Protokoll der Sitzung vom 13.12.2022

(Sören Schumacher SPD: Aber nur bei CDU-Anträgen!)

Ihre sogenannte Sauberkeitsoffensive erreicht manche Teile der Stadt gar nicht. Gerade in der dunklen Jahreszeit beschweren sich immer mehr Bürger, wie dunkel es an den Ecken in Hamburg ist. Sie leuchten keine Gehwege mehr aus, es kümmert sich keiner mehr um die Fußwege. Die Zahl der öffentlichen Toiletten nimmt ab, sie ist auch viel zu gering in einer älter werdenden Gesellschaft. Auch hier haben Sie die Zuständigkeiten den Bezirken weggenommen. Und das Einzige, was man Ihnen zugutehalten muss, ist, dass Sie jetzt unseren Antrag aufgenommen haben, die Klönbänke einzuführen. Die heißen bei Ihnen jetzt Freundschaftsbänke. Ob ich jetzt gleich mit jedem Freundschaft schließen will, der neben mir auf der Bank sitzt, wage ich zu bezweifeln, aber das geht ja in die richtige Richtung, da haben Sie unsere Idee fast 1:1 übernommen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Bei den Spielplätzen sieht es auch nicht besonders aus. Wir haben gute Spielplätze in Hamburg, aber ich will Ihnen ein Beispiel nennen: In Harburg gibt es 65 Spielplätze, und gerade einmal zehn bekommen von Ihnen selbst das Qualitätsmerkmal Gut attestiert, alle anderen sind maximal ausreichend. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Hygienekontrollen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Kitas, Lebensmittelkontrollen, da kommen Sie gar nicht mehr hinterher, und auch nicht mit den schulärztlichen Untersuchungen. Ihr Haushalt für die Bezirke reicht nicht aus, wird den vielfältigen Aufgaben nicht gerecht, und deshalb lehnen wir ihn auch ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Frau Quast für die SPD-Fraktion.

Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Trepoll, wir reden mit den Bezirken, genau das haben wir getan. Schon vor der Haushaltsaufstellung, das habe ich auch damals, als wir über die Einbringung hier gesprochen haben, gesagt, haben wir mit jedem Bezirksamt, mit jeder Bezirksamtsleitung über eine Stunde gesprochen. Wir haben deshalb einen Haushalt aufgestellt, der sich sehen lässt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Bedeutung der kommunalen Ebene für das Funktionieren unserer Demokratie kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, denn alle wichtigen Themen, alle großen Herausforderungen kommen am Ende bei der Umsetzung in den Bezirken an. Sei es der Wohnungsbau, die Unterbringung und Integration geflüchteter Menschen, sei es die Frage der Entwicklung unserer Quartiere oder die Organisation einer guten Jugendhilfe oder auch die Umsetzung der Digitalisierung von Verwaltung, all das findet in den Bezirken statt. Die kommunale Ebene spielt auch mit ihrer Bürgerbeteiligung und den bezirklichen Gremien die wesentliche Rolle bei der Festigung unserer parlamentarischen Demokratie, indem sie einbindet, indem sie moderiert und Nachwuchs rekrutiert und auch bindet. Wie wichtig das ist, haben wir gerade in den letzten Tagen wieder gesehen, als diese unsäglichen Umtriebe der selbsterklärten Reichsbürger:innen öffentlich wurden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Haushalt für die Bezirke, den wir hier heute zur Abstimmung stellen, trägt dieser Rolle für das Funktionieren unseres Gemeinwesens Rechnung. Dieser wächst um etwa 10 Prozent im Vergleich zum vergangenen Doppelhaushalt oder auch um insgesamt 102 Millionen Euro für 2023 und 2024. Dabei ist die wichtigste Nachricht, dass das Personal in den Bezirksämtern ausfinanziert wurde und damit wirkliche Planungssicherheit für die Bezirksämter besteht. Und, lieber Herr Trepoll, das hat es auch bei der CDU-Regierung nicht gegeben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Damit diese ausfinanzierten Stellen auch tatsächlich besetzt werden können, hat meine Fraktion erstens dafür gesorgt, dass die städtische Personalgewinnungskampagne erweitert und explizit auf die besonderen Bedarfe der Bezirke ausgerichtet wird. Denn für diesen Bereich das richtige Personal zu finden, ist besonders schwierig, das wissen wir alle.

(André Trepoll)

Zweitens wollen wir die Arbeitsfähigkeit der zubenannten Bürgerinnen und Bürger stärken, indem wir auch für sie einen Zuschuss für die IT-Ausstattung einführen. Dieses dient der Anerkennung ihrer wertvollen Arbeit und ermöglicht Teilhabe.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Drittens sorgen wir als Koalition dafür, dass 2023 und 2024 ein Fonds für die Umsetzung der neuen Formate der Bürgerbeteiligung, welche wir während der Coronapandemie eingeführt haben, zur Verfügung steht, weil wir wissen, dass Beteiligung die Akzeptanz von Prozessen und Entscheidungen positiv beeinflusst und damit nämlich unsere Demokratie festigt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit dem heute vorgelegten Haushaltsplan stärken wir unsere Bezirke nachhaltig. Wir sorgen dafür, dass das Personal ausfinanziert ist, dass neues Personal rekrutiert werden kann, wir finanzieren die zusätzlichen Bedarfe für Schutzsuchende, wir sichern die Projekte in den Quartieren mithilfe des Quartiersfonds, wir ermöglichen die weitere konsequente Umsetzung der Digitalisierung von Prozessen und Dienstleistungen, und wir stärken die Beteiligung innerhalb und außerhalb der bezirklichen Gremien. Alles in allem gehen unsere Bezirke aus diesen Haushaltsberatungen rundum gestärkt hervor und sind gut gerüstet für die kommenden, ich hoffe, nicht ganz so extrem herausfordernden Jahre, die vor uns liegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt erhält das Wort Frau Kern für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg:innen! Die Bezirksämter mit ihren etwa 7 000 Beschäftigten sind ganz dicht am Puls unserer Stadt. Sie spüren die Auswirkungen der Veränderungen und Krisen der vergangenen Jahre am unmittelbarsten. Sie sind in einer Vielzahl von Belangen die Schnittstelle zwischen Stadt und Städter:innen. Um der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu begegnen, tritt zum Beispiel zum 1. Januar des nächsten Jahres mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz eine umfangreiche Wohngeldreform in Kraft. Für bis zu 2 Millionen Haushalte wird es mehr Wohngeld geben, fast 25 000 Personen werden schätzungsweise neu in Hamburg wohngeldberechtigt sein. Für die Auszahlung der Leistungen, auch an die zusätzlichen Leistungsempfänger:innen, sind die Bezirksämter zuständig. Darüber hinaus werden in den Bezirksämtern natürlich Aufgaben wie das Pass- und Meldewesen, die Bearbeitung von Kitagutscheinen und Leistungen der Standesämter weiterhin tagtäglich in gewohnter Qualität erledigt.

Um in Zukunft eine effektive Arbeitsweise in den Kundenzentren gewährleisten zu können, haben wir uns auf den Weg gemacht, die Organisationsstruktur der Kundenzentren grundlegend zu reformieren. Gebündelt im HamburgService, werden sie künftig von nur einem Intendanzbereich aus geleitet. Anders als oft herbeigeschrien, wird dies nicht zu einer schlechteren Erreichbarkeit in der Fläche führen, im Gegenteil,

(Beifall bei den GRÜNEN)

wir verschlanken die Verwaltungsstrukturen, den Kopf, damit wir langfristig mit einem breiten Angebot sehr nah an den Bürger:innen vor Ort sein können. Im Übrigen ist das auch der Grund, warum wir in Digitalisierung investieren, denn die Bürger:innen sind zunehmend auch digital unterwegs, also vor Ort im Internet. Auch das wird dazu führen, dass wir mehr leisten und dichter an unseren Hamburgerinnen und Hamburgern dran sein können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Weil all das von qualifizierten und motivierten Menschen in den Bezirksämtern gemacht werden muss, stellen wir den Bezirken in diesem Doppelhaushalt 250 000 Euro jährlich für die Mitarbeitendengewinnung zur Verfügung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Arbeit der Bezirksämter wird sehr entscheidend auch von der Bezirkspolitik geprägt. Die Bezirksversammlungen geben Impulse und begleiten die Arbeit der Fachämter kritisch. Die Fülle der Themen sowie die Komplexität der zu bearbeitenden Sachverhalte, mit denen die ehrenamtlich tätigen Bezirkspolitiker:innen befasst sind, steigen kontinuierlich. In ihrer Arbeit werden die gewählten Mitglieder der Bezirksversammlung an vielen Stellen von sogenannten zugewählten oder zubenannten Bürger:innen unterstützt. Diese sehr niedrigschwellige Möglichkeit, sich politisch zu engagieren, ohne für ein Mandat zu kandidieren und ohne zwangsläufig Mitglied in einer Partei sein zu müssen, ist elementar wichtig für unsere Demokratie. Diese Bürger:innen unterstützen durch ihre fachliche Expertise und bereichern die Bezirkspolitik um viele weitere diverse Perspektiven. Um diesen Menschen eine adäquate technische Ausstattung zu ermöglichen, haben wir in diesem Haushalt verankert, dass mit Beginn der nächsten Wahlperiode 2024 Zugewählten eine IT-Pauschale von einmalig 600 Euro zukommen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Doch nicht nur Politik trägt das Leben in unseren Quartieren, es sind die Bürger:innen, die Hamburger:innen selbst, die ihre Nachbarschaften gestalten möchten. Die Bezirke führen schon heute verschiedenste Beteiligungsverfahren im Zusammenhang mit Bebauungsplänen, mit Fahrradinfrastruktur, mit allem Möglichen durch. Diese Beteiligun

(Anja Quast)

gen sind besonders deshalb sinnvoll und wichtig, weil sie eben auch in den Bezirken stattfinden, weil die Beteiligung der Menschen vor Ort an den sie betreffenden Veränderungen sehr wichtig ist für die Akzeptanz und das Gelingen dieser Maßnahmen. Damit aber nicht immer nur die gleichen Bürger:innen mit den immer gleichen Methoden und dann logischerweise auch mit ähnlichen Ergebnissen beteiligt werden, bedarf es der Professionalisierung. Deshalb unterstützen wir auf grüne Initiative hin die Bezirke in diesem Haushalt wieder mit Mitteln für Beteiligung: 170 000 Euro jährlich für die Schulung von Verwaltungsmitarbeiter:innen in Konzeption, Durchführung, Auswertung und Moderation von Bürgerbeteiligungsverfahren und für Maßnahmen zur Erarbeitung von reproduzierbaren, innovativen Beteiligungsverfahren in den Bezirken.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In den vergangenen Jahren wurden immer neue Fachaufgaben ohne die dafür notwendigen Ressourcen in die Zuständigkeit der Bezirke gegeben. Diese strukturelle Unterfinanzierung der Bezirke hat sie nachhaltig geschwächt. Die rot-grüne Regierungskoalition hat dies mit dem in diesem Herbst beschlossenen Pakt für starke Bezirke beendet. Die Bezirke sind nun so finanziert, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben meistern können, aber neu auf die Bezirke zukommende Aufgaben künftig mit den entsprechenden zusätzlichen Ressourcen hinterlegt werden müssen. Dieser Pakt für starke Bezirke und der zur Abstimmung stehende Doppelhaushalt stärken unsere Bezirksämter und Bezirksversammlungen substanziell. Eine starke Stadtgesellschaft braucht eine starke Bezirksverwaltung als Ansprechpartnerin und Servicestelle, als Innovationstreiberin und Veränderungsumsetzerin. Dafür sind die Bezirke gut gewappnet. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Frau Ensslen erhält das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, liebe Kolleg:innen und Zuhörende! Ich habe irgendwie den Eindruck, dass hier mehrere Welten aufeinanderprallen; jedenfalls scheinen wir hier über unterschiedliche Haushaltsentwürfe zu reden. Ich habe eher den Eindruck, dass der künftige Haushalt eben gerade nicht alles neu macht. Für die Bedeutung der Bezirke für eine bürgernahe und erlebbare Demokratie in unserer Stadt sind erneut und wider besseres Wissen keine haushaltspolitischen Maßnahmen hinterlegt. Der Blick in die letzten beiden Doppelhaushalte und der ernüchternde Blick in den hier vorgelegten neuen Doppelhaushalt zeigen, dass die Geldmittel, die den Be

zirken zur Verfügung gestellt werden, bei Weitem nicht für einen guten Bürger:innenservice, nicht einmal für einen auskömmlichen Service reichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es macht auch keine Hoffnung, dass die Haushaltsmittel in der Vergangenheit immer wieder während der Haushaltsperiode erhöht werden mussten. Der Senat rennt Notwendigkeiten hinterher; von Stärkung der Bezirke kann keine Rede sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Haushaltsplan-Entwurf – die Corona-Sondereffekte sind hier schon ausgeklammert – liegt unter den Haushaltsmitteln, die 2016 bis 2019 zur Verfügung gestellt wurden. Und bevor hier Protest aufkommt: Gemeint sind die tatsächlichen, nicht die ursprünglich geplanten Zahlen. Statt von der Kreativität und der Bürger:innennähe der Bezirke zu profitieren, die genau wissen, wo es brennt, werden die Zuweisungsschlüssel der Einzelbehörden wie in Stein gemeißelt beibehalten. Die Zuweisungen werden weitestgehend eingefroren und gedeckelt. Von bedarfsgerechten Zuweisungen ist dieser Haushalt weit entfernt.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso wie schon bei den vorhergehenden Haushalten erweist sich der Senat als fortgesetzt lernunwillig.

(Beifall bei der LINKEN)

Einige Beispiele: Die Kosten der Stadtteilkultur stechen noch mit einer Erhöhung von sage und schreibe knapp 1,5 Prozent hervor. Der Rest ist entweder rechtlichen Anforderungen geschuldet, wie beim Wohngeld, oder stagniert, wie bei der Senior:innenarbeit, dem Gesundheitsschutz, dem Hochwasserschutz, und das ließe sich weit über die Redezeit hinaus fortsetzen. Hinzu kommen die Kürzungen bei den Rahmenzuweisungen Gewässer oder dem Naturschutz und der Grünplanung. Dieser Haushalt ist für die Bezirke angesichts der Inflation und der seit Jahren unzureichenden Ausfinanzierung erneut ein Tiefpunkt für die Wahrnehmung der ihnen verbliebenen Aufgaben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass es anders geht, zeigen die Kundenzentren. Am Schnittpunkt zu den Bürgerinnen und Bürgern wurde investiert und die Servicequalität erhöht. Über die unendliche Geschichte bis zu diesen dringend notwendigen Maßnahmen hülle ich mich hier einmal in Schweigen. Man kann sich über die vom Senat veröffentlichte Zufriedenheitsumfrage streiten. 93 Prozent der Kundinnen und Kunden waren demnach zufrieden oder sehr zufrieden mit ihren Kundenzentren. Aber was ist die Konsequenz? Statt den Bezirken dauerhaft das Geld für den Betrieb der Kundenzentren zur Verfügung zu stellen,

(Lisa Kern)