Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

Die NPD hat ihren Redner zurückgezogen.

Ich bitte dann den Abgeordneten Herrn Saalfeld, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Raunen aus der CDU-Fraktion, wenn ich aufstehe und zum Rednerpult gehe, adelt mich.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Als Erstes möchte ich feststellen, dass ich eben gerade das Auftreten der beiden Regierungskoalitionen nicht sehr würdevoll fand gegenüber Frau Berger, als sie Personen im Publikumsbereich begrüßt hat. Das hätte man ihr auch hinterher freundlich mitteilen können, insbesondere als man das bei einer anderen Fraktion durchgehen lassen hat,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Was hier Usus ist oder nicht, da belehren Sie uns hier nicht. – Heinz Müller, SPD: Ich bedanke mich für Ihre Belehrungen, Herr Oberlehrer. Danke für die Noten.)

anstatt, anstatt,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Fangen Sie gar nicht erst an, hier Leute zu beleidigen. Also damit brauchen Sie gar nicht erst anzufangen.)

anstatt wie eine Elefantenherde loszutröten

(Dr. Till Backhaus, SPD: Mein Gott!)

und den anwesenden Gästen den Eindruck zu vermitteln, dass sie hier unerwünscht sind. Das geht alles in einem anderen Stil.

(Heinz Müller, SPD: Sie sind ein arroganter Schnösel!)

Das sagt der Richtige.

Herr Brodkorb, Sie haben viel Wahres gesagt, aber ich möchte Sie auch daran erinnern, dass man mit den Rücklagen der Hochschulen relativ wenig machen kann. Es liegt einfach daran, dass man auch keinen Stellenplan hat, der dahinter liegt, und man eigentlich nur Hilfskräfte damit anstellen kann, auf jeden Fall nur befristete Kräfte. Das heißt, hoch qualifizierte Kräfte kriegen sie damit nicht. Das ist überall das gleiche Problem. Da sind die Hochschulen nicht sehr frei und Sie wissen, dass es eh sehr schwierig ist, überhaupt gute Leute nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen, wenn sie nicht schon eine familiäre Bindung oder soziale Bindung hier haben.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Stimmt ja auch.)

Da bitte ich, den Hochschulen nicht so viel abzuverlangen. Der vorliegende Antrag der GRÜNEN ist sowohl in den Medien als auch in der Fachwelt auf ein großes Echo gestoßen. Uns erreichten insbesondere Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, auch vom Landesverband für Unterwasserarchäologie und dem Dachverband Archäologische Studierendenvertretung. Alle drei genannten Verbände unterstützen den Antrag und weisen auf die Dringlichkeit der geforderten Maßnahmen hin.

Herr Abgeordneter Saalfeld, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Brodkorb?

Ja, gerne.

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Abgeordneter Saalfeld, danke schön. Ich habe folgende Frage: Ist Ihnen bereits aufgefallen, dass der Entwurf zum Doppelhaushalt 2012/2013 einen entsprechenden Vermerk enthält, in dem die Hochschulen in Zukunft die Möglichkeit haben, über den bisherigen Stellenplan hinaus zusätzlich unbefristete Beschäftigungspositionen zu besetzen im Unterschied zur Vergangenheit? Und würden Sie mir, wenn das so ist

und wir das im Juni hier mehrheitlich beschließen, zustimmen, dass ab sofort dann sowohl die Universität Rostock als auch die Universität Greifswald die Möglichkeit hätten, genau dies zu tun, was ich gesagt habe, nämlich diesen Studiengang mit drei Stellen einzurichten, weil das Geld vorhanden ist?

(Egbert Liskow, CDU: Das war die Frage.)

Genau. Ich wollte nur gucken, ob er wirklich zu Ende gekommen ist.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Um Gottes willen! – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Also nun fordern Sie doch nicht so was heraus! Der Punkt ist, uns liegt der Haushalt in der Tat erst seit zweieinhalb Wochen vor. Ich bin über diesen Vermerk …

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Lassen Sie mich doch bitte aussprechen!

Ich bin in der Tat über diesen Vermerk noch nicht gestolpert und werde es mir genau anschauen. Und der Unterschied, der uns jetzt hier trennt, ist, dass Sie eben gerade gefordert haben: Warum haben es die Universitäten nicht schon längst gemacht? Und sie können es erst in Zukunft, das ist das Problem. Das heißt, Herr Brodkorb, Sie können den Universitäten nicht etwas vorwerfen, was sie erst in Zukunft machen können.

Gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Herrn Brodkorb?

Mit der Frage verbunden ist, ob das von meiner Redezeit abgeht.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Na klar. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na sicher. – Zurufe aus dem Plenum: Ja.)

Dann möchte ich darum bitten, dass wir unser Gespräch danach fortführen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Traut sich nicht. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist eine Unterstellung. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das ist eine Missinterpretation.

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte schrieb uns, dass zwar mittlerweile die Depots geräumt sind, von denen eine akute Gefährdung für das dort gelagerte Kulturgut ausging, die Gefährdung aber insofern weiter besteht, als aufgrund des knappen Personalbestandes eine ausreichende fachliche Betreuung auch immer noch nicht gewährleistet werden kann. Nur deswegen sei der Zerfall der mesolithischen und neolithischen Einbäume von Stralsund erst im Jahr 2009 aufgefallen. Um ähnliche Vorkommnisse künftig zu vermeiden, bedarf es einer Fachbehörde, deren Personalbestand eine regelmäßige und fachlich qualifizierte Kontrolle der archäologischen Funde durch Restauratoren und Archäologen garantiert.

Sie weist auch darauf hin, dass die Landesdenkmalpflege Aufgaben nachzukommen hat, die vom Gesetzgeber vorgegeben sind. Wir kamen heute schon darauf. Dies betrifft das Denkmalschutzgesetz, aber auch die Vorgaben nach dem Baugesetzbuch, dem Raumordnungsgesetz sowie dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Bei den auf europäischem Umweltrecht basierenden Regelungen stellt die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte schon eklatante Mängel in der Anwendung und Durchsetzung des vorhandenen Rechtes fest, die auch personell begründet seien. Daraus resultieren rechtliche Unsicherheiten und Verzögerungen in Planungsabläufen mit entsprechenden Rückwirkungen auch auf Investoren, wie auch den Schutz des kulturellen Erbes.

Auch der Landesverband für Unterwasserarchäologie unterstreicht diesen Vorteil einer funktionierenden Landesarchäologie. Fundierte Kenntnisse der Bodendenkmale schaffen Planungssicherheit und helfen, Überraschungen und Zusatzkosten in der Bauphase zu vermeiden, ganz zu schweigen von dem gesellschaftlichen und kulturellen Gewinn, den eine frühzeitige Einbindung archäologischer Denkmale in das Gesamtwerk darstellen kann, so der Landesverband.

In der Haushaltsdebatte hatte ich es bereits erwähnt, dass im neuen Doppelhaushalt abzulesen ist, dass der Baubeginn vermutlich erst Ende 2013, vermutlich eher 2014 liegen kann. Mit dem Abschluss des Standortentwicklungskonzeptes ist nicht vor 2023 zu rechnen. Bis dahin muss aber auch nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte durch eine gesicherte finanzielle und personelle Ausstattung der Bodendenkmalpflege sowie durch eine Förderung der fachlichen Ausbildung das reiche kulturelle Erbe Mecklenburg-Vorpommerns gepflegt und für die zukünftige Generation erhalten werden.

Der Landesverband für Unterwasserarchäologie würde den vorliegenden Antrag sogar weiter fassen wollen und weist zu Recht darauf hin, dass es nicht nur Fundstücke in Depots und Sammlungen zu schützen gilt, sondern auch Boden- und Unterwasserdenkmale, die täglich natürlichen aber vor allem auch menschlichen Eingriffen ausgesetzt sind. Die besten Erhaltungs- und Lagerungsbedingungen sind manchmal nicht nur in Magazinen zu finden, sondern auch in Boden- und Unterwasserdenkmälern.

Das Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege ernennt regelmäßig freiwillige Helfer zu sogenannten ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern des Landes. Zur Aktivierung und Koordinierung dieses lokalen Potenzials bedarf es jedoch eines personell hinreichend ausgestatteten Landesamtes. In der derzeitigen Situation ist dies durch die verbliebenen Mitarbeiter nicht zu erreichen. In der Stärkung der ehrenamtlichen Denkmalpflege liege großes Potenzial, aber auch ehrenamtliche Helfer müssten eine fundierte archäologische Ausbildung erfahren. Andernfalls seien wissenschaftliche Befunde kaum zu generieren und eine sachgerechte Denkmalpflege nicht zu realisieren. Dazu müssen die Strukturen und Vereine gestärkt werden, die Weiterbildungskurse und Ausbildung anbieten.

Sie sehen, es gibt viel zu tun. Der vorliegende Antrag umfasst zwar noch nicht alle Mindestanforderungen aus der Fachwelt, dennoch wäre es ein erster wichtiger Schritt, diese vorliegenden Punkte anzugehen. Wir wurden mehrfach auf die Finanzen hingewiesen. Wie wollen wir das finanzieren? Es wäre ja schon mal gut, wenn wir für die Kultur und Denkmalpflege genauso viel ausgeben würden

wie der Durchschnitt in Deutschland, nämlich 5 Euro pro Kopf und nicht Minus 28 Cent pro Kopf und Einwohner.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Andererseits hatte ich Sie ja auch in der Haushaltsdebatte darauf hingewiesen, dass wir diverse Sicherheitspuffer im Haushalt gefunden haben. Zum Beispiel die 30 Millionen Euro bei den Zinsen,

(Heinz Müller, SPD: Ich dachte, Sie hätten den Haushalt noch nicht so genau gelesen.)

die wir für zu dick halten.

Ja, einige Stellen kann man schon in zweieinhalb Wochen lesen, aber nicht alle.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wenn man solche Anträge stellt, sollte man sie lesen.)

Und wenn Sie mir diesen Haushalt in zweieinhalb Wochen durchlesen, das möchte ich sehen.

(Marc Reinhardt, CDU: Haben wir ja gemacht.)

Meine Damen und Herren!