Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Měšťan. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende siebte Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten und die Stellungnahme der Regierung sind bekanntlich, wie meine Vorredner eben schon gesagt haben, Überhänge aus der 4. Legislatur, auf die der Grundsatz der Diskontinuität nicht zutrifft.

Ich will den Vorbemerkungen folgen und zunächst eine Eingangsbemerkung voranstellen. Dass das Verfahren im Umgang mit beiden Drucksachen nicht zufriedenstellend ist, weil wir erst eineinhalb Jahre nach Vorlage des Tätigkeitsberichtes durch den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit die Arbeit der Jahre 2004 und 2005 betreffend hier im Hohen Haus zu Ende bringen. Hatte die Regierung bereits das ihr zustehende Zeitlimit zur Stellungnahme von mehr als vier Monaten vollständig ausgeschöpft, fanden die Beratungen der beteiligten Ausschüsse dann eben erst im März und April 2007 statt und der Petitionsausschuss konnte erst Ende Mai eine abschließende Erörterung durchführen. Ich sehe daher die erste Schlussfolgerung für den nächsten Bericht darin, dass der federführende Petitionsausschuss auf größere Zügigkeit drängen muss. Das zum einen.

Zum anderen, denke ich, müssen wir auch sehr deutlich hier sagen, die Darstellung der Beratungsergebnisse in der Beschlussempfehlung ist völlig unzureichend, nicht weil das dem Petitionsausschuss nicht möglich war, sondern weil einfach die Zuarbeiten aus den Ausschüssen sehr oberfl ächlich, obwohl es teilweise intensive Diskussionen gab, abgefasst worden sind. Und ich möchte hier auch sagen, es hat wohl kaum eine magerere Beschlussempfehlung zum Landesdatenschutzbericht den Landtag passiert wie diese. Oder anders gesagt, stereotype Formeln wie „Ausschuss X und Y hat die Unterrichtung

sowie die Stellungnahme gründlich beraten oder für erledigt erklärt“, helfen niemandem weiter. Es ist doch wohl in erster Linie für uns im Hohen Haus interessant zu wissen, welche Probleme im Ausschuss mit welchem Ergebnis beraten wurden. Wir können der Berichterstattung nicht entnehmen, welchen Standpunkt der entsprechende Ausschuss, insbesondere bei gegensätzlichen Positionen zwischen Landesdatenschutzbeauftragten und Regierung, geäußert beziehungsweise welchen Beschluss er gefasst hat. Außerdem ist es in aller Regel so, dass auch die Fraktionen unterschiedliche Sichten haben und diese im Ausschuss geltend machen. Auch das verdient ordentlich aufgezeigt zu werden. Ich denke also, meine Damen und Herren, Selbstkritik ist somit in ganz viele Richtungen angezeigt.

Die Behandlung des Berichtes des Landesdatenschutzbeauftragten darf nicht zu parlamentarischer Routine werden, die dann vielleicht auch noch endet mit „ohne Aussprache im Parlament“. Abgesehen davon, dass aus der Beschlussempfehlung nicht zu entnehmen ist, welche Empfehlungen der jeweilige Ausschuss für richtig hielt und welche nicht, wird auch nicht deutlich, ob und wie die Ausschüsse den zweiten Bericht über die Wahrnehmung der Aufsichtspfl icht im nichtöffentlichen Bereich behandelt haben. Wir können nicht entnehmen, welchen Ausschüssen die einzelnen Problemfelder dieses Berichtes zuzuordnen sind. Darüber müssen wir uns im Folgenden für die Zukunft verständigen und zu bestimmten aufgeworfenen Fragen werden sicherlich die folgenden späteren Berichte des Landesdatenschutzbeauftragten erfordern, dass wir gründlicher Stellung nehmen. Ich denke beispielsweise, dass die Fragen des Datenaudits und des Erlasses einer Verordnung zum Datenschutzgesetz durchaus noch nicht vom Tisch sind. Dasselbe betrifft auch die Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikation, die wohl ab Herbst ins Haus steht und wo auch bereits ein Referentenentwurf existiert, das Land Stellungnahmen abzugeben hat oder schon abgegeben hat.

Der Landesdatenschutzbeauftragte gibt in Übereinstimmung mit der Bundeskonferenz der Landesdatenschutzbeauftragten eine Empfehlung an die Adresse der Regierung, dem Gesetzentwurf in der jetzigen Form nicht zuzustimmen. In der Stellungnahme der Landesregierung erfahren wir aber, dass dieser ganz im Gegensatz zur Meinung der Datenschutzbeauftragten die vorgesehene entsprechende Datenbevorratung für nötig erachtet. Ja, und was hat uns der Ausschuss zu diesen unterschiedlichen Auffassungen gesagt, meine Damen und Herren? Wir erfahren es jedenfalls nicht aus der Beschlussempfehlung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Im nächsten Bericht werden wir uns ebenfalls mit den letzten Änderungen des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes befassen müssen. Ich nenne nur noch mal das Stichwort Videoüberwachung.

Und zum Schluss will ich auch noch das Informationsfreiheitsgesetz erwähnen, nicht nur unter dem Aspekt von Frau Fiedler-Wilhelm, dass es erledigt ist, weil wir es jetzt haben. Nein, es ist jetzt genau Ende diesen Monats ein Jahr in Kraft. Und es ist so, der damals befürchtete Sturm blieb aus, ein Umdenken in den Verwaltungen hat begonnen. Das spiegeln die kaum noch zählbaren Anfragen an die Behörde und die vielen Petitionsverfahren, ja sogar Gerichtsverfahren wider.

Dank gilt Herrn Neumann, dem Landesdatenschutzbeauftragten und seinen Mitarbeitern für die Schulungsveranstaltungen zu diesem Gesetz mit bereits über 1.000 Teilnehmern der öffentlichen Verwaltung, aber auch darüber hinaus.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Aber das ist schon Zukunftsmusik für den nächsten Bericht. Und ich freue mich, dass wir dann in einer nächsten Beratung für den Bericht 2006 zu anderen Ergebnissen kommen als in der Beschlussempfehlung diesmal dargestellt werden konnte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfi ehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/645, die Drucksachen 4/2078 und 4/2276 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 5/645 einstimmig beschlossen.

Herr Abgeordneter Andrejewski, Sie haben bereits während der heutigen Sitzung zwei Ordnungsrufe erhalten. Wegen gröblicher Verletzung der Ordnung durch die Gleichsetzung von Oskar Lafontaine mit Adolf Hitler und damit der Linkspartei mit der NSDAP

(Udo Pastörs, NPD: Was?)

schließe ich Sie wegen gröblicher Verletzung der Ordnung des Hauses

(Stefan Köster, NPD: Das ist ja eine Frechheit.)

gemäß Paragraf 99 der Geschäftsordnung von der Sitzung aus.

Herr Köster, Sie erhalten zuerst von mir einen zweiten Ordnungsruf. Ich weise Sie auf die Konsequenz hin, dass Ihnen gemäß Paragraf 98 der Geschäftsordnung bei einem weiteren Ordnungsruf das Wort entzogen wird. Jetzt können Sie Ihren Antrag stellen.

(Stefan Köster, NPD: Ich beantrage eine Ältestenratssitzung.)

Bitte sehr. Wir unterbrechen die Sitzung für eine Sitzung des Ältestenrates. Ich berufe den Ältestenrat in das Sitzungszimmer ein.

(Stefan Köster, NPD: Ich möchte genau wissen, was Sie mir vorwerfen.)

Ich unterbreche für 15 Minuten.

Unterbrechung: 16.10 Uhr

(Die Dauer der Unterbrechung wird zwischenzeitlich verlängert.)

Wiederbeginn: 16.48 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes MecklenburgVorpommern, Drucksache 5/678.

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 5/678 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfi ehlt in seiner Beschlussempfehlung, die in der Sammelübersicht aufgeführten Petitionen entsprechend den Empfehlungen des Petitionsausschusses abzuschließen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 5/678 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei, der Fraktion DIE LINKE, Entschuldigung.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Damals waren wir das noch.)

Ach so, ich bekomme gerade den Hinweis, als der Antrag gestellt wurde, war die alte Formulierung noch korrekt.

Also es geht um den Antrag „Förderung von Klassenfahrten zu KZ-Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zur Erhöhung des Geschichtsbewusstseins und des Demokratieverständnisses von Schülerinnen und Schülern“ auf Drucksache 5/158, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Bildungsausschusses auf Drucksache 5/646.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Förderung von Klassenfahrten zu KZ-Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zur Erhöhung des Geschichtsbewusstseins und des Demokratieverständnisses von Schülerinnen und Schülern – Drucksache 5/158 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 5/646 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende des Bildungsausschusses Frau Lochner-Borst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschichte beinhaltet sowohl „vergangenes Geschehen“ als auch den „Bericht über vergangenes Geschehen“ und „verweist auf die enge Verbindung von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt, von Gegenwart und Vergangenheit, die für das Verständnis der Geschichtswissenschaft kennzeichnend

ist“, so die Kurzinformation vom Studiengang Geschichte der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Voltaire hat das vor 250 Jahren etwas einfacher formuliert, ich zitiere: „Geschichte ist wenig mehr als ein Bild der menschlichen Untaten und Unglücke.“ Ich meine, diese beiden Aussagen zusammen betrachtet treffen exakt den Kern der Sache.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS hatte ihren Antrag unter anderem damit begründet, dass Schülerinnen und Schüler durch den Besuch von KZ-Mahn- und Gedenkstätten in ihrem Geschichtsbewusstsein, insbesondere bei der Bewertung der menschenverachtenden Politik des Hitlerfaschismus von 1933 bis 1945 und der Bearbeitung des Lehrstoffes im Unterricht, anschaulich unterstützt würden. Im Rahmen der Ausschussberatungen haben sich die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP darauf verständigt, dass man sich von der Eingrenzung der Klassenfahrten auf KZ-Gedenkstätten lösen und auch Gedenkstätten und Gedenkorte für Opfer der jüngeren deutschen Geschichte einbeziehen wolle.

In einem Beitrag über Formen des Gedenkens hat Professor Dr. Peter Steinbach, Leiter des Instituts für Geschichte an der Universität in Karlsruhe, herausgearbeitet: „Gedenkstätten haben die Funktion, die Deutung der Vergangenheit offen zu halten, gerade auch für Refl exionen über Schuld und Verantwortung. Nicht nur für die Vergangenheit, die abgeschlossen ist, sondern auch für jene Geschichte, die noch nicht vorbei und die auf einen refl exiven Umgang mit ihr durch die Nachlebenden drängt.“ Weiter führt er aus: „Gedenkstätten dokumentieren die Bereitschaft, sich mit den Folgen der Geschichte auseinanderzusetzen. Zeitgeschichtliche Forschung wird so aber auch unvermeidlich in einen moralischen Zusammenhang gerückt und der Forderung ausgesetzt, einen Beitrag zur Erziehung des Menschen zu leisten. Ausdruck dieses Bestrebens ist wohl die Forderung des nie wieder als auch die Aufforderung, den Anfängen zu wehren.“ So weit das Zitat.

Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist meiner Meinung nach entscheidend, entscheidend für einen ganzen Prozess – die Konfrontation der Jugend mit der Geschichte, mit zwei entscheidenden Etappen der jüngeren Geschichte, einer Geschichte in einem Zeitraum von fast 80 Jahren. Fast 80 Jahre deshalb, weil man auch die Jahre vor 1933 einbeziehen muss, um verstehen zu können, was dann geschah.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Richtig.)