Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

Offenbar ist den Aktivisten aus den Wohlstandsvierteln der urbanen Zentren entgangen, dass die kleine Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern bereits seit einigen Jahren am Boden liegt – ein traditionsreiches Gewerbe, jahrhundertealt, viele kleine Familienunternehmen kurz vor dem Aus. Und als wären die vorhandenen Probleme und Gängelungen durch die Politik nicht schon groß genug, sabotieren nun selbsternannte Umweltschützer mit rechtswidrigen Aktionen das gebeutelte Handwerk und demonstrieren damit ihren Willen zur

Vernichtung der letzten Arbeitsplätze unserer heimischen Fischer.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Es stellt sich für mich die Frage: Dürfen mit einer vermeintlich richtigen Gesinnung Rechtsbrüche begangen werden?

(Horst Förster, AfD: Das ist doch inzwischen geltendes Recht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, ich hoffe doch, dass unser Rechtsstaat so etwas nicht toleriert!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Doch!)

Ganz offenbar scheinen sich die selbsternannten Meeresretter wenig um die Judikative zu scheren. Es war schließlich nicht die erste Aktion dieser Art vor der Küste von Rügen. Ähnliche Aktionen führte Greenpeace im Jahre 2008 westlich vor Sylt, 2009 im Kattegat vor der schwedischen Küste und 2011 in der Nordsee an der holländischen Kiesbank Klaverbank durch. Auch hier wurden Verbote und Strafandrohungen missachtet. In allen Fällen gab es keine Verklappungsgenehmigung für die Versenkung der Granitblöcke, und das aus gutem Grund.

Dass eine Vereinigung wie Greenpeace, die jedes Jahr mehrere Millionen Euro an Spenden einnimmt, eine Strafe von läppischen 50.000 Euro nicht fürchtet, verwundert nicht. Im Gegensatz zu den Akteuren von Greenpeace machen die lokalen Fischer nichts Illegales. Der Fischfang ist erlaubt und der Umsatz aus anderen Fanggebieten auch heute noch eine wichtige Einnahmequelle für die Region.

Beim Adlergrund handelt es sich um ein Gebiet, in dem die Fischerei gestattet ist und somit legale Tätigkeiten ausgeführt werden. Zwar wird hier von unseren Fischern keine Schleppnetzfischerei mehr betrieben, aber Polen und Dänen sind hier wohl noch aktiv. Lediglich zum Aalfang wird dieses Gebiet von unseren Fischern noch befischt. Und nun nimmt Greenpeace mit seiner kriminellen Aktion billigend in Kauf, dass Menschenleben gefährdet werden. Die Schleppnetze können sich mit fatalen Folgen in den Felsen verfangen und die Boote schlagartig zum Kentern bringen.

(Burkhard Lenz, CDU: Sag bitte „pelagische Schleppnetze“!)

Nicht nur die Lebensgrundlage der Fischer wird zerstört, sondern es besteht auch Gefahr für Leib und Leben.

Ferner handelt es sich um einen massiven Eingriff in die Natur. Das Versenken riesiger Granitblöcke im Gebiet Adlergrund ist alles andere als umweltfreundlich. Zwar kann das Versenken in anderen Gebieten sinnvoll sein, zum Beispiel, um ein neues Riff zu schaffen oder ein bestehendes Riff zu vergrößern. Dann ist eine solche Aktion entsprechend zu prüfen und durch die zuständigen Behörden genehmigen zu lassen. Das lag in diesem Fall natürlich nicht vor, ganz im Gegenteil!

Aus der Antwort auf eine Anfrage unseres Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm geht eindeutig hervor,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass es sich beim Versenkungsort um eine Sandbank handelt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich darf aus der Antwort des von der SPD geführten Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz zitieren: „Die Versenkung von Granitblöcken im FFH-Gebiet ‚Adlergrund‘ durch Greenpeace am 26. bis 28. Juli 2020 war rechtswidrig. Sie verstieß u. a. gegen § 4 Satz 1 Hohe-See-Einbringungs-Gesetz.“ Und weiter heißt es in der Antwort: „Greenpeace hat die Felsblöcke im ‚Adlergrund‘ auf eine Sandbank fallen lassen.“

(Burkhard Lenz, CDU: Blödsinn!)

„Diese stellt einen besonders geschützten Lebensraumtyp dar, dessen ökologischen Funktionen eine Bedeckung mit Steinen gerade zuwiderläuft. Aus diesem Grund ist die Versenkung besonders kritisch zu bewerten.“

Meine Damen und Herren, eigentlich können Sie diesem Antrag nur zustimmen, oder Sie stellen sich gegen Ihr eigenes Ministerium. Braucht es hier noch mehr Beweise für die Absurdität dieser ideologisch getriebenen Aktion?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo kommen wir hin, wenn jeder meint, er hätte das Recht, Umwelt und Natur nach seinem Empfinden und seinem Zeitgeist umzugestalten?! Der ökologische Schaden wäre nicht auszudenken! Heute so, morgen so – immer der Ideologie und dem Zeitgeist nach. Diesem kriminellen Treiben muss unverzüglich ein Ende gesetzt werden! Hierbei handelt es sich keineswegs um eine harmlose Umweltaktion irgendwelcher Aktivisten, sondern um einen gefährlichen Eingriff in die Sicherheit der Schifffahrt und der Fischerei, um einen nicht genehmigen Eingriff in das heimische Ökosystem, um die systematische Vernichtung von Arbeitsplätzen und die Zerstörung der Lebensgrundlage von Fischern.

Wir fordern Aufklärung und das konsequente Einschreiten des Rechtsstaats! Dabei muss aufgeklärt werden, wer diesen Rechtsbruch begleitet hat und wo Greenpeace zum Beispiel die riesigen Granitsteine lagern konnte. Wer war alles an dieser Aktion beteiligt? Wir als AfD-Fraktion fordern eine vollständige Aufklärung, die konsequente Anwendung geltenden Rechts und die Wiederherstellung des Ausgangszustands durch Greenpeace. Das heißt, die Steine werden auf Kosten der Verursacher wieder entfernt. Greenpeace kann dazu ja einen Spendenaufruf starten. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD, Holger Arppe, fraktionslos, und Christel Weißig, fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es eigentlich relativ kurz machen.

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Tilo Gundlack, SPD: Ja.)

Ich glaube...

Ja, ich werde es auch tun.

Ich glaube, jedem ist klargeworden, wer so ein bisschen sich damit befasst hat, Greenpeace leidet, glaube ich, unter Geldmangel. Nicht umsonst hat man versucht, im Übrigen, Fernsehwerbung zu machen. Das deutet doch schon darauf hin, man muss spektakuläre Aktionen starten.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Und dass man nun ausgerechnet unser Bundesland dazu auserkoren hat, das lehne ich persönlich erstens ab, und zweitens, habe ich, glaube ich, eben in meiner Rede davor deutlich gemacht, in welcher dramatischen Situation sich die Fischerei befindet. Und insofern will ich noch mal ausdrücklich unterstreichen, wer sich ein bisschen mit der Karte auskennt, der Seekarte, es handelt sich beim Adlergrund um die ausschließliche Wirtschaftszone. Das heißt, das ist ein internationales Gewässer.

Und deswegen finde ich den Hinweis, den Sie, Herr Borschke, gegeben haben, nämlich, dass es hier sich um ein Gesetz, nämlich das Hohe-See-Einbringungsgesetz, handelt – und das ist im Vergleich zu dem, was Greenpeace im Übrigen vor Sylt gemacht hat in der Nordsee, ein kleiner, feiner Unterschied –, wir haben es hier mit einem internationalen Gewässer zu tun, internationales Gewässer, das beschiffbar ist. Also eine internationale Schifffahrtsstraße ist auch der Adlergrund.

Und zum Zweiten, zurzeit ist das Fischen, auch wenn unsere Fischer seit zehn Jahren dort nicht mehr aktiv sind, jedenfalls nicht mit Schleppnetzen, ist dies ein Affront gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern und gegen die Fischer, und das lehne ich ab.

(Beifall Burkhard Lenz, CDU)

Deswegen habe ich mich ausdrücklich auch an die Ministerien gewandt mit der dringenden Bitte, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das da maßgeblich ja auch die Untersuchungen vorgenommen hat, als auch die Bundespolizei. Ich bin auch sehr dankbar, dass das hier in enger Abstimmung zwischen unseren Häusern auch sehr schnell stattgefunden hat. Wir wissen also sehr genau, wer an diesem Prozess beteiligt war. Und meine ganz klare Forderung ist, Greenpeace oder wer auch immer hat dieses Gesetz einzuhalten. Wir erwarten von jedem Bürger, dass er sich an die Rechtsstaatlichkeit hält, und das gilt auch für Greenpeace.

Und abschließend verfolgt Greenpeace natürlich ein ganz anderes Ziel. Und das will ich auch noch mal ausdrücklich sagen: Es geht ja darum, ob und inwieweit diese Gebiete mit Managementplänen und für Schutzgebiete festgesetzt werden. Und für uns ist klar, dass, solange

wir keinen Verschlechterungstatbestand haben in diesen Gebieten, auch im Hoheitsgebiet des Landes MecklenburgVorpommern in der Ostsee gefischt werden darf.

Im Übrigen, wir haben noch zwölf Schleppnetzfischer – ganze zwölf! – und wir haben in unseren FFH-Gebieten Managementpläne. Da sind im Übrigen Gutachten gemacht worden, dass die Schleppnetze am Boden – weil wir nicht mit Kurren und mit Ketten arbeiten, sondern mit Rollen –, dass an dem, und das ist wissenschaftlich, Herr Dr. Weiß, wissenschaftlich bewiesen, dass dort keine Schäden in Mecklenburg-Vorpommern entstanden sind. Und wenn wir Plattfische, die wir wirklich in einem sehr guten Zustand haben, fischen wollen, dann geht das aus meiner Sicht im Wesentlichen nur tatsächlich mit der Schleppnetzfischerei, angepasst, so, wie unsere Fischer das in Mecklenburg-Vorpommern machen.

Insofern ist das, was Greenpeace hier gemacht hat, aus meiner Sicht ein Tatbestand, der nicht zu akzeptieren, zu dulden ist. Und ich gehe davon aus, dass die Bundesbehörden, die dafür zuständig sind, ausschließlich zuständig sind, dass sie diesen Prozess führen. Und ich gehe davon aus, dass Greenpeace hier in dieser Frage zur Verantwortung gezogen wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE …

(Minister Dr. Till Backhaus: Ich habe meine Redezeit unterschritten!)

Ja, der Minister hat seine Redezeit unterschritten. Das ist sehr löblich.

(allgemeine Heiterkeit – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das führt jetzt aber nicht zur Kürzung.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Schwenke.

(Heiterkeit bei Nikolaus Kramer, AfD: Kriegen wir jetzt Abzug?)