Protocol of the Session on October 20, 2021

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Das Schlagwort, das haben Sie schon gehört, ist vernetzte Mobilität. Wie wir schon wissen, ist Hamburg vom Digitalverband Bitkom erneut als smarteste Stadt ausgezeichnet worden. Und warum? Weil es unter anderem mit den Apps wie hvv switch gelungen ist, für alle Verkehrsteilnehmer:innen Mobilität aus einer Hand zu kreieren und die Möglichkeit zu geben, aus allen Verkehrsmitteln die für sie schnellste Route auswählen zu können. So kann es gelingen, das Verkehrsnutzungsverhalten nachhaltig zu verändern. So kann es gelingen, den motorisierten Individualverkehr zu minimieren, und so kann letztlich Mobilitätswende gelingen.

(Beifall)

Dies ist nur ein Beispiel von vielen, was deutlich macht, wie innovative Lösungen im Reallabor erprobt und daraus konkrete Handlungsempfehlungen für die klimagerechte Umgestaltung des Mobilitätssystems abgeleitet werden können. Doch es geht um mehr als das. Hier werden darüber hinaus Leuchttürme geschaffen, die ihre Strahlkraft auch über Hamburgs Grenzen hinaus haben, die Hamburg zu einem attraktiven Standort machen, gerade für Start-ups aus dem Bereich der Mobilität, weil sie wissen, dass sie in Hamburg ein geeignetes und gutes Ökosystem vorfinden, um ihre Ideen zu entwickeln und voranzutreiben. Und diese Startups wiederum brauchen wir, um Innovationen in unserer Stadt zu schaffen und zu gewährleisten, dass Hamburg auch weiterhin ein starker Wirtschaftsstandort bleibt.

(Beifall)

Und genau aus diesem Grund muss Hamburg weiterhin Modellregion im Bereich Mobilität bleiben. Lösungen zu finden, die für die gesamte Bevölkerung nachhaltige, sichere, effiziente und bezahlbare Angebote für Mobilität machen, das ist unser Weg. Es wird kein leichter Weg, aber es wird ein smarter Weg werden. – Vielen Dank.

(Beifall)

Das Wort bekommt erneut Herr Seelmaecker für die CDU-Fraktion.

(Gerrit Fuß)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Das ist in der Tat eine wunderbare Ablenkung gewesen. Kommen Sie doch einmal in der Realität an. Es ist ja schön, einen Kongress und ein paar vernünftige Projekte, die zukunftsweisend sein mögen, zu haben, aber wir müssen uns jetzt doch einmal mit der Realität befassen. Das kann doch nicht wahr sein.

Früher gab es eine Anwohnerparkzone. Weshalb gab es die? Die gab es am Flughafen, weil sämtliche Parker dort nicht ins Parkhaus wollten, und dann haben uns die Ausländer das Wohngebiet in Fuhlsbüttel, Langenhorn entsprechend vollgeparkt. Da gab es einen Parkdruck. Und was machen Sie? Sie missbrauchen heute dieses Instrument des Bewohnerparkens zur Verdrängung. Und wissen Sie, was Sie tun? In 23 von 35 Zonen, die Sie heute geschaffen haben, geben Sie erheblich mehr Ausweise aus, als es Stellplätze gibt. Herr Kienscherf, dazu kommt noch, dass es auch Besucherausweise gibt, die natürlich auch zu berücksichtigen sind. Dazu kommt auch noch, dass die Zahlen für die Kfz-Zulassungen zunehmen. Also gibt es mehr Bedarf und nicht weniger. Dazu kommt noch, dass Sie die Situation der Parkplätze an der Stelle weiter verschärfen, weil Sie noch weitere Parkplätze abbauen. Dazu kommt noch, dass Sie für nicht gewährleistete Stellplätze dann auch noch abkassieren. Und dazu kommt auch noch, dass Sie die Gebühren in diesem Jahr zum zweiten Mal erhöhen. Da frage ich mich: Wer in der Behörde hat eigentlich irgendwas gerechnet? Waren da irgendwelche Leute in geistiger Umnachtung und haben gesagt, sie bräuchten einmal einen großen Nachschlag, sie hätten sich völlig vertan? Es würde mich einmal sehr interessieren, wie Sie da auf welche Rechnung kommen. Und dazu kommt noch, dass gewerbetreibende Handwerker immer noch keine vernünftigen Möglichkeiten haben, um Parkgenehmigungen zu erhalten. Der Verdrängungsdruck, den Sie letztlich auf die Nachbarbewohnerparkplätze ausüben, der kommt noch mal oben drauf. Das Ganze garnieren Sie dann auch noch – ich zitiere aus der "Bild"-Zeitung vom 19. Oktober den Sprecher der Behörde –:

"Den Menschen in den Anwohnerparkgebieten ist sehr bewusst, dass ein Anwohnerparkplatz nicht mit einem eigenen festen Stellplatz gleichzusetzen ist."

Sie schaffen erst Probleme, die die Menschen gar nicht haben, dann knüpfen Sie ihnen auch noch Geld ab für eine Lösung, die untauglich ist. Das grenzt an politischen Eingehungsbetrug. Nichts anderes ist das.

(Beifall)

Und noch etwas: Gebühren sollen einen Aufwand decken. Das bedeutet, Sie wollen das, was Sie an Verwaltungsaufwand haben, dort abdecken. Was Sie hier machen, ist eine rechtswidrige Erwägung,

denn Sie stellen die Kosten für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in die Kosten für die tatsächliche bauliche Herstellung mit ein. Die Kosten für die tatsächliche bauliche Herstellung nehmen Sie den Menschen ab durch die Anliegerbeiträge, wenn Sie die Sachen herstellen – erstens. Und zweitens: Die Gebühren für die Ordnungswidrigkeiten nehmen Sie den Leuten ab, wenn Sie ihnen das Ticket schreiben. Da sind nämlich sowohl die Bußgelder drin als auch der Verwaltungsaufwand. Wer so etwas berechnet, Herr Kienscherf, der macht sich fast schon strafbar.

(Beifall)

Sie sollten sich was schämen, Herr Kienscherf. Sie sollten im Grunde genommen da einmal eingreifen und zusehen, was da passiert, dass das so nicht geht. Wie es geht, zeigt Schwarz-Grün in Eimsbüttel: Quartiersgaragen bauen, Tiefgaragen bauen.

(Lachen)

Lachen Sie nicht.

Und stellen Sie bitte endlich ab, den Verkehr von Gewerbetreibenden mit individualisiertem motorisierten Kfz-Verkehr zu vergleichen. Das kann man nicht gleichsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall – Erste Vizepräsidentin Mareike En- gels übernimmt den Vorsitz.)

Dann hoffen wir mal, Herr Seelmaecker, dass die Menschen aus Pinneberg und Seevetal Ihren Versprecher im ersten Teil der Rede nicht gehört haben, und fahren fort in der Redeliste. Da haben wir Herrn Nockemann für die … nein, Frau Sudmann, Entschuldigung, ja natürlich, Frau Sudmann für DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben jetzt viele smarte Reden gehört, mit Ausnahme der CDU, die sich komplett der Zukunftsdebatte verweigert; wer weiß, woran das liegt. Aber Sie haben das sehr gut wahrgenommen, Herr Tjarks und auch Herr Fuß. Wir als LINKE sind nicht generell gegen Digitalisierung, auf gar keinen Fall, das haben Sie genau herausgehört und glücklicherweise auch meine kritischen Fragen durchaus bestätigt. Autonomes Fahren kennen wir schon lange, kennen wir in der U-Bahn, kennen wir in Nürnberg, wo überall schon lange autonomes Fahren ist, aber im Autoverkehr ist es etwas anderes. Und, Herr Tjarks, Sie haben bestätigt, es gibt die Gefahr, dass mehr Verkehr kommt, dass auch mehr Leerfahrten kommen. Daher lautet doch die Frage: Wie gehen wir eigentlich damit um? Wir haben gehört, dass dieses neue Selbstfahrservicesystem, so haben Sie es genannt, in Außengebieten angewandt werden soll. Ich wäre heilfroh, wenn wir in Hamburg endlich einmal bessere Angebote in den Außengebieten bekommen, wo der ÖPNV teilweise nicht mit der Lupe zu fin

den ist, und dort die Menschen auf ihr eigenes Auto verzichten können. Nur erinnere ich mich daran, dass bei MOIA die Argumentation ähnlich war, MOIA sei klasse und man brauche das eigene Auto nicht mehr. MOIA hat sich nur den inneren Bereich der Stadt ausgesucht, weil es da viel Geld zu verdienen gibt. Und ich habe nicht gehört, dass Ihr Anbieter Vay wirklich nur in den Außenbereich geht. Ich weiß nicht, ob Sie auch gelesen haben, wie das funktionieren soll. Sie bestellen sich ein Auto, das wird Ihnen vor die Tür geliefert, dann können Sie losfahren, können einen Liter Milch, ein Kilo Mehl kaufen und kommen wieder zurück, haben keine Parkplatzprobleme. Das kann doch nicht das Ziel sein. Sie machen es dadurch doch noch viel, viel einfacher, dass noch mehr Leute sagen: Warum soll ich eigentlich die 300 Meter bis zum nächsten Supermarkt gehen? Ich kann das Auto nehmen. Und wenn Sie jetzt sagen, das sei Quatsch, dann möchte ich einmal all die Leute fragen, die in der Nähe von den Gorillas und von Flink und so weiter wohnen. Wenn Sie sehen, was dort geliefert wird, wie viel Verkehr dadurch entsteht, dass es die Möglichkeit gibt, sich mal eben seinen Becher Sahne oder seine Flasche Bier oder sonst was zu holen, was man vorher vergessen hat, dann werden wir gemeinsam die Frage stellen müssen: Wie können wir mit diesen Entwicklungen umgehen, wie kriegen wir das hin, was wir wollen? Wir wollen nicht noch mehr Verkehr auf der Straße haben. Und ich habe den Eindruck, Sie alle sind der Meinung, dass nur Angebote helfen, die alle schon annehmen werden, weil ja alle sehr vernünftig sind. Es gibt da einen sehr schönen Spruch aus der Soziologie, der heißt: verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre. Und das erleben Sie, wenn Sie sehr viele Leute fragen. Sehr viele werden Ihnen sagen, sie hätten kein Problem, auf das Auto zu verzichten, nur real fahren sie weiterhin mit dem Auto. Deswegen müssen wir da wesentlich mehr tun.

Und was Sie als Ermöglichungsbehörde überhaupt nicht im Blick hatten: Sie haben überhaupt nicht darüber gesprochen, was das eigentlich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heißt. Herr Schmidt hat hoffentlich die ver.di-Demonstration mitbekommen. Ver.di hat darauf hingewiesen, dass wir auch im ÖPNV Arbeitsplätze brauchen, dass wir auch Menschen brauchen, die ansprechbar sind, dass wir auch Menschen brauchen, die weiterhelfen, und dass wir auch gute Arbeitsplätze brauchen. All das ist bei Ihnen sehr untergegangen. Deswegen: Hoffentlich werden wir diese Debatte noch sehr, sehr oft führen. Ich wünsche mir, dass die Ermöglichungsbehörde der BVM jetzt erst einmal anfängt, den Straßenraum neu aufzuteilen, für Busspuren sorgt, für Tempo 30 sorgt und für mehr Sicherheit für alle sorgt. – Vielen Dank.

(Beifall)

Es erhält nun das Wort Herr Nockemann für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Sudmann, wenn Sie über Autoverkehr reden, dann fällt bei Ihnen immer der Begriff, das habe nichts mehr mit Lebensqualität zu tun, sondern Autoverkehr stehe irgendwie auch gegen Lebensqualität. Wissen Sie, das sind Ihre Vorstellungen von Lebensqualität. Hören Sie doch bitte auf, allen Bürgern Ihre Vorstellung von Lebensqualität überzustülpen.

(Beifall)

Die Menschen haben doch völlig andere Vorstellungen von Lebensqualität als eine linke Funktionärin.

Und, sehr geehrter Herr Fuß, ich bin ein alter weißer Mann, und eigentlich fördere ich die Jugend sehr gern. Ich bin kein Belehrungs-Opa, aber ich komme bei Ihnen leider nicht umhin, Sie jetzt wirklich einmal grundsätzlich zu kritisieren, und zwar schulmäßig. Sie sprachen vorhin davon, was Parkplätze denn mit Verkehr zu tun haben. Was haben Parkplätze mit Verkehr zu tun? 30 Prozent aller Straßenverkehrsbewegungen in dieser Stadt, das haben Studien ergeben, resultieren daraus, dass die Autofahrer Parkplätze suchen. Macht es jetzt klick, verstehen Sie jetzt, was Parkplätze mit Verkehr zu tun haben?

(Gerrit Fuß GRÜNE: Nein!)

Sehen Sie, das Schlimme ist, dass Sie das, was Sie gesagt haben, auch noch so meinen. Sie meinen wirklich, dass Parkplätze nichts mit Verkehr zu tun haben. Das ist grottenschlecht, und da frage ich mich, was Sie als verkehrspolitischer Sprecher überhaupt so machen.

Quartiersgaragen werden von Links-Grün und auch von Teilen der SPD verlacht. Aber wissen Sie eigentlich, dass selbst im Bezirk Mitte zuständige SPD-Vertreter mehr Quartiersgaragen fordern? Die haben das durchaus erkannt, dass Garagen, dass Parkplätze auch etwas mit Verkehrsfluss zu tun haben. Vielleicht können Sie Ihre grünen Kollegen einmal entsprechend zurechtweisen.

Dann bin ich ja vorhin im Redefluss unterbrochen worden. Ich hatte noch 20 Sekunden Zeit, aber durch Ihren gewaltigen Applaus konnte ich meine Rede nicht zu Ende führen. Deswegen komme jetzt noch einmal dazu.

(Beifall)

Frau Fegebank sagte …

(Beifall)

Ja, dann komme ich halt noch ein drittes Mal. Mein Gott, ist das billig, ist das billig.

(Heike Sudmann)

Frau Fegebank sagte mir, es sei wichtig, immer im Blick zu haben, dass die Bedürfnisse von Frauen auch beim Verkehr mit berücksichtigt werden. Und mir ist es jetzt ein Bedürfnis, hier einmal die "Bild"Zeitung zu zitieren. "Bild" schreibt:

"Wenn es nach Gleichstellungssenatorin Fegebank geht, sind Frauen offenbar zu ungeschickt, um einen Autositz einzustellen oder auch den Gurt einzustellen. Nur so und nicht anders ist es zu erklären, dass Fegebank immer noch an den 'Prototyp Verkehrsteilnehmer männlich' glaubt. Was für ein fehlgeleitetes, ideologisch geprägtes Weltbild. Männer machen brummbrumm, Frauen fahren brav ÖPNV."

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Mareike Engels (unterbre- chend): Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Nockemann.

Ja, ich habe verstanden.

(Beifall)

Mir liegt nun doch eine weitere Meldung vor. Jetzt habe ich schon die Uhr umgestellt, aber es geht auch schnell wieder zurück. – Frau Sudmann erhält das Wort.

Ich will noch einmal ein Wort sagen zum Thema Abzocke der Anwohner:innen beim Parken, weil es eines der zukunftsweisenden Themen der CDU ist und Herr Seelmaecker und die CDU nicht müde werden zu sagen, die Leute bezahlten viel zu viel fürs Parken.

Also erstens: Herr Seelmaecker, wenn Sie Ihr Herz dafür entdecken sollten, dass Menschen nicht übermäßig belastet werden, dann sollten Sie feststellen, dass die ÖPNV-Preise in den letzten Jahrzehnten wesentlich stärker gestiegen sind als die Parkgebühren. Da bin ich sofort an Ihrer Seite und sage, der ÖPNV muss viel, viel günstiger und kostenfrei werden. Das machen Sie aber nicht. Und wenn wir über Zukunft reden, geht es auch darum, wie eigentlich der Autoverkehr gefördert wird oder wer was zahlt. Da Sie gerade Ihr soziales Herz entdecken, will ich Ihnen einmal einige Sachen zitieren, die in einer Diskussionsrunde – ich weiß gar nicht mehr genau, wo – von verschiedenen Verkehrswissenschaftlern, in diesem Fall von dem Ökonomen Matthias Runkel, dargestellt wurden. Die obersten 20 Prozent in der Einkommensverteilung kassieren 40 bis 50 Prozent der Subventionen im Verkehrsbereich. Wir reden hier nicht über Peanuts, wir reden hier über 8,2 Milliarden Euro für