passt Ihrerseits wunderbar hinein, Herr Neumann, was Sie zum Schluss gesagt haben. Ich will gar nicht genauer auf die Ungeheuerlichkeit eingehen, wir hätten uns im Jahre 2001 an die Macht geschlichen.
Dass Sie nach wie vor der Meinung sind, so etwas könne nicht mit rechten Dingen zugehen, lässt tief blicken. Sie
werden es im Februar dieses Jahres erneut erleben müssen. Es ist Normalität, dass die SPD auch in der Opposition sitzen kann.
Wir haben in den Jahren unserer Regierungszeit auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit in dieser Stadt Herausragendes erreicht. Wir haben 80.000 Straftaten weniger im Jahr und das ist ein Erfolg unserer Politik, von dem Sie nicht ablenken können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Lüdemann, Sie haben gesagt, Sie hätten keine Politik mit falschen Zahlen gemacht. Sie sagen, Sie haben im Wesentlichen gar nichts gemacht. Nun ist Nichtstun auch Politik, allerdings ziemlich schlechte, Herr Lüdemann.
Sie haben geschwiegen, als Ihnen Zahlen bekannt wurden, die Ihnen so kurz vor der Wahl schlecht in den Kram gepasst haben. Sie haben auch noch geschwiegen, als der Kollege Steffen deutlich gemacht hat, auch öffentlich thematisiert hat, dass mit Ihren Zahlen etwas nicht stimmen kann. Nun sagen Sie, Sie hätten in einer Anfrage mit einer Fußnote mit Doppelsternchen einmal angedeutet, dass da etwas nicht gestimmt habe. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, wenn das Ihre Vorstellung ist, in der Öffentlichkeit, mit Zahlen so umzugehen, dann haben Sie Ihren Job einfach falsch verstanden, Herr Senator.
Dann noch eine Bitte. Sie haben gesagt - Herr Neumann hat das eben noch einmal wiederholt -, wer sich verteidigt, der klagt sich an. Tun Sie uns einen Gefallen: Wenn Sie entlassen werden oder spätestens der Wähler Sie von Ihrem Amt entlässt, dann werden Sie bitte nicht Strafverteidiger, denn in diesem Amt können wir Sie, glaube ich, mit solch einer Geisteshaltung noch viel weniger gebrauchen, Herr Senator.
Schließlich noch zu einem anderen Punkt. Der Vorwurf, wir hätten falsche Anschuldigungen erhoben, was die Änderung des Beamtenrechtes angeht. Wenn man sich 44 Jahre lang als CDU in der Opposition bewegt und immer wieder den Vorwurf erhebt, 44 Jahre lang roter Filz, wir brauchen mehr Transparenz, wir brauchen keine Beamtenernennungen kurz vor der Wahl und man sich dann hinstellt und ein solches Gesetz durch die Bürgerschaft bringen will, das genau das ermöglicht,
dass man kurz vor der Wahl noch genehme Amtsleiter auf Lebenszeit einstellt, dann ist das schlicht ein Verstoß gegen die politische Vernunft und den politischen Anstand. Dass Sie einlenken, ehrt Sie einerseits, auf der anderen Seite haben wir Sie da schon ein bisschen ertappt.
Warum, Herr Maaß, haben dann die GAL-Vertreter diesem Gesetz im Ausschuss zugestimmt und das nicht damals thematisiert?
Herr Jäger, wir haben dieses Problem entdeckt. Wir sind Ihnen nicht sofort auf die Schliche gekommen. Das ist richtig.
Wir haben dieses Problem nicht sofort erkannt, aber dass Sie uns das jetzt zum Vorwurf machen, ist ein bisschen wie dieser Vorwurf mit Herrn Lüdemann. Sie werfen uns vor, dass wir Ihrer Trickserei zu spät auf die Schliche kommen. Ehrlich gesagt, so richtig toll finde ich den Vorwurf nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senator und die Regierungsfraktion versuchen ja, den Vorfall kleinzureden, zu bagatellisieren und die Opfer als Täter hinzustellen. Ich will Ihnen am Anfang meiner Ausführungen ein Zitat aus dem Ihnen vielleicht auch bekannten Buch "Drachenläufer" von Khaled Hosseini vor Augen führen:
"Es gibt nur eine einzige Sünde und das ist der Diebstahl. Jede andere Sünde ist nur eine Variation davon. Wenn Du eine Lüge erzählst, stiehlst Du einem anderen das Recht auf die Wahrheit. Wenn Du betrügst, stiehlst Du das Recht auf Gerechtigkeit."
Die Menschen in dieser Stadt und das Parlament haben Anspruch auf Darstellung der Wahrheit, und zwar die Wahrheit von der Regierung, von der Behörde selbst dargestellt, unabhängig davon, ob gefragt wird oder nicht, sondern wenn erkannt wird, dass falsche Dinge berichtet worden sind, besteht eine Verpflichtung, diese zu korrigieren. Das, meine Damen und Herren, ist nicht geschehen. Man kann sich darüber streiten, ob die Fehler in der Statistik schon früher hätten entdeckt werden können und ob der Senator einen Anteil daran gehabt hätte, aber spätestens seit August, September war ihm bewusst, dass hier falsche Zahlen in der Öffentlichkeit waren. Betrug ist nicht nur die Aufstellung von Irrtümern, die Verwendung von Täuschungen, sondern ist auch die Aufrechterhaltung von Irrtümern. Das ist eine der Varianten des Betrugstatbestandes und daran muss der Vorfall gemessen werden. Hier geht es zwar nicht um einen Vermögensschaden, sondern es geht - viel schlimmer - um einen Vertrauensschaden, den sich dieser Senat in der Stadt selbst zugefügt hat.
Wir können noch weiter fragen, wenn wir schon strafrechtlich argumentieren, ob es dafür eine Rechtfertigung gibt. Ich sehe keine. Es gibt ein Motiv, aber ein unlauteres. Das Motiv ist, dass es die Wahlkampfpropaganda der CDU gestört hätte, wenn herausgekommen wäre, dass die Zahlen falsch sind, dass das Verhältnis eben nicht 70 : 30, sondern 30 : 70 wie im Bundesdurchschnitt ist. Das wäre peinlich gewesen. Das wollte uns der Senator ersparen.
(Michael Neumann SPD: Sich vor allem!) - Ja, sich vor allem. Wenn wir fragen, ob es auch eine Schuld gibt, so gibt es sicher eine Schuld. Spätestens in dem Augenblick, als er davon wusste und von sich aus nichts unternommen hat, um die Falschmeldung zu korrigieren, war er damit einverstanden. Wir Juristen nennen das "bedingter Vorsatz". Das würde vielleicht schon ausreichen, aber es gibt ja ein längeres Sündenregister dieses Senators. Ich nenne nur Stichworte. Da gab es die Renitenzfälle, wo die Strafvollstreckungskammern die Justizbehörde angewiesen hatten, bestimmte Anordnungen zu machen. Diese wurden nicht befolgt. Es ist der sehr schlimme Fall passiert - was muss ich Ihnen das erzählen -, diese Mammutanstalt zu errichten, die jetzt leer steht und weitere Überkapazitäten werden in Fuhlsbüttel entstehen. Auch daran war unser Justizsenator beteiligt. Er hat ein Strafvollzugsgesetz vorgelegt, das in seinem Jugendvollzugsteil verfassungswidrig ist und in dieser Form von nahezu allen Experten als ungeeignet angesehen wird. Bei der Wahl der Präsidentin des Oberlandesgerichts hat er sich völlig unnötig quergelegt und musste dann schließlich klein beigeben. Er hat dann allerdings später - vielleicht wider seine Überzeugung - Frau Andreß sehr gelobt. Das Gleiche scheint sich jetzt bei der Wahl zum Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts zu wiederholen. Wir haben dann auch noch die Flucht des Inhaftierten Oleg aus der Untersuchungshaft, die wir am Freitag behandeln werden. Es wurde auch bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg Messer im Internet versteigert, die die Polizei vorher beschlagnahmt hatte. Nun auch noch das Zahlenchaos. Ein solches Verhalten ist eines Hamburger Senators allgemein unwürdig. Es ist erst recht ein Skandal, wenn der Justizsenator, dessen Behörde für die Aufrechterhaltung und Gewährleistung von Recht und Wahrheit zuständig ist, das in seinem Hause duldet. (Glocke)
Meine Damen und Herren! "Lüden" haben kurze Beine, aber die Stummel reichen noch aus, den Senator dahin zu bekommen …
- Ja, Herr Neumann, da haben Sie recht. Nur die Spitzenkräfte sind heute am Pult, deshalb waren Sie auch schon da.
Das ist das Problem, wenn man sich in die Fachpolitik wagt, dann muss man doch aufpassen, dass man nicht zu viel Unwahrheiten erzählt, wie Sie das getan haben. Tarnen, tricksen, täuschen. Selten hat die Opposition ein Thema der Aktuellen Stunde so richtig beschrieben wie heute. Man muss Ihnen ein Kompliment aussprechen, wie Sie nunmehr eine Formulierung gefunden haben, Ihre eigene Kampagne gegen Carsten Lüdemann realistisch und zutreffend zu beschreiben.
Denn frei nach dem Motto, welches Sie dem Justizsenator zuschreiben wollen, versuchen Sie nun, die Entdeckung der Statistikfehler und das Verhalten des Justizsenators zu skandalisieren. Dafür ist Ihnen jedes Mittel recht. Ihre Hetzjagd muss erfolgreich sein, das ist Ihr Ziel. Es wird Ihnen aber nicht gelingen.