Es gibt noch zwei Blöcke, die ich hier nur kurz erwähne. Frau Seeler hat sie vorhin angesprochen: Das eine ist die Regelung der Finanzhilfen, mehr Planungssicherheit.
Das ist ein lang gehegter Wunsch, der im Landeshaushalt finanzielle Probleme ausgelöst hätte. Frau Vogelsang, das wissen Sie selber. Wir können das jetzt einigermaßen kostenneutral machen, meine ich. Zum anderen gibt es den Wunsch, den Werteund Normenunterricht auch für die Schülerinnen und Schüler einzuführen, für die kein Religionsunterricht angeboten wird.
Ich bitte ganz herzlich darum, dass wir auch über diese Fragen sachorientiert reden und versuchen, Einigkeit herzustellen, denn wir können hier sowohl den freien Trägern entgegenkommen als auch der Frage näher treten, wie wir mit den muslimischen Jugendlichen in unserem Lande umgehen. Ich hoffe, wenigstens in diesem Block besteht Einigkeit.
Ansonsten ist die Schulgesetznovelle ganz bewusst sehr konzentriert gefasst. Ich meine, dass der Zeit
plan durchaus einzuhalten ist. Wir bieten seitens des Kultusministeriums unsere deutliche Unterstützung an. Dass wir auch die Verordnungen dazu zügig vorlegen werden, ist selbstverständlich. Sie als Oppositionsfraktion, die schon vor zwei Jahren gesagt hat, sie wolle die sofortige Abschaffung der Orientierungsstufe, werden sich nun damit auseinander setzen müssen, dass Sie dies auf einmal gar nicht mehr wollen.
Insofern haben Sie noch zu diskutieren, wie wir es schaffen, dass zum 1. August 2003 die ersten Schulträger keine Orientierungsstufen mehr haben.
(Frau Vogelsang [CDU]: Wir werden das verhindern! - Klare [CDU]: Wa- rum müssen Sie bis zum 15. Mai mit der Diskussion fertig sein?)
Wenn Sie dafür mit sorgen würden, würden Sie bei Ihren Wählern vielleicht besser aussehen. Da Sie das aber nicht wollen, sind wir froh darum. - Herzlich Dank.
Meine Damen und Herren, da die Landesregierung die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit mit achteinhalb Minuten deutlich überzogen hat, werde ich das bei der weiteren Diskussion berücksichtigen.
- Ich bitte Sie, nicht dazwischenzurufen, wenn ich erkläre, warum ich das so mache. - Das Wort hat Frau Kollegin Harms.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die monatelange auch sehr anstrengende und nicht ohne innerparteilichen Druck verlaufene Diskussion in der Niedersachsen-SPD
(Wernstedt [SPD]: Innerparteilichen Druck kennen die Grünen überhaupt nicht! - Heiterkeit bei der SPD - Glo- cke des Präsidenten)
hat ganz offensichtlich dazu geführt, dass es für die Rückkehr zu einer meiner Meinung nach eher konservativen Schulpolitik von der SPD schon fast stehende Ovationen gibt.
Ich, meine Damen und Herren, finde das bedenklich und will an dieser Stelle auch noch einmal sagen, dass ich nicht verstehe, warum mit den Einsichten aus PISA die Rückkehr zu einem Schulsystem begründet werden kann, das das Sortieren nach Klasse 4 in Niedersachsen wieder einführt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Voigt- länder [SPD]: Das gilt für die CDU, nicht für uns! - Weitere Zurufe von der SPD)
- Da können Sie jetzt ganz aufgeregt dazwischenrufen. Ich habe die Berichterstattung über Ihren Parteitag in Hannover sehr genau gelesen.
Ich habe sehr genau nachgelesen, was Ihr Peter von Oertzen, ein oft zitierter Sozialdemokrat, über diese Schulstrukturreform gesagt hat.
Er hält das davon, was auch ich davon halte: Es ist die Rückkehr zu den konservativen Linien der Schulpolitik. Sie haben in einem völlig Recht: Die CDU kann mit dieser Schulstrukturreform eigentlich ganz zufrieden sein.
(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Seeler [SPD]: Sie sollten bei der Atompolitik bleiben! - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)
- Meine Damen und Herren, das ganze Gemurmel hilft nicht weiter. Ich weiß, dass Sie lange gebraucht haben, um Ihre Partei in Niedersachsen auf Kurs zu bringen. Niedersachsen ist trotzdem das einzige SPD-geführte Land, das in dieser Art und
Weise, nämlich mit der Rückkehr zum Sortieren nach Klasse 4, meint, auf PISA reagieren zu können. Wir haben mehrfach angekündigt, dass wir diesen Weg nicht mitgehen. Wir werden mit unserem eigenen Gesetzentwurf in die nächste Plenarsitzung kommen, und wir werden mit unserem eigenen Strukturvorschlag den Versuch machen, den Anforderungen, die PISA den Deutschen eigentlich ins Stammbuch schreibt, gerecht zu werden.
Ich weiß wirklich nicht, was Sie reitet. Wenn die Förderstufen ans Gymnasium angebunden werden, dann heißt das wirklich nichts anderes, als dass das Gymnasium tatsächlich mit Klasse 4 beginnt.
Kommen wir an dieser Stelle zu dem ganz dicken politischen Betrug, den sich die Sozialdemokraten in Niedersachsen leisten,
zum freien Elternwillen, der von Ihnen ja immer wieder betont wird. Meine Damen und Herren, auch das ist etwas, was uns nicht nur PISA, sondern auch andere Studien zeigen: In der Bundesrepublik Deutschland ist es für bildungsferne Schichten - ich hasse diesen Begriff, weil er die Lage eigentlich verschleiert -, ist es gerade für sozial Schwache, für ärmere Familien nicht leicht, ihren Kindern den Zugang zum Gymnasium zu ermöglichen. Im Gegenteil ist es so, dass es einen Rückgang bei der Anzahl der Kinder gibt, die aus sozial schwachen Familien kommen und den Weg ans Gymnasium schaffen, weil sich die Eltern diese Entscheidung nicht zutrauen.
Meine Damen und Herren, wer behauptet, dass Sie für diese Schulstrukturreform, die wirklich nichts anderes ist als die Umsetzung konservativer Linien in der Schulpolitik,
bei der letzten Wahl von Sozialdemokraten gewählt worden sind, der macht sich einfach etwas vor. Sie betreiben mit dieser Schulpolitik nichts anderes als das Geschäft der konservativen Schulpolitiker. Das, meine Damen und Herren, regt mich auf - da muss ich auch einmal emotional werden;
denn ich gehöre zu diesen Kindern, denen es geglückt ist, aus einem Arbeiterhaushalt ans Gymnasium zu kommen -, weil Sie mit PISA endlich den Beleg dafür haben, dass das, was Peter von Oertzen und andere für Sie vorgedacht hatten, richtig war. Jetzt hätten Sie noch mehr Argumente, das konsequent umzusetzen, und jetzt verspielen Sie diese Möglichkeiten.
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Dom- röse [SPD]: Dann sagen Sie das doch den Eltern! Sollen die doch die Ge- samtschule fordern!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vorhin schon eine recht groteske Situation erlebt: Da schickt die CDU einen Juristen, nämlich ihren Fraktionsvorsitzenden, in eine schulpolitische Debatte, und der erregt sich darüber, dass im Kultusministerium Juristen sitzen. Grotesker geht es doch schon gar nicht mehr!