Der Verstoß des Volksgesetzes wurde vom Verfassungsgericht sogar als gravierender bezeichnet, als der Verstoß der CDU. Das passt Ihnen natürlich nicht in den Kram.
Aber vor diesem Hintergrund müssen Sie sich schon fragen lassen, ob es tatsächlich klug war, diese Passage Ihres Textes mit dem Satz enden zu lassen, ich zitiere:
Als frech finde ich auch die Behauptung, dass erst die CDU das Wahlrecht so kompliziert wie nie mache.
Das geht nun vollständig an den Tatsachen vorbei. Die Kompliziertheit des Wahlrechts folgt allein aus dem Entwurf der Volksinitiative. Sie erwähnen doch sogar in Ihrer Stellungnahme, dass es vergleichbare Regelungen in vielen Bundesländern auf kommunaler Ebene gebe. Die Bürgerschaftswahl ist jedoch eine Landtagswahl und diese Bedeutung haben wir ihr mit der Einführung der Listenstimme auch wieder zurückgegeben.
Ein letzter Satz zu dem Zeitpunkt. Frau Duden, Sie haben hier die Kosten erwähnt. Aber das ist aus meiner Sicht keine Frage der Kosten. Die Änderungen, die mit diesem Volksentscheid durchgeführt werden sollen, sind so gravierend, dass sie das Grundgefüge zwischen parlamenta
rischer und Volksgesetzgebung verschieben. Wenn das mit einem entsprechenden Quorum so gewollt wird, dann wird das hinzunehmen sein. Aber diese Entscheidung müssen die Bürger dann in voller Kenntnis der Umstände und der Bedeutung der vorgesehenen Änderungen treffen. Das kann nicht gleichsam en passant als Nebenentscheidung einer Wahl getroffen werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fangen wir vielleicht mal kurz mit dem Thema dieser Werbeaktion an beziehungsweise der Frage, ob es sehr sinnvoll ist, das auf den Hamburger Briefkästen ein solcher Aufkleber zu finden ist.
Wir haben in den letzten Tagen versucht, eine interfraktionelle Verständigung hinzubekommen, weil es eigentlich eine sinnvolle Sache ist und hier im Haus sogar befürwortet wird, die Leute auffordern, an dieser erleichterten Briefabstimmung teilzunehmen und Sie darauf hinzuweisen, dass jeder Briefkasten ein Wahllokal ist, und zwar unabhängig von der Frage, ob man für oder gegen diesen Volksentscheid ist.
Wo haben Sie an dieser Stelle das Problem, hier eine Werbung für den Volksentscheid durchzuführen, denn Sie können auch für Ihre Kampagne werben und trotzdem nehmen die Leute daran teil. Nein, hier ist der Beweis, dass es Ihnen darum geht, diesen Volksentscheid zu hintertreiben. Ein weiterer Beweis Ihrer Verlogenheit bei diesem Thema ist, dass Sie den Termin in den Oktober und nicht auf den Wahltag gelegt haben.
Wenn Sie sich jetzt als Retter der Verfassung hinstellen, so werden sich viele Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die Frage stellen: Wer rettet die Verfassung vor der CDU?
Und wir erklären Ihnen: Die Bürgerinnen und Bürger werden Ihnen in dieser Kampagne nicht auf den Leim gehen.
Herr Müller hatte bereits auf die einschlägigen Erfahrungen der CDU mit der Verfassung hingewiesen. Zweimal hat es eine Klatsche in dieser Wahlperiode gegeben. Wir können auch immer wieder an 1993 erinnern. Das war die Höchststrafe für eine demokratische Partei, dass wegen Ihrer verfassungswidrigen Kandidatenaufstellung die Wahl wiederholt werden musste.
Haben Sie eigentlich zwischendurch einmal das Gesetz, als Sie das dann bei irgendeiner Werbeagentur in Auftrag gegeben haben, gelesen, um was es hier eigentlich geht?
Man sollte doch sehr vorsichtig sein, wenn man dann das Wort Populismus an mehreren Stellen in den Mund nimmt, beispielsweise, ich zitiere:
Wenn man sich das Ganze durchliest, was vor Populismus nur so strotzt, so muss man sich wirklich fragen, ob Sie sich gelegentlich dann auch mit den Inhalten noch einmal befassen, die Sie uns hier zur Abstimmung vorlegen.
Dann gehen wir einmal weiter in dem Papier auf die Seite mit den 66,6 Prozent. Die Buchstaben sind so groß geschrieben, dass das auch Ihre Hinterbänkler lesen können. Hier sagen Sie, dass diese Prozentzahl bisher für eine Verfassungsänderung ausreicht und jetzt bei den Bürgerinnen und Bürgern nur noch 35 Prozent. Auch hier hilft vielleicht mein kleiner Blick in die Verfassung, denn auch eine Verfassungsänderung wegen des Volksentscheides macht hier eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Das Zustimmungsquorum ist doch erst der zweite Teil. Vielleicht sollten Sie wenigstens einmal die Verfassung zu Ende lesen.
Zum Thema der einfachen Gesetzgebung ist bereits einiges ausgeführt worden. Aber wirklich die Krone setzt hier Ihre Einlassung zum Thema auf, dass 2,5 Prozent der Wähler die Gesetzgebung blockieren können. Hier muss man zuerst einmal erklären, was der Volksentscheid an dieser Stelle will. Der Volksentscheid sagt nicht, dass der Bürgerschaft verboten wird, Volksentscheide zu ändern, sondern er sagt an der Stelle, dass es für das Volk eine erleichterte Möglichkeit geben soll, das Recht des Volksentscheids wieder in die eigene Hand zu nehmen. Das heißt, das Letztentscheidungsrecht zu haben.
Es ist klar, dass eine Regelung, der Bürgerschaft zu verbieten, gegen Volksentscheide vorzugehen, verfassungswidrig wäre. Das war auch der Punkt, der angeschnitten worden ist, dass das hinsichtlich des Homogenitätsgebots eine Verletzung von Artikel 28 gewesen wäre. Daher haben wir uns aus verfassungsrechtlichen Gründen dagegen entschieden.
Wir aber sagen Folgendes: Das Volk, das sowieso im Verfahren der Gesetzgebung benachteiligt ist, wenn es selbst ein Gesetz machen will, sollte in einem solchen Fall die Möglichkeit haben, dieses Recht wieder an sich zu ziehen, wenn eine Regierungsmehrheit sich einem Volksentscheid widersetzt. Das ist genau der Inhalt.
Es ist wirklich der blanke Hohn, wenn Sie sagen, Sie wollen ein Vetorecht bekommen, um damit Modifikationen und Verbesserungen an Volksentscheiden verhindern zu können. Das sagen Sie vor dem Hintergrund, den LBK gegen einen Volksentscheid verkauft zu haben. Was war denn das für eine Modifikation und Verbesserung an diesem Volksentscheid? Das sagen Sie zum Wahlrecht, wo Ihnen nachher eingefallen ist, dass das alles nicht geht und mit Ihrer Hinterzimmerpolitik nicht zusammenpasst. Was war denn das für eine Modifikation und Ver
besserung am Volksentscheid? Es ist wirklich aberwitzig, was Sie an der Stelle aufgeschrieben haben.
Diese Schlussgeschichte wird noch ein Thema für viele Hohlspiegel, wenn Sie sagen: Ja zum Volkswillen, Nein zu Populismus, stimmen Sie mit Nein. Sie glauben doch nicht ernsthaft, was Sie an der Stelle aufgeschrieben haben.
Das ist schlicht lächerlich und da werden Ihnen die Hamburgerinnen und Hamburger nicht auf den Leim gehen.
Eine Sache noch zum Schluss, wo Sie sich jetzt als Gralshüter der Verfassung aufschwingen. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, wenn Sie das alles für verfassungsrechtlich so bedenklich halten, einen Antrag beim Verfassungsgericht einzureichen und zu sagen, das ist alles ganz schwierig, das haut die ganze Verfassung aus den Angeln, das ist verfassungswidrig, darüber dürfen die Hamburgerinnen und Hamburger nicht abstimmen. Das wäre konsequent gewesen, wenn Sie davon überzeugt sind, dass alles so fehlerhaft ist. Das haben Sie nicht gemacht, sondern Sie setzen auf eine demagogische Kampagne in letzter Minute. Das wird Ihnen nichts nützen, weil die Hamburger genau wissen, um was es hier geht. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Abgeordnete von der CDU, ich hatte erst heute Gelegenheit, Ihre Stellungnahme zu sehen und als ich sie gesehen habe, habe ich mich erst entschlossen, hier ein paar Worte zu sagen.
Diese Art von Stellungnahme zeigt, dass Sie in Wirklichkeit gar keinen Begriff davon haben, warum wir überhaupt Volksgesetzgebung eingeführt haben. Wir machen doch nicht deswegen Volksgesetzgebung, weil wir das Volk für schlauer halten als das Parlament, das wäre Quatsch, sondern wir haben durchaus das Selbstbewusstsein, urteilsfähig zu sein. Wir machen deswegen Volksgesetzgebung, weil wir es für ein Mittel halten, die Republik dadurch zu stärken, dass alle Bürgerinnen und Bürger sich an zentralen Entscheidungen argumentativ beteiligen; das ist der Sinn der Volksgesetzgebung. Überall, wo irgendwo in der Verfassungstheorie das Thema Volksgesetzgebung angesprochen worden ist, ist immer der Gesichtspunkt betont worden, dass die Bevölkerung anders als sonst argumentativ zu einem Thema Stellung nehmen kann. Und da, wo die Volksgesetzgebung zu einer politischen Kultur des Landes geworden ist, haben es die Beteiligten verstanden. Auch in der Schweiz ist das nicht von vornherein da gewesen, sondern das musste allmählich durch das Handeln der Akteure gelernt werden. Sie machen hier einen Schritt, der die Leute nicht an eine politische Argumentation heranführt und ihnen das Für und Wider darzustellen versucht, sondern Sie versuchen, sie mit allen möglichen Verdächtigungen schnell in Beschlag zu nehmen, sodass sie möglichst nicht intensiv darüber nachdenken. Das ist aber ein Außerkurssetzen des Sinns der Veranstaltung.
Wenn Sie zum Beispiel insinuieren, es steckten Drahtzieher dahinter, ist das doch ein Dunkelmänner-Argument. Man weiß doch ganz genau, wer in der Stadt dafür ist. Man weiß, dass "Mehr Demokratie", eine öffentliche Institution, die sich seit Jahr und Tag in der Stadt bewegt, dieses und jenes Argument hat. Warum reden Sie von Drahtziehern? Das erinnert mich an alte CDU-Plakate aus den Fünfzigerjahren: "Alle Wege des Sozialismus führen nach Moskau". Das war in Wirklichkeit eine Verdummung der lernenden Bevölkerung, weil es natürlich überhaupt nicht zutraf, dass der sozialdemokratische Gegner, mit dem Sie sich damals auseinandersetzten, irgendetwas mit Moskau im Sinn hatte, Herr Schuhmacher am allerwenigsten von denen, die damals im Bundestag waren.