Letztlich bleibt mir festzustellen, dass der vorliegende Antrag deutlich in die richtige Richtung geht. Die von mir angeführten Kritiken sind nicht nur die meiner Fraktion, sondern auch meine persönlichen. Sie führen zur Stimmenthaltung meiner Fraktion. Wir werden auch unser entsprechendes Engagement entschieden fortsetzen. Ich persönlich habe, wie gesagt, eine etwas andere Haltung. Es ist für mich nicht die Frage, ob das Glas halb leer oder halb voll ist.
Für mich steht im Vordergrund, dass ich eine positive Tendenz sehe, dass die Meinungen aus der Öffentlichkeit, aus den Parlamenten, aus dem Europäischen Parlament und aus der Europäischen Kommission, ernst genommen werden. Dieser positive Prozess, den ich sehe, wo ich Sie, Herr Müller, nur unterstützen kann, steht für mich im Vordergrund. Deswegen werde ich dafür stimmen. – Ich bedanke mich.
Ich möchte, bevor ich zu meinem Manuskript komme, kurz etwas zu den ersten Ausführungen meines geschätzten Kollegen Dr. Brie sagen. Dass Handelsabkommen immer so verteufelt werden, kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich glaube, Deutschland ist das Land mit den meisten Handelsabkommen überhaupt. Ich habe so das Gefühl, aufgrund der Konjunktur, die wir in Deutschland im Augenblick haben, sehen wir die Wichtigkeit solcher geopolitischer Schaffung von Freihandels…, von Handelsräumen ganz einfach zu lasch.
Wir sind zwar Exportweltmeister, aber man muss darüber nachdenken, dass die Produkte, die wir exportieren, auch zu 40 Prozent aus Importen bestehen. Wir sind also eine Handelsnation. Da ist es ganz wichtig, dass wir dieses
Handelsabkommen zwischen der EU und den USA schaffen, damit die Wirtschaft in Deutschland weiter auf einem hohen Standard bleibt und der Lebensstandard in Deutschland hoch bleiben wird.
Dazu muss ich noch sagen – ich hatte es auch schon mal erwähnt –, die ISDS, diese Investitionsschutzklauseln, sind von Deutschland erfunden worden. Ich habe die genauen Zahlen nicht mehr im Kopf, aber ich glaube, es sind ungefähr 1.400 Investorenschutzabkommen, die wir zum Schutz der deutschen Unternehmen mit anderen Ländern haben.
Aber jetzt möchte ich zu dem Antrag des Koalitionspartners kommen und auf mein Manuskript zurückgreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem TTIP, das hatte mein Kollege Brie auch schon gesagt, haben wir uns nicht nur hier im Landtag, sondern auch schon mehrfach im Europa- und Rechtsausschuss befasst. Es gab die Anhörung – das ist auch schon erwähnt worden – schon zweimal im Europa- und Rechtsausschuss zu diesem Thema.
Durch das Freihandelsabkommen mit den USA wird Europa die Chance geboten, weltweite Standards mitzuprägen, und das ist, denke ich, ganz wichtig. Nur mit einem solchen Abkommen können wir auch langfristig ermöglichen, dass unsere Standards nicht ausgehöhlt werden. Ein erfolgreicher Abschluss bei den TTIPVerhandlungen bietet uns die Chance, unsere eigenen Standards weltweit durchzusetzen. Sollte dies nämlich nicht gelingen, besteht angesichts des Aufstiegs anderer Wirtschaftsnationen – ich denke da an Südamerika, ich denke an Asien – die Gefahr, dass Europa in Zukunft die Standards anderer Gestaltungsmächte übernehmen
beziehungsweise sich denen anpassen muss. Wenn die EU und die Vereinigten Staaten aber diese einzigartige Möglichkeit zum Abschluss des Abkommens nutzen, können Wirtschaftszweige und Verbraucher auf der ganzen Welt vielleicht daraus ihren Nutzen ziehen,
insbesondere dann, wenn das Abkommen Grundlage weiterer Vereinbarungen mit anderen Staaten wird. Vom TTIP-Abkommen könnten so auch Impulse für die internationale Annäherung von technischen Vorschriften und Normen ausgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus meiner Sicht ist der gegenwärtig am meisten diskutierte Kritikpunkt eben das von mir auch schon erwähnte InvestorStaat-Schiedsverfahren, auch kurz ISDS genannt, also eine regelmäßig und in einer Vielzahl von Handelsabkommen aufgenommene Vereinbarung zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und dem betreffenden Staat.
Bereits in der Landtagssitzung im Januar 2015 wurde dies bei der Diskussion deutlich. Damals hatte die Fraktion DIE LINKE einen Antrag eingebracht, der sich eben mit diesem Investor-Staat-Schiedsverfahren beschäftigte
und als Ziel die Ablehnung jeglicher Handelsabkommen im Bundesrat beinhaltete, sofern in diesem eine solche Schiedsvereinbarung enthalten sein sollte. Aber, ich habe es schon erwähnt, gerade für die deutschen Unternehmen haben solche Regelungen für die Durchführung von Schiedsverfahren zwischen einem Investor und den Interessen des Staates eine lange Tradition und waren Grundlage sowie Voraussetzungen für wichtige Auslandsinvestitionen. Das habe ich auch in der Rede im Januar schon mal betont.
Dennoch bestehen Bedenken gegen die Vereinbarung eines solchen Investorenschutzes allgemein und beim TTIP im Besonderen. Ein häufig erhobener Einwand gegen solche Investor-Staat-Schiedsverfahren ist, dass außerhalb der staatlichen Rechtsprechung neue außergerichtliche Bedingungen geschaffen werden, die Deutschland dem Diktat der Konzerne unterwerfen und die politische Souveränität Deutschlands untergraben. Es werden unter anderem auch Befürchtungen dargestellt von einer nicht kalkulierbaren möglichen haushalterischen Belastungssituation aus solchen ISDS-Klagen, die durch Kürzungen in anderen Bereichen zu kompensieren wären. Derartige Bedenken sind jedoch völlig haltlos.
Nach Auffassung der Bundesregierung soll das InvestorStaat-Schiedsverfahren grundsätzlich erst als letztes Mittel nach Ausschöpfung des Rechtsweges vor nationalen Gerichten eingeleitet werden können. Dies ist auch in einer Erklärung zum Handelsmandat der Europäischen Kommission im Juni 2013 so festgehalten. Die Befürchtung, dass unabhängig von rechtsstaatlichen Grundsätzen und ohne Berücksichtigung demokratisch verfasster Gesetze Schadensersatzansprüche in hohem Umfang den Investoren zulasten von Deutschland zugesprochen werden, geht daher fehl. Im Übrigen kann für die Frage der Beurteilung einer Notwendigkeit solcher Investorenschutzklauseln im TTIP nicht ausschließlich auf das Rechtssystem Deutschlands zurückgegriffen werden, da nicht in allen EUMitgliedsstaaten ein gleich hohes Rechtsschutzniveau besteht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, vollkommen verkannt bei der Kritik wird allerdings aus meiner Sicht die Entwicklung und Herkunft solcher Investor-StaatSchiedsklauseln. Hier geht es um den Handel und die Investitionen von Unternehmen, also Kaufleuten im Geschäftsbetrieb. Über viele Jahrhunderte hat es sich entwickelt, dass Kaufleute ihre Geschäfte per Handschlag besiegelten und damit auch gebunden waren. Die Bedeutung dieses Handschlags wurde von Kaufleuten unterschiedlicher Nationen und Herkunft überall gleichermaßen verstanden und auch angewandt. Bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen ist dieses Geschäft per Handschlag zwischen Kaufleuten miteingeflossen. Mir ist natürlich bewusst, dass diese Sitte im Rahmen heutiger internationaler Handelsgeschäfte und der damit einhergehenden ständigen juristischen Beratung an Bedeutung verloren hat. Dennoch zeigt dieses Beispiel deutlich, dass sich gerade in Handelsgeschäften auch sinnvolle Regelungen außerhalb der geschaffenen Gesetzeslage entwickeln können.
Aus meiner Sicht handelt es sich bei dem Investor-StaatSchiedsverfahren um eine solche vom Markt entwickelte Notwendigkeit, die auch heute noch ihre Bedeutung hat. Um jedoch nach Möglichkeit die Bedenken der Kritiker in diesem Punkt zu beruhigen, sollte aus unserer Sicht der in den Verhandlungen aufgetauchte Vorschlag eines
Allerdings sollte dieser nicht sofort anstelle der bewährten Investor-Staat-Schiedsverfahren zur Anwendung kommen, sondern allenfalls als Revisionsinstanz zur Prüfung solcher Entscheidungen eingerichtet werden. Aus diesem Grund ist es auch folgerichtig, diese Schiedsgerichtsrevisionsinstanz ausschließlich mit Berufsrichtern und Wissenschaftlern zu besetzen. An einer solchen Revisionsinstanz bei Investitionsschiedsverfahren fehlt es bisher.
Deshalb soll mit diesem Antrag die Landesregierung beauftragt werden, sich für die Prüfung der Errichtung eines solchen internationalen Schiedsgerichtshofes als Revisionsinstanz einzusetzen. Dies kann aus unserer Sicht auch zu einer Reduzierung der Bedenken der Kritiker und damit einem erfolgreichen Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und den USA beitragen. – Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag und bedanke mich bei Ihnen.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe mal ziffernweise vor bezüglich des Antrags. Nach Ziffer 1 des Antrags soll der Landtag feststellen, dass ein Handelsabkommen wie TTIP helfen kann, das im Programm „Europa 2020“ formulierte Ziel der Erhöhung des Industrieanteils am BIP zu erreichen.
Also mehr haben Sie hier nicht formuliert. Sie sind inzwischen sehr vorsichtig geworden. Das begrüße ich auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite denke ich, selbst dieses können wir als Landtag nicht feststellen.
Zu den Auswirkungen, welche dieses Abkommen auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung haben könnte, sind zahlreiche Studien erschienen. Die drei wichtigsten sind von Sabine Stephan in dem „Zeit“-Artikel „Mehr Wachstum durch TTIP ist ein Märchen“ analysiert worden.
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass selbst unter außerordentlich optimistischen Annahmen die von den Wissenschaftlern erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte winzig sind.
Sie fügt hinzu, diese magere Bilanz dürfte sich noch deutlich verschlechtern, wenn man, was die Studien nicht tun, die Kosten eines TTIP berücksichtigen würde. Wenn uns ein umfassendes Freihandelsabkommen mit den USA nun insgesamt ein zusätzliches durchschnittliches
Ich frage mich, wie nun bei entsprechenden Berechnungen noch die Erhöhung des Industrieanteils am BIP nachgebildet werden soll. So weit dazu.
In Ziffer 2 des Antrages soll sich der Landtag dafür aussprechen, dass Handelsabkommen wie TTIP so ausgestaltet werden, dass vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen einen spürbaren Vorteil erfahren. Das klingt ja erst mal gut. Wie die entsprechenden Handelsabkommen dann gestaltet werden müssten, dazu schweigt sich der Antrag jedoch aus.
In einem Positionspapier des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft, des BVMW, heißt es dazu: Der Bundesverband lehnt das geplante Investitionsschutzkapitel in TTIP in seiner jetzigen Form ab. „Kleine und mittlere Unternehmen haben weder die finanziellen Ressourcen noch die Zeit, um langwierige Schiedsverfahren zu führen. … Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Verfahren genutzt werden, um indirekten Einfluss auf staatliche Entscheidungen zu nehmen.“ Diese Kritik teilen wir.
Zum Verbraucherschutz äußere ich, dass der Bundesverband in dem Papier wie folgt sagt: Der Bundesverband von den Mittelständischen Unternehmen „setzt sich für die Wahrung hoher einheitlicher Standards und Schutzniveaus ein, auch wenn dies bedeutet, kritische Teilbereiche aus dem Abkommen herauszunehmen und in einem nachfolgenden Schritt zu harmonisieren“. Zur Erklärung strittiger Fragen könne ein Mechanismus vereinbart werden, um nicht in TTIP aufgenommene Themen ohne Zeitdruck zu verhandeln. Darunter falle der geplante Regulierungsrat.
Das damit angesprochene Verfahren der regulatorischen Kooperation ist jedoch in der Sachverständigenanhörung des Europa- und Rechtsausschusses massiv kritisiert worden. „Sollen die Gesetze, Richtlinien und Verordnungen nicht nur von Regierungsvertretern in Hinterzimmern festgelegt werden, so bedarf es einer neuen demokratischen Instanz, die die Regulierung vornimmt“, sagte der ehemalige Staatssekretär Ernst-Christoph Stolper. „Beim europäischen Binnenmarkt ist dies durch die Bildung der Politischen Union und die Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments gelöst worden.“
„Bei der Bildung einer transatlantischen Freihandelszone“ oder auch nur einer partiellen Harmonisierung der Rechtsetzung „ist dieser Weg der Souveränitätsübertragung auf eine demokratisch verfaßte übergeordnete Ebene aber versperrt, die Gesetzgebung würde wieder dauerhaft in die Hinterzimmer verbannt.“ Wir können dem Bundesverband daher nicht in Gänze folgen. Wenn nun Ziffer 2 bedeutet, dass sich der Landtag die Position zu eigen machen soll, lehnen wir dieses entsprechend ab.