Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Da ist sicherlich etwas dran. Es hat dann aber auch etwas mit Anstand und Ehrlichkeit und vielleicht auch ein bisschen, Herr Lüdemann, mit soldatischen Tugenden zu tun. Ich hätte von Ihnen als Hauptmann der Reserve - vielleicht sind Sie noch höher im Dienst - doch erwartet, dass Sie in dem Moment, in dem der Fehler bekannt geworden war, mannhaft nach vorne gegangen wären und gesagt hätten, dass das alles Mist war und das korrigiert werden müsse. Sie haben es nicht gemacht. Sie haben die Chance verpasst. Damit haben Sie bewiesen, dass Sie dieses Amtes nicht würdig sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich glaube, es war auch der Erste Bürgermeister, der einmal gesagt hat, dass die Öffentlichkeit kein Interesse an Zahlen habe. Das mag in Teilbereichen stimmen. Ich gebe zu: Die Feinheiten, die sich aus der Datenschutzverschiebung beim Aufsatz der Maske bei der Erstellung der Statistiken ergeben hatten, worüber dann 20 Seiten im Protokoll des Rechtsausschusses referiert worden ist, sind etwas, was die Öffentlichkeit sicherlich nicht so brennend interessiert. Richtig, das Ergebnis ist entscheidend. Aber das Ergebnis war auch, dass spätestens im September bekannt war, dass die Daten falsch erhoben waren. Da hätte es sich gehört, diesen Vorfall zu thematisieren.

Herr Voet van Vormizeele, Sie haben wiederum die Zeit vor 2001 beschworen und Versäumnisse an die Wand gemalt. Ich will nicht weiter darauf eingehen.

(Bernd Reinert CDU: Das tun Sie ungern!)

Sie wissen selbst, dass das alles Quatsch ist. Das kann man alles im Einzelnen widerlegen. Aber jetzt nehme ich Sie einmal beim Wort. Wenn es dann so war, dass Sie angetreten sind - es soll alles besser werden und Sie wollen keine Fehler machen, die vielleicht früher einmal begangen worden sind -, dann wäre das ein Augenblick gewesen, nach vorne zu gehen und zu sagen, dass das falsch war, Sie das zugeben und abstellen. Es ist aber ein Vierteljahr ins Land gegangen und es ist erst herausgekommen, nachdem das Verstecken, Täuschen und Tarnen nichts mehr nutzte, als die Sache bekannt geworden war. Das ist der Vorwurf, der erhoben werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Ich war vorhin nicht ganz zum Schluss gekommen. Ich wiederhole meine letzten Worte.

(Bernd Reinert CDU: Wenn das die letzten sind, gerne!)

Lüden - habe ich gesagt - haben kurze Beine. Aber die Stummel, die noch vorhanden sind, reichen aus, dass der Senator in der Lage ist, die politische Bühne auf eigenen Füßen zu verlassen, ohne Bewährung. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Dr. Dressel bekommt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich will noch zwei kurze Punkte ansprechen. Der Bürgermeister hat sich zu diesem Komplex geäußert. Er hat nämlich gesagt, die Öffentlichkeit interessiere gar nicht so richtig, wann da wie welche Zahlen veröffentlicht werden. Eigentlich interessiere das Ergebnis nur die Politik. Das hat der Bürgermeister gesagt und ich erwarte an dieser Stelle noch eine Erklärung dazu, weil - und damit hat die Debatte begonnen - es hier nicht um irgendeine Zahl geht. Sondern es geht um einen zentralen Punkt. Ich habe in einer Erklärung gesagt, dass es nicht um den Klorollenbestand der Justizbehörde geht, sondern es geht um einen zentralen Punkt der politischen Auseinadersetzung seit 2001.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie sind 2001 angetreten,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Quatsch!)

zusammen mit dem damaligen Koalitionspartner Schill, das Kartell strafunwilliger Jugendrichter zu zerschlagen. Das war Ihre politische Messlatte. Deshalb geht es nicht um irgendwelche Zahlen und ich erwarte, dass der Bürgermeister an dieser Stelle das Wort ergreift, wenn er schon nicht vor der Wahl den Senator entlassen will. Ich finde, er ist diesem Hause Rechenschaft schuldig.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Uwe Grund SPD: Jetzt einmal nicht kneifen, Herr von Beust!)

Und auch noch in einem weiteren Punkt, in dem das Parlament gefragt ist, beziehungsweise …

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hesse?

- Nein, im Moment nicht. Der Kollege Hesse kann sich gerne zu Wort melden und vielleicht aus Sicht der CDU-Fraktion etwas dazu sagen.

Es geht darum, dass das Parlament - und das gilt für alle drei Fraktionen - zu den Statistiken Anfragen an den Senat gestellt hat. Das betrifft den Kollegen Steffen, das betrifft auch den Kollegen Hesse, das betrifft mich, es betrifft die Kollegin Özoguz. Wir alle haben Anfragen zu den Verurteilungszahlen gestellt. Diese Anfragen sind allesamt falsch beantwortet worden. Und, ich finde, das ist eine Frage, bei der es um die Ehre dieses Parlaments geht. Wir müssten gemeinsam das Interesse daran haben, dass der Senat die falschen Antworten aus der Welt schafft. Wir haben mindestens sechs Antworten gezählt, in denen falsche Zahlen sind, und vielleicht kann der Senat das noch ergänzen. Wir erwarten, dass der Senat sagt, welche Anfragen von ihm falsch beantwortet worden sind. Die falschen Zahlen müssen meines Erachtens absolut aus der Welt, weil es nicht sein kann, dass zwischen der Exekutive und der Legislative falsche Zahlen unterwegs sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Damit sind wir beim abschließenden Punkt zu der Frage …

(Glocke)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Warnholz?

- Nein. Herr Warnholz, Sie können sich gerne auch zu Wort melden und die Debatte mit Ihrem Beitrag bereichern.

(Michael Neumann SPD: Das ist immer ein Genuss!)

Das, glaube ich, würde der Sache auf jeden Fall gut tun.

Es geht auch darum, dass an der Stelle erstens die Sachen korrigiert werden. Da hat der Senat schon gesagt, er könne gar nicht genau sagen, wann er uns richtige Zahlen liefern kann. Was ist das bitte für ein Vorgang, dass die Korrektur teilweise gar nicht möglich ist und dass letztlich diese falschen Zahlen vermutlich weiter im Raum stehen bleiben werden. Das fällt an der Stelle auf Sie zurück. Deshalb noch einmal die Aufforderung: Machen Sie reinen Tisch und entschuldigen sich an der Stelle auch gegenüber dem Parlament, denn Sie haben Unwahrheiten gegenüber der Bürgerschaft zu verantworten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen zum ersten Thema sehe ich trotz vielfältiger Aufforderung nicht.

Dann rufe ich das zweite Thema auf, das von der GALFraktion angemeldet wurde.

von Beust blockiert Wattenmeerschutz - und blamiert Hamburg

Das Wort wird gewünscht. Der Abgeordnete Maaß hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt weltweit einige wenige Weltwunder der Natur. Der Grand Canyon, die Galapagos Inseln und der Regenwald in Brasilien gehören dazu. Was der Regenwald in Brasilien ist, ist für uns in Deutschland unser Wattenmeer.

(Beifall bei der GAL)

Denn von der Artendiversität und von der biologischen Vielfalt ist unser Wattenmeer weltweit vergleichbar mit den anderen Lebensräumen. In den anderen Ländern mit den Naturschätzen, von denen ich gerade sprach, sind die Menschen stolz darauf, dass sie vor ihrer Haustür diese Schönheiten und diese Wunder haben. Stolz wäre, ehrlich gesagt, auch eine angemessene Haltung, die dieser Senat unserem Wattenmeer gegenüber hätte angedeihen lassen können. Ehrlich gesagt, alles, was mir zu dem Schauspiel einfällt, das dieser Senat in puncto Wattenmeer in den letzten Wochen abgeliefert hat, ist nicht Stolz, sondern ich bin einfach nur peinlich berührt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Die Begründung, die der Senat für die Verweigerung der Anerkennung des Weltnaturerbes bei der UNESCO abgeliefert hat, ist für mich aus mehreren Gründen unglaubwürdig. Der Hauptgrund war die Elbvertiefung. Die könnte

eventuell erschwert oder verhindert werden, wenn man das Weltnaturerbe anerkennen ließe.

(Olaf Ohlsen CDU: Es sagt ja keiner das Gegen- teil!)

In den Antragsunterlagen wird bereits darauf hingewiesen, dass die Elbvertiefung ansteht. Von daher kann es überhaupt kein Problem für die UNESCO sein, wenn dieses Projekt von vornherein bekannt ist.

Zum Zweiten: Sie müssen sich einmal entscheiden, Herr Uldall. Sie behaupten in der Öffentlichkeit und auch in diesem Parlament immer, dass die Elbvertiefung geradezu eine ökologische Wohltat sei, dass es mit der Elbvertiefung überhaupt keinen Eingriff in die Ökologie der Elbe gäbe und dass das alles mehr als ausgeglichen würde. Warum denn aber - wenn das so ist - soll die Elbvertiefung in Gottes Namen dafür herhalten, dass wir unser Wattenmeer nicht als das anerkennen lassen, was es ist: ein Weltnaturerbe. Warum Herr Uldall? Da müssen Sie sich schlicht einmal entscheiden.

(Beifall bei der GAL)

Des Weiteren gibt es überhaupt keinen zusätzlichen rechtlichen Schutz, den die Anerkennung als Weltnaturerbe liefert - unser Wattenmeer ist bereits in den höchsten Schutzkategorien angesiedelt: In der FFH-Richtlinie, nach den strengsten europäischen Schutzvorschriften, als Nationalpark - auch im Völkerrecht im Übrigen nicht, wenn man vorher bekannt gibt, dass Projekte bekannt sind. Das Einzige, was Sie ernsthaft zu fürchten haben, ist keine rechtliche Frage, sondern Sie fürchten die Augen der Weltöffentlichkeit. Denn wenn die Augen der Weltöffentlichkeit hierauf gerichtet werden - auf zukünftige Projekte, die Sie im Wattenmeer vorhaben -, dann fürchten Sie die politische Debatte. Da muss ich Ihnen sagen: Das finde ich für jemanden, der Hamburg zur Hauptstadt des Umweltschutzes machen will, ein bisschen wenig, Herr Bürgermeister.

(Beifall bei der GAL)

Mit dieser Haltung macht dieser Senat auch Deutschland im weltweiten Jahr der Biodiversität ziemlich unglaubwürdig. Deutschland stellt sich zu Recht hin und fordert von anderen Ländern ein, dass diese Länder etwas zum Schutz der Artenvielfalt tun. Wir fordern unter anderem, dass der Regenwald geschützt wird, der Lebensraum der letzten Gorillas - da meine ich nicht die, die Sie den ganzen Tag begleiten -, der Lebensraum der Pandabären. Mit welcher Berechtigung soll sich Deutschland zukünftig hinstellen und den Schutz dieser Lebensräume fordern, die unzweifelhaft zum gemeinsamen Erbe der Natur auf dieser Welt gehören, wenn wir noch nicht einmal bereit sind, vor unserer eigenen Haustür unsere eigenen Naturräume zu schützen? Mit welcher Berechtigung soll Deutschland sich dann noch in der Welt hinstellen? Das ist doch eine große Frage, die Sie einmal beantworten müssen.