Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deswegen haben Sie immer unsere Anträge abgelehnt?!)

Und dass wir als SPD ein Thema mitgestalten, haben die letzten Wochen von der Europa- bis zur Landesebene gezeigt. Mein Kollege Detlef Müller hat das in der Einbringung erwähnt, dass wir mit diesem Antrag ein Zwischenfazit ziehen und die weiteren Verhandlungen genau beobachten und begleiten werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, in der Vergangenheit hat kaum jemand Notiz davon genommen, wenn die EUKommission Freihandelsabkommen ausverhandelt hat. Wer hat die Verhandlungen zum Abkommen mit Kolumbien und Peru 2010 verfolgt und kritisch begleitet? Ich denke, dass sich die Anzahl derer in Grenzen hält, auch bei Opposition und NGO.

Sozialdemokraten auf europäischer Ebene haben dem Verhandlungsergebnis gegenüber erhebliche Zweifel geäußert, weil die Menschenrechtslage in den genannten Ländern katastrophal ist, unzureichende Mechanismen zur Suspendierung des Abkommens vorgesehen waren und die Kommission international unabgestimmt vorangegangen ist. Die öffentliche Empörung ist ausgeblieben. Insofern ist es gut, dass Freihandelsabkommen jetzt öffentlich in Parlamenten besprochen werden, auch im Landtag Mecklenburg-Vorpommern.

Wir wollen Freihandel gestalten und unter die Prüfung von Rechtsstaatlichkeit setzen. Dazu müssen wir aber auch den Weg gehen, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeiten des geregelten Freihandels zu erklären. Warum unterstützen wir die Verhandlung zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft? Wir unterstützen diese, weil sie eine berechtigte Chance gibt, den Anteil des Bruttoinlandprodukts, ein wesentliches Ziel von „Europa 2020“, auch bei uns im Land zu erhöhen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Uns ist vor allem wichtig, dass kleine und mittlere Unternehmen durch TTIP und CETA profitieren. Vergleichen Sie dazu auch das Interview gestern im Nordkurier

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

von der IHK Neubrandenburg.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ja, die sind kompetent.)

Erstmals haben wir mit den USA die gemeinsame Chance, Globalisierung zu gestalten und, Herr Dr. Brie, ich meine das aus europäischer Sicht. Das ist wohl auch die Aufgabe der Verhandler auf unserer Seite, diese europäische Sicht in die Verhandlungen auf Standards und Werte einzubringen.

Bei aller Kritik an den USA, die natürlich zum Teil gerechtfertigt ist, der Rest ist plumper Antiamerikanismus, haben wir doch mit den Amerikanern die größten Schnittmengen in unserer Demokratie, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung.

(Udo Pastörs, NPD: Wo fängt der an, der plumpe Antiamerikanismus?)

Wir möchten qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen und die Verbraucher direkt begünstigen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das heißt auch, dass unsere in Jahrzehnten hart erkämpften Verbraucherschutzstandards nicht angetastet werden. Lesen Sie bitte das Verhandlungsmandat und die Stellungnahmen des Europäischen Parlaments! Dann kristallisiert sich heraus, dass diese Standards auch mit TTIP gelten werden.

Es gehört aber auch dazu, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, dass Sie mit der Mär von Chlorhühnchen und Standardabsenkungen aufhören. Damit tragen Sie jedenfalls nicht dazu bei, dass wir bei den Bürgern eine sachliche Aufklärung fördern können.

Insofern, meine Damen und Herren, gehen wir auch mit diesem Antrag voran,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie verwechseln Ursache und Wirkung.)

wenn wir unsere europäischen Standards zur Gestaltung der Globalisierung nutzen wollen. Ich möchte nicht, dass China oder Indien, vielleicht sogar im Verbund, uns ihre Standards im weltweiten Handel vorschreiben.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Ich möchte, dass wir als Europäer den Anspruch haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

im Staatenverbund eine soziale Handelspolitik politisch selbst zu gestalten. Dazu gehört auch die Reformierung von außergerichtlichen Schiedsstellen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich mich sehr freue, dass wir eine solche Passage mit der CDU zusammen in diesen Antrag eingebracht haben.

(Burkhard Lenz, CDU: Nur mir zu verdanken.)

Wir sagen ganz eindeutig, dass wir private Schiedsstellen in TTIP ohne öffentliche Kontrolle nicht haben wollen und das auch nicht als Notwendigkeit ansehen. Es ist nur folgerichtig, dass wir aus unseren Ausschussberatungen das Fazit ziehen, die sozialdemokratischen Handelsminister auf EU-Ebene in ihrem Vorschlag zur Etablierung eines internationalen Handelsgerichtshofes zu unterstützen.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, richtig.)

Das veraltete Konstrukt ISDS hat ausgedient,

(Thomas Krüger, SPD: Genau so.)

und das ist auch gut so.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Wir Parlamentarier haben im Europaparlament, im Deutschen Bundestag und im Landtag unsere Position zu ISDS und TTIP klar definiert, während die EUKommission noch an neuen Vorschlägen arbeitet. Am Dienstag habe ich in der „Frankfurter Allgemeinen“ lesen können, dass Frau Kommissarin Malmström im Mai neue Vorschläge zur Reform des Investorenschutzes vorlegen möchte. Frau Malmström ist sehr gut beraten, die Forderungen des Europäischen Parlaments und des Ausschusses der Regionen zu beachten, nämlich die der Streichung von ISDS in TTIP.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Die Kommission sollte vielmehr auf den Vorschlag der Handelsminister setzen und diesen zielführend vorantreiben. Damit arbeiten wir daran, Reformen anzustoßen und zu gestalten, während andere diese Arbeit scheuen wie der Teufel das Weihwasser.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel reist derzeit durch Europa, um andere Länder für die Problematik von ISDS zu sensibilisieren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der Vorschlag für einen internationalen Handelsgerichtshof geht jedoch in die absolut richtige Richtung, vor allem um eine Paralleljustiz zu verhindern. Dass sich dieser Einsatz politisch bezahlt macht, zeigen die Verbesserungen in CETA. Auch beim Investor-Staat-Schiedsgerichts- verfahren enthält CETA schon deutliche Verbesserungen. Es ist inzwischen klar, Transparenz wird eingehalten, sämtliche Unterlagen werden veröffentlicht, alle Anhörungen sind öffentlich, interessierte Gruppierungen, wie NGO oder Gewerkschaften, können Anträge einreichen und Stellungnahmen abgeben. Das ist etwas, was unser deutsches Recht so nicht kennt. Die Unabhängigkeit der

Schiedsrichter wird garantiert. All das sind Änderungen, an denen auch Sozialdemokraten maßgeblich mitgewirkt haben. Ihre totale Verweigerungshaltung, liebe Frau Gerkan – nun ist sie gar nicht da –, hat den Bürgern überhaupt keine Verbesserungen gebracht.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ich mich in den vergangenen Wochen sehr über die Äußerungen von Herrn Dr. Brie gefreut habe, was Freihandelsabkommen betrifft.

(Beifall Thomas Krüger, SPD)

Europapolitisch gehen wir an dieser Stelle in die gleiche Richtung.

(Stefan Köster, NPD: Kapitalismus pur. – Udo Pastörs, NPD: Total.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Sinne unseres europapolitischen Verständnisses in diesem Landtag bitte ich Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3884. Wer dem zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/3884 angenommen, bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und CDU, bei Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und Fraktion der NPD und bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, der Abgeordnete David Petereit hat fristgemäß Einspruch gegen den erteilten Ordnungsruf zum Tagesordnungspunkt 5 in der 91. Sitzung eingelegt. Gemäß Paragraf 100 unserer Geschäftsordnung ist der Einspruch auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung nach Eingang des Einspruchs zu setzen. Die erforderliche Beteiligung des Ältestenrates ist heute erfolgt. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, die Abstimmung über diesen Einspruch am Ende der heutigen Sitzung als Zusatztagesordnungspunkt 2 aufzurufen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

(Der Abgeordnete Dr. André Brie tritt an das Präsidium heran.)

Oh, ich würde noch gerne einen Protokollhinweis geben zum Tagesordnungspunkt 18.

(Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)