Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn von dieser Stelle aus eben behauptet wurde, dass Unternehmensgewinne steigen, dann ist das falsch. Man muss dies differenzieren. Bei einigen Großkonzernen und Großbanken steigen natürlich die Gewinne. Und wenn ein besonderer Großkonzern in die Pleite geht, bekommt er wieder staatliche Hilfe, weil er zuvor, wie im Falle Holzmann, die mittelständischen Betriebe kaputtgemacht hat.
Der Mittelstand hat in diesem harten Wettbewerb schon lange keine steigenden Gewinne mehr zu verzeichnen. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. Die Ökosteuerbelastung trifft jeden Mittelständler. Die neuen Abschreibungen treffen Jungunternehmer besonders. Wenn sie investieren, aber erst zeitlich versetzt abschreiben können, dann kommen sie gar nicht zum Betriebskapital, das sie unbedingt brauchen.
Ich meine, diese gegen den Mittelstand gerichtete Steuerreform wird dazu führen, dass immer weniger Betriebsnachfolger gefunden werden.
Ein Viertel der 380.000 Betriebe, die in den nächsten vier Jahren einen Betriebsnachfolger suchen, werden keinen Betriebsnachfolger mehr haben, denn Ihre Politik richtet sich im Augenblick gegen den mithaftenden, mitarbeitenden und Verantwortung übernehmenden Unternehmer. Deshalb wollen junge Leute nicht mehr in dem Maße übernehmen.
Wenn Sie dann dem mittelständischen Unternehmer auch noch die Alterssicherung, wie das früher gang und gäbe war und wofür wir alle waren, nehmen, dann ist das sehr bedauerlich.
Ich meine, Sie sollten endlich aufhören, in Talkshows und Sonntagsreden den Mittelstand zu loben und ab Montag oder Dienstag den Mittelstand wieder zu schröpfen.
(Starker Beifall bei der CDU - Wegner [SPD]: Dem Mittelstand geht es immer noch so gut, dass er der CDU 1 Million Kredit geben kann!)
Die Debatte hat inzwischen das Niveau angenommen, mit dem man in der Diskussion draußen wahrscheinlich eine ganze Menge Punkte machen kann.
(Heineking [CDU]: Das ist eine Be- leidigung des Mittelstandes, Herr Mi- nister! - Lebhafter Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD - Heine- king [CDU]: Haben Sie einen Mittel- ständler in Ihrem Kabinett, Herr Mi- nister? - Zurufe von der CDU: Leh- rer!)
- Ich könnte ja jetzt die Gegenfrage stellen: Haben Sie einen in Ihrem Kabinett? - Die Entwicklung ist, was das Optionsmodell und andere Dinge angeht, wesentlich weiter, als sie hier aufgrund des Informationsstandes von Herrn Wulff und Kollegen diskutiert wird. Sie wissen, dass sich die unterschiedlichsten Fraktionen und die Länder über die Diskussionsansätze aus dem Gesetzentwurf hinaus mit Positionsbeschreibungen in der Öffentlichkeit geäußert haben. Das hat auch Niedersachsen gemacht, das wird nur leider nicht zur Kenntnis genommen.
Zum Optionsmodell einige wenige Bemerkungen: Es ist in der Tat so, dass die Länderfinanzminister, soweit sie SPD-Regierungen angehört haben, in einem Beschluss, der auch dem Bundesrat vorgelegt worden ist, die Prüfung des gesamten Sachverhaltes einschließlich des Optionsmodells gegenüber der Bundesregierung eingefordert haben. Das ist ausdrücklich auch von den Kollegen der
CDU begrüßt worden, ohne dass sie ein in sich geschlossenes Gegenkonzept vorlegen konnten. Das so genannte Rücklagemodell, das von Brandenburg dagegen gesetzt worden ist, befindet sich ebenso in der Prüfung wie andere.
Nun zum Generationenwechsel, Herr Heineking: Ich sage Ihnen: Wir aus Niedersachsen haben in der ersten Auseinandersetzung um die Steuerreform durchgesetzt, dass im Zusammenhang mit § 34 des Einkommensteuergesetzes zwei Dinge erreicht worden sind. Zunächst einmal haben wir die Spekulationen, die mit dem § 34 gelaufen sind, verhindert und das Steuerschlupfloch geschlossen. Das haben alle bejubelt und haben zur Kenntnis genommen, dass wir dadurch Abflüsse aus den Haushalten in Milliardenhöhe vermieden haben. Das Zweite ist, dass wir aus Niedersachsen eine Mittelstandskomponente eingebracht haben. An dieser Stelle diskutieren wir wieder die Entlastung für den von Ihnen präzise angesprochenen Fall, nämlich den Fall des Generationenwechsels, also den Fall der Übertragung des Unternehmens von der einen Generation auf die andere.
Insofern haben wir - das ist auch öffentlich gemacht worden; Sie hätten es zur Kenntnis nehmen können - den wesentlichen Lösungsansatz über die Freibetragsgrenze gesehen, weil wir dort exakt definieren können, in welchen Größenordnungen von Personengesellschaften wir uns bewegen. Es gibt in Deutschland durchaus Personengesellschaften, die keine Mittelständler oder kleine Unternehmen, sondern für meine Begriffe sehr große Unternehmen sind.
Um deutlich zu machen, dass es hier wirklich um einen Generationenwechsel geht, hätten wir das gern an den Begriff der Altersvorsorge geknüpft, damit es nicht zu einem Missbrauch kommt, und deutlich gemacht, dass das durch das Lebensalter definiert wird und im Leben nur einmal in Anspruch genommen werden kann; denn sonst gibt es wieder nur Missbrauchs- und Ausweichdiskussionen, wie es sie schon früher gegeben hat. Das ist, glaube ich, inzwischen angekommen. Wenn das ein richtiger Weg ist, würde ich mich freuen, wenn auch Sie ihn unterstützen.
Nun noch ein letztes Wort zur AfA: Wer die AfATabellen und die AfA-Laufzeiten kritisiert, der muss wissen, dass sie derzeit im Bereich der Gegenfinanzierung eine große Rolle spielen. Wer hier also seine Kritik ansetzt und damit ein Stück Gegenfinanzierung aus dem Gesamtkonstrukt heraus
Auch hier ist inzwischen klar, dass die von Herrn Wulff so an die Wand gemalten Laufzeiten - zehn Jahre für einen Computer oder so ähnlich - allesamt absurd sind und von niemandem mehr ernsthaft verfolgt werden.
(Möllring [CDU]: Sechs Jahre hat er gesagt! Sie können noch nicht einmal „sechs“ und „zehn“ unterscheiden!)
Es ist nun aber einmal so: Es gibt eine Diskussion auf der Sach- und Fachebene, Herr Wulff, in deren Rahmen bestimmte Verständigungen inzwischen schon längst erreicht worden sind. In der öffentlichen Debatte muss man aus der Opposition heraus aber wohl so argumentieren.
Herr Minister, glauben Sie, dass es in dieser schnelllebigen Zeit, in der sich die Technik so schnell verändert, angebracht ist, Abschreibungsfristen zu verlängern?
Ich kann Ihnen ja mit einer Gegenfrage antworten. Bevor Sie Ihre Frage gestellt haben, haben Sie sicherlich nicht zugehört.
Ich habe gerade gesagt: Das Thema Abschreibungslaufzeiten ist schon längst weiter entwickelt worden. An dem Beispiel dafür, die Abschreibungszeiten für Computer auf zehn Jahre anzulegen - - -
(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sechs! Vier auf sechs! Sie müssen doch zu hören! Vier auf sechs! - Weitere Zurufe von der CDU)
Herr Minister, geben Sie mir Recht, dass Unternehmen, die sechs Jahre mit dem gleichen Computer arbeiten, im Zweifel nach sechs Jahren keine Steuer mehr zahlen können, sodass die Gegenfinanzierung dann völlig zusammenbricht?
Ich gebe Ihnen die gleiche Antwort wie Herrn Heineking. Das Beispiel von Herrn Wulff mag eben falsch in Erinnerung gewesen sein. Es ging wohl darum, dass er Lastwagen auf zehn Jahre und Computer auf sechs Jahre angesetzt hatte. Diese Laufzeiten sind aber schon längst überholt. Ich bitte nur darum, dass wir mit Blick auf den Vermittlungsausschuss bei dem Versuch, insgesamt ein tragfähiges Konzept zu bekommen, in der öffentlichen Debatte nicht ein Umfeld organisieren, Herr Wulff, das es extrem schwierig machen wird, noch im Laufe dieses Jahres zwischen den Kommunen, den Ländern, die auch eine Diskussion über die Gegenfinanzierung führen müssen, und dem Bund einen Konsens herzustellen, weil eines feststeht: Zum 1. Januar 2001 wird diese Steuerreform umgesetzt, und zwar in einem Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform als einem Baustein und der um ein Jahr vorgezogenen Einkommensteuerreform, sodass das Gesamtpaket auf den Weg gebracht werden kann. Das ist der Erfolg, den diese Bundesregierung durchsetzen wird. Das ist deutlich mehr, als Sie in den letzten Jahren Ihrer Regierung unter Kohl haben bewegen können.
Vielen Dank. - Herr Kollege Plaue erhält jetzt nach § 71 Abs. 2 eine Redezeit von bis zu drei Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Golibrzuch hat eben in Richtung SPD erklärt, dass wir nicht mehr diese ideologischen Grundsatzdebatten führen und uns stattdessen mehr den Sachthemen widmen sollten. Diese Erklärung hat er dann an seinem Antrag festgemacht. Jedenfalls will ich das jetzt einmal tun. Der Antrag der Grüne-Fraktion beschäftigt sich ausschließlich mit den Beteiligungsverkäufen und sagt: Es kann doch wohl nicht angehen, dass diese Beteiligungsverkäufe steuerfrei gestellt werden. Was ist das denn für eine Gerechtigkeit? Lieber Kollege Golibrzuch, wenn Sie so argumentieren, dann müssen Sie der staunenden Öffentlichkeit aber auch sagen: In dem Moment, in dem Sie dort eine Steuer erheben, eröffnen Sie auch die Möglichkeit, Verluste gegenzurechnen. Das, Herr Kollege Golibrzuch, würde dazu führen, dass im Staatssäckel noch weniger Steuern ankommen. Eine ungerechtere Politik als die, die Sie hier vorgeschlagen haben, kann ich mir nicht vorstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wie es nun aber so ist: Wenn man Ihren Vorschlag modifizieren sollte, wie Sie es in Ihrer Rede ja angedeutet haben, frage ich mich, warum Sie das in Ihr Konzept nicht gleich hineingeschrieben haben. Dann sind wir, Herr Kollege Wulff und Herr Kollege Golibrzuch, genau bei der Frage, wie eine Steuerreform gegenfinanziert werden kann.
Was nun die Abschreibungszeiten angeht, so hat der Kollege Aller Ihnen dazu schon zwei Mal etwas gesagt; Sie haben es aber wahrscheinlich immer noch nicht begriffen. Nach Ihren Zwischenrufen sage ich es Ihnen jetzt ein drittes Mal: Wenn Sie sich über Abschreibungszeiten unterhalten und diese verringern wollen, dann müssen Sie den Bürgerinnen oder Bürgern aber auch sagen, wie Sie die Einnahmeausfälle gegenfinanzieren wollen. Wir sind bereit, darauf zuzugehen. Wir möchten von Ihnen aber gern hören, wo Sie die Einnahmen stattdessen realisieren wollen. Allen alles verspre
Dann höre ich in jeder Debatte vonseiten der Konservativen immer das Hohelied des Mittelstandes. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es langsam nicht mehr hören. Sie haben 16 Jahre lang eine Steuerpolitik betrieben, mit der Sie den Mittelstand geknebelt haben. Der hat zum Schluss gesagt: Die gehören abgewählt.