Meine Damen und Herren von CDU und FDP, für den Hochschulbereich gilt: Ihre Sparpolitik von heute sind die Schulden von morgen. Mit nachhaltiger Haushaltspolitik hat das alles nichts zu tun.
Aus diesem Grunde haben wir einen Haushaltsantrag vorgelegt, der in einem ersten Schritt den dauerhaften Ausbau in Form von zusätzlich 3 000 Studienanfängerplätzen ab 2007 vorsieht. Wir veranschlagen die durchschnittlichen Kosten eines Studienplatzes pro Jahr mit 9 000 Euro und stützen uns damit auf Berechnungen des Hochschulinformationssystems und der Hochschulrektorenkonferenz. Wir wollen nicht nur neue Studienplätze, sondern wir wollen auch qualitativ hochwertige Studienplätze.
Um die Qualität von Lehre und Studium insgesamt auszubauen, schlagen wir die Einrichtung eines Bildungsfonds vor, der aus Veräußerungsgewinnen von Landesvermögen gespeist wird. Allein seit
2003 sind 900 Millionen Euro Vermögen zur Haushaltsdeckung aufgezehrt worden. Daher sollen die Erlöse in Zukunft in einen Fonds fließen, aus dessen Zinserträgen innovative Hochschulprojekte unterstützt werden, die eine Steigerung der Qualität der Lehre und des studentischen Lernens ermöglichen. Ähnlich wie die DFG-Mittel in der Forschung sollen die Fondsmittel als Leistungsanreiz in der Lehre funktionieren.
Jenseits der zentralen Fragen von Quantität und Qualität der Studienplätze möchte ich noch kurz eines zum Bereich Forschung anmerken. Um niedersächsische Hochschulen wettbewerbsfähig zu machen, wollen Sie eine engere Kooperation der Hochschulen Hannover, Braunschweig und Clausthal unter der Dachmarke Niedersächsische Technische Hochschule, NTH, in Anspielung an die ETH. Wenn Sie dies nicht zulasten der Sozialwissenschaften machen, ist das erst einmal ein ehrgeiziges Ziel. Aber es ist zum Scheitern verurteilt, wenn Sie so weitermachen wie bisher. Ich spiele auf die Gründung des Energieforschungszentrums an. Die Gründung dieses Forschungszentrums könnte - auch wenn ich weiß, dass Oldenburg noch mit drin ist - ein erster wichtiger Baustein zur Zusammenarbeit und damit zur Profilstärkung der NTH werden.
Aber mit der Ansiedlung dieses Instituts ausgerechnet in Goslar verspielen Sie diese Chance gründlich. Ich gönne der schönen Stadt Goslar jede Form von Strukturhilfe, aber bitte nicht aus Hochschulmitteln. Das hat mit der von Ihnen ansonsten so gepriesenen Devise „Stärken stärken“ rein gar nichts zu tun und führt in puncto internationaler Wettbewerbsfähigkeit der technischen Hochschulen schlicht in eine Sackgasse.
Die Mittel für Forschung können an einem etablierten Standort wesentlich sinnvoller eingesetzt werden.
Unter dem Strich muss festgehalten werden, dass Sie, werte Kollegen von CDU und FDP, mit dem Haushalt 2007 eine Politik fortsetzen, die die Bedeutung Niedersachsens als Hochschulstandort weiter schmälern wird. Wider besseren Wissens verspielen Sie Niedersachsens Chancen im demografischen Wandel. Sie lassen die Hochschulen weiterhin im Regen stehen und bleiben Antworten
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Der Kulturbereich ist einer derjenigen, in denen die Bundesländer auch nach der Föderalismusreform eine eigene verfassungsmäßige Zuständigkeit haben. Auch wenn sich die Enquete-Kommission des Bundestages darüber einig geworden ist, dass Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz, also in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, aufgenommen wird, gibt es auf Bundesebene bisher nur einen einzigen Gesetzentwurf dazu, der von der FDP stammt. Insofern passt es in den Kontext der Kulturfraktion FDP, dass es unter den Fraktionsvorsitzenden bei den ersten Reden zum Haushalt vor allen Dingen unser Fraktionsvorsitzender, Herr Dr. Rösler, war, der die Kultur hervorhob. Das hat mich persönlich gefreut. Das zeigt, dass wir auf diesem Gebiet die richtigen Akzente setzen.
Dass wir im Jahre 2007 noch immer einen Haushalt haben werden, in dem die Konsolidierung an erster Stelle steht, wissen wir alle. Es wird über einige Jahre noch so sein, bis wir von dem Zustand weg sind, der in diesem Haus von den Koalitionsfraktionen schon oft berechtigt beklagt wurde, nämlich dass wir täglich 7 Millionen Euro an Zinsen für Wohltaten vergangener Jahre ausgeben müssen. Solange wir das tun, haben wir keine so große kulturpolitische Gestaltungsfreiheit, wie wir sie gerne hätten. Gleichwohl ist es den Koalitionsfraktionen, seit sie die Regierungsverantwortung haben, zu meiner großen Freude noch in jedem Haushaltsjahr möglich geworden, Akzente in der Kulturpolitik zu setzen. Das wird auch im Haushalt 2007 so sein. Der Kollege Klare hat dankenswerterweise auf einige Punkte hingewiesen. Ich will sie ganz kurz noch einmal erwähnen: die Verstärkung der Museumslandschaft mit 500 000 Euro, den Ansatz für die Restaurierung historisch bedeutsa
mer Gebäude - auch in privater Hand - mit 300 000 Euro. Ganz wichtig ist der Ansatz für die Projektarbeit an Musikschulen.
Was wir in diesem Bereich im Vorjahreshaushalt zu unserem Leidwesen einsparen mussten, wird jetzt sozusagen wiedergutgemacht. Bei den Musikschulen ist das in hervorragender Weise angekommen. Dies ist hier schon erwähnt worden. Das ist eine wirklich sehr wichtige und verdienstvolle Arbeit, weil sie darauf hinweist, dass der gesamte Sektor Kultur mit dem Sektor Bildung verschränkt ist. Das ist tatsächlich so.
Wenn wir eine gute Bildungsarbeit in der Kultur zuwege bringen, wofür u. a. die Musikschulen stehen - man müsste auch die Kunstschulen und viele andere erwähnen, die etwas tun; die Musikschulen sind sicherlich die stärksten Träger -, dann haben wir zumindest dort einen Beitrag geleistet.
Verehrte Damen und Herren von der Opposition, Musikschulen sind durchaus der Ort, an dem bildungsferne Schichten mehr und mehr angesprochen werden. Sowohl beim Verband der Musikschulen - darauf habe ich öfter hingewiesen - als auch beim Landesmusikrat findet eine hervorragende systematische Arbeit statt. Es werden Konzepte entwickelt, die in der Praxis umgesetzt werden. Ich sage Ihnen nur die Stichworte „Bläserklassen“, „Kontaktstellen Musik“ und die Aktion „Hauptsache Musik“. Das sind breitenwirksame Projekte, in denen die Musik wieder an die Kinder herangebracht wird. Kulturelle Bildung wird damit wirklich an der Basis geleistet.
Auch die Verstärkung der Möglichkeiten der TotoLotto-Stiftung in der Kulturförderung ist ein wichtiger Beitrag, den wir beschließen werden. Ich hoffe, dass wir dazu die Zustimmung der Opposition bekommen.
Kultur ist - das muss so sein - in einem Ressort angesiedelt. Es ist bei Minister Stratmann im Ressort Wissenschaft und Kultur in den allerbesten Händen.
us-Musikpreis an Unternehmer wie Schimmel und Grotrian-Steinweg für die Arbeit verliehen wird, die sie in der Kulturförderung leisten, und zwar nicht in dem Bereich, in dem sie das Geld verdienen, sondern in dem Förderungsarbeit und Wettbewerbsarbeit stattfindet. Das ist in diesem Ressort in den richtigen Händen.
Ebenso freue ich mich immer wieder, wenn der niedersächsische Wirtschaftsminister den Preis „Kulturkontakte“ vergibt und damit solche Persönlichkeiten ehrt, die ehrenamtlich etwas getan haben, die Geld mitgebracht und Arbeit geleistet haben und die der Kulturförderung dienlich sind.
Überdies wird ein großer Teil dessen, was in der Kultur durch den eigentlichen Kulturetat nicht möglich wird, durch EU-Fördermittel ermöglich. In dem Zusammenhang denke ich an die Sanierung von Museen und Klosterstätten von Emden bis Bad Sachsa, also überall im Lande. Das sind Dinge, die wir in Zukunft in dieser Weise betreiben müssen.
Wenn es uns gelingt, die Strategie zur Haushaltskonsolidierung so fortzusetzen, wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben - das wird uns gelingen -, dann wird dort wieder mehr Kraft frei. Es bleibt eine Aufgabe, die wir in der Zukunft gestalten müssen, dass wir das Flächenland Niedersachsen mit der Kulturförderung in stärkerer Weise erreichen, als wir es gegenwärtig tun. So wichtig wie die ehemaligen Landeshauptstädte sind und so sehr sie kulturelle Zentren sind, wir müssen auch das Flächenland in seiner Ausdehnung kulturell erreichen. Dabei werden wir noch stärker werden müssen. Sie dürfen auf unsere konkreten Vorschläge schon jetzt gespannt sein.
Vielen Dank. - Zum Thema Wissenschaft hat noch einmal von der FDP-Fraktion Herr Professor Dr. Dr. Zielke das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Länder und der Bund haben sich auf den Hochschulpakt 2020 geeinigt - alle, auch die sozialdemokratisch und noch weiter links regierten Länder haben zugestimmt. Wenn die niedersächsischen Sozialdemokraten jetzt einen Nachschlag fordern, dann hätten sie doch bei ihren Genossen in Berlin
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann hätten wir überhaupt keine Kofinan- zierung!)
Sie, liebe Grüne, sagen: Das Land soll das allein stemmen. - Aber mit welchem Geld bitte? - Sie bleiben jede seriöse Antwort schuldig.
Stattdessen versuchen Sie, einen drohenden Kollaps der niedersächsischen Hochschulen angesichts fantastisch überhöhter Studienbewerberzahlen herbeizureden. Aber dazu wird es nicht kommen. Alle Ihre Voraussagen, außer dem doppelten Jahrgang, basieren auf fragwürdigen Annahmen. Das habe ich in früheren Reden vor diesem Haus detailliert dargelegt. Ich will das hier nicht rezitieren.
Ich möchte Ihnen einige andere Gedanken jenseits des Haushalts nahebringen. Alle reden von mehr Studienplätzen, die wir brauchen und finanzieren wollen oder sollen oder müssen, weil wir an die Zukunft denken müssen und an die OECD-Studien und an PISA und überhaupt. Dahinter steht der gesamte bildungsindustrielle Komplex mit seiner Heerschar von Gremien und Ausschüssen, von der Kultusministerkonferenz über die Rektorenkonferenz bis zur Landeshochschulkonferenz. Auch das sind interessengeleitete Gruppen mit ihrer üblichen Lobbyarbeit und ihrem Streben, ein möglichst großes Stück vom Kuchen der öffentlichen Mittel zu erlangen. Ein typisches Beispiel ist die Äußerung von Frau Wintermantel zum Hochschulpakt, die Sie, Frau Andretta, eben zitiert haben: Tropfen auf den heißen Stein. - Das ist klassischer Lobbyismus.
Aber da wir bei Sprichworten sind: Steter Tropfen höhlt den Stein. - Die Öffentlichkeit hat sich daran gewöhnt und auch wir Politiker sind geneigt, die allgemeine Forderung nach mehr Studienplätzen mehr oder weniger unreflektiert hinzunehmen und zu übernehmen. Allerdings sind wir auch gewählt, um die Allgemeinheit, das Volk, und die Pluralität seiner Interessen zu vertreten.
Ein Argument für mehr Studienplätze bzw. mehr Akademiker setzt beim direkten Interesse des einzelnen Bürgers an, nämlich: Akademiker seien heute weniger von Arbeitslosigkeit bedroht als Nichtakademiker. - Das stimmt. Aber wäre es auch noch richtig, wenn 50 % der Bevölkerung einen akademischen Titel, vielleicht Bachelor, hätten? Der Grenznutzen einer akademischen Ausbildung sinkt mit jedem zusätzlichen Akademiker.
Außerdem würden junge Menschen gerne wissen, gerade auch im Zeichen der Studienbeiträge, welches Studium welchen Return of Investment verspricht. Die Untersuchungen, auch größere internationale, zur sogenannten Bildungsrendite bleiben meist recht vage, wenn es um einzelne Fächer geht, z. B. um die Rendite eines Jurastudiums oder einer Theologieausbildung.
Nun sollte man nicht alles rein materialistisch sehen. Viele meist akademisch gebildete Menschen werden nicht müde, gerade akademische Bildung als Wert an sich zu propagieren. Für Alexander von Humboldt war ein entscheidendes Argument, dass die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragen und der Suche nach Wahrheit zu einer Art moralischer Läuterung beitrage. Vielleicht ist daran etwas Wahres. Andere Einflüsse dürften jedoch unmittelbarer und stärker auf das Wertesystem von Menschen wirken. Aber welche Motive gibt es seitens des Staates? Soll er akademische Bildung schon allein deshalb fördern bzw. bezahlen, weil einige Menschen den Wunsch nach Selbstvervollkommnung durch das Studium hegen? Kann die Teilhabe an Bildung und Kultur, der kritische Durchblick durch die eigene Gesellschaft heute nicht auf vielen anderen, sehr individuell gestaltbaren Wegen erstrebt und erreicht werden? Eine Stunde in „Wikipedia“ zu stöbern, mag mitunter mehr Gewinn bringen, als einer Vorlesung zu lauschen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Gilt das auch für die Vorlesungen bei Ihnen, Herr Professor?)
Ist es Staatsaufgabe, ein Studium generale anzubieten, selbst wenn es unter dem Label „General Studies“ im modernen Gewand daherkommt?
Die meisten Bildungspolitiker werden heute darin übereinstimmen, dass ein Studium vor allem der wissenschaftsbasierten Berufsausbildung dienen
solle. Hier fallen die Interessen der einzelnen jungen Menschen mit denen der Gesellschaft zusammen. Zu den primären Interessen der Gesellschaft zählen sicherlich der volkswirtschaftliche Nutzen insgesamt, das reibungslose, geordnete Zusammenleben der Menschen und auch die gemeinsame Sinnstiftung durch Kultur und Überlieferung.