Protokoll der Sitzung vom 11.04.2018

Für eine gute Schule brauchen wir aber auch die besten Lehrer; das ist, glaube ich, altbekannt, aber wir müssen es immer wieder sagen, denn da kann man noch nachbessern. Dazu brauchen wir Eignungstests für Lehramtsstudiengänge, Qualitätssicherung des Unterrichts und eine differenzierte

Lehrerausbildung. Hamburgs Schüler brauchen außerdem ein profilstarkes Zwei-Säulen-Modell, mehr Wissen anstelle von Kompetenzen, intensivere Förderung der MINT-Fächer und eine zügige Digitalisierung an Schulen. Machen Sie Hamburg zu einer echten Wissensmetropole, und zwar nicht nur bei der Schulausbildung, sondern auch in der Wissenschaft.

(Beifall bei der FDP)

Herr Tschentscher, Sie haben noch als Finanzsenator im rot-grünen Schulterschluss die jahrelange Unterfinanzierung der Wissenschaft mit zu verantworten. Wissenschaft in Ruinen, so nannte das einst der Präsident der Universität. Jetzt nehmen Sie 500 Millionen Euro in die Hand als Wiedergutmachung für die Vernachlässigung. Das kann und darf nicht alles sein. Exzellenz und Spitzenklasse müssen das Ziel sein. Hamburg muss im Wettbewerb um die besten Köpfe auf die internationale Agenda. Unterstützen Sie also den Transfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, zum Beispiel durch Zukunftslabore und Denkfabriken. Hamburg braucht mehr und Hamburg kann mehr.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU)

Herr Tschentscher, lassen Sie sich nicht von Ihrem Koalitionspartner ausbremsen. Nutzen Sie vorhandene Potenziale und zeigen Sie Mut und Entscheidungsfreude für Hamburg. Wenn Sie das mit Leidenschaft tun, sind wir an Ihrer Seite. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU und Peter Lorkowski AfD)

Das Wort bekommt Herr Nockemann für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Kienscherf, als neuer Fraktionsvorsitzender der SPD haben Sie sich heute ja einen Bärendienst erwiesen. Sie haben eingangs Ihrer Rede gesagt, wir hätten heute die niedrigste Kriminalitätsquote seit 15 Jahren. Rechnen wir doch einmal: 2018 minus 15 macht? 2003. Wer war im Jahr 2003 Innensenator? Der steht vor Ihnen. Herr Kienscherf, ich glaube, dass dem Herrn Pein, der einen hervorragenden Job macht im Bereich des G20-Ausschusses, so ein Fauxpas bestimmt nicht passiert wäre.

(Beifall bei der AfD und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP – Zurufe von der SPD)

Es soll ja Menschen geben, die können jede Euphorie in tote Materie verwandeln. Nein, Herr Bürgermeister Tschentscher, so begabt wie Herr Scholz sind Sie in dem Bereich sicher nicht, aber Talent dazu haben Sie sicherlich. Eine elektrisie

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

rende Rede eines Ersten Bürgermeisters erfordert nicht unbedingt rhetorisches Talent. Ich habe hier Ole von Beust erlebt 2001; viel rhetorisches Talent hatte der sicherlich auch nicht. Aber als ich seine Regierungserklärung gehört habe, war ich elektrisiert, weil er die gesamte Politik dieser Stadt, die 40-jährige SPD-Politik, von Grund auf auf neue Beine gestellt hat. Und er hat diese Stadt verändert, das muss man neidlos anerkennen.

(Beifall bei der AfD – Dr. Monika Schaal SPD: Ja, das haben wir gemerkt!)

Herr Tschentscher, Sie waren sieben Jahre Finanzsenator, Sie haben permanent mit dem kleinen Rechenschieber operiert. Heute als Bürgermeister hätten Sie beweisen können, dass Sie die Probleme dieser Stadt mit Mut, mit Weisheit, mit Weitsicht und mit Kreativität angehen können. Nichts davon, gar nichts ist rübergekommen.

Die Personalknappheit in der Justiz und bei der Polizei haben Sie indirekt mit verursacht als ehemaliger Finanzsenator. Dafür tragen Sie mit die Verantwortung. Sie sind damit auch indirekt mitverantwortlich, wenn wir heute Straftäter wegen Überziehung der Untersuchungshaft auf freien Fuß setzen müssen. Hier erwarte ich gewaltige Veränderungen.

Mit keinem Wort, Herr Tschentscher, haben Sie die Personalknappheit auch in den übrigen Bereichen des öffentlichen Dienstes angesprochen. Wie wollen Sie das verändern? Herr Kruse von der FDP sprach vorhin an, diese Stadt müsse sich im IT-Bereich gewaltig verändern. Ich frage mich: Wo wollen Sie denn diese ganzen IT-Spezialisten überhaupt herbekommen, Herr Bürgermeister Tschentscher? Auf dem freien Markt gibt es keine mehr, der freie Markt ist leergefegt. Warum? Weil die freie Wirtschaft natürlich diese IT-Spezialisten aufsammelt. Und wo ist Ihr Konzept? Davon haben wir heute nichts gehört. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die wachsende Stadt erfordert mehr als nur einen Stellenausgleich für die Menschen, die in Pension gehen, sie erfordert eine zusätzliche Stellenausstattung – kein Wort darüber von Ihnen.

Die Infrastruktur dieser Stadt liegt brach. Die Brücken und Straßen erinnern eher an Abu Dhabi als an eine westeuropäische Großstadt – aber das mag nicht nur an den Straßen liegen. Ich habe nichts davon gehört, dass Sie oder wie Sie auf diejenigen Menschen in dieser Stadt zugehen wollen, die Sorge um Sicherheit, um Heimat und Identität haben. Über die Kernaufgabe Innere Sicherheit haben Sie hier ganze drei Minuten gesprochen. Man hat Ihnen schon angemerkt, dass Ihnen das ein bisschen wehgetan hat. Das war keine Kür, das war eher Pflicht, das war eher ein Igitt-Thema für Sie. Im Gegensatz dazu wusste Ihr Amtsvorgänger Scholz bereits seit 2001, nämlich seit Schill, was es bedeutet, wenn man im Bereich der Inneren Sicherheit versagt. Diese Lektion müssen

Sie in den nächsten zwei Jahren vielleicht noch lernen.

Ich erwarte von Ihnen konsequente Abschiebungen. Ich erwarte, dass Sie in dieser Stadt auch für die eigenen Werte eintreten, dass Sie Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung der Geschlechter hochhalten. Ich habe keine Bedenken, dass Sie das tun, aber gehört habe ich heute überhaupt nichts dazu von Ihnen.

Hamburg ist weiter auch blind auf dem Auge des Linksextremismus. Was mich sehr wundert, ist: Der Innensenator hat seinerzeit bei mehreren Demonstrationen davor gewarnt, auf der rechten Seite gebe es Extremisten, man solle nicht dahin. Dann hat er – das ist ja nachzulesen – auch davor gewarnt, bei den Gegendemonstrationen gebe es Linksextremisten. Und gleichwohl fiel Frau Fegebank nichts anderes ein, als dazu aufzurufen, an den Demonstrationen teilzunehmen, von denen der Innensenator gesagt hat: Vorsicht, liebe Leute, da nehmen auch Linksextremisten teil. Herr Tschentscher, da erwarte ich, dass Sie einmal auf Ihre Zweite Bürgermeisterin ein wenig einwirken.

Ja, dann haben wir das Thema Rote Flora. Auch dazu ist ganz wenig gesagt worden – ist ja eigentlich auch kein Wunder. Denn der Bürgermeister, der ursprüngliche, der gesagt hat, nichts könne dort bleiben, wie es einmal war, der ist weg, der ist geflüchtet. Und Herr Dressel, der großartige Regelungen aushandeln wollte mit den Kollegen aus der Roten Flora, der ist auch nicht mehr da. Das Bürgermeisteramt wollte er auch nicht; so etwas nennt man kneifen. Also: Beide sind weg und nun hat man Ihnen dieses Thema vor die Füße gekippt. Da tun Sie mir richtig leid, mit der Regierungsbeteiligung der GRÜNEN da eine vernünftige Regelung treffen zu wollen. Aber das will man ja auch gar nicht mehr. Nein, man redet jetzt die Rolle der Roten Flora bei den G20-Krawallen massiv klein. Man sagt, es sei keine steuernde Funktion der Roten Flora erkennbar gewesen im Nachhinein. Nein, aber die beiden Hauptgeschäftsführer der Roten Flora, nämlich Herr Beuth und Herr Blechschmidt, die waren bei der G20-Demo "Welcome to Hell". Und einer der Polizeiführer hat im G20-Ausschuss gesagt: Die sind dann auch in dieser Demo abgetaucht und was sie dann gemacht haben, das können wir nicht mehr sagen. Also können wir gar nicht sagen, ob da steuernd eingegriffen wurde oder nicht. Aber die Rote Flora hat natürlich keine große Rolle und keine steuernde Rolle gespielt.

In dieser Stadt gibt es aus Sicherheitsgründen kein Alstervergnügen mehr, die Binnenalster ist zum Schandfleck verkommen – kein Wort von Ihnen, Herr Bürgermeister, wie Sie dem zu begegnen gedenken.

Herr Dressel hat kürzlich einmal gesagt, er werde die Belange des Parlamentarismus nicht vergessen. Es ist mir relativ egal, ob er die vergisst; er

gehört jetzt dem Senat an. Die Belange des Parlamentarismus wird Herr Dressel dort nicht berücksichtigen müssen, für die kämpfen wir hier im Haus, wir Abgeordnete. Dazu brauche ich keinen Herrn Dressel. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wird weiter das Wort gewünscht, meine Damen und Herren? Wenn das nicht der Fall ist, dann haben wir die Aussprache zur Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters beendet.

Wir kommen zu Punkt 4 unserer Tagesordnung, das ist die Wahl eines Mitglieds und die Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts.

[Senatsantrag: Wahl eines Mitglieds und eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts – Drs 21/12323 –]

Die beiden Wahlen müssen in getrennten Wahlgängen durchgeführt werden und wir beginnen naturgemäß mit der Wahl eines Mitglieds des Verfassungsgerichts.

Da das Gesetz eine geheime Wahl vorschreibt, wählen wir wie immer in Wahlkabinen; Sie kennen das Verfahren. Frau Yilmaz und Herr Kreuzmann werden Sie gleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Sie gehen bitte zur Kanzleibank, nehmen Ihren Stimmzettel entgegen und füllen ihn in einer der Wahlkabinen aus. Die Stimmzettel enthalten jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Bitte machen Sie nur ein Kreuz auf Ihrem Stimmzettel, und zwar in einem der vorgesehenen Kästchen, alles andere macht den Stimmzettel ungültig. Dann begeben Sie sich bitte zur Wahlurne und werfen Ihren Stimmzettel dort hinein. – Herr Kreuzmann, bitte beginnen Sie.

(Der Namensaufruf und die Wahlhandlungen werden vorgenommen.)

Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? – Dann stelle ich fest, dass alle Mitglieder des Hauses aufgerufen worden sind und die Stimmabgabe …

(Vizepräsidentin Antje Möller: Frau Schnei- der!)

Frau Schneider? Ist aber aufgerufen worden.

(Vizepräsidentin Antje Möller: Frau Vértes- Schütter auch!)

So, die Damen. – Alle Mitglieder sind aufgerufen worden und die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Wir werden die Stimmen jetzt auszählen und für

die Dauer der Auszählung ist die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 17.56 Uhr

Wiederbeginn: 18.03 Uhr

Meine Damen und Herren, wir haben ein Ergebnis. Bitte nehmen Sie doch Ihre Plätze wieder ein.

(Glocke)

Noch einmal die Bitte, Ihre Plätze wieder einzunehmen, dann können wir das Ergebnis verkünden. Das gilt auch für den Senat.

(Glocke)

Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt.

Bei der Wahl eines Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichts sind 107 Stimmzettel abgegeben worden. Einer war ungültig, somit liegen 106 gültige Stimmen vor. Frau Elisabeth Kreth erhielt 98 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Kommen Sie bitte herein und hier nach vorn in unsere Mitte.

Liebe Frau Kreth, Sie sind soeben von der Hamburgischen Bürgerschaft zum Mitglied des Verfassungsgerichts gewählt worden. Dazu darf ich Ihnen die Glückwünsche des ganzen Hauses aussprechen und Sie zunächst fragen, ob Sie die Wahl annehmen.

Elisabeth Kreth: Ich nehme die Wahl an.

Das freut uns sehr. Als bisheriges vertretendes Mitglied des Gerichts haben Sie den erforderlichen Eid nach Paragraf 7 des entsprechenden Gesetzes bereits geleistet, wir brauchen Sie also nicht erneut zu vereidigen.