Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

Wer darüber hinaus den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig passiert.

Von den Ziffern 2 und 3 hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Wir kommen zum Bericht 19/5932 in der Neufassung. Hier sind nur einstimmige Empfehlungen enthalten.

Wer diesen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zur Sammelübersicht. Die in der Geschäftsordnung für bestimmte Punkte der Tagesordnung vorgesehene

Sammelübersicht

haben Sie erhalten.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.

Wer den Überweisungsbegehren unter B zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen.

Wer sich der Ausschussempfehlung unter C anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist einstimmig passiert.

Wir kommen zu Punkt 3 a der Tagesordnung, Drucksache 19/5492, der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Rechtfertigt das Verhältnis von Bauplänen und Bürgerbegehren thematische Einschränkungen von direkter Demokratie?

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Rechtfertigt das Verhältnis von Bauplänen und Bürgerbegehren thematische Einschränkungen von direkter Demokratie? – Drs 19/5492 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.

Wer dem Überweisungsbegehren zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage der Drucksache 19/5492 ohne Besprechung Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 3 c, Drucksache 19/5506, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Gesundheitsförderung und gesundheitliche Prävention in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Gesundheitsförderung und gesundheitliche Prävention in Hamburg – Drs 19/5506 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz überweisen.

Wer dem Überweisungsbegehren zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage der Drucksache 19/5506 ohne Besprechung Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 4, Drucksache 19/5727, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Dieses Land hat nicht das Recht, Menschen in den sicheren Tod abzuschieben.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Dieses Land hat nicht das Recht, Menschen in den sicheren Tod abzuschieben – Drs 19/5727 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Innenausschuss überweisen.

Wer dem Überweisungsbegehren zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann frage ich, ob Besprechung beantragt wird. – Das ist nicht der Fall.

Mir ist mitgeteilt worden, dass aus den Reihen der Fraktion DIE LINKE hierzu gemäß Paragraf 26 Absatz 6 unserer Geschäftsordnung das Wort begehrt wird. Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider, Sie haben es für maximal fünf Minuten.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Es gibt keinen guten Grund dafür, dass diese Große Anfrage nicht an den Ausschuss überwiesen worden ist. Wäre sie an den Innenausschuss überwiesen worden, hätte man sich mit einer Praxis befassen müssen, die ich – vorsichtig ausgedrückt – nur als zutiefst menschenfeindlich bezeichnen kann. Dem auszuweichen nenne ich einen schlechten Grund.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden)

Siehe Anlage, Seite 3340

Es geht um die Abschiebung insbesondere psychisch Kranker. Es geht um eine unter Schill in Kraft gesetzte Dienstanweisung, die seit 2002 unverändert in Kraft ist. Diese Dienstanweisung zum Umgang mit ärztlichen Attesten besagt, kurz zusammengefasst, dass attestierte schwere psychische Erkrankungen als Abschiebehindernisse nicht anzuerkennen sind. Die Diktion dieser Dienstanweisung – wer sie gelesen hat, wird es bestätigen – ist unsäglich; für die Praxis ihrer Umsetzung finde ich keine Worte.

Die Hamburger Ärztekammer hatte im Januar 2003 eine Resolution verabschiedet, mit der sie den Umgang mit diesen Attesten und damit den Umgang mit den schwer erkrankten Flüchtlingen scharf kritisierte. Diese Resolution stand unter der Überschrift: Dieses Land hat nicht das Recht, Menschen in den sicheren Tod abzuschieben. Der Senat verwahrt sich in der Antwort auf die Große Anfrage mit Nachdruck gegen die mit dieser Zeile verbundene angebliche Unterstellung. Er betont:

"Abschiebungen wurden und werden in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage durchgeführt."

(Viviane Spethmann CDU: Bundesgesetze!)

Darauf möchte ich erwidern:

Erstens: Es gibt ungerechte Gesetze. Diese Gesetze, um die es hier geht, sind ungerecht und wir werden nicht müde werden, sie zu kritisieren und für ihre Änderung beziehungsweise ihre Abschaffung einzutreten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: Es gibt Handlungsspielräume und mit dieser Dienstanweisung werden die Handlungsspielräume grundsätzlich zuungunsten schwerkranker Menschen genutzt. Das war unter Schwarz-Schill so und das ist, wie die Fortsetzung dieser unsäglichen Dienstanweisung uns zeigt, auch unter Schwarz-Grün noch so.

Unmittelbarer Anlass für diese Große Anfrage war der Tod von Vadim K. Er starb 23-jährig im Januar 2010 auf den S-Bahn-Gleisen zwischen Harburg und Wilhelmsburg. Er war 2005 abgeschoben worden, da war er 18 und stand kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung. Die damalige Abschiebeaktion galt der ganzen Familie, obwohl der Vater in ambulanter und mehrfach auch in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen war. Auch die Mutter war psychisch schwer krank, auch sie war in Behandlung und auch sie hatte entsprechende Atteste. Sie unternahm während der Abschiebeaktion, die zwischen Mitternacht und dem Morgengrauen stattfand, einen Suizidversuch. Der

Vater wurde in Abschiebehaft genommen und unternahm dort ebenfalls einen Suizidversuch. Er wurde trotzdem abgeschoben und konnte erst später zu seiner Restfamilie zurückkommen. Die Mutter wurde nur deshalb nicht abgeschoben, weil sie einen zweiten Suizidversuch im Krankenhaus begangen hatte und weil die Ärzte gegen ihre Abschiebung Protest eingelegt hatten. Der älteste Sohn wurde nach Lettland abgeschoben und in die Obdachlosigkeit entlassen.

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

Das ist die Praxis dieser Dienstanweisung, die die Attestierung schwerer Krankheiten missachtet.

Vadim kam nach einer Irrfahrt durch Europa 2009 illegal nach Hamburg zurück, um seine Familie zu sehen. Da er die ihm aufgebürdeten Abschiebungskosten in Höhe von fast 5000 Euro nicht zahlen konnte, hatte er keine Perspektive in Hamburg. Er wählte den Tod.

Die furchtbare Geschichte dieser gequälten Familie sollte uns – bei allen Differenzen über die Flüchtlingspolitik – Anlass geben, den Umgang mit psychisch kranken Flüchtlingen vollständig auf den Prüfstand zu stellen.

(Wolfgang Beuß CDU: Wie in der DDR, nicht?)

Die Regierungsfraktionen verweigern sich dem. Das ist bitter. Dass Sie die Große Anfrage nicht überwiesen haben, wird jedoch die Kritik an dieser Abschiebepraxis gegenüber schwerkranken Flüchtlingen nicht verstummen lassen, im Gegenteil. Wir werden uns bemühen, zusammen mit inzwischen einer Menge anderer Menschen, wenigstens einige dieser schrecklichen Schicksale und die Verantwortung der Politik dafür öffentlich zu machen. Unsere Forderung ist: Diese Dienstanweisung muss zurückgenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Möller, ebenfalls für maximal fünf Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schneider, dann sollten Sie diese Forderung in einen Antrag kleiden

(Frank Schira CDU: Ja!)

und diesen Antrag in die Bürgerschaft einbringen.

Sie haben in der Großen Anfrage viele Fragen gestellt, die sich vor allem auf die Zeit weit vor unse