fenden Budget und zur Pflege abzuwarten und sie dann in unsere weiteren Überlegungen einfließen zu lassen.
Der Antrag soll zur federführenden Beratung dem Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit überwiesen werden. Mitberatend sollen der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen beteiligt werden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung: Einsetzung einer Enquete-Kommission ‚Schaffung zukunftssicherer Kommunen in Niedersachsen‘ - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3192
Zur Einbringung erteile ich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Professor Dr. Lennartz das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kommunalwahl in Niedersachsen ist bekanntlich vorbei. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode noch Hausaufgaben zum Thema zukunftssichere Kommunen zu machen, damit in der nächsten Wahlperiode konkrete Entscheidungen umgesetzt werden können.
Zum Verständnis für unseren Antrag noch einmal ein Rückblick auf die Debatten zur Verwaltungsreform im Landtag.
Im Jahr 2004 hat der Niedersächsische Landtag ein umfangreiches Gesetzespaket verabschiedet, mit dem u. a. die Abschaffung der Bezirksregie
rungen, der Wegfall von bislang dort wahrgenommenen Aufgaben sowie ihre Privatisierung oder Kommunalisierung beschlossen wurden.
Die Position der Grünen war, auf zwei Sätze zusammengefasst, folgende: Obwohl für ein westdeutsches Flächenland ungewöhnlich, sei die Abschaffung der Bezirksregierungen machbar, verlange aber eine verstärkte Übertragung von bislang staatlich wahrgenommenen Verwaltungsaufgaben auf die Ebene der Kommune. Da die Heterogenität der niedersächsischen Landkreise die sinnvolle weitergehende Übertragung von Aufgaben auf sie nicht flächendeckend zulasse, müsse als notwendiger zweiter Schritt nach der Abschaffung der Bezirksregierungen eine Kreis- und Gebietsreform kommen.
Die Position der SPD-Fraktion war: Niedersachsen brauche Bezirksregierungen. Die Abschaffung durch die Landtagsmehrheit führe aber zwingend zu einer Kreis- und Gebietsreform.
Der Ihnen vorliegende Antrag ist ein konstruktives Angebot auch an die Mehrheitsfraktionen. Wir sagen nämlich: Wir sind bereit, unsere Position zur Notwendigkeit einer Kreis- und Gebietreform infrage zu stellen bzw. überprüfen zu lassen. Dazu soll eine Enquete-Kommission eingerichtet werden, die die Struktur der Kommunen in Niedersachsen, ihre territoriale Abgrenzung, eine sinnvolle Funktionalreform sowie Instrumente umfassender Bürgerbeteiligung untersucht.
Die Regierungskoalition kann, wenn sie seriös mit dem Thema Zukunft der Kommunen umgehen will, unseres Erachtens dazu nicht Nein sagen. Der von Ihnen mehrfach als Sachverständiger herangezogene Professor Hesse hat in einem Gutachten zur Verwaltungsmodernisierung im Bereich der Raumordnung für die Landesregierung ausgeführt - ich zitiere -:
„Zumindest für die kommende Legislaturperiode dürfte es sich aber als unverzichtbar erweisen, Aussagen zur Tragfähigkeit der Gebietsreform zu machen, mithin nicht nur den Umfang, sondern vor allem auch die Form dezentraler Aufgabenverantwortung neu oder doch zumindest verändert zu definieren. Dies muss zunächst nicht in eine gleichsam umgehende und flächendeckende Gebietsreform münden,“
„doch wären zumindest die anzustrebenden Größenordnungen festzulegen und Ordnungs- wie Entwicklungspolitiken darauf auszurichten. Die in nahezu allen Ländern erkennbare Entwicklungsdynamik dürfe hier auch an Niedersachsen nicht vorbeigehen.“
Meine Damen und Herren, die von uns vorgeschlagene Enquete-Kommission soll sich mit vier Themen, die miteinander verknüpft sind, befassen: erstens Schaffung einer zukunftssicheren Kommunalverwaltung, zweitens territoriale Abgrenzung der Kommunen, drittens Funktionalreform auf der Ebene der Landkreise, des Landes und der Gemeinden und viertens Entwicklung umfassender Instrumente von Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene.
Antworten auf die vier Themenkomplexe lassen sich finden, wenn die Kommission die bisherige Aufteilung der Zuständigkeiten im Hinblick auf neue Herausforderungen, insbesondere den demografischen Wandel sowie die schwierige Finanzverfassung der Kommunen, in den Blick nimmt.
Angesichts der verschiedenen Vorerfahrungen einerseits in Niederachsen selbst, andererseits in anderen Bundesländern, die Verwaltungsreformen zur Stärkung der Dreistufigkeit durchgeführt haben oder Kreis- und Gebietsreformgesetze verabschiedet haben, ist der Zeithorizont für die Erarbeitung von Vorschlägen durch eine Enquete-Kommission mit ca. einem Jahr zwar ambitioniert, aber nicht unverhältnismäßig kurz angesetzt. Alle Fraktionen des Landtages wären nach den Ergebnissen einer entsprechenden Kommission zum Ende des kommenden Jahres in die Lage versetzt, jeweils für sich neu zu bewerten, ob und, wenn ja, welche Veränderungen sie für notwendig halten und für die 16. Wahlperiode angehen wollen.
Ich weiß, dass das Thema schwierig ist und dass es insbesondere für die großen Fraktionen CDU und SPD, auch im Hinblick auf ihre starke kommunale Repräsentanz, sensibel ist.
Herr Professor Lennartz, würden Sie es angesichts des Themas nicht für angemessen halten, dass der Innenminister an dieser Diskussion teilnimmt?
Ich bin davon ausgegangen, dass er die ganze Zeit anwesend ist und aufmerksam zuhört. Vielleicht hört er über einen Lautsprecher im Nebenzimmer zu und ist von daher konzentrierter, als wenn er hier von allen beobachtet wird. Leider habe ich nicht die Zeit, ihm das noch einmal vorzutragen. Deswegen fahre ich fort und komme auch bald zum Ende.
Meine Damen und Herren, verschanzen Sie sich nicht hinter den Aussagen mancher Sprecher der kommunalen Spitzenverbände. Wenn Sie mit den kommunalen Akteuren selbst in Kontakt sind - das sind wir alle auf unterschiedlichen Ebenen -, dann werden Sie feststellen, dass dort die Bereitschaft zu einer Problematisierung dieses Themas weit unbefangener ist, als die offiziellen Statements einzelner Spitzenverbände manchmal vermuten lassen.
In Schleswig-Holstein regiert eine Große Koalition, die mit dem Thema einer Neugliederung auf dem Weg ist. In Mecklenburg-Vorpommern wird voraussichtlich demnächst eine Große Koalition regieren, und die CDU signalisiert zurzeit, dass sie bereit ist, ihre bisherige prinzipielle Ablehnung der noch von der amtierenden Regierung beschlossenen neuen Landkreise zu überprüfen. Jedenfalls
soll an den bereits beschlossenen Neugliederungsplänen in Mecklenburg-Vorpommern eine Koalition vonseiten der CDU nicht scheitern.
Das Verhalten der hiesigen Koalitionsfraktionen wird zeigen, ob sie in Sachen Verwaltungsreform ihr Pulver bereits verschossen haben oder ob sie diesem Thema, auch was die Schnittstellen zwischen kommunaler Ebene und Landesverwaltung angeht, noch weitere Aufmerksamkeit widmen wollen. - Ich bedanke mich.
Herzlichen Dank, Herr Lennartz. - Für die CDUFraktion hat sich Herr Kollege Hilbers zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich es begrüßen, dass offensichtlich auch die Grünen das Instrument der Enquete-Kommission als Mittel der politischen Diskussion erkannt haben. Als wir die Enquete-Kommission „Demographischer Wandel Herausforderungen an ein zukunftsfähiges Niedersachsen“ gebildet haben, haben wir erleben können, dass die Grünen eher Probleme mit dieser Kommission hatten, dass sie es offenbar gar nicht für notwendig gehalten haben, überhaupt eine Enquete-Kommission einzusetzen. Dass man heute auf den Zwischenergebnissen dieser Kommission aufbauen will, freut mich, und es bestätigt uns, dass wir in Fragen des demografischen Wandels mit der Enquete-Kommission völlig richtig lagen.
Angesichts dessen könnte man auf den ersten Blick durchaus denken, dass Ihr heutiger Antrag einen gewissen Charme hätte - allerdings nur auf den ersten Blick.
Gegen Ihren Antrag spricht zunächst einmal die zeitliche Vorstellung. Sie haben es „ambitioniert“ genannt. Eine Enquete-Kommission, die Sie jetzt beschließen und einsetzen würden, könnte die Arbeit frühestens im Januar 2007 aufnehmen. Nach Ihren Vorstellungen müssten Sie dann bis Oktober 2007 fertig werden. Sie wollen also zehn Monate beraten. Das passt nicht. Sie haben von
Ihrem Kollegen Hagenah, der in der EnqueteKommission „Demographischer Wandel...“ mitarbeitet, offensichtlich nicht die Erfahrung mitnehmen können, was die zeitliche Schiene betrifft. Sie wollen äußerst komplexe Fragestellungen in kürzester Zeit in Umfang und Tiefe bearbeiten. Das scheint objektiv unmöglich zu sein. Wir können also für die Beratung mitnehmen: Es bleibt festzuhalten, dass die Zeitbedarfsschätzung völlig unrealistisch ist.
Jetzt zum Inhaltlichen. Sie wollen eine EnqueteKommission zur Schaffung zukunftssicherer Kommunen in Niedersachsen einrichten. Ich sage Ihnen: Wir haben zukunftssichere Kommunen in Niedersachsen.
Wir haben eine erfolgreiche Verwaltungsreform über die Bühne gebracht, die die kommunale Seite gestärkt hat. Wir haben die Bezirksregierungen abgeschafft. Niemand im Lande, den ich draußen treffe, trauert diesen Bezirksregierungen nach - im Gegenteil: Alle sind froh, dass wir die kommunale Seite, die Ansprechpartner vor Ort, durch unsere Verwaltungsreform gestärkt haben, liebe Freunde.
Die Verlagerung auf die Kommunen war äußerst erfolgreich und zeigt sich schon jetzt als Gewinn in Zeit und Effektivität.