Protokoll der Sitzung vom 07.02.2008

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drs. 18/7842 annehmen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mit sehr großer Mehrheit so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 94, Drs. 18/7834, Antrag der CDUFraktion: Änderung des Haushaltsbeschlusses 2007/2008: Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Änderung des Haushaltsbeschlusses 2007/2008: Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen - Drs. 18/7834 -]

Auf die Debatte wird einvernehmlich verzichtet. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drs. 18/7834 beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das war einstimmig.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

- Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? - Das ist nicht der Fall. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss auch in zweiter Lesung fassen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist auch in zweiter Lesung einstimmig und somit endgültig beschlossen.

Tagesordnungspunkt 67 a, Drs. 18/7919, Bericht des Umweltausschusses: Volkspetition gegen das Kohlekraftwerk Moorburg.

[Bericht des Umweltausschusses über die Drucksache 18/7431 (Neufassung): Volkspetition gegen das Kohlekraftwerk Moorburg (Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft) - Drs. 18/7919 -]

Wird das Wort gewünscht? - Das ist der Fall. Die Abgeordnete Dr. Schaal hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat hat es abgelehnt, die Akten zu den Verhandlungen zwischen Vattenfall und dem Senat über die sogenannte Umweltvereinbarung offenzulegen. Damit wird die parlamentarische Kontrolle verhindert.

Aber wenn der Bürgermeister heute Morgen in einem Interview bei Radio Hamburg beteuert, dass er gar nichts gegen die Offenlegung der Akten hat - jedenfalls soweit sie den Senat und die Behörden betreffen -, dass es hier nur um das Betriebsgeheimnis von Vattenfall geht, dann weiß er entweder nicht, dass uns die Unterlagen wegen vermeintlicher Gefährdung des Staatswohls verweigert wurden, oder er hat dreist die Unwahrheit gesagt,

(Michael Neumann SPD: Wie immer!)

weil die Wahrheit so lächerlich ist,

(Beifall bei der SDP)

denn nicht alles, was beim Bürgermeister einmal auf dem Tisch gelegen hat, ist ein Staatsgeheimnis.

Die Verweigerung der Akten aber wird zum Skandal, weil der Bürgermeister an Parlament und Öffentlichkeit vorbei die Genehmigung des Kraftwerks offenbar noch vor der Wahl oder wenigstens vor Bildung eines neuen Senats durchziehen will. Der Verdacht, dass es bei der Entscheidung über den Kraftwerksbau etwas zu verbergen gibt, hat sich schon lange aufgedrängt, da sich die Senatsvertreterinnen und -vertreter bei der parlamentarischen Debatte und Erörterung des Themas nicht gerade als Quelle der Erkenntnis gezeigt haben.

Auch der Umgang mit der Volkspetition ist ein beredtes Zeugnis dafür, dass der Senat im Prinzip nichts sagen will. So wurde die Volkspetition und ihre Behandlung im Parlament nach allen Regeln der Kunst verschleppt, sodass wir erst nach einem Vierteljahr, nachdem sie eingereicht wurde, darüber sprechen konnten. In diesen drei Monaten zwischen Übergabe der Petition und der Erörterung hat Vattenfall eine vorgezogene Baugenehmigung erhalten. Damit der oberste Umwelt- und Klimaschützer, der Hamburger Bürgermeister, sein Gesicht wahren konnte, wurde eine sogenannte Umweltvereinbarung geschlossen, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht.

Als der Ausschuss sie eine Woche nach der Vorstellung haben wollte - am 20. November -, wurde die Erklärung nicht herausgerückt. Heute wissen wir, warum: Es gab zu diesem Zeitpunkt gar keine Erklärung. Diese Vereinbarung wurde nämlich erst Anfang Dezember unterschrieben. Ins Netz gestellt wurde sie dann aufgrund unseres Aktenvorlageersuchens, vorsichtshalber aber erst vier Tage nach der Erörterung der Volkspetition. Es hätte sonst jemand darauf kommen können, sich einmal kritisch mit den vielen Ungereimtheiten in der Vereinbarung auseinanderzusetzen. Es ist keineswegs so, dass alles klar wäre, was dort drin steht. Offen ist vor allen Dingen immer noch, wie das Unternehmen verhindern will, dass die Elbe durch den Betrieb des Kraftwerks aufgeheizt wird.

Ein juristisches Kunststück ist gemäß Paragraf 7 dieses Vertragswerkes der sogenannte Ablaufkühler. Er soll unabhängig von der wasserrechtlichen Genehmigung laufen. Die wasserrechtliche Genehmigung selber ist unabhängig von der Genehmigung des Kraftwerks - die wird nämlich nach BImSchG geprüft. Ich kann jetzt nicht

erkennen, welchen Wert diese Vereinbarung dann noch für den Schutz der Elbe hat. Sie läuft außerhalb jeder Konkurrenz.

Offen ist auch, wie die in Paragraf 2 des Vertrages vorgesehene CO2-Rauchgaswäsche 2013 beantragt und 2015 schon gebaut werden kann, wenn uns Experten heute sagen, dass eine solche Anlage frühestens 2020 überhaupt verfügbar sein wird.

Natürlich gibt es dann noch eine Menge Hintertürchen in diesem Vertrag, sodass sich die Vertragspartner von ihrem Versprechen eines CO2-freien Kraftwerks ganz schnell aus dem Feinstaub machen können.

Der Einbau der Abscheideanlage darf nämlich die Wettbewerbsposition des Unternehmens nicht gefährden und eine Strafzahlung, von der immer die Rede war, kommt auch nur bei Unwilligkeit und nicht bei Unmöglichkeit infrage. Die Abscheideanlage ist und bleibt also ein Wolkenkuckucksheim. Sie ist nicht in Sicht.

Aber wir sollen nicht verzagen. Ich darf wieder aus dem Vertrag zitieren:

"Hamburg und Vattenfall werden in diesem Fall unverzüglich wirksame Regelungen vereinbaren, die dem Gewollten [sehr nahe kommen]."

Das sieht die sogenannte "Salvatorische Klausel" am Schluss des Vertrages vor. Eine solche Vereinbarung hätte man sich dann auch sparen können, denn sie ist nichts als heiße Luft.

Für die SPD hat sich weder durch die Vereinbarung, noch durch die Erörterung etwas ergeben, was uns in Sachen Kohlekraftwerk Moorburg hätte umstimmen können. Auch die vermeintlichen Kostenvorteile gegenüber einem Gaskraftwerk ziehen nicht, weil das nur Scheinargumente sind.

Abgesehen davon, dass Brennstoffkosten nur ein Faktor in der Kostenkalkulation sind, entscheidet nicht die Kostenstruktur über den Endverbraucherpreis für Strom, sondern was der Markt hergibt. Wie die Lage im Moment ist, hat ein Teilnehmer der Erörterung der Volkspetition deutlich gemacht.

Die Preisdifferenz zwischen Gas und Kohle beträgt 19 Euro für 1 Megawatt Strom. Vattenfall verkauft aber 1 Megawatt Strom für 190 Euro. Damit wissen Sie, dass es bei dem ganzen Gerede um den Brennstoff nur um die maximalen Margen geht, die Vattenfall verdienen kann, nicht um den Preis für die Endkunden.

Nach der Anhörung hat die CDU es abgelehnt, sich zu dem von der SPD vorgelegten Petitum zur Bewertung des Kraftwerks zu verhalten. SPD und GAL haben den Bau des Kraftwerks abgelehnt und Alternativen vorgeschlagen, die wir auch im Parlament vorgelegt haben. Bei dem neuen rotgrünen Senat wird die Energiepolitik in besseren Händen sein. Ich gehe davon aus, dass auch Vattenfall so klug ist, sich nicht mit dem neuen Senat anzulegen, sondern über das Projekt zu verhandeln. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Böttcher.

Herr Präsident, meine Damen und

Herren! Frau Schaal, Ihr Skandalgeschreie nimmt derart inflationäre Züge an, dass das kein Mensch mehr ernst nehmen kann. Sie werfen alle Argumente, die Sie irgendwann einmal gehört haben, in einen Topf. Dann ziehen sich etwas heraus und ob das passt oder nicht, ist Ihnen völlig egal. Sie haben zum Beispiel in der Anhörung gesagt, dass wir kein Kohlekraftwerk brauchen. Die SPD will Stadtwerke gründen und dann hätten wir energiepolitischen Strom und auch noch die Sicherheit. Sie wollen das mit Gaskraftwerken machen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie haben nicht zuge- hört, Herr Böttcher!)

Dann wird der Strom so teuer, dass Sie entweder keine Abnehmer finden oder Sie müssen die Hamburger zwangsbeglücken, in Ihre Stadtwerke einzutreten. Dann hat das aber mit Versorgungssicherheit nichts mehr zu tun. Sie müssen sich erst einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der CDU)

In der Anhörung hatte eine junge Frau, Anfang 20 Jahre, aus der Öffentlichkeit uns Politikern vorgeworfen, wir seien ja alle schon älter und gucken nicht mehr so weit in die Zukunft und deshalb würden wir die Interessen der Menschen nicht mehr verstehen, weil wir gar nicht mehr so lange leben. Das ist falsch. Mein Sohn ist zum Beispiel auch Anfang 20 und natürlich haben wir den Blick weiter voraus. Nur haben wir den Vorteil gegenüber dieser jungen Dame, dass wir auch noch 20 Jahre mehr Lebenserfahrung einbringen und ein bisschen abschätzen können, wozu vielleicht vorschnelle Entscheidungen führen können.

Es geht hier doch allein um die Frage, dass man sich entscheiden muss, ob wir eine Energieversorgung ohne Kohlekraftwerke hinbekommen oder nicht. Wir glauben das nicht. Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass es ohne Kohlekraftwerke noch nicht geht, dann ist es, glaube ich, logisch, dass neue, moderne Kraftwerke effizienter und umweltschonender sind als die alten Dreckschleudern, die jetzt in Betrieb sind.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt noch nicht die Möglichkeit, allein regenerativen Strom einzusetzen. Alle Rechenbeispiele, die in der öffentlichen Anhörung gemacht worden sind, sind genau solche Wolkenkuckucksheime gewesen wie unsere CO2Abscheideanlagen. Da wurde gerechnet, es könnte so sein, aber alles ist noch nicht auf dem Stand der Technik. Wir müssen, wenn wir die Politik ernst nehmen, auch auf die Auswirkungen achten. Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Wir haben im Fall Nokia in Bochum gemerkt, wie sensibel das ist. Eine kleine Stellschraube und die Unternehmen sind weg. Wir haben es mit dem Aluminiumwerk im Hafen gemerkt, welche arbeitsmarkttechnischen Auswirkungen es hat, wenn die Energie zu teuer ist. Das heißt, wir müssen nicht nur an die Endverbraucher denken, da kann der Markt das richten. Ich selber habe auch gesagt, dass ich kein Kohlekraftwerk möchte und habe mich für Ökostrom entschieden.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Das können wir Verbraucher machen. Aber das ist nicht der einzige Punkt. Wir müssen auch den Wirtschaftsstandort Hamburg für die Arbeitsplätze sichern und das sind auch die Interessen der jungen Leute, die auch noch

in 20 Jahren eine funktionierende Wirtschaft haben und diese Stadt gestalten wollen.

In all den Rechenbeispielen wird gerechnet, dass dann die Windenergie mit Gas ergänzt wird. Dann sparen wir noch ein bisschen Strom ein und dann passt das schon. Herr Maaß, Sie haben auch im Umweltausschuss Anträge eingebracht, in denen Sie die Landstromversorgung von Schiffen fordern, wo eben noch einmal der Bedarf von drei Kleinstädten dazukommt. Das lassen Sie bei all Ihren Berechnungen weg. Das wollen Sie durchsetzen, aber das ist in keines Ihrer Beispiele mit eingebracht worden, woher der Bedarf noch herkommen kann. Wir sind der Meinung, dass wir noch nicht soweit sind, dass wir das allein mit erneuerbaren Energien schaffen. Wir brauchen noch Großkraftwerke. Dann ist es wirtschaftlich besser, den Strom mit Kohle zu gewinnen als mit Gas, weil das Gas gar nicht in einem grundlastfähigen Margenmarkt zu bekommen ist.

Also, Zukunftssicherung solange wir das noch brauchen und wenn die Technik soweit fortgeschritten ist, dann werden die Kohlekraftwerke automatisch auslaufen. Frau Schaal, Sie sprachen auch noch von der Rückkühlung, dass die wasserrechtliche Prüfung da abgeschafft ist. Es wird eine abwasserrechtliche Prüfung geben. Dann wird es Auflagen geben, die das Kohlekraftwerk erreichen muss und die einzuhalten sind. Wenn sie es dann mit einer Kühlung schaffen oder das Gas abschaffen, das ist dann die Angelegenheit von Vattenfall, aber die Elberwärmung ist vorgegeben durch die wasserrechtliche Genehmigung. Das sind rechtsstaatliche Verfahren.