Meine Damen und Herren! Es gibt natürlich immer bestimmte Bereiche mit Höhen und Tiefen. Aber insgesamt - seien Sie doch einmal selbstkritisch und ehrlich - haben dieser Senat und dieser Senator eine Superpolitik gemacht, die Ihnen missfällt.
Ziehen Sie sich nicht an einigen Dingen hoch, wie sie jetzt gerade auf der Reeperbahn passieren. Das bedauern wir auch, aber diese wachsende Stadt mit 7 Millionen Touristen im Jahr fordert natürlich auch Dinge. Mir tun die Opfer leid, aber wir sind auf dem richtigen Weg und das müssen Sie sich anhören, ob Sie wollen oder nicht.
Seien Sie doch bitte ruhig oder gehen lieber hinaus, wenn Sie diese Politik, die Sie früher hier veranstaltet haben, nicht hören wollen.
Gucken wir einmal ein bisschen zurück in die Zeitung. Mit Genehmigung des Präsidenten möchte ich aus einem Artikel der von Ihnen sehr geschätzten Zeitung "Die Zeit" vom September 1997, der 38. Ausgabe, zitieren mit der Überschrift:
Das war zu Ihrer Zeit, das hören Sie nicht gerne. Ich sage Ihnen das einmal zur Hauptstadt des Verbrechens. Ich zitiere wörtlich, schreiben Sie das einmal mit, Sie können es auch schriftlich bekommen:
"Verantwortlich für die wachsende Gewalt in Hamburg - vor allem für Raubtaten und schwere Körperverletzung - ist nach Auswertung der Polizeidaten in erster Linie eine Tätergruppe: Jugendliche. Ihre 'Kriminalitätsbelastung' […] habe ganz allgemein drastisch zugenommen. Die Zahl der tatverdächtigen 14- bis 18-jährigen pro 100.000 Einwohner der Hansestadt hat sich zwischen 1985 und 1992"
Jetzt werfen Sie uns vor, dass sich das ein klein wenig nach oben bewegt. Sie sollten einmal darüber nachdenken und sich die Zahlen angucken.
Durch präventive und vernetzte Zusammenarbeit aller Fachbehörden und der Polizei werden wir dieses Problem in den Griff bekommen.
- Ich komme zum Schluss. - Herr Dr. Dressel, wir werden die Bevölkerung davon überzeugen, dass wir es im Griff haben
und auch unter diesem Bürgermeister wieder in den Griff bekommen, sehr zu Ihrem Schrecken. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Man merkt am Redebeitrag des Innensenators und auch von Herrn Warnholz, dass Sie tatsächlich sehr nervös sind und versuchen, mit Statistiken die Realität wegzudefinieren. Wie sieht schlicht und einfach die Realität aus? Sie regieren seit sechs Jahren und an jedem Wochenende werden auf dem Kiez Leute abgestochen. Das ist eine schreckliche Realität, der Sie sich stellen müssen, und nicht 20 Minuten lang darüber reden, dass dieses Phänomen statistisch eigentlich gar nicht stattfindet. Das wird der Sache überhaupt nicht gerecht.
Wo sind wir denn, dass Sie sich hier hinstellen und sagen können, seit 20 Jahren nimmt die Gewaltkriminalität bundesweit zu. Ist das die Lizenz zum Nichtstun, ist das die Lizenz zum sechs Jahre langen Schnarchen? Das kann es nicht sein.
Meine Fraktion hat bereits im Jahre 2002 ein detailliertes Konzept vorgelegt - es gab schon wiederholt Debatten -, wie man präventiv auf junge Menschen einwirken kann, die gefährdet sind, zu solchen notorischen Gewalttätern zu werden, nachdem wir diesen unsäglichen Wahlkampf 2001 gehabt hatten. Die Maßnahmen können Sie jetzt noch nachlesen. Davon haben Sie nichts aufgegriffen und sich stattdessen darauf konzentriert, den unsäglichen Parolen von Herrn Schill hinterherzulaufen. Damals hieß es, wir bräuchten die Zerschlagung des Kartells strafunwilliger Jugendrichter. Dann wurde das alles dezentralisiert und jetzt, wo wir das fachlich alles aufarbeiten und schauen, was passiert ist, stellt sich heraus, dass die Jugendgerichtshilfe nicht mehr in der Lage ist, an allen Verhandlungen teilzunehmen. Prävention, die bei diesen extrem gefährdeten jungen Menschen ansetzen soll, kann nicht mehr richtig stattfinden. Das ist Ihr Erfolg, wunderbar, herzlichen Glückwunsch, liebe CDU.
Wenn Sie denn Recht hätten, dass es tatsächlich in erster Linie erforderlich ist, mit mehr Härte auf diese jungen Menschen zu reagieren, wenn diese Schwerpunktsetzung, die auch in den aktuellen Maßnahmen deutlich zum Tragen kommt, richtig wäre, dann hätte das ja Früchte tragen müssen. Entweder sind Sie nur in der Lage, Sprüche zu machen und am Ende passiert nichts, oder das, was Sie tatsächlich gemacht haben, mehr Repression, ist absolut wirkungslos. Der Wahlkampf 2001 hat hauptsächlich darin bestanden, über junge Menschen zu reden, die notorisch straffällig sind, die Gewaltstraftaten begehen, Raubstraftaten mit gefährlichen Waffen.
Und jetzt haben wir die gleiche Diskussion, die gleiche Gruppe von Menschen und Sie reden über die Gesamtkriminalitätsstatistik. Wir reden über die Gefährdung von
jungen Menschen auf der Straße durch gefährliche andere junge Menschen und da hätten Sie handeln müssen. Stattdessen haben Sie mehr Strafe gefordert; das bringt es, wunderbar. Man kann anhand Ihrer Statistik nicht einmal erkennen, ob das tatsächlich stattfindet, was Sie immer vorgeben: mehr Strafe, mehr Haftstrafen. Damit schmückt sich immer Herr Hesse. Tatsächlich kommen diese jungen Menschen nicht einmal im Jugendstrafvollzug an, wenn man die anderen Zahlen des Senats sieht, und Sie setzen weiterhin auf mehr Härte gegenüber jungen Menschen und das unabhängig davon, in welchem Stadium. Sie erkennen leider viel zu spät, wo man eingreifen muss, wenn man kriminelle Karrieren stoppen und solche schrecklichen Vorfälle künftig zumindest im Umfang vermindern will, damit sie nicht mehr jedes Wochenende auf der Reeperbahn stattfinden.
Herr Warnholz, Sie sagen, wir haben hier eine Meile, auf der sich jedes Jahr 7 Millionen Touristen vergnügen, da passiert es schon einmal, dass ein paar Leute abgestochen werden.
Wenn sich diese öffentliche Wahrnehmung bestätigt, dann werden wir nicht mehr lange so viele Touristen auf der Reeperbahn haben, dann können wir uns die 7 Millionen Touristen in die Haare schmieren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das mit der wachsenden Stadt - da werden sich auch einige im Senat ein Stirnrunzeln nicht verkneifen können - hatten wir uns eigentlich anders vorgestellt und nicht, dass wachsende Stadt gleichbedeutend ist mit wachsender Gewalt auf dem Kiez. Genau den Zusammenhang haben Sie aber hergestellt und das kann an der Stelle nicht das Ergebnis sein. Nicht einmal die Interpretation von Herrn Nagel ging soweit zu sagen, wachsende Stadt sei wachsende Gewalt auf dem Kiez. Einmal mehr sind Sie, Herr Warnholz, Ihrem politischen Anspruch treu geblieben.
Ihre politische Wahrnehmung geht offensichtlich bis 1997, maximal noch bis 2001. Es ist schön, dass Ihnen die Innenbehörde noch einmal die alten Statistiken herausgegraben hat, doch irgendwie ist die Zeit weitergegangen und dies hat zum Beispiel zur Folge, dass wir uns noch einmal die Bilanz der Straßengewalt angucken. Dazu hat nämlich keiner von Ihnen etwas gesagt. 2001 - ich habe noch einmal nachgesehen - hatten wir 762 Straßengewaltdelikte. Das ist schwere und gefährliche Körperverletzung im öffentlichen Raum, also die richtig schweren Delikte. Im Jahre 2006 waren es 3.058 und bis Ende September dieses Jahres 2.548 bei einer Steigerungsrate in diesem Jahr von 15 Prozent. Wir werden am Jahresende sehen, wo wir ankommen und wie Ihre Schlussbilanz im Bereich der Straßengewalt aussieht. Da nützen Ihnen die anderen Delikte, die Sie aus irgendwelchen uralten Statistiken herauskramen, nichts, wenn Ihre Schlussbilanz an dieser Stelle negativ sein wird.
Kommen wir noch einmal zu dem Neun-Säulen-Konzept. Eine Säule scheint Ihnen hier schon weggebrochen zu sein, nämlich die Säule der Justizbehörde. Wo ist eigentlich Senator Lüdemann, wenn es hier darum geht, Strafverfahren zu beschleunigen, sich intensiver um Intensivtäter im Bereich der Justiz kümmern zu wollen?
Es wäre angemessen gewesen, bei einer solchen Diskussion an dieser Stelle dabei zu sein. Das ist nicht der Fall und auch das ist peinlich.
Sie reden immer davon, dass Strafe der Tat auf dem Fuße folgen müsse. Unsere Anfragen haben gezeigt, dass der Anteil von beschleunigten Jugendverfahren während Ihrer Amtszeit erheblich gesunken ist. Sie reden immer viel und die Wahrheit sieht dann anders aus.
Frau Dinges-Dierig ist immerhin gekommen, aber eine Sache sollten wir auch aus Ihrer Säule des Konzepts hier noch einmal thematisieren, dass Sie die Gesetze, was das Thema Schulzwang und so weiter angeht, die wir hier mit unterschiedlichen Mehrheiten beschlossen haben, jetzt auch durchsetzen. Das ist sozusagen der Beschluss des Senats von gestern, Gesetze, die hier beschlossen worden sind, durchzusetzen. Das soll jetzt als Innovation von Ihrer Seite verkauft werden und das ist einfach peinlich.
Als letzter Punkt das Thema Vernetzung von Behörden. Es ist immer interessant, das Internet macht es möglich, Herr Nagel, zu schauen, was Sie schon einmal zu dem Thema Vernetzung von Behörden gesagt haben, zum Beispiel im Januar. Sie sagten, es solle ein Haus des Jugendrechts geben, eine sehr gute Sache, und alle, die mit Jugendkriminalitätsbekämpfung zu tun haben, sollten unter einem Dach sein. Das war wortwörtlich Ihr Zitat nach dieser Fachkonferenz, die in Hamburg stattgefunden hat. Und was sehen wir jetzt? Unverbindliche Fallkonferenzen sind an der Stelle dabei herausgekommen. Das ist Ihr toller Einsatz gegen Behördenegoismen im Bereich Bekämpfung der Jugendkriminalität. Auch das ist peinlich und fällt auf Sie zurück, Herr Nagel.