Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Trotzdem haben wir mehrfach Anläufe und Bemühungen unternommen, hier zu einer einvernehmlichen Lösung beizutragen, denn der Verursacher des Problems war ja immerhin die öffentliche Verwaltung. Ich muss aber sagen, das war das erste Mal, wo wir so richtig an unsere Grenzen gekommen sind und nichts bewegen konnten. Und, meine Damen und Herren, diese Erfahrung ist sehr schmerzhaft.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Einen weiteren Fall, dessen Abschluss ich als sehr unbefriedigend empfand, möchte ich hier auch noch einmal skizzieren: Es handelt sich hierbei um die laufende Nummer 3 der Beschlussempfehlung. Da beleiht eine Petentin ihr Grundstück mit 500.000 D-Mark in gutem Glauben darauf, dass dieses Land Bauland werden wird. Die Sparkasse leiht ihr dieses Geld auch problemlos, doch nach einer gewissen Zeit wird ein Zwangsversteigerungsverfahren in Gang gesetzt. Obwohl die Hauptgläubigerin, die Sparkasse, auf einen Zwangsversteigerungstermin verzichtet, besteht die Stadt als Nebengläubiger wegen nicht bezahlter Grundsteuern in Höhe von circa 5.000 Euro auf diesem Termin. Bei diesem Termin erwirbt eine 75-prozentige Tochter dieser Stadt das Gelände für 35.000 Euro. Da fällt selbst dem absoluten Laien auf dem Gebiet des Grunderwerbs und der Zwangsversteigerung auf, dass hier etwas – ich will es einmal sehr vorsichtig ausdrücken – komisch oder danebengegangen ist. Nur dieses tatsächlich auch nachzuweisen, das ist sehr schwierig und auch nicht unsere Aufgabe.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Das will ich auch ganz ausdrücklich sagen. Daher konnten wir nichts anderes machen, als den Fall mit der Bemerkung abzuschließen, dass der Petentin leider nicht geholfen werden kann. Das tut auch einmal weh, wenn wir so etwas feststellen müssen. Das waren zwei negative Beispiele. Es gibt aber immer auch positive Ergebnisse und Rückmeldungen und auch über diese möchte ich berichten.

Wir hatten kurz hintereinander ähnlich gelagerte Petitionen, in denen es darum ging, dass Bauwillige bereits vorhandene Wohnhäuser innerhalb des Waldabstandsgebietes erweitern oder eine Garage errichten wollten. Es kam zu recht merkwürdigen Gewichtungen bei der Begründung der Sachverständigen. So wurde die Genehmigung zum Bau einer Garage mit der Begründung versagt, die Gefahr durch Brand oder Windwurf sei zu groß, während die Bewohner im Haus, das näher am Wald stand, weiterhin der Gefahr ausgesetzt bleiben durften. Überspitzt könnte man sagen: Einem Auto wurde mehr Schutz gewährt als den Bewohnern in dem Haus.

(Alexa Wien, PDS: Unglaublich! – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Das leuchtete uns allen nicht ein. Bei mehreren Ortsbesichtigungen ist auch den Vertretern des Bau- und des Landwirtschaftsministeriums deutlich geworden, wie sehr hier der Amtsschimmel gewiehert hat.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und gerade mit Herrn Friedrich bin ich auf einigen dieser Baustellen oder Beschwerdestellen der Petenten gewesen. Nun haben wir seit Mai – und das ist das Positive dessen, dass es sich gelohnt hat, draußen zu streit e n – die neue Waldabstandsverordnung, mit der es zukünftig möglich sein wird, Anbauten an bereits vorhandene Gebäude auch innerhalb des Waldabstandes vornehmen zu können. Das ist ein großer Erfolg für dieses Land. Wir brauchen mehr solcher Ergebnisse. Ich nehme an, meine Damen und Herren von PDS und SPD, Sie werden es ähnlich gewürdigt haben. Ich habe das gemacht. Ich habe insbesondere mit Mitarbeitern des Landwirtschaftsministeriums und des Bauministeriums darüber gesprochen und gesagt: Wenn wir versuchen, Gemeinsamkeiten zu suchen, besteht oft eine Chance, sie zu finden. Aber es muss der erklärte Wille da sein.

Zwei Begebenheiten haben mir jüngst in den Ausschusssitzungen die Haare zu Berge stehen lassen, heute sind sie aber wieder runter. Alle kennen den Paragraphen 63 der Landesbauordnung, der das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren regelt. Im Absatz 7 des Paragraphen 63 gibt es eine Frist von drei Monaten, innerhalb derer die Baugenehmigung als erteilt gilt, sofern die Baubehörde sich nicht meldet. Ich zitiere aus der Regelung: „Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn über den Bauantrag nicht innerhalb der nach Satz 1 maßgeblichen Frist entschieden worden ist.“ Nun frage ich einmal mit gesundem Menschenverstand, wenn ich als Antragsteller innerhalb von drei Monaten keinen Bescheid der Behörde erhalte, kann ich doch nach dieser Regelung davon ausgehen, dass ich mein beantragtes Bauvorhaben beginnen kann, weil die Fiktion eingetreten ist. Weit gefehlt, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht so die Auffassung des Bauministeriums, nach dem das Gericht hierzu ein Urteil gefällt hat. Hier verweise ich auf die Stellungnahme des Bauministeriums im Ausschuss. Bei der vorgenannten Frist handelt es sich um eine Entscheidungsfrist. Darauf, ob die Entscheidung in der Gestalt des entsprechenden Bescheides die Behörde bereits verlassen hat oder dem Bauantragsteller bereits zugestellt worden ist, kommt es nicht an. Das müssen Sie sich einmal vorstellen! Da frage ich mich, wie lange ich auf einen Bescheid warten soll, bis er mich erreicht. Sind es Tage, Wochen oder Monate? Wir haben jedenfalls ganz schnell reagiert und haben die Bearbeiter der neuen Landesbauordnung aufgerufen, hier in diesem Absatz eine für alle Parteien eindeutige Regelung, die den Zugang des Bescheides beschreibt, aufzunehmen. Ich hoffe, es wird uns gelingen. Auf diese Frage konnte mir auch das Bauministerium, ich habe das vorhin beschrieben, bis heute keine befriedigende Antwort geben. Das eine kann ich Ihnen versprechen: Wir werden in dieser Angelegenheit am Ball bleiben.

Der zweite Punkt, der hier einmal ganz offen angesprochen werden muss, ist das Zuständigkeitsgerangel, besser gesagt, die Flucht vor der Zuständigkeit in Bezug auf Sozialhilfe beziehungsweise Arbeitslosengeld II. Kein Ministerium hat den Hut auf und Verantwortlichkeiten werden hin und her geschoben, und zwar vom Arbeitsministerium zum Innenministerium, vom Sozialministerium zum Arbeitsministerium, teilweise auf die Bundesebene,

und die Menschen leiden darunter, kurz gesagt, das reinste Chaos. Dieses Chaos, und das muss unsere Bemühung sein, muss beendet werden. Ich fordere daher den Ministerpräsidenten auf, hier ein Machtwort zu sprechen und die Zuständigkeit eindeutig zu klären, denn Minister scheinen es alleine nicht zu schaffen!

Was die Sammelübersicht anbetrifft, meine Damen und Herren, bitte ich Sie dieser zuzustimmen.

Aber jetzt noch ‘n lütten ut’n Mallbüdel.

(Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU)

Tierschutz, dat kennen wi all. Un so manch ein hett läst, wie wi mit de jungen Kormorane ümgåhn, wenn se noch in’t Nest sitten, weil dat de eenzig’ Mœglichkeit is, dissen Veih bitokåmen. Œwer manch’ de sitten nich up’n Nest. Dat gifft ok weck’, de schwemmen in’t Wåder, dat sünd de Ålekins. Bi uns an de Küst hürt dat dor tau, wenn Volksfest orrer Fischerfest is, ganz egål, wat’ is, dat dor Ålgriepen måkt ward. Un de, de bäten neger an mien Öller rankåmen, de kenn’ dat ok, dat wi bit Ålgriepen mit’ Rad œwer ne’ Wipp führt sünd. Dann ward dat ganz besünners gefihrlich. Herr Friedrich, de måkt all so, de weit, wovon ik räd’. Up de letzte Veranstaltung, de wi up Rügen haren, keem dann bi denn’ Pott, wo de Åls inschwemmen, ein Minsch an, dat heit, dat wir ne Minschin,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

und de hett denn secht: „Dat dörben Sei nich mihr! Dat lött de Tierschutz nich tau. Un de Europäische Gemeinschaft is auch dagegen.“

(Heiterkeit bei Gerd Walther, PDS – Peter Ritter, PDS: Deswegen waren die bestimmt auch gegen die Verfassung.)

Nu fråch ik Sei, un deswegen ut’n Mallbüdel: Wat sall’n wi daun, wenn wi disse Petition denn krigen, dat sik de Lüd dor œwer besweren, dat sei an de Küst keen Ålgriepen mihr måken dörben, wil de Veterinärämter in de Kreis’, so hett de dat secht, dor œwer, dat so utlecht hebben, dat dat tierschutzmäßig nich mihr taulåten ist? Un, dat hett mi Doktor Gädt sin Vertreter secht up Rügen, denn möten Sei ok noch eins dorbi up achten, Herr Timm: De Lüd, de griepen all mit ünnerscheidliche Fingern und Hänn’ in dat Wåder. Dat is doch nich hygienisch.

(Heiterkeit bei Karin Strenz, CDU)

Dor heff ik secht: Dokter, Sei hebben Recht. Also disse Petition ward uns nächstens woll finnen. Un dor will ik noch ein nåhleggen.

(Angelika Peters, SPD: Haben Sie auch eine Empfehlung dafür gegeben?)

Wenn wi denn richtig œwerleggen, denn möten wi to’n Bispill ok seggen:

(Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Tunnen afslåhn is ganz wat Gefihrliches.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ik heff dat all seihn und Herr Friedrich hett dat villicht ok seihn, dor in uns Gegend ward dat jo måkt.

(Ministerin Sigrid Keler: Ik ok.)

Un wenn de letzt …

Ja, Sei ok. Si kåmen jo ok ut de Gegend.

Und wenn dat Stück Holt, wat dor båben an den Mast hängt, all lüt bäten harder ward, dann möten Sei ‘n lütt bäten düchtiger mit ‘n Knüppel tauslågen.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler – Holger Friedrich, SPD: Aber ordentlich.)

Un meisttiet hebben de, de blot noch ein Stück hebben un de up dat Pierd sitten, all fief Glas Bier drunken

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

un denn haugen sei ok mal eis vörbi. Un wenn sei mit den Knüppel richtig vörbihaugen, denn licht de Gaul mit den Rieder ünne dat Krütz. Dat ward denn wohl de Nächste sin,

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

von de’ wi ein Petition tau erwarden hemm’, weil de Tierschutz dat nich taulœt.

Lassen Sie uns zum Ernst zurückkommen. Ich habe die Gelegenheit, das heute so zu sagen: Ich finde das bedauerlich, wenn deutsche Gesetze und Landesgesetze so stringent gemacht und ausgelegt werden, dass wir den Menschen in unserem Küstenbereich das bisschen, was sie an Freude haben – hier spielt es nämlich keine Rolle, ob er Arbeitslosengeld-II-Empfänger ist oder nicht –, die Freude am Aalgreifen mit unsinnigen Verordnungen verhämen oder verwehren.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU, und Karin Strenz, CDU)

Lassen Sie uns gemeinsam das, was wir – ach, is dat olle Wåderglas leer hi hinner – gemeinsam anstreben, Deregulierung, das gehört auch dazu, lassen Sie uns endlich anfangen, Deregulierung zu leben! – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Schönen Dank ok, Herr Timm.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Timm, Ihr Unterhaltungswert bezüglich Ihrer heutigen Rede ist sicherlich sehr groß. Ich möchte aber gleich an dieser Stelle sagen, dass es aus unserer Sicht ein bisschen eine falsche Darstellung war, dass wir uns gemeinsam im Ausschuss, also SPD und PDS, gegen eine Ausschussreise ausgesprochen haben. Wir haben gemeinsam den Tagesordnungspunkt verschoben und darum gebeten, dass wir noch einmal darüber nachdenken sollten, wo wir hinfahren wollen. Es ist, soweit ich das Ausschussprotokoll in Erinnerung habe, nicht ad acta gepackt worden.

(Zuruf von der CDU: Dann ist es ganz schön schlecht mit Ihren Erinnerungen.)

Ich denke schon, dass es notwendig ist, dass wir gemeinsam gucken sollten, wie wir in Zukunft inhaltlich und vor allen Dingen wo wir das in Zukunft tun wollen, um unsere Arbeit durch die Erfahrungen in den europäischen Ländern oder in einem europäischen Land eventuell zu bereichern, oder ob es auch umgekehrt sein könnte, dass wir in ein Land fahren, wo andere von uns lernen können.