Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Große gerontologische Studien belegen, dass die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit durch gesundheitsfördernde Maßnahmen im Alter möglich ist. Geeignete Programme können das Risiko einer Pflegebedürftigkeit um über 20 Prozent, das Risiko einer nicht gewünschten, aufgrund intensiven Pflegebedarfs jedoch unabänderlichen stationären Pflege um über 30 Prozent reduzieren. Dies scheint nicht allein unter Aspekten der Lebensqualität und Selbstbestimmung im Alter, sondern auch unter Kostengesichtspunkten bedeutsam.

Ziel einer geriatrischen Prävention ist somit in erster Linie die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit und der Erhalt von möglichst viel Selbstständigkeit im höheren und hohen Lebensalter. Ein Umzug in ein Pflegeheim sollte verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. Ist dies das Ziel – und dieses Ziel in der Zusammenschau der Krankheitsgeschichte und der erhobenen Befunde zur Beschreibung der Funktionen auf Organebene und der Fähigkeitsstörungen des einzelnen Patienten realistisch –, besteht immer eine Indikation zu einer geriatrischen Behandlung, gegebenenfalls als Prävention, ambulant vor stationär.

Ambulante Prävention in der Geriatrie dient zur Vermeidung von Hilfs- und Pflegebedürftigkeit sowie Kompensation von Organschädigungen und resultierenden Fähigkeitsstörungen im Alterungsprozess. Diese manifestieren sich in unterschiedlich schnellen Verläufen und sind letztlich in der Regel unvermeidbar. Ambulante gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen fokussieren daher auf einen Zeitpunkt beziehungsweise eine Situation, in der noch keine relevanten Schädigungen eingetreten sind oder bereits bestehende Schädigungen nicht in einem solchen Maß schwerwiegend erscheinen, dass eine häusliche Versorgung nicht mehr möglich ist.

Ziele ambulanter geriatrischer Prävention sind im Besonderen die Vermeidung beziehungsweise die Früherkennung von chronischen und drohenden akuten Krankheiten und deren Krankheitsfolgen, die Beschreibung und Vermeidung körperlicher Funktionsdefizite, die Beschreibung und gegebenenfalls Kompensation geistiger Funktionsdefizite sowie die Beschreibung und Erhaltung des sozialen Umfeldes.

Stationäre Prävention in der Geriatrie hingegen erfolgt im Rahmen einer akutgeriatrischen Krankenhausbehandlung oder geriatrischen Rehabilitation. Hierbei sind Schädigungen insgesamt in einem solchen Maß schwerwiegend, dass eine häusliche Versorgung zur Zeit der Krankenhaus- beziehungsweise Rehabilitationsbehandlung nicht möglich ist oder ein in einem ambulanten Bereich nicht zu erbringender diagnostischer Aufwand beziehungsweise eine Therapiefrequenz erforderlich sind. Dies gilt auch für die Notwendigkeit der präoperativen Konditionierung.

Ein weiteres Themenfeld ist die Palliativmedizin. In der Palliativmedizin werden Patienten mit nicht heilbaren und weit fortgeschrittenen Erkrankungen sowie begrenzter Lebenserwartung behandelt. Das Hauptziel der Begleitung ist die Verbesserung der Lebensqualität. Entsprechend dieser Definition ist es einleuchtend, dass sich in der Geriatrie somit auch Patienten befinden, die vergleichbare Krankheitsbilder aufweisen. Hier seien zum Beispiel Patienten im Endstadium einer Demenz erwähnt. Auch der interdisziplinäre Behandlungsansatz der Palliativmedizin ist der Geriatrie in ihrem ebenfalls grundsätzlich interdisziplinären Herangehen an den Patienten sehr ähnlich. Rehabilitative Maßnahmen als integraler Bestandteil geriatrischer Behandlungen gelten neben Symptomkontrolle sowie der Kommunikation und Spiritualität als eine der Säulen palliativmedizinischer Arbeit.

Dennoch sind Palliativmedizin und Geriatrie keinesfalls deckungsgleich. Im palliativmedizinischen Ansatz sind viele Erfahrungen aus der Geriatrie unerlässlich. Dies betrifft insbesondere Erfahrungen zur Symptomkontrolle bei kognitiv Eingeschränkten, aber auch zur speziellen Präsentation von Erkrankungen und zu pharmakolo

gischen Besonderheiten. Andererseits umfasst Palliativmedizin das gesamte Altersspektrum von Patientinnen und Patienten. Eine Integration von Palliativmedizin in die geriatrischen Behandlungsstrukturen ist anzustreben, da sich hier zahlreiche Synergieeffekte ergeben.

Grundsätzlich gilt: Geriatrische Patienten in der Palliativmedizin erfordern geriatrisches und palliativmedizinisches Fachwissen, unabhängig davon, ob ein Tumorleiden vorliegt oder nicht. Somit benötigen Geriater und das gesamte Team zur Behandlung geriatrischer Palliativpatienten zusätzlich palliativmedizinisches Fachwissen. Palliativmediziner und das gesamte Team benötigen andererseits zur Behandlung geriatrischer Palliativpatienten zusätzlich geriatrisches Fachwissen. Vergleichbares gilt für die Strukturen. Auch hier ist eine Anpassung geriatrischer Strukturen an Palliativpatienten erforderlich, ebenso sind übliche palliativmedizinische Strukturen nicht automatisch für geriatrische Patienten sinnvoll.

Sofern eine direkte Zusammenarbeit beziehungsweise Integration von Palliativmedizin und Geriatrie vorliegt, ist für die Geriatrie in jedem Fall eine enge Zusammenarbeit mit der regional vorhandenen palliativmedizinischen Einrichtung erforderlich, ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit Einrichtungen der ambulanten und stationären Hospizarbeit.

Doch zurück zu dem Ihnen heute vorliegenden Antragstext der Koalitionsfraktionen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Aha! Und ich dachte schon, wir haben uns völlig verlaufen.)

Was wollen wir?

„Mecklenburg-Vorpommern will das Gesundheitsland Nr. 1 werden. Dieser Anspruch erstreckt sich auf alle Bereiche unseres Gesundheitswesens und unserer Gesundheitswirtschaft. Er umfasst insbesondere die medizinische Versorgung der Bürger unseres Landes. Die sich gleichzeitig vollziehende demografische Entwicklung wird sich jedoch nachhaltig auf die künftigen Anforderungen an unsere medizinische Infrastruktur auswirken. Mit Blick auf diese Situation werden die Fortschreibung des vorhandenen Geriatriekonzeptes in Form eines Geriatrieplans sowie die explizite Berücksichtigung älterer Menschen im Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung positiv bewertet.“ Ferner begrüßen wir „alle Anstrengungen der Landesregierung, die Rahmenbedingungen für ein gesundes Alter und ein gesundes Altwerden in Mecklenburg-Vorpommern weiter zu entwickeln und damit zu optimieren“, denn „die demografische Entwicklung führt zu sich ändernden Bedarfen in allen Lebensbereichen, insbesondere in der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern. Dem gilt es in der Gesundheitsförderung und -prävention, in der ambulanten und stationären ärztlichen Versorgung, in der Rehabilitation und Pflege Rechnung zu tragen.“

Ihr Antrag, Herr Kollege Ratjen, ist insofern entbehrlich, als dass die Regierungskoalition bereits an dem genannten Problem arbeitet

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig. – Zuruf von Sebastian Ratjen, FDP)

und zur Jahresmitte eine Lösung gefunden sein wird.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung für unseren Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Rühs.

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2331 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2331 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der FDP, aber Ablehnung der Fraktionen der SPD und der CDU und Enthaltung der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/2255 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/2255 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und CDU, aber Ablehnung der Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Konzept zur nachhaltigen Energiepolitik endlich vorlegen, Drucksache 5/2184. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2332 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Konzept zur nachhaltigen Energiepolitik endlich vorlegen – Drucksache 5/2184 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/2332 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/2344 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Griese von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Steter Tropfen höhlt den Stein, das dauert aber. Die Zeit haben wir in unserem Land nicht. Das Energiekonzept Energieland 2020 muss nun auf den Tisch des Hauses. Nach dem Dringlichkeitsantrag meiner Fraktion im Januar vernahmen wir aus der Presse eher Zoff und Spannung in der Schweriner Koalition.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Herr Dr. Timm verkündet: Die SPD erklärt den Bereich der alternativen Energien als wichtigen Wirtschaftsbereich. Absolut richtig. Herr Waldmüller: Wir halten uneingeschränkt am Energiemix fest und damit basta.

(Egbert Liskow, CDU: Richtig.)

Ein Mix, werter Herr Waldmüller, besteht aus verschiedenen Teilen.

(Jörg Vierkant, CDU: Ja, deshalb heißt das so. – Egbert Liskow, CDU: Ja.)

Das wissen Sie sicherlich auch. Die meisten davon sind jedoch fossilen Ursprungs und damit endlich. Uran ist es

auch, so bald schon verbraucht, dass es höchste Zeit wird,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

den Energiemix neu zu formieren. Auch Sonne stirbt, aber in Jahrmillionen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Über das intern vom Wirtschaftsministerium vorgelegte Energiekonzept äußerte sich Minister Backhaus unzufrieden, weil es, wie er sagte, zu kohlelastig sei. Recht hat er. Mit anderen Worten, die Uneinigkeit innerhalb der Koalition zur Energiepolitik war in keiner Weise zu übersehen. Inzwischen ist es um das Konzept merklich still geworden. Lediglich der Ministerpräsident hat sich zu unserer Freude mehr als deutlich von den Plänen zur Errichtung eines Steinkohlekraftwerkes in Lubmin distanziert. Die Ablehnung des Kraftwerkes begrüßen wir zwar sehr, aber das alleine ist noch kein Konzept.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Ich denke, nicht ohne Grund hatte der Landtag im September 2007 beschlossen, das Energiekonzept Energieland 2020 bis zum Mai 2008 – 2008! – zu fordern.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genauso war das. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Überdies war es die Forderung der Koalitionsfraktionen. Als das Wirtschaftsministerium im Wirtschaftsausschuss um eine Fristverlängerung bis September 2008 gebeten hatte,

(Irene Müller, DIE LINKE: Keine Energie gehabt, um das auszuarbeiten.)

haben auch wir Linken zugestimmt. Inzwischen haben wir aber März 2009. 2009!

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und es liegt noch kein Konzept auf dem Tisch. Oder steht an dem Zug der Zeit in diesem Bereich jemand, der ruft: „Zurückbleiben!“? Dabei prägten doch Sie, werter Herr Minister Seidel, den Slogan: „Yes, we can more.“ Es ist unsere Auffassung, dass der Landtag die Regierung mit Nachdruck darauf hinweisen muss, dass wir im Interesse des Landes keinen weiteren Aufschub zulassen können, deshalb unsere Forderung, spätestens im Mai 2009 muss es vorliegen. Im Antrag steht noch: März 2009. Das macht heute natürlich keinen Sinn mehr. Deshalb liegt Ihnen der Änderungsantrag meiner Fraktion vor.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, es ist eben nicht irgendein Gebiet, die Energiepolitik. Sie ist gerade für Mecklenburg-Vorpommern von strukturbestimmender Bedeutung. Das wird ja wohl auch niemand bestreiten. Wir verlangen das Konzept erst im Mai 2009, das heißt, wir lassen Ihnen noch etwas Zeit. Das tun wir nicht, weil wir freundlich sein wollen, sondern weil wir hoffen, dass die Widersprüche in der Koalition zugunsten einer nachhaltigen Energiewirtschaft ausgehen. Etwas anderes hat dieses Land nicht verdient. Nachhaltigkeit bedeutet, die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, nicht auf Kosten, sondern im Einklang mit sozialen und Umwelterfordernissen. Beim zukünftigen Energiesystem geht es um weit mehr als die verlässliche Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen: um Klimaschutz, Zugang zu Energie auch für arme Menschen, Begrenzung der Macht von Oligopolen, zukunftsfähige Arbeitsplätze bis hin zum Energieexport.