Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Dann bekommt das Wort der Abgeordnete Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Verbraucherschutzpolitiker möchte ich doch noch einmal eine Sache ansprechen.

(Wolfgang Beuß CDU: Was machen Sie eigentlich nicht?)

Wenn es so scheint - wie es sich für mich aus der Debatte ergibt -, dass ein System entwickelt wird, bei dem am Ende in vielen Tausend Fällen Gästen, die nach Hamburg kommen, etwas untergejubelt wird und Ihnen wenn auch nur ein geringer Betrag abgenommen wird, ohne dass sie in der Realität und der Praxis wahrnehmen, dass das ein freiwilliger Betrag ist, dann ist das etwas, was nicht nur hart an der Grenze zum Betrug ist, sondern das ist mindestens organisierte Bauerfängerei. Deswegen werde ich das tun, was der Bürgermeister auch gerne tut. Ich werde morgen die Verbraucherzentrale anrufen. Ich möchte gerne wissen, was die Verbraucherzentrale zu diesem Vorgehen sagt. Bevor ich das nicht weiß, werden wir nicht abstimmen können. Deswegen wird meine Fraktion die zweite Lesung für diesen Antrag verweigern.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Dräger.

(Werner Dobritz SPD: Wir können ja morgen eine Sondersitzung machen!)

Sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion! Ich sehe, dass bei dem einen oder anderen von Ihnen eine gewisse Nachdenklichkeit eingetreten ist, was diesen Antrag anbelangt.

(Michael Neumann SPD: Das tun sie grundsätzlich nicht!)

Und weil ich das sehe, habe ich mit unserem Vorstand abgesprochen, dass wir Ihnen diese Chance, dieser Nachdenklichkeit nachzugehen, geben möchten. Deswegen werden auch wir die Zustimmung zur zweiten Lesung verweigern. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Die in Ziffer 1 der Ausschussempfehlung erbetene Kenntnisnahme ist erfolgt.

Wer möchte Ziffer 2 der Ausschussempfehlung folgen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen. Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.) - Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? - Der ist vorhanden. Also brauchen wir es auch in zweiter Lesung nicht fassen und sehen diese für die nächste Sitzung vor. Wer möchte darüber hinaus den Ausschussempfehlungen folgen und das darin aufgeführte Ersuchen beschließen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen. Dann kommen wir zu Punkt 72 der Tagesordnung, der Drs. 18/7584, Antrag der SPD-Fraktion: Allgemeine Soziale Dienste: Ermittlung des Personalbedarfs sofort beginnen – keine Verschiebung auf 2011! [Antrag der Fraktion der SPD: Allgemeine Soziale Dienste (ASD): Ermittlung des Personalbedarfs sofort beginnen – keine Verschiebung auf 2011! - Drs. 18/7584 -]

Wer wünscht das Wort? - Herr Kienscherf, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, im Gegensatz zu der Debatte eben, bei der es um Kreuzfahrten, Events, lange Ladenöffnungszeiten und Shopping ging, geht es hierbei um ein Thema, das uns alle angeht. Es geht um Menschen und es geht um Kinder, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und die wahrscheinlich nie in den Genuss kommen werden, entsprechende Reisen tätigen zu können. Im Sonderausschuss "Jessica" Vernachlässigte Kinder haben wir uns vor zwei Jahren damit befasst, welche Schlüsse aus den schlimmen Vorfällen und den Versäumnissen zu ziehen sind, die es in dieser Stadt gab und die dazu geführt haben, dass dieser schlimme Fall - aber auch andere schlimme Fälle - in dieser Stadt eingetreten ist. Wir alle haben gemeinsam festgestellt - selbst Herr Hesse und Herr von Frankenberg -, dass insbesondere den Allgemeinen Sozialen Diensten eine besondere Rolle zufällt und dass sie die Schlüsselrolle bei der Organisation von Hilfe für Familien und Kinder haben. Wir haben alle gemeinsam festgestellt, dass in diesem Bereich vieles im Argen liegt.

(Unruhe im Hause - Glocke)

Herr Abgeordneter, ich möchte Sie unterbrechen. Es ist sehr laut hier und ich bitte diejenigen Abgeordneten, die Gespräche führen, hinauszugehen, denn es ist unerträglich.

Auch das ist letztendlich bezeichnend, auf welcher Seite des Hauses der meiste Lärm ist, denn gerade die CDU-Abgeordneten unterhalten sich. Diese Seite des Hauses,

(Wolfhard Ploog CDU: Welche Seite?)

die Abgeordneten der Grünen und auch der SPD, halten das Thema für äußerst relevant. Wir wollen den Kindern unserer Stadt helfen und uns dafür einsetzen, dass sich etwas verändert.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Wolfhard Ploog CDU: Wollen wir auch!)

Deswegen haben wir uns damals im Sonderausschuss gemeinsam mit der Rolle des ASD befasst. Unbestritten ist, dass sich daraufhin etwas getan hat.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich sehe es von hier oben gut und da gibt sich keine Fraktion was. Es ist jedem freigestellt, nach draußen zu gehen. Ich habe um Ruhe gebeten und wenn das nicht eintrifft, dann kann ich es immer wieder tun.

(Michael Neumann SPD: Frau Präsidentin, der Präsident hält sich nicht an Ihre Bitte, seine Gespräche draußen fortzusetzen!) - Herr Neumann, halten Sie uns nicht auf. Dirk Kienscherf (fortfahrend): Vielleicht bekommen wir es die letzten 20 Minuten einvernehmlich hin, das Thema ist es jedenfalls wert.

Wir haben alle festgestellt, dass es Handlungsbedarf gab, und es ist in der Tat einiges geschehen, wenn auch nicht genug. Gleichwohl können wir festhalten, dass im Bereich des ASD neue Richtlinien, neue Meldebögen und neue Rahmenanweisungen geschaffen worden sind. Kollegin Blömeke hat in der letzten Debatte zu Recht darauf hingewiesen, dass sich 19 von 20 Maßnahmen hauptsächlich mit der Bürokratie, mit den Formalien befasst haben. Aus unserer Sicht ist das zu wenig, Sie hätten da viel mehr machen müssen.

Gleichwohl stellen wir fest, dass sich im Personalbereich bei der Besetzung von vakanten Stellen etwas getan hat, Frau Senatorin. Aber wir müssen auch feststellen - Herr Hesse, auch wenn Sie das vorhin wieder angedeutet haben -, dass es nicht das Verdienst der CDU-Fraktion und auch nicht der Sozialsenatorin ist, dass sich etwas beim ASD und bei den Kitas getan hat, sondern es ist das Verdienst der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, die das zu Recht eingefordert haben; das sollten wir hier noch einmal festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Wir können also feststellen, dass wir im Bereich der Allgemeinen Sozialen Dienste alle vakanten Stellen besetzt haben. Doch die entscheidende Frage, die wir vor zwei Jahren gestellt haben, hat der Senat bis heute nicht beantwortet und diese Frage lautet: Ist der Allgemeine Soziale Dienst in der Lage, das zu tun, was er eigentlich sollte? Kann er die Kinder vor Vernachlässigung schützen? Kann er Familien frühzeitig helfen? Sind diese 287 Stellen, die wir heute haben, wirklich in der Lage, aufsuchende Arbeit zu leisten? Diese Fragen sind bis heute vom Senat nicht beantwortet worden. Wir halten das für einen riesengroßen Fehler und die Leidtragenden sind die Kinder und Familien in unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke und Nebahat Güclü, beide GAL)

Es hat an einem klaren Votum dieses Hauses nicht gefehlt. Vor zwei Jahren haben wir gemeinsam beschlossen, die Schlüsselrolle des ASD anzuerkennen und aufgrund der erheblichen Bedarfe, aufgrund der dynamischen gesellschaftlichen Prozesse, die wir in dieser Stadt erfahren haben, zu überprüfen, ob die Personalbemessung, die vor Jahren festgestellt worden ist, richtig ist oder ob wir aufstocken müssen. Das haben CDU, GAL und SPD vor zwei Jahren gemeinsam beschlossen und wir haben bis heute keine Antwort. Dafür tragen letztendlich Sie, Frau Senatorin, die Verantwortung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Nebahat Güclü GAL)

Wir haben in der Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses im Herbst noch einmal nachgefragt, warum diese Personalbemessung immer noch nicht erfolgt ist. Ihre Behörde hat zu verstehen gegeben, nein, das geht alles nicht, die Bezirke sind noch zu unterschiedlich und wir wollen erst einmal die Einführung eines neuen EDV-Systems. Das kann man gerne wollen, aber man kann sich auch vorstellen, vielleicht nicht ein Jahr nach dem schlimmen Fall Jessica, aber zumindest nach zweieinhalb Jahren ein Ergebnis zu haben, ob der Personalbedarf befriedigt worden ist. Was einen aber erstaunt, um es einmal freundlich auszudrücken, ist, dass Ihr Staatsrat erklärt, dass man damit rechne, dass das neue EDV-System, auf dessen Grundlage man erst in der Lage sei, eine neue Personalbemessung durchzuführen, im Jahre 2011 beziehungsweise 2012 eingeführt werde. Ich frage Sie allen Ernstes, ob Sie tatsächlich den Familien und Kindern in dieser Stadt zumuten wollen, sieben Jahre nach dem Fall Jessica noch im Ungewissen darüber zu sein, ob wir wirklich genug Mitarbeiter in den Allgemeinen Sozialen Diensten haben.

(Beifall bei der SPD)

Das können Sie nicht und wir sind jetzt gefordert. Staatsrat Gottschalck hat ja zum EDV-System gesagt, solche Dinge könnten Monate und auch Jahre dauern und man solle ihn nicht festnageln, wenn 2010 noch keine Ergebnisse vorlägen, sondern erst 2011. Es kann aber nicht angehen, dass wir in dieser Zeit weiter davon absehen, entsprechend gegenzusteuern. Wenn Sie wirklich ein völlig neues System einführen wollen, das es vergleichbar in keinem anderen Bundesland in Deutschland gibt, und Sie davon ausgehen, dass es erhebliche Probleme mit sich bringt - nicht nur die Privatwirtschaft, sondern insbesondere die öffentliche Hand hat mit neuen EDVSystemen Probleme und der Justizsenator hat schon Probleme mit bestehenden EDV-Systemen -, dann können Sie doch nicht ernsthaft verlangen, in diesem Bereich einen siebenjährigen Stillstand zu haben. Wir von der SPD sagen ganz klar, darauf können wir nicht warten.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist es - auch wenn Herr Frankenberg gleich etwas anderes behaupten wird und Sie vielleicht auch, Frau Sozialsenatorin - kein Populismus, wenn wir fordern, jetzt ist die Zeit, um über den Personalbedarf zu sprechen, jetzt ist die Zeit, von mir aus externe Gutachter damit zu beauftragen, diesen Personalbedarf zu überprüfen. Es ist vor allen Dingen an der Zeit, die warnenden Hilferufe aus den Jugendämtern ernst zu nehmen, die nach wie vor sagen, dass sie sich letztendlich nur um die

dringendsten Fälle kümmern können und nicht um die Fälle, die zu eskalieren drohen, dass sie keine aufsuchende Arbeit machen können. Wir müssen gemeinsam beim ASD jetzt die Grundlagen schaffen, um Gewissheit zu haben, den Kindern und Familien in unserer Stadt zu helfen. Dazu fordern wir Sie auf und wir würden uns freuen, wenn Sie das unterstützen würden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke, Antje Möller und Claudius Lieven, alle GAL)

Meine Damen und Herren! Auf Antrag der GAL-Fraktion unterbreche ich die Sitzung und berufe den Ältestenrat ein.

Unterbrechung: 21.25 Uhr

Wiederbeginn: 21.36 Uhr

Das Wort erhält Herr von Frankenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kienscherf, ich kann Sie beruhigen, den Vorwurf des Populismus kann ich Ihnen ersparen, denn das Volk ist weg und ohne Volk geht kein Populismus.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich möchte zunächst mit einer Feststellung beginnen. Bürgerschaft und Senat haben in dieser Legislaturperiode sehr viel für den Kinderschutz in Hamburg erreicht. Ich betone, dass wir das gemeinsam erreicht haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann Sie nur wiederholt auffordern, zur Sacharbeit zurückzukehren. Ich glaube, das ist für die Kinder in unserer Stadt wesentlich besser.