, es ist konsequent gehandelt worden, aber dennoch wohlüberlegt - kein hektischer Schnellschuss, irgendetwas aus der Lamäng heraus, sondern es wurde

wohlüberlegt Punkt für Punkt abgearbeitet. Sie können dem Anhang der Drucksache entnehmen, dass weit über 20 Maßnahmen und Handlungsfelder Bestandteil der Arbeit des Senates in den vergangenen Monaten waren.

Ich möchte ganz kurz einige wichtige Beispiele und Maßnahmen nennen, die ergriffen worden sind. Die Informationsgrundlage der handelnden Stellen wurde verbessert. Das war vorher ein großer Nachteil. Es hat sich in dem Bezug schon einmal sehr viel geändert. Die verbindliche Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden, Dienststellen und Freien Träger wurde erheblich verbessert. Es gibt ein neues Meldeverfahren. Ich möchte auch die Kinderschutzhotline nennen: 426 427 428 lautet die einfache Telefonnummer. Diese ist sehr rege angenommen worden. Das ist ein wichtiges Instrument. Man muss sich nicht irgendwo mit dem Hamburg-Leitfaden durchtelefonieren, sondern man hat eine zentrale Stelle. Das ist ganz wichtig in solch einem Fall. Aber auch Orientierungsleitfaden, Fachveranstaltungen und Fortbildungen geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedenen Dienststellen Handlungssicherheit.

Zur Personalausstattung des Allgemeinen Sozialen Dienstes habe ich schon etwas gesagt. Aber auch, dass hier die Stellen extern ausgeschrieben werden, ist sehr positiv. Wir haben uns auch sehr darüber gefreut, dass hier richtig Zug in den Kamin gekommen ist. Insofern hat sich dort eine ganze Menge geändert.

Was den Bundesrat angeht: Wir sind der Meinung - wir haben das hier auch schon einmal debattiert: Es macht keinen Sinn, wenn wir hier eine Insellösung machen,

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

denn wir wollen natürlich, dass nicht nur die Kinder in Hamburg geschützt werden, sondern wir wollen eine bundesweite Lösung anschieben. Ich glaube, da haben wir auch eher den langen Atem, als dass wir den schnellen kleinen Erfolg irgendwo versuchen übers Knie zu brechen, der dann doch nicht wirklich trägt.

Aber auch am Hamburger Haushalt kann man das sehen: Für Familien-, Kinder- und Jugendhilfe beziehungsweise förderung wurden im Jahr 2001 563 Millionen ausgegeben, mittlerweile - in 2006 - sind es 648 Millionen. Das sind 85 Millionen mehr, eine Steigerung von 15,12 Prozent. Das ist auch eine wirkliche Schwerpunktbildung - und das vor dem Hintergrund knapper Kassen.

(Beifall bei der CDU)

Denn wir müssen immer eines bedenken: Mit dem Geld, das wir heute von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zur Verfügung gestellt bekommen, müssen wir natürlich auch sparsam umgehen. Denn die schlechteste Politik, die wir für unsere Kinder machen könnten, ist, wenn wir heute eine unsolide Haushaltspolitik machen.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist es auch wichtig, dass wir hier für die Kinder eine Schwerpunktbildung haben. Die ist ganz klar da, aber wir müssen auch das immer im Auge behalten, das ist gar keine Frage.