Protokoll der Sitzung vom 09.02.2011

Die Halbwertszeit des Antrags der LINKEN ist am 20. Februar; es muss ohnehin die neue Bürgerschaft entscheiden. Aber wenn wir gegen den Antrag der LINKEN stimmen, würden wir ein falsches Zeichen geben. Wir sind für eine Fortsetzung des PUAs und sehen durchaus Potenzial, diese Sache weiter zu untersuchen. Wir werden dem Zusatzantrag zustimmen, auch wenn möglicherweise eine Senatskommission verwaltungsintern und auch im Hinblick darauf, dass noch ein Jahr lang gebaut wird und man auf aktuelle Prozesse eingehen muss, die Situation besser prüfen könnte als ein PUA, der doch recht schwergängig ist. Sie denken da zu kurz, Kollege Hackbusch, aber die Tendenz, dass man die Untersuchung fortsetzen sollte, wird von uns geteilt.

Dieser Bericht wurde vom Arbeitsstab in sagenhaft kurzer Zeit und unter großem Druck erstellt. Er wurde auch mit großem Engagement unter schwierigen Bedingungen erstellt. Das verdient Respekt, es ist ein respektables Ergebnis. Ich möchte an dieser Stelle meine Anerkennung für diese Leistung aussprechen, die wir als Grundlage haben.

Dann mache ich jetzt Pause und ihr könnt klatschen.

(Beifall bei der GAL und der SPD und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Dieses Engagement im Arbeitsstab wiederum hat aber zu Verwerfungen im Ausschuss selbst geführt, weil die Mitarbeiter des Arbeitsstabs sehr dicht an den Akten waren, die zwar immer noch nicht vollständig vorliegen, und sie von den besungenen "Pleiten, Pech und Pannen" förmlich angesprungen wurden. Das hat zu sehr engagierten Formulierungen in diesem Bericht geführt und das ist natürlich problematisch; wir haben es eben schon in der Diskussion erlebt. Das heißt, es ist ein Sachstandsbericht und dieser ist ein Zwischenbericht. Viele Formulierungen waren bereits sehr faktisch und wie ein Endergebnis formuliert. Ich muss dem Kollegen Hamann recht geben, dass dies ein wenig zu weit ging. Die GAL-Fraktion hat sich jetzt entsprechend verhalten und wir haben Ihnen auch das Angebot gemacht, Formulierungen entspre

(Jörg Hamann)

chend zu ändern. Allerdings ist aus meiner Sicht die CDU-Fraktion damit zu weit gegangen, denn es wurden Anträge gestellt, ganze Passagen aus diesem Bericht zu streichen. Das sind aber Passagen, die zum Untersuchungsauftrag dazugehörten. Dem konnten wir uns nicht anschließen, denn diese Dinge gehören in den Untersuchungsbericht.

Der Eindruck, der sich bis jetzt ergibt, ist, dass es viele Problemfelder und ein sehr großes kollektives Versagen gegeben hat, wenn auch nicht vorsätzlich. Aber es sind sehr viele Fehler gemacht worden, die die Stadt in Mark und Pfennig geschädigt haben. Es fängt an bei der Konstruktion des Projekts, denn man hatte sich entschieden, dass Hamburg selbst Bauherrin sein sollte. Man hätte aber beispielsweise entscheiden können, das fertige Projekt zu einem Festpreis per Abkauf oder per Mietkauf zu erwerben. Man ist in eine Ausschreibung gegangen, die wahrscheinlich viel zu früh gewesen ist, weil die Ausführungsplanung keinerlei Tiefe besaß. Hierbei sind dann viele Nachforderungen herausgekommen. Die ReGe, die das dann für die Stadt gemacht hat, war personell und fachlich zumindest bis ungefähr Herbst 2008 zu schwach aufgestellt. Man war überhaupt nicht in der Lage, mit den ganzen Projektänderungsmeldungen und Baubehinderungsanzeigen umzugehen; in dieser Zeit ist dort sehr viel verlorengegangen. Spätestens Anfang 2009 war dieses Manko dann behoben. Im Prinzip halte ich es für richtig, wenn die Stadt externen Sachverstand bemüht, nur dieser muss auch gesteuert werden. Wir haben erlebt, dass die Steuerung des Projekts durch die Stadt auf der ganzen Linie versagt hat, weil die Intensität des Eindringens der beteiligten Personen seitens des Senats viel zu gering war. Man hat erst ab dem Sommer 2008 den Bauausschuss der Bau KG mit mehr Sachverstand ausgerüstet. Man hat die Arbeitsgruppe Risikoabschätzung gegründet, dies aber erst gemacht, nachdem schon viel Schaden entstanden war. Man könnte noch eine Woche lang weiter aufzählen, was hier an Fehlern passiert ist, aber das will ich an dieser Stelle nicht tun.

(Beifall bei Arno Münster SPD)

Aber es ist aus unserer Sicht richtig, an dieser Stelle diese Fragen zu klären, denn das Interesse, das wir gemeinsam haben müssten, sollte nicht unbedingt das sein, was die Fraktionen machen, nämlich im Wahlkampf aufeinander einzudreschen und dem anderen die Schuld zu geben. Besser wäre es, das Ziel im Auge zu behalten, damit uns künftig eine solche Kostenexplosion erspart bleibt.

(Arno Münster SPD: Fragen Sie doch mal Herrn Hamann! – Beifall bei Jens Kerstan und Antje Möller, beide GAL)

Ich möchte noch auf einen letzten Punkt eingehen, nämlich die Informationspolitik des Senats sowohl gegenüber der Bürgerschaft als auch der Öffentlichkeit. Ich halte es für ein Debakel, dass man an

gefangen hat, dieses Projekt quasi im Fielmann-Prinzip bauen zu wollen unter dem Motto, Vati bezahlt keinen Pfennig dazu. Damals sollte das Projekt im Kaispeicher A 77 Millionen Euro kosten. Es sollte sich finanzieren durch Sponsorengelder und die Vermarktung der Mantelbebauung. Man hat immer versucht, der Stadt weiszumachen, dass es möglichst wenig kosten werde, gleichzeitig wollte man aber Weltarchitektur verwirklichen. Wenn man das Ausschreibungsangebot von HOCHTIEF von 241,3 Millionen Euro umrechnet auf einen Quadratmeterpreis, dann stellt man fest, dass man dafür normalerweise gerade einmal sozialen Wohnungsbau in Lurup machen kann. Dies ist aus meiner Sicht naiv. Jetzt bewegen wir uns bei den Gesamtkosten langsam auf 600 Millionen Euro zu und diese Differenz hat auf die Stadt wie ein Desaster gewirkt; deswegen mag auch niemand mehr davon hören. Aber wenn man diese 600 Millionen Euro ansetzt, den Quadratmeterpreis ermittelt und dies dann vergleicht mit prominenten, herausragenden Opernhäusern an anderen Stellen der Welt, dann liegen wir hiermit sogar noch ganz gut, das ist sehr erstaunlich. Deswegen müssen wir klar abwägen, wo tatsächlich Debakel passiert sind und was dann das Endergebnis sein wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Jens Kerstan und Antje Möller, beide GAL)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Wir debattieren einen Zwischenbericht, wie es auch von jedem deutlich gesagt wurde, der diesen Bericht gelesen hat. Ich weiß nicht, ob Herr Hamann ihn genau gelesen hat, aber es wurde deutlich gesagt, dass es nur ein Zwischenbericht ist. Deswegen sind alles nur Vermutungen und ich möchte betonen, dass der Arbeitsstab an diesen Stellen gut gearbeitet hat. Es sind nur erste Arbeiten möglich gewesen und deswegen sollten wir uns einvernehmlich in diesem Haus beim Arbeitsstab dafür bedanken.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Herr Hamann, das Ganze war doch kein Hackbusch-Ausschuss, ich weiß gar nicht, warum ich eben so häufig genannt wurde. Ich habe ganz eindeutig niemals gesagt, dass die Opposition beziehungsweise die SPD trottelig im PUA gewesen wäre. Ich war nicht dieser Meinung, ich finde, die SPD hat dort gut gearbeitet. Meine Kritik, die Sie zitieren, bezog sich auf einen Zustand innerhalb dieses Hauses zu einem Zeitpunkt in der vorigen Legislaturperiode. Ich war erstaunt und bin es immer noch aufgrund der Unterlagen des PUA, dass damals die Grundlagen für die Elbphilharmonie einver

(Horst Becker)

nehmlich, einstimmig und ohne kritische Fragen durchgewunken wurden. Hierauf bezieht sich meine Kritik. Was Herr Becker eben sagte, wäre schon in der letzten Legislaturperiode notwendig gewesen, nämlich bei den Grundlagen konkret nachzufragen und zu merken, dass dort irgendetwas nicht stimmt.

(Jan Quast SPD: Eben!)

Ich muss feststellen, dass damals eine Opposition gefehlt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist eine schöne Entwicklung, wenn Frau Koeppen sagt, Sie würde unserem Antrag mit einer kleinen Veränderung zustimmen. Das nehmen wir natürlich gern auf. Bei der letzten Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses hatte ich den gleichen Antrag gestellt. Wir standen aber allein damit, denn die Sozialdemokraten, die GAL und die CDU haben dagegen gestimmt. Von daher sehe ich jetzt einen gewissen Fortschritt, wir bewegen auch Sachen und darüber freue ich mich und bin ganz stolz.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Was sind jetzt die Probleme? Ich will nicht all die Fragen, die benannt wurden, noch einmal aufarbeiten, aber drei markante Punkte möchte ich aufführen.

Der erste markante Punkt bei dem gesamten Projekt ist, dass der Senat die Kontrolle über dieses Bauprojekt verloren hat – das hat übrigens die CDU in ihrem Minderheitenbericht noch einmal extra aufgeführt –, und zwar vollständig verloren. Das wird im Sachbericht festgestellt und es wird im Minderheitenbericht der CDU noch einmal aufgeführt. Das war eine große Katastrophe, denn wir wussten zwischendurch nicht, was los ist, und der Senat wusste auch nichts. Das allein reicht schon als Grund, dass diese CDU, die das so auf den Weg gebracht hat, lange nicht wieder regieren darf in dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Der zweite Punkt sind die konkreten Zahlen, die meiner Meinung nach in der Stadt noch nicht richtig diskutiert worden sind. Die gegenwärtigen Kosten für den Bau der Elbphilharmonie – wir haben es genau nachgerechnet – belaufen sich auf 565 598 927 Euro. Diese riesige Summe ist völlig anders als das, was momentan in der Stadt kommuniziert wird. Warum gibt es diesen Unterschied? Weil die Kulturbehörde immer noch eine Zahl angibt, von der sie sagt, man werde einen Teil irgendwann wieder zurückbekommen, und zwar durch Pachteinnahmen und dadurch, dass man das Hotel irgendwann gut verkaufen können werde. Eine solche Darstellung, wie die Kulturbehörde sie gegenwärtig gibt, verstößt gegen das Haushaltsrecht, denn im Haushaltsrecht sind Bürger

schaft und Senat aufgerufen, sämtliche Bruttokosten anzugeben und zu sagen, welche Probleme und Lasten die Stadt trägt. Es muss auch angeführt werden, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt und woher wieder die Einnahmen kommen. Dieses Grundprinzip einer Ehrlichkeit über Kosten und Transparenz wurde nicht eingehalten; das haben wir finanziell im Minderheitenbericht ausgeführt. Wir stehen also momentan vor dem Problem von 565 Millionen Euro, das wir lösen müssen, denn diese Zahl ist größer als die bisher diskutierten.

Wo liegt hier das Risiko? Das Risiko ist, dass die Stadt sich im Jahre 2006 nicht nur entschloss, eine Elbphilharmonie zu bauen, sondern sich zusätzlich dafür entschieden hat, noch ein Hotel dazu zu bauen. Das stand vorher überhaupt nicht zur Diskussion. Dass die Stadt ein Hotel baut mit sämtlichen Verantwortlichkeiten, wurde zwar irgendwie verschwurbelt in den Drucksachen ausgedrückt, aber nie in richtigen Zahlen und das gehört sich nicht. Derjenige, der in der Lage ist, Kostentransparenz darzustellen, muss es auch. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet und daher muss er dies einhalten. Auch das ist etwas, was dieser CDU-Senat nicht ansatzweise eingehalten hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich möchte das unterstützen, was Frau Koeppen dargestellt hat. Herr Hamann, damit müssen Sie sich auseinandersetzen. Sie können nicht einfach über einen Vorwurf, den Frau Koeppen hier völlig richtig einbrachte, nämlich dass der Senat uns hinters Licht geführt hat,

(Jörn Frommann CDU: Tüdelkram!)

hinweggehen und sagen, das sei egal, das führe man nicht an. Wo sind wir denn? Was ist das für eine Bilanz, die Sie da ziehen? Im Sachstandsbericht steht und auch wir werfen Ihnen das vor, dass der Senat, den Sie als CDU-Bürgerschaftsfraktion zu verantworten haben, die gesamte Bürgerschaft falsch informiert hat, und zwar wissentlich.

(Elke Thomas CDU: Das ist nicht wahr! – Jörn Frommann CDU: Sie haben nur Ihre ei- gene Wahrheit!)

Ein wesentlicher Punkt wurde benannt im Zusammenhang mit den Terminplänen, und zwar in der Drucksache von 2007, wo Sie gesagt hatten, diese Probleme würden gelöst. Es kann nicht sein, dass Sie dies noch nicht einmal verteidigen.

Sie müssen doch angeben, dass es irgendeinen Grund hierfür gab. Sie wollen diese Frage aber noch nicht einmal in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss untersuchen lassen – das kann doch wohl nicht wahr sein. Sie haben ein Demokratiedefizit, meine Damen und Herren von der CDU, und das gilt es aufzulösen.

(Beifall bei der LINKEN – Jörn Frommann CDU: Demokratie, Herr Hackbusch!)

Ja, in Demokratie bin ich Spezialist, Herr Frommann.

Herr Hamann hat eben erwähnt, dass er die Frage von Demokratie lieber in Expertenkreise geben wolle, aber nicht, dass wir selbst mit unseren Instrumenten so etwas demokratisch aufklären.

Ich möchte aber das Ganze beenden mit etwas Positivem zur CDU.

(Ingo Egloff SPD: Das einzig Positive ist, dass die das Ding nicht eröffnen dürfen!)

Ich habe sehr genau den Minderheitenbericht der CDU durchgelesen – ich weiß nicht, ob Herr Hamann das auch getan hat –, der in der Drucksache mit aufgeführt worden ist. In diesem Minderheitenbericht ist unter Punkt 10, Experten und Berater, eine wichtige Sache aufgeführt, die schon für sich allein eine Weiterführung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses erfordert. Dort wird ausgeführt, dass es eine erstaunlich enge Verbindung zwischen Beratungsleistung und Entscheidung gegeben habe. Das führte – um es einmal teilweise zu zitieren – zu einer

"[…]faktische(n) Verlagerung der Entscheidungsverantwortung auf externe Berater[…].

Wir sollten einmal genau nachfragen, was dort passiert ist und warum es passiert ist. Im CDU-Bericht wird auch ausgeführt, dass es entscheidend war, dass diese Berater in einer völlig unüblichen Art und Weise ausgesucht worden wären. Unter normalen Umständen hört man sich verschiedene Möglichkeiten von Juristen an, warum man welche Vertragskonstruktion macht. Der CDU-Minderheitenbericht führt aus, dass es völlig unüblich gemacht worden wäre, dass man sich nicht verschiedene Expertisen anhörte, sondern nur eine einzige Person aus einer Kanzlei ohne Ausschreibung ausgesucht worden wäre.

Hier haben wir eine entscheidende Stelle, die wir uns genauer anschauen müssen, weil die Vertragskonstruktion das Entscheidende ist, nämlich wie im Zusammenhang mit den Nachforderungen die Möglichkeiten waren. Das entscheidende Moment war, dass das Claim Management von HOCHTIEF sich obendrauf gesetzt hat, und das müssen wir uns weiterhin anschauen.

Ich denke, wir sollten die Arbeit würdigen und es dadurch tun, dass wir einen weiteren Parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern. Es geht hier um mehr, nicht nur um zu wenig Demokratie oder zu wenig Ahnung im Zusammenhang mit Haushaltsrecht, nicht um zu wenig Ahnung, wie man so etwas insgesamt organisiert und als Regierung handelt, sondern es gibt viel mehr, das wir genauer untersuchen müssten. Darauf freue ich mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Buschhüter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hamann, ich kann verstehen, dass Ihnen der Bericht überhaupt nicht gefällt, weil er ein sehr schlechtes Licht auf die Regierungspolitik dieses Senats wirft. Am liebsten hätten Sie, dass es überhaupt keinen solchen Bericht gäbe. Das haben Sie letztendlich auch zugegeben, indem Sie sagen, dass Sie eine Fortsetzung des Untersuchungsausschusses nicht wollten. Das kann es aber mit uns nicht geben.