Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Man will das nach vierzig Jahren Frauenpolitik eigentlich gar nicht glauben. Aber ich bin der Meinung, dass hier weniger das "Frau sein" als die Option, Mutter zu sein oder zu werden, dahinter steckt. Das heißt, entweder ist man Mutter und kann sich dann nicht so gut kümmern, wie man meint, oder es besteht die Gefahr, dass man Mutter wird und damit ausfällt. Ich will nun nicht hier die altbekannte Männerbundschelte vornehmen. Aber ich habe manchmal das Gefühl, dass die Maßnahmen dermaßen subtil geworden sind, dass die Beteiligten das nicht einmal selber merken, dass sie das umsetzen. Man muss aber zur Entschuldigung sagen, dass es auch an der Wissenschaftsstruktur liegt.

Unsere Alma Mater ist eine Rabenmutter, um es einmal deutlich zum Ausdruck zu bringen, denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nicht als universitäres Problem empfunden, was es aber längst ist.

Nun ist Wissenschaftlerin kein Beruf, wie jeder andere auch, sondern man muss sehen, dass der Einsatz als Forscher und Forscherin viel Zeit und viel Kraft kostet, gerade am Anfang der Karriere. Hierbei kommt es darauf an, dass man sich mit einer frühen Profilierung in bestimmte Kreise eindockt. Man muss mit Publikationen Forschungsaufträge einheimsen. Man muss bei Kongressen und Seminaren anwesend sein. Man muss an möglichst vielen unterschiedlichen Orten studiert haben. Man muss Gesichtspflege betreiben. Das mag in anderen Berufen auch der Fall sein. Aber gerade in der Forschung ist es unendlich wichtig, wenn man die Internationalität sieht. Hier ist es natürlich so, dass die männlichen Exemplare immer ihren zuarbeitenden Sozialpartner zuhause haben, um das einmal ganz neutral auszudrücken, ob es nun die Mutter, der Vater, die Ehefrau die Freundin oder der Freund ist. Die Männer haben eine ganz andere Unterstützung als die Frauen. Höchstwahrscheinlich denken die Herren Professoren nüchtern, ihre eigene Karriere betrachtend, was die eigene Frau ihnen alles abgenommen hat, was der studierenden Frau nicht möglich ist. Also wird der Frau unterstellt, dass sie gar nicht so gut arbeiten kann wie der Mann. Vielleicht ist das einer der Gründe, der bei den Herren Professoren im Hinterkopf steckt.

Mit den klassischen Methoden, wie wir Familienfreundlichkeit in den Betrieben erhalten, kann man in der Wissenschaft nicht arbeiten. Job-Sharing oder Teilzeitforschung sind alles Dinge, die hier nicht greifen, sondern man muss davon ausgehen, dass die Zeit, die man der Familie widmet, der eigenen Karriere und der Forschung verloren geht.

Es zeichnet sich aber ab, dass immer mehr junge Männer auch unter diesen Problemen zu leiden haben, weil sie Familie leben wollen. Ich hoffe, dass das dazu beiträgt, dass die Bewusstseinsänderung auch einmal weitergeht. Aber es sind natürlich immer noch die Frauen davon betroffen. Das ist eine sehr kurzsichtige Betrachtung.

In unserem Antrag unter dem zweiten Punkt ist enthalten, dass wir Förderprofessuren wollen, wie die HAW es vorgelegt hat. Das lässt sich ausweiten. Aber hiermit ist es natürlich nicht allein getan.

Unsere von der Zeit her jüngste Nobelpreisträgerin, Frau Nüsslein-Volhard, hat eine Stiftung ins Leben gerufen, die ganz explizit jungen Wissenschaftlerinnen mit Familie helfen soll, und zwar nicht, indem sie Gelder für Forschungseinrichtungen, Labors oder dergleichen gibt, sondern diese Gelder werden für Kinderbetreuung, für häusliche Logistik und für einen nicht zu vergessenen Punkt, der sich "Elder Care" nennt, ausgegeben. Elder Care beinhaltet die Verpflegung und Versorgung Älterer, sprich Eltern, Großeltern und anderer kranker und alter Menschen.

An anderen Universitäten ist man in der Familienförderung auch schon einen großen Schritt weitergekommen. In Heidelberg ist ein Kinderhotel für Forscherinnen konzipiert, die kurzfristig woanders studieren. Man hat erkannt, dass die Zeit, die junge Menschen damit verbringen, ihre Kinder von irgendeinem Punkt zum anderen zu karren - und das bezieht sich nicht nur auf die Uni -, nutzlos

vergeudete Zeit ist. Die Kinderbetreuung vor Ort im Umfeld des Arbeitsplatzes und in diesem Fall in der Universität ist unendlich wichtig geworden. Wir haben jetzt damit angefangen und den Kinder-Campus ausgebaut. Ich glaube, hier ist noch eine ganze Menge zu tun, und ich bin der Meinung, dass wir das auch mit einbringen können.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Barbara Brüning SPD)

Es gibt noch eine Fülle von Maßnahmen, aber ich will das jetzt ein bisschen abkürzen. Ich komme noch einmal auf unseren Antrag zurück. Ich hätte es mir wirklich gewünscht, dass wir eine große Allianz der vernünftigen Wissenschaftsfrauen hinbekommen hätten. Es sah eine Zeit lang auch so aus, aber dann ist es leider nicht zu verwirklichen gewesen. So sind wir nur eine kleine Koalition, aber ich denke, das reicht uns auch.

(Zuruf von Dr. Heike Opitz GAL)

Sie werden sich sicherlich noch dazu äußern, Frau Dr. Opitz. Ich würde das gern noch ein wenig begründet sehen. Im Übrigen werden wir den Antrag annehmen und ich bin der Meinung, dass hiermit auch eine ganze Menge zu bewirken ist.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Barbara Brüning SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Professor Brüning.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Koop, wir hatten vorhin in der Aktuellen Stunde eine ganz hitzige Debatte zur Hochschulpolitik. Aber jetzt ist das ein Thema, bei dem ich Ihnen uneingeschränkt Ihrer - ich sage einmal - etwas psychologischen Analyse zustimmen kann. Wir werden zusammen mit der CDU-Fraktion diesen Antrag beschließen. Auch ich hätte mir gewünscht, dass die Allianz etwas größer geworden wäre, um einfach die Stoßkraft dieses Antrags auf breitere Schultern zu stellen. Leider ist das nicht gelungen. Aber ich möchte trotzdem noch etwas zu der Problematik ausführen, obwohl Sie das schon sehr ausführlich getan haben.

Sie haben bereits erklärt, dass über die Hälfte der Studierenden weiblich sind und bei den Professorinnen kommen dann 15 Prozent an. Das ist nicht hinnehmbar und muss geändert werden. Ich bin der Meinung, dass der Antrag, den wir jetzt beschließen wollen, ein kleiner Meilenstein auf diesem Weg ist oder sein wird, eine Änderung herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Mit diesem Antrag soll eine gezielte Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen auf den Weg gebracht werden. Wir haben in dem Antrag auch festgeschrieben, dass aus meiner Sicht der wichtigste Hebel zur Steuerung der Frauenförderung die Ziel- und Leistungsvereinbarungen sind, die mit den Hochschulen abgeschlossen werden.

(Karen Koop CDU: Richtig, genau!)

Hier kann der Senat durch finanzielle Belohnungen oder auch durch Strafen von den Hochschulen fordern, endlich mehr Frauen zu berufen.

Es wurde schon erwähnt, dass im Ausschuss der Dekan der medizinischen Fakultät beschämend eingestanden hat, dass sie 122.000 Euro Strafe zahlen mussten, weil sie 2006 keine Frau berufen haben. Er hat im Ausschuss Besserung gelobt. Jetzt wollen wir mal schauen, wie das mit den Medizinerinnen und Medizinern weitergeht.

Die Ziel- und Leistungsvereinbarungen sollen aus unserer Sicht mit Hilfe des Anreiz- und des Innovations-Budgets diejenigen Hochschulen gezielt finanziell unterstützen, die ihre Berufungspraxis nach dem Gender-Aspekt verändern werden.

Damit vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich mehr Wissenschaftlerinnen zum Zuge kommen, wollen wir, dass auch für Frauen spezielle Förderprofessuren nach dem Modell der HAW eingerichtet werden, worüber bereits gesprochen worden ist.

Die HAW hat seit 2002 acht Förderprofessuren für Frauen vergeben. Das waren unter anderem Frauen mit zwei bis vier Kindern. Also auch hier zeigt sich, Frau Koop, dass man gezielt Wissenschaftlerin sein kann und im Grunde genommen zugleich auch flankierende Familienmaßnahmen mit beachtet werden. Ich bin der Meinung, dass es eine gute Sache ist, jetzt auch mehr Förderprofessuren an den anderen Hochschulen auf den Weg zu bringen.

Ich habe noch einen letzten Punkt. Da an den Hochschulen nur 28 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter Frauen sind, muss sich auch hier etwas ändern, denn die Promotion ist die Voraussetzung, dass man später auf eine Professur berufen werden kann.

Daher wollen wir mit unserem Antrag auch erreichen, dass durch ein Programm "pro excellentia" mehr Promotionsstipendien für junge Wissenschaftlerinnen vergeben werden sollen. Ich bin der Meinung, dass wir uns gemeinsam bemühen sollten, das Programm, welches vorher auch vom Bund mit gestaltet wurde und durch die Föderalismusreform weggefallen ist, wieder auf den Weg zu bringen.

Zusammenfassend möchte ich nochmals zum Ausdruck bringen, dass die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, Förderprofessuren und dieses spezielle Stipendienprogramm dazu beitragen sollen, dass mehr junge Wissenschaftlerinnen gefördert und später berufen werden.

Zur GAL und speziell zu Heike Opitz möchte ich noch Folgendes sagen. Sie werden sich an diesem Antrag nicht beteiligen, obwohl Sie das anfangs mitgetragen haben. Das bedaure ich sehr. Wenn ich Ihren Antrag jetzt richtig verstanden habe, lehnen sie ihn unter anderem ab, weil Sie für die Frauenförderung ein Landesprogramm vorziehen würden.

Ich bin sehr skeptisch, ob ein Landesprogramm mehr Erfolg bringen wird, als es bisher der Fall war. Die Programme müssen doch von den Hochschulen gestaltet werden. Die Gleichstellungsbeauftragten sollten eigentlich diese Programme für ihre Hochschulen entwerfen und dann müsste über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen geklärt werden, wie man das finanziell ausgestaltet. Diejenigen, die gute Programme haben, werden finanziell gefördert und die anderen werden finanziell bestraft. Insofern sehe ich eher, dass die Programme an den Hochschulen passgerecht gemacht werden müssen und dass man über Ziel- und Leistungsvereinbarungen

auch kontrollieren und sanktionieren muss, dass sie umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Insofern sind wir auf einem guten Weg. Natürlich könnte ich mir noch viel mehr vorstellen. Aber man muss es pragmatisch sehen, was jetzt machbar ist und ich möchte, dass sich jetzt endlich etwas ändert.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das Wort erhält Frau Dr. Lappe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich hoffe, Sie sind nicht enttäuscht, dass ich jetzt rede und nicht Frau Dr. Opitz.

(Karen Koop CDU: Nein, nein, nein!)

In der Aktuellen Stunde hatten wir bereits ein ähnliches Thema, nämlich, dass die Hochschulen erfolgreich arbeiten und ein Ort sein müssen, an dem Talente gefördert und Talente hingezogen werden. Das ist unser Anliegen und insbesondere sollten die Talente von Frauen noch mehr Eingang in die Hochschulen finden, als es der Fall gewesen ist.

Die Entwicklung geht uns zu langsam voran. Daher gehört Frauenförderung zu unserem Konzept der "kreativen Stadt" und vor allem auch zu unserem Handlungskonzept "Hafen für Ideen", in dem im Bereich Wissenschaft ganz speziell dieses Gebiet enthalten und auch mit finanziellen Mitteln ausgestattet ist. Nach unseren Vorstellungen würden wir dort auch einiges investieren, wenn wir könnten. Das ist der entscheidende Punkt.

Ich muss jetzt nicht mehr lange drum herum reden, denn die Inhalte der Wissenschaftsausschusssitzung haben Sie dargelegt. Ich kann nur noch ergänzen, dass wir natürlich sehr froh und glücklich sind, dass wir mit unserer Großen Anfrage ein Thema angestoßen haben, was bei beiden großen Fraktionen auf so viel Interesse gestoßen ist.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Nee, nee, nee, wir hat- ten einen Antrag eingebracht!)

- Sie hatten auch einen Antrag eingebracht, aber unsere Große Anfrage war auch nicht ganz unwesentlich.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Nein, es war aber nicht nur die GAL. Das möchte ich noch einmal sagen. So viel Zeit muss sein!)

- Okay, auch ein Antrag der SPD-Fraktion ist im Wissenschaftsausschuss Anlass für diese Debatten gewesen, die in der Tat - das habe ich nicht sehr oft erlebt - sehr sachlich und fachlich geführt worden sind, in denen die Defizite, die es an den Hochschulen gibt, beim Namen genannt worden sind und in denen - Frau Koop hat das anfangs erwähnt - auch seitens des Senats deutlich signalisiert wurde, dass man bereit ist, etwas zu unternehmen.

Allerdings in der Konsequenz, was dann im Petitum des Wissenschaftsausschusses enthalten ist - ich dachte schon, Sie wollen unserem eingebrachten Antrag zustimmen - geht es zum einen um das Landeskonzept, zum anderen aber auch um die finanzielle Absicherung. Das war uns sehr wichtig, weil im Wissenschaftsaus

schuss in der Diskussion deutlich geworden ist, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre beim wissenschaftlichen Personal sowie bei den Professorinnen und Professoren eine Art Generationswechsel stattfindet und Neubesetzungen anstehen.

Das heißt, wir haben nicht allzu viel Zeit, um die Förderung voranzubringen und tatsächlich diese Zeit dafür zu nutzen, dass es zu einer nachhaltigen Erhöhung des Frauenanteils bei den Professoren oder auch in den anderen Statusebenen an den Hochschulen kommt.