Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dressel?

Nein, Herr Dr. Dressel will sich jetzt verteidigen und wer sich verteidigt, klagt sich an.

(Beifall bei der CDU - Zurufe und Lachen bei der SPD - Michael Neumann SPD: Und das vom Jus- tizsenator: Wer sich verteidigt, klagt sich an! Wes- sen Kind sind Sie eigentlich? - Glocke)

Herr Senator Lüdemann hat zurzeit das Wort.

Dann gibt es noch den Vorwurf von Frau Goetsch, da sei schwarzer Filz. Nun war ich lange genug selbst Abgeordneter, um zu wissen, wenn so ein Senator erst einmal unter Beschuss gerät, dann muss man das Feuer irgendwie am Brennen halten. Herr Steffen suchte schnell die Änderungen im Beamtengesetz heraus, zog diese heran und sagte, das sei eine Torschlussentscheidung. Der Gesetzentwurf ist dem Parlament bereits im Juli 2007 zugeleitet worden und dann in den zuständigen Ausschüssen sowohl von der SPD als auch von der GAL abgesegnet worden. Sie haben zugestimmt und die GALVertreterin hat den Entwurf ausdrücklich befürwortet und als sinnvoll gelobt.

(Beifall bei der CDU - Wolfhard Ploog CDU: Aus- drücklich begrüßt!)

Frau Goetsch wird dann von ihrem jungen Kollegen angestachelt und lässt sich in einer Presseerklärung hinreißen zu sagen, das sei schwarzer Filz. Es ist eben schon gesagt worden: Der eine Amtsleiter ist parteilos und steht weder nach der alten noch nach der neuen Regelung zur Ernennung an, der andere hat schon fünf Jahre Probezeit durchlaufen. Darüber hinaus ist er seit 30 Jahren SPD-Mitglied und, Frau Goetsch, jetzt erklären Sie mir einmal, wie das bei 30 Jahren SPD-Mitgliedschaft schwarzer Filz sein soll.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden am kommenden Freitag eine Rechtsausschusssitzung haben, in der wir auch über den Ausbruch aus der Untersuchungshaftanstalt reden werden. Ich weiß schon jetzt, dass die Opposition wieder nicht an Sachaufklärung interessiert ist, sondern ihre Presseerklärungen schon heute geschrieben hat und wahrscheinlich wird darin stehen: Lüdemann ist schuld, weil er 1875 beim Bau der Anstalt die Fenstergitter nicht richtig eingemauert hat; das steht für mich schon heute fest.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir sind zwar im Wahlkampf und die Opposition ist sichtlich nervös,

(Lachen bei der SPD und der GAL)

aber kehren Sie zu einer gern sehr hart geführten, aber sachlichen Auseinandersetzung zurück. - Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Neumann.

Sie haben hier Ihr Verteidigungsschreiben liegen lassen, Herr Lüdemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister, ich weiß nicht, wieweit Sie dem vorgefertigten Text gefolgt sind und inwieweit Sie ihn vorher Korrektur gelesen haben. Einmal ist Herr Lüdemann sicherlich von seinem Skript abgewichen. Ich glaube, das hat deutlich gemacht, wessen Geistes Kind dieser Mann ist. Als Justizsenator hier vorne stehend den Satz zu sagen, wer sich verteidigt, klagt sich an, macht überdeutlich, dass dieser Mann in keiner Weise in Hamburg geeignet ist, ein Senatorenamt zu bekleiden.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Dietrich Rusche CDU: Lächerlich!)

Man könnte sich ja darüber freuen, denn diesen Mann muss man einfach nur reden lassen, dann redet er sich um Kopf und Kragen. Aber er trägt Verantwortung in dieser Stadt, auch wenn er in seinem Skript immer wieder deutlich machte, dass er eigentlich mit nichts etwas zu tun habe, sondern dass es technische Probleme gibt. Ich zitiere einmal Michael Freytag:

"Das sind keine technischen Probleme!"

Sie sind charakterlich das Problem und niemand anders und keine Technologie!

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es gibt Verständnis dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justizbehörde Fehler machen. Das ist etwas, was passiert. Aber es ist die Frage, wie man in der Führungsverantwortung damit umgeht und das ist der entscheidende Punkt. Sie haben in dieser Führungsverantwortung versagt. Sie haben im Oktober davon erfahren, haben gehofft, sich über die Wahl retten zu können, ohne dass jemand etwas merkt und haben dann auf die klare Frage des Journalisten Peter Ulrich Meyer des "Hamburger Abendblattes", ob Sie Hinweise auf weitere Fehler haben, mit einem klaren unmissverständlichen Nein geantwortet. Tage später mussten Sie erneut einräumen, dass die Statistik nicht richtig ist und dass Sie das auch vorher wussten. Das heißt, Sie haben nicht nur beim ersten Mal wissentlich die Unwahrheit gesagt,

(Viviane Spethmann CDU: Zitieren Sie doch rich- tig!)

sondern haben auch beim zweiten Mal versucht, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Deshalb diskutieren wir hier nicht das richtige oder falsche Verhalten einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ich habe da großes Vertrauen zu den Kollegen in der Justizbehörde -, sondern wir diskutieren darüber, ob Sie in der Lage sind, als Bruder Leichtfuß eine solche Behörde verantwortlich zu leiten. Da kommen wir zu dem Ergebnis - auch nach dem, was Sie hier vorgetragen haben -, dass Sie weder fachlich noch charakterlich dazu geeignet sind.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Verhalten ist ein Synonym dafür, dass das grandiose Scheitern auf zwei Ebenen deutlich macht, nämlich auf der einen Ebene, dass Sie gescheitert sind an den eigenen Versprechen, mit denen Sie sich 2001 gemeinsam mit Ronald "McDonald" Barnabas Schill an die Macht geschlichen haben, dass nichts von dem umgesetzt wurde, was Sie versprochen haben, dass das Sicherheitsversprechen, das Sie den Bürgern unserer Stadt gegeben haben, nicht erfüllt wurde, aber dass Sie auch persönlich gescheitert sind mit dem Anspruch, für Recht und Ordnung in unserer Stadt zu sorgen. Das ist eine Bankrotterklärung und wenn der Bürgermeister nicht die Kraft hat, heute diese Entscheidung zu treffen, diesen Mann zu entlassen, dann wird es spätestens der Wähler am 24. Februar tun.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist nicht nur das Fehlverhalten in dieser Statistikaffäre und reden Sie sich nicht damit heraus, dass der Maurer 1875 eventuell das Gitter falsch befestigt hat.

(Martina Gregersen GAL: Damals wurde solide gebaut!)

Sie haben entschieden, dass die Wachtürme nicht besetzt werden. Als herauskam, dass die Wachtürme nicht besetzt werden, noch nicht einmal mit den schlecht bezahlten privaten Sicherheitsdienstleistern, die Sie für 6,62 Euro beschäftigt haben, hat der Senat erklären lassen, in Hamburg sei es meistens dunkel und nebelig. Trotz all der großen Leuchtturmprojekte, die Sie versucht haben in der Stadt umzusetzen, scheint das nicht gelungen zu sein. Allein diese Reaktion macht deutlich, dass Sie der Aufgabe nicht gewachsen sind. Der Waffenhandel - den hat der Kollege Dressel angesprochen -, der über eBay floriert, da liefern Sie die Waffen, die unsere Hamburger Polizei später auf dem Kiez wieder einsammeln muss. Auch zu dem Thema, wie lange es dauert, bis jemand seinen Haftbefehl vollstreckt bekommt, erklären Senatsvertreter, das sei in der Großstadt eben so, da dauert das mal zwei Wochen. Da ist ein weiterer Mensch Opfer von Gewalt geworden. Auch für diese Tat haben Sie politisch die Verantwortung zu übernehmen. Herr von Beust, Sie stehen in der Pflicht, Sie haben die Organisation des Kinderfestes zum 3. Oktober heute in Berlin sausen lassen. Gut, dass Sie da sind. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie jetzt gleich Position beziehen und Herrn Lüdemann aus dem Amt entfernen.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Reinert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Neumann, wenn man in so hoher Frequenz wie Sie Nebelkerzen wirft,

(Michael Neumann SPD: Das haben Sie letztes Mal schon erzählt!)

dann muss das in der Tat misstrauisch stimmen. Lassen Sie uns doch einen Satz aus Ihrer Rede wieder aufgreifen.

Sie sagen, der Justizsenator habe im Oktober von diesem Fehler erfahren. Bereits im September, in der Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Dressel, räumt die Justizbehörde ein, dass es Probleme bei der Erhebung gegeben hat. Was ist denn nun wahr? Wer ist denn hier nun dabei zu täuschen, zu tricksen, zu tarnen? Das ist Herr Dr. Dressel, der das Wort Skandal in einer so hohen Frequenz gebraucht, wie es wirklich kein anderer auf dieser Welt schafft.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich bitte auch etwas zu dem schlaumeiernden Dr. Steffen sagen, der gesagt hat, der Fehler lag doch jahrelang auf der Hand, den hätte doch jeder sehen müssen. Sie sind doch sonst nicht so schüchtern, eine Kleine Schriftliche Anfrage zu stellen, in der Sie ganz einfach fragen …

(Dr. Andreas Dressel SPD: Schon wieder sind wir schuld!)

Herr Dr. Dressel, wenn es denn wirklich auf der Hand liegt, so wie hier behauptet wird, dann fragen Sie doch einfach, weshalb es die eine Zahl gibt, die mit der anderen Zahl nicht zusammenpasst?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was hat eigentlich Ihre Fraktion gemacht?)

Sie haben diesen Fehler genauso wenig wie jeder andere in dieser Stadt gesehen und es bedurfte der Forschungsarbeit eines Kriminologen. Als die Justizbehörde hiervon erfuhr, hat sie in der Tat die notwendigen Maßnahmen ergriffen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn in einer Behörde ein Fehler erkannt und abgestellt wird, dann hat die Behörde richtig gehandelt und dann hat auch der Senator richtig gehandelt.

(Beifall bei der CDU)

In dieses Konzept, welches Sie hier immer wieder mit dem Tarnen, dem Täuschen und Tricksen betreiben,

(Michael Neumann SPD: Wiederholen Sie es ruhig noch mal!)

passt Ihrerseits wunderbar hinein, Herr Neumann, was Sie zum Schluss gesagt haben. Ich will gar nicht genauer auf die Ungeheuerlichkeit eingehen, wir hätten uns im Jahre 2001 an die Macht geschlichen.