Ich hatte gedacht, dass Sie mir zum Gefallen so viele Fragen nach geschlechtsspezifischen Zahlen von Gender Mainstreaming und Gender Budgeting darin stehen haben. Wie ich jetzt weiß, hat das offensichtlich einen anderen Hintergrund.
Schade, ich hatte gedacht, dass sich dieses Denken schon weiter in den Kopf eingeprägt hätte, aber das scheint nicht so zu sein.
Wie die Antworten gezeigt haben, ist dieses auch beim Senat noch mit gewissen Problemen behaftet. Gerade bei den Fragen zu Gender Budgeting, Gender Mainstreaming kam vom Senat die Antwort: Damit hat sich der Senat nicht befasst, dafür haben wir keine Zahlen. Wenn es Zahlen gab, waren es die vom HSB, die aber auch sehr aufschlussreich waren. Warum redet mir jetzt von hinten jemand in den Nacken? Ist das eine neue Art?
Was mir bei den Zahlen oft gefehlt hat, waren Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern. Da müssten wir noch einmal entschieden nachlegen. Insgesamt erweckt es natürlich den Eindruck - und das soll es wahrscheinlich auch -, dass Hamburg sehr aktiv ist und viel macht und sich als Sportstadt profiliert hat. Aber in Wahrheit ist es auch aus meiner Sicht so, dass vor allen Dingen deutlich geworden ist, zu wessen Lasten die Umschichtungen stattgefunden haben. Es ist sicherlich so - da gibt es, glaube ich, keine Diskussionen -, dass der Senat erhebliche Anstrengungen im Bereich Leistungssport unternommen hat, die Stadt voranzubringen. Auch in dem Bereich Veranstaltungen oder Eventsport, wie man das nennt, ist das überhaupt keine Frage. Aber diese Dinge sind natürlich zulasten des Breitensports, des organisierten Sports gegangen. Ich möchte noch einmal auf zwei Zahlen, die ich schon bei der Debatte um den Sportfördervertrag gesagt habe, wiederholen: 2002 waren wir bei 8,7 Millionen Euro Förderung für den organisierten Sport. Dieses Jahr werden es nach Abzug des Konsolidierungsbeitrags noch 5,7 Millionen Euro sein. Das sind 3 Millionen Euro weniger und der Sport hat im Prinzip dadurch, dass seine Förderung immer von den Lotto/Totoeinnahmen abhängig war, den Konsolidierungsbeitrag gleich mitgeliefert. Das heißt, wenn die Einnahmen geringer wurden, wurden auch die Zuwendungen für den Sport geringer. Darauf haben Sie noch einmal den Konsolidierungsbeitrag gesetzt. Diese 3 Millionen Euro sind jetzt irgendwo in den anderen Bereichen verschwunden. Es ist sicherlich sinnvoll, auch diese Bereiche zu fördern, das ist keine Frage. Sie entziehen das Geld einem Bereich, in dem der Sport genauso, wenn nicht noch mehr nötig wäre. Insgesamt kommt mehr eine Haltung durch, die zwar verbal nach Ihrem Bekunden, Herr Dietrich, den Breitensport mit einbezieht und als sehr wichtig und als Fundament sieht, aber im Detail und in Wahrheit ist es aus meiner Sicht nicht so. Ich möchte auf einen Zusammenhang hinweisen, der nicht explizit in der Großen Anfrage steht, aber den wir aus anderen Veröffentlichungen des Senats kennen: Hamburger Kinder in Bewegung, eine interessante, qualitative Studie.
Genauso auch das Handlungskonzept Integration. Darin stehen auch interessante Dinge über Sport. Ich möchte anhand der Handlungsempfehlungen, die der Senat in der Broschüre zur Untersuchung der Bewegung bei zehnjährigen Kindern in Hamburg entworfen hat, versuchen herauszufinden, ob in den Antworten zur Sportförderung in Hamburg diese Dinge in irgendeiner Weise berücksichtigt worden sind. Die erste Handlungsempfehlung ist, gezielte Bewegungsräume zu schaffen, indem mehr Freiflächen als Sport- und Spielräume ausgewiesen werden. Wir reden zwar immer über Sportplätze und Sporthallen und dass saniert werden muss und dann gibt es Sanierungsstaus, aber überall in der Stadt wird zugebaut, werden Häuser gebaut.
Offensichtlich fehlen da die Bewegungsräume für Kinder als Freiflächen, die auch unorganisierten Sport zulassen, die in eher ländlichen Strukturen selbstverständlich sind, aber hier bei uns gehen die Kinder in dem Alter gerade einmal zehn Minuten zur Schule und bewegen sich in der Woche auch nicht so, dass sie einmal außer Atem kom
men. Dafür müssen wir im Alltag Bewegungsräume schaffen. Darüber finde ich in Ihren Darstellungen nichts.
Der zweite Punkt ist, dass herausgefunden worden ist, dass die Eltern Vorbildfunktion für die Kinder und deren Bewegungsverhalten haben. Eltern sind bei den Jugendangelegenheiten keine Zielgruppe. Offensichtlich auch bei den Bewegungsdingen in den Schulen nicht. Ich glaube, das ist eine Zielgruppe, die wir verstärkt ins Auge fassen müssen, wenn wir Kinder erreichen wollen, insbesondere in Milieus, die wir schwer erreichen. Das sind oft Kinder mit Migrationshintergrund in den sozial schwach strukturierten Stadtteilen. Wie wollen wir an die herankommen? Das geht nur über die Eltern, sonst werden wir das Bewegungsverhalten nicht verbessern und verändern. Darüber finde ich auch nichts in diesen Papieren. Das ist überaus schade und da muss man noch einmal ordentlich nachlegen.
Gezielt Mädchen zu motivieren, ist auch ein sehr wichtiger Punkt, insbesondere Mädchen mit Migrationshintergrund, die sich in ihrem Bewegungs- und Sportverhalten deutlich von Mädchen deutscher Herkunft in der gleichen Altersgruppe unterscheiden. Das ist bei Jungs nicht so. Jungs mit Migrationshintergrund sind genauso oft in Sportvereinen wie andere Jungs auch. Bei Mädchen ist das erheblich weniger. Dazu steht in Ihrem Handlungskonzept Integration im Anhang, wo die Zahlen stehen, genau detailliert wie das ist, aber im Handlungskonzept selber steht bei den Maßnahmen, die Sie anstreben, gar nichts. Auch in diesem steht nichts darin. Eine wichtige gesellschaftliche Gruppe, die Sie da vernachlässigen.
Jetzt kommen wir noch zu dem Gesundheitspräventionsteil. Hier steht als vierte Handlungsempfehlung, dass Sportangebote so gestaltet werden sollten, dass auch weniger sportliche Kinder Erfolgserlebnisse und Bestätigung erfahren. Das scheint überhaupt nicht der Fall zu sein, weder in den organisierten Sportvereinen noch im Schulsport. Das heißt, es bedarf dringend einer qualitativen Veränderung in den Angeboten. In dem Zusammenhang kommen wir auf einen Punkt aus der Großen Anfrage, mit dem Sie so hübsch beschrieben haben, wie Sie in Zukunft die Talentsuche und Talentförderung gestalten wollen. Es geht Ihnen darum, besonders leistungssportbegabte Kinder herauszufiltern und das schon relativ früh in den Schulen zu machen. Aus meiner Sicht ist das ein völlig falscher Ansatz. Gerade vor dem Hintergrund, dass 15 Prozent der Kinder übergewichtig sind, müssen wir für möglichst viele Kinder Möglichkeiten schaffen zu erkennen, welche Probleme sie im Bewegungsbereich haben und ihnen gezielt Angebote liefern. Interessanterweise gibt es Konzepte.
- In Wahrheit ist es so, dass der Schulsport vermutlich gerade diese Kinder eher ausgrenzt und davon entfernt, Spaß an Bewegung zu haben und darüber auch ein Stück für ihre Gesundheit und gegen ihr Übergewicht zu
tun. Ich finde es schade, dass ich aus diesem Papier den Eindruck gewonnen habe, dass die Möglichkeiten der Gesundheitsprävention und des Breitensports und der integrativen Möglichkeiten nicht ausdrücklich genutzt werden, sondern viel Aufmerksamkeit, Interesse und Geld auf Leistungssportorientierung und Eventgeschichten gerichtet wird. Das, glaube ich, wird in Zukunft auch einer Sportstadt, wie sie sich nennt, nicht gerecht, weil diese Bereiche genauso dazu gehören würden und da muss mächtig nachgelegt werden. - Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Atmosphäre ist fast wie in einem Stadion nach einem Tor. Ich finde es richtig toll.
Herr Schmidt, ich muss Ihnen recht geben. Sotschi gibt uns neue Chancen und ich denke, wir alle sollten dieses auch gegenüber dem DOSB deutlich machen, dass wir weiterhin bereitstehen und die Entscheidung, die vermutlich am 24. Juli gefällt wird, ob der DOSB überhaupt mit Deutschland ins Rennen geht, müssen wir abwarten, aber wir haben zumindest neue Chancen.
Damit nicht etwas Falsches in Erinnerung bleibt: Die Partnerschaft mit der Sportselbstverwaltung in Deutschland hat eine sehr lange und sehr gute Tradition. Das führt allerdings auch dazu, dass es Dinge im Sportbereich gibt, die von der Sportselbstverwaltung - und deshalb heißt sie so, unser Hamburger Sportbund - eigenverantwortlich geleitet werden. Ich finde, dazu sollten wir auch stehen. Der Hamburger Sportbund macht sehr gute Arbeit. Er hat ein neues Präsidium, er hat neuen Schwung bekommen. Diese Anerkennung unseres Hamburger Sportbundes habe ich bei Ihren Ausführungen ein wenig vermisst.
Wenn Sie fragen, wo denn die konzeptionellen Überlegungen des Leitprojekts Sportstadt Hamburg sind, dann muss ich doch einmal fragen, wo eigentlich Ihre konzeptionellen Überlegungen waren? War das Ihr klares Nein zum Leistungssport? Wollten Sie mit dieser Haltung unsere Chance auf eine Olympia-Bewerbung erhöhen? Ich glaube, das wäre Ihnen nicht gelungen.
Herr Dietrich, vielleicht noch eine Kleinigkeit zu dem, was Sie gesagt haben, eine kleine Korrektur aus dem Mund einer Bildungssenatorin: Wer abschreibt, bekommt heute eine Sechs.
Deshalb möchte ich an der Stelle zu Beginn ganz klar darstellen: Die Beantwortung der Großen Anfrage, ob nun abgeschrieben oder nicht, und der vor wenigen Wochen beschlossene Sportförderbetrag zeigen eines mit Sicherheit, nämlich dass unser Leitprojekt "Sportstadt Hamburg" sehr, sehr gut ankommt in der Stadt, und zwar sowohl bei den Hamburger Bürgerinnen und Bürgern als auch außerhalb Hamburgs. Deshalb werden wir in dieser Richtung auch weitermachen.
Wir alle wissen, dass Sport die Menschen integriert - Frau Dr. Lappe hat gerade noch einmal darauf hingewiesen - und damit natürlich auch beispielhaft zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft beiträgt. Dass die richtige Bewegung und der Sport unserer Gesundheit hilft, wissen wir alle, die es schon einmal ausprobiert haben, welche positiven Gefühlslagen damit verbunden sind. Falls jemand hier im Raume ist, der das noch nicht erfahren hat am eigenen Leib, dem gebe ich den Rat: Probieren Sie es aus, bewegen Sie sich, treiben Sie Sport, es geht Ihnen hinterher besser.
Lassen Sie mich an der Stelle eines zusammenfassen. Wir haben es im Bereich Sport geschafft, ihn aus seiner Abhängigkeit von unsicheren Toto-/Lottoerträgen herauszuholen. Die Beträge, die Sie genannt haben - auch Sie, Frau Dr. Lappe -, waren keine Beträge, die im Haushaltsplan vorgesehen waren. Das waren zufällige Erträge, die über Toto/Lotto gekommen sind. Wären wir dabei geblieben, dann wäre die Unterstützung des Sports im nächsten Jahr absolut in die Knie gegangen und das wissen alle, die von dieser unsicheren vergangenheitsorientierten Finanzierung wissen. Deshalb ist diese Finanzierung, die wir aus Steuereinnahmen haben, die dem Sport in den nächsten zwei Jahren über 16 Millionen Euro gibt, Zukunft und Verlässlichkeit für den Sport in Hamburg.
Wenn Sie, Herr Schmidt, das von Ihnen angemahnte Sportfördergesetz vermissen, dann kann ich nur eines sagen: Einen Vertrag, der zwischen Vertragsparteien geschlossen wird, kann man nicht einseitig kündigen. Ein Gesetz können Sie einseitig kündigen. Deshalb ist der Sport mit einem Sportfördervertrag auf der sicheren Seite.
Lassen Sie mich noch zu zwei Schwerpunkten etwas sagen. Der eine ist die Bedeutung des Sports für Kinder und Jugendliche, Schulsport, Vereinssport. Wir haben in den vergangen Jahren im Bereich Schulsport vieles verändert. Trendsportarten sind auch im Schulsport an der Tagesordnung. Es geht gerade darum, die Kinder über den Schulsport zum Sport, zur Bewegung zu holen und das geht nur über Spaß an der Sache. Daher sind die Möglichkeiten nicht mehr eingeengt, da die Schule es derart gestalten kann, dass sie wirklich jeden erreicht.
Die Schule erreicht Kinder aus unterschiedlichen Kulturen, auch wenn das von Ihnen, Frau Dr. Lappe, vorhin verneint wurde. Wir haben eine ganz klare Ausrichtung. Wenn Sie einmal in die Schulen gehen und sich den Schulsport in den Regionen anschauen, in denen nicht nur zwei Nationen leben, sondern der Anteil der deutschen Kinder im niedrigen zweistelligen Bereich liegt, dann sehen Sie, wie unsere Lehrerinnen und Lehrer es im Schulsport geschafft haben, einen Sportunterricht sogar in der Gemeinsamkeit von Mädchen und Jungen sowie über Kulturen hinweg zu gestalten, abgesehen vom Schwimmsport, wo sie getrennt werden, damit wir die Kulturen oder die Unterschiede, die hier angemessen sind, berücksichtigen können. Das ist vorbildlich vonseiten der Sportlehrerinnen und Sportlehrern.